Neuer Entwurf für Einbürgerungsgesetz: Faeser trifft den Ton nicht
Die geplante Reform der Einbürgerung ist grundsätzlich richtig. Rhetorisch allerdings verkauft sich Nancy Faeser unnötig an Union und FDP.
D ass es bei der Reform des Staatsbürgerrechts vorangeht, ist eine gute Nachricht. Die Pläne, auf die sich Faeser und Buschmann geeinigt haben, räumen viele der völlig überholten Regelungen ab, die bisher gelten: Statt bisher zu acht Jahren sollen schon fünf Jahre Aufenthalt in Deutschland für eine Einbürgerung reichen, unter bestimmten Bedingungen sogar drei. Und auch die lange so umkämpfte doppelte Staatsbürgerschaft soll endlich möglich werden. All das ist dringend nötig, soll Deutschland zu einem modernen Einwanderungsland werden, wie die Ampel es sich vorgenommen hat.
Bemerkenswert ist die Rhetorik, mit der Faeser den Entwurf begleitete. Sie betonte insbesondere, wer alles nicht eingebürgert werden kann, Rassisten, Sexisten und Antisemiten nämlich – ganz so, als drohten Demokratiefeinde die deutschen Ämter mit Einbürgerungsanträgen zu überrennen.
Dabei ist die Realität doch eine ganz andere. Der allergrößte Teil der Ausländer, die hier leben, sind weltoffen und leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Ihnen einfacher und schneller die Einbürgerung zu ermöglichen, ist auch im Interesse der deutschen Wirtschaft, die schon jetzt unter dem Fachkräftemangel leidet. Unter denen, die von der Reform profitieren würden, sind außerdem viele, die einst als „Gastarbeiter“ in die Bundesrepublik kamen und den heutigen Wohlstand in diesem Land mit erwirtschaftet haben. Es ist überfällig, ihnen endlich die deutsche Staatsbürgerschaft zu ermöglichen, ohne dass sie ihre frühere abgeben müssen und ohne strenge Sprachtests bestehen zu müssen.
Faesers konservativer Sound ist wohl dazu gedacht, die FDP nicht zu verprellen und Kritik aus der Union schon mal vorzugreifen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte bereits geäzt, die deutsche Staatsbürgerschaft drohe „verramscht“ zu werden. Dass Faeser der konservativen Kritik zuvorkommen will, mag man verständlich finden. Dem gesellschaftlichen Klima tut sie so aber keinen Gefallen.
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