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Neue Studie zur TreuhandanstaltTraumatisierungsanstalt Treuhand

Der radikale Privatisierungskurs kurz nach der Wende hat ein Trauma im Osten hinterlassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie.

Stahlarbeiter protestieren 1993 vor einem Leipziger Hotel, in dem über ihre Zukunft verhandelt wird Foto: dpa

Berlin taz | Dezidiert linke Kritik wie diese hört man aus den Reihen der SPD nur noch selten: Als „Symbol eines brutalen, ungezügelten Kapitalismus“ hatte Iris Gleicke, die sozialdemokratische Ostbeauftragte der Bundesregierung, die Treuhandanstalt bezeichnet – und Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum mit einer Studie (PDF) beauftragt: Sie sollten das Wirken und vor allem die Wirkung der Treuhand untersuchen, die noch in den letzten Tagen der DDR 1990 gegründet worden war. Ihr Zweck: volkseigene Betriebe und Kombinate „marktfähig“ machen – durch Sanierung, Privatisierung oder Schließung.

Jetzt wurde der mehr als 130 Seiten starke Abschlussbericht veröffentlicht, und er hilft dabei, die politischen Strukturen zu verstehen, die sich im Osten zusehends stabilisieren. Man muss sich das einmal vorstellen: Ausschließlich westdeutsche Industriemanager, Unternehmer und Beamte bekommen über Nacht die Verfügungsgewalt über 8.000 ostdeutsche Betriebe mit mehr als vier Millionen Beschäftigten.

Sie dürfen entscheiden, welche Firmen geschlossen oder ob Mitarbeitende zu Hunderttausenden entlassen werden. Und die BRD-Regierung unter Kanzler Helmut Kohl nennt das Ganze einen „alternativlosen Einsatz“.

Dabei gab es sehr wohl Überlegungen aus dem linken politischen Lager, die Treuhand nicht als eine rein betriebswirtschaftliche Agentur, sondern vielmehr als eine sozial und volkswirtschaftlich eingebundene Institution zu installieren. Doch der marktradikale Privatisierungskurs setzte sich durch.

Eine ostdeutsche „Bad Bank“

Die Treuhand wurde in der Erinnerung so zu einer „ostdeutschen Bad Bank“, schreiben die Autoren der Studie, die Bochumer Zeithistoriker Constantin Goschler und Marcus Böick. Weitgehend unbeachtet von öffentlichen, politischen oder wissenschaftlichen Wahrnehmungen habe sich so langfristig ein „ausgesprochen negativ konnotierter Erinnerungsort in der ostdeutschen (Teil-)Gesellschaft etabliert“.

Auf diese Weise habe sich ein „negativer Gründungsmythos“ verfestigt, der in der artikulierten Wahrnehmung symbolhaft für eine „rigorose Unterwerfung der Ostdeutschen“ stehe. „Das war die Initialerfahrung von Fremdbestimmung, Kolonialisierung und Unterwerfung“, sagt Wissenschaftler Böick. „Die allerersten Erlebnisse mit der sozialen Marktwirtschaft haben Deklassierungsgefühle hervorgerufen.“

Ursprünglich sollten die beiden Historiker nur die Akteure von damals interviewen, ehemalige Treuhandmanager, Politiker, Berater, Gewerkschafter und Betriebsräte. Doch dann führten sie zusätzliche Gespräche mit mehr als 500 Personen im thüringischen Eisenach und im sächsischen Leipzig.

Bei einer Schlagworterhebung wurde die Treuhandanstalt bevorzugt mit Begriffen wie „Abwicklung“ oder „Ausverkauf“ verknüpft, insgesamt lediglich mit einer Note von 4,1 bewertet (Schulnoten von 1 bis 6). „Vor allem unter den älteren Ostdeutschen gärt etwas“, sagt Böick.

„Wir kannten Arbeitsämter nicht“

All das deckt sich mit den Erfahrungen von Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD). „Diejenigen, die bei der Wende um die 40 waren, bekommen jetzt ihre Rentenbescheide und sehen, wie wenig für sie übrig bleibt, obwohl sie sich angestrengt haben“, sagte sie der taz. Für viele von ihnen wurden Pegida und die AfD zum Sprachrohr.

Schon lange plädiert Köpping dafür, die Zeit nach der Wende politisch und wissenschaftlich zu begleiten. „Der Umbruch damals war gigantisch, alle hatten unheimlich zu kämpfen.“ Dann wechselt sie das Personalpronomen: „Wir kannten die Erfahrung nicht, als Bittsteller zum Arbeitsamt zu gehen.“ Sie zögert kurz. „Wir kannten Arbeitsämter nicht.“

Wie auch die Autoren der Studie fordert sie, ausnahmslos alle Treuhandakten zu öffnen, die derzeit noch in einem privaten Logistikdepot in Großbeeren südlich von Berlin lagern. Die meisten sollen noch bis 2020 unter Verschluss bleiben – das Bundesfinanzministerium ist an einer früheren Öffnung nicht interessiert. „Dabei brauchen wir endlich die Grundlage für eine Debatte, in der die Ostdeutschen nicht immer nur die Bösen sind“, so Historiker Böick.

