Von Abschiebung bedrohter Vietnamese: Wieder Rückschlag für Familie Pham

Pham Phi Son droht die Abschiebung, nach über 30 Jahren in Deutschland. Eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen verweigert Chemnitz.

Hoa Nguyen, Tochter Emilia und Pham Phi Son sind gemeinsam auf einer Kundgebung

Die Stadt Chemnitz verweigert Familie Pham nun auch die Aufenthaltserlaubnis Foto: Sebastian Willnow/dpa

BERLIN taz | Ein erneuter Rückschlag für ein Bleiberecht für den von Abschiebung bedrohten ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter Pham Phi Son und seine Familie: Die Stadt Chemnitz wird der Familie wohl keine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ausstellen. „Dafür liegen weiterhin keine Grundlagen vor“, sagt Stadtsprecher Matthias Nowak der taz. Die Familie habe keine Nachweise für ihre sprachliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration in den zurückliegenden zehn Jahren erbracht, so Nowak. „Damit sind uns rechtlich die Hände gebunden.“

Pham Phi Son kam 1987 als Vertragsarbeiter in die DDR und lebt seitdem in Chemnitz, das damals noch Karl-Marx-Stadt hieß. 2016 kehrte er nach einem Vietnamurlaub nicht wie vorgeschrieben nach sechs, sondern erst nach neun Monaten zurück, weil eine alte Kriegsverletzung dort wieder aufbrach und behandelt werden musste. Chemnitz entzog ihm daraufhin das Aufenthaltsrecht.

Das Verwaltungsgericht lehnte das humanitäre Bleiberecht ebenso ab wie die Sächsische Härtefallkommission, die die Familie zweimal anrief. Seitdem liegt das Verfahren wieder bei der Stadt. Nach einem Abschiebeversuch war die Familie für mehr als zwei Jahre untergetaucht.

Pham Phi Son und seine Frau haben inzwischen beide Arbeit in der Gastronomie. Wegen der späten Erteilung der Arbeitserlaubnis sind sie aber noch im Probearbeitsverhältnis, was die Stadt als nicht dauerhaft kritisiert. Die sechsjährige Tochter besucht den Kindergarten. Der Stadtsprecher moniert, dass es keinen Nachweis über ihre Deutschkenntnisse und ihre Schulanmeldung gäbe. Die Frau, die nur eine Teilzeitstelle hat, besucht zusätzlich einen Deutschkurs.

Stadt sieht keinen Ermessensspielraum

Eine Problematik sind die schlechten deutschen Sprachkenntnisse beider Eltern. Pham Phi Son hatte in der DDR und auch in den 1990er Jahren in Deutschland keine Möglichkeit zum Deutschlernen. Danach hatte er keine Motivation, denn für die Kommunikation in der Arbeit reichten seine im Alltag erworbenen Sprachkenntnisse aus.

Laut einem Gesetzesentwurf, der derzeit im Bundestag liegt, brauchen Personen über 67 Jahren künftig selbst bei einer Einbürgerung keine deutschen Sprachkenntnisse mehr nachzuweisen. Damit soll ihre Lebensleistung gewürdigt werden. Bei Son, der 65 Jahre alt ist, geht es aber „nur“ um ein humanitäres Bleiberecht. Die deutlich jüngere Frau lebt erst seit 2016 in Deutschland und hatte in dieser Zeit ihre Tochter geboren und erzogen.

Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat kritisiert, dass die Stadt hier keinen Ermessensspielraum sieht, den sie seiner Meinung nach nutzen sollte, um der Familie das Bleiberecht zu geben. „Weit zurückliegende Integrationsleistungen zu erbringen, sieht das Gesetz nicht zwingend vor. Es ist ersichtlich, dass sich alle drei seit der Rückkehr aus der Illegalität vor gut einem Jahr stark um ihre Integration bemühen.“

In der kommenden Woche muss sich Pham Phi Son vor dem Amtsgericht Chemnitz wegen unerlaubten Aufenthalts in Deutschland verantworten. Es geht um sein Untertauchen um der drohenden Abschiebung zu entgehen. Mit einer Verurteilung wäre ihm der erneute Weg zur Härtefallkommission verbaut.

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