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47 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Viele Deutsche haben den glauben an alles verloren, aber sie glauben bis heute unbeirrt, dass der Kapitalismus die beste Form sei.

     

    Man muss es nicht beweisen, man muss es einfach nur glauben, nicht war liebe Deutsche?

     

    Ihr wisst schon, dass wir schon lange keine Kapitalismus mehr haben, denn dann wären die Banken 2007 in der Finanzkrise nicht gerettet sondern in die Insolvenz gegangen?

     

    Wir haben einen Neoliberalismus der in einem Jahr auf der Welt mehr Menschen tötet, als es die NS Diktatur in 6 Jahren vermochte, nämlich ca. 56 Mio.

     

    Aber das hält viele Deutschen nicht davon ab daran zu glauben. Es ist wie eine Religion, man muss es nicht beweisen, sondern nur glauben.

     

    Und die Götter dieser Religion sind "Wachstum" Produktivität" dagegen darf man natürlich nichts sagen, sonst ist man ein "Spinner" oder Verschwörungstheoretiker" Neoliberalismus muss man nicht verstehen sondern nur einfach glauben?

  • Gleiches wird doch schon seit Jahren in Griechenland gemacht, so wie heute dank des deutschen Mainstreams, über "die Griechen" geschimpft wird, wurde doch auch damals über die ehemalige DDR geschimpft. Diente aber nur dazu eben den Neoliberalen Wahn durch zu setzen, dank der Westdeutschen Medienlandschaft auch überhaupt kein Problem.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    "Gerade wenn man die 13 Prozent der AFD-Anhänger pauschal als Gegner der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin wertet, wird man umgekehrt anerkennen müssen, dass die restlichen 87 Prozent für diese votiert haben."

     

    Ich gehöre zu den 87 Prozent. Ich habe CDU gewählt. Und nein, ich habe dies nicht wegen Merkels Flüchtlingspolitik, sondern trotz dieser getan.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      Wie kann man aus Protest oder Überzeugung eine Partei, wählen, die gegen seine eigenen Interessen Politik macht?

       

      Oder wissen die Menschen nicht, dass die Partei noch Neoliberaler ist, als alle anderen Parteien zusammen waren und sind? Wissen die Menschen nicht, dass das Parteiprogramm u.a. vorsieht, die Löhne der Arbeiter und Angestellten zu senken?

       

      Wissen die Menschen nicht die diese Partei wählen, nichts gegen illegale Kriege im Ausland hat, Drohnen und Bomben Terror des Westens hat? Der Westen die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen zerstört hat und täglich zerstört?

  • wenn die tochter des hamburger privatbankiers alwin münchmeyer aus dem schöneb blankenese die abwicklung des staatskapitalismus in die hand nimmt, sollte man sich nicht über das ergebnis wundern. ich empfehle das instruktive spiegel-interview mit birgit breuel vom 11.11.1991: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13491429.html. besonders herzergreifend das einleitende persönliche statement: "Diese Entscheidungen über die Schließung von Betrieben und Entlassung von Arbeitskräften fallen unglaublich schwer. Aber wenn ich bei jedem Fall schlecht schlafen würde, könnte ich gar nicht mehr vernünftig arbeiten. Ich glaube, daß der Weg richtig ist, den wir eingeschlagen haben, so schmerzlich er auch ist".

  • "Ich glaube Sie sollten Ihren Standpunkt überdenken." ;)

     

    Schonn. Aber Gemach.

    Ja - Die DDR hat Richtung Comecon die Reparationen des WK II bezahlt.

    Ja - etwa ab Mitte/Ende der 60er lebte die DDR-Wirtschaft nur noch von der Hand in den Mund - & das selbst im Bereich Maschinenbau - wo sie mal gut vorne war.

    Alles das war zudem dem ZK - nunja bekannt.

    (Schwiegervater vom Nachbar wurde als Rentier von Bayer nach Bitterfeld geschickt & fand sein "Leuna-Büro bis auf den letzten Nagel - original vor wie bei Adolf" - )

    Das mal zu Investitionen.

    &

    Auch sonst vieles ziemlich desolat.

     

    Si´cher dat. Aber.

    Gegenüber dem Treuhandabsturz der DDR-Wirtschaft zugunsten der West-Wirtschaft bei gleichzeitigem Abgreifen der Transferleistungen via Konsumtempel & Immobilienschröpfung - etc

     

    Spricht denn doch vieles dafür - daß u.a. - die

    Bildung eines Sondergebietes - wirksame Mietbindungen

    (graue Kreise gab´s im Westen noch bis in die 70er) - "Entschädigung vor Rückgabe" ( statt umgekehrt) usw usf entsprechender weiterer Steuerungselemente -

    kurz - Daß dess alles - Wenn vllt auch nicht

    "blühende Landschaften" aus der Portokasse - aber doch ein weit lebbareren Übergang institutionalisiert hätte.

     

    Sicher. Hätte hätte - Fahrradkette.

    Nur. Kohl - hat im Einigungsvertrag et al. die Interessen der Westdeutschen Wirtschaft - durchgewunken.

    Auf dem "Rücken ostdeutschen Bevölkerung."

    Damit genau scheint´s - befaßt sich die Untersuchung zur Treuhand - die das "Durchwinken" = DDR-Wirtschaft durchs Nadelöhr abwickeln - umgesetzt hat.

  • Die Verklärung findet besonders im folgenden Satz Ihren Höhepunkt: „Überlegungen aus dem linken politischen Lager, die Treuhand nicht als eine rein betriebswirtschaftliche Agentur, sondern vielmehr als eine sozial und volkswirtschaftlich eingebundene Institution zu installieren“. Völlig absurd diese Geschichtsschreibung. Das sog. „linke Lager“ wird noch im Nachhinein als pot. Retterin der Ostdeutschen inthronisiert. Bis heute wettert die Linke gegen Kapitalismus und Marktwirtschaft, dabei hatten es die „SEDPDS-Linken“ materiell noch nie so gut wie im Parlament des Klassenfeindes.

  • mal den erstenn Denkler Roman von Schorlau "die blaue Liste" lesen - eine andere Republik wäre möglich gewesen. Nur ein Traum, nur Fiktion? oder war und ist die Realität doch nur Kapitalismus in Reinkultur? Genossenschaften funktionieren gestern, heute morgen - nur die Rahmen sollten politisch schon geschaffen werden . Aber Deutsche Bank, Bayer&Monsanto, RWE, VW&andere Autobauer usw sind systemrelevant - da frag ich mich wer ist das System, ohne Aktie nicht im System?

    Heinz

  • Gegenrede:

    Man stelle sich vor: Ausschließlich Ostdeutsche Beamte und "ostdeutsche Unternehmer" hätten Zugriff auf 8.000 Industriebetriebe erhalten.

     

    Ja dann Frau Voss, dann hätte sie mal gesehen was Kapitalismus ist:

    1.) Entweder alle ostdeutschen Produkte wären aus dem Markt gedrängt worden, oder

    2.) Noch mehr ehemalige Kaderwiderlinge hätten Betriebe übernommen, sich daran gesundgestoßen und später insolvent gemacht.

     

    Ein Artikel der emotional das Schlechte im Schlechten sucht.

    Bringt das was?

    • @Tom Farmer:

      „Wir kannten Arbeitsämter nicht.“

       

      Was ist mit den sogenannten "Ämtern für Arbeit" ? laut Internet zuständig auf Kreisebene für statistische Arbeiten, strategische Planungen des Arbeitskräftebedarfs, Vermittlung von Arbeitskräften sowie Beschaffung ("Zuweisung") von Arbeitsstellen für "Behinderte, Haftentlassene und notorisch Arbeitsscheue" (Zitat).

    • @Tom Farmer:

      In der Sowjetunion ist es ja so gelaufen.

      • @Rudolf Fissner:

        Ja, das hätte ich auch fast geschrieben...und dann darauf hingewiesen, dass es Gott sei gelobt die Treuhand gegeben hat und das verhindert hat.

        Ist aber schwer zu spekulieren ... was, wäre, wenn!

    • @Tom Farmer:

      Gegenrede: Ausschließlich ostdeutsche Beamte hätten Zugriff auf x-tausend Westdeutsche Industriebetriebe erhalten. Daran lässt sich ganz unemotional der eigentliche geschichtliche Sachverhalt erkennen:

       

      Sieg & Unterwerfung, Raub & Plünderung durch die Starken an den Schwachen. Quasi Kolonialismus. Bringt es was, das schönzureden?

      • @El-ahrairah:

        Nein, schönreden, das bringt nix.....

        Aber schlechtreden auch nicht.

        Historisch aufarbeiten. Bin ich dabei!

        Ob daraus Lehren gezogen werden (können)? Who knows?

         

        Vereinigung DE: Es würde wieder so laufen.

        Und (wahrscheinlich) ist das auch gut so, weil jede andere Alternative wohl noch mehr Schaden verursacht hätte.

        Man wird sich immer beschweren können.

         

        Was uns unterscheidet: Ich denke nicht in Kategorien wie Unterwerfung, Raub, Plünderung....sondern was ist machbar und aus der Situation heraus sinnvoll. Über Fehler reden? Gerne.

        • @Tom Farmer:

          Keine Kategorien, sondern Sachverhalte. Wem die zu unfein und unästhetisch sind, der muss sie halt aktiv verleugnen. So kann man sich die Welt auch schön halten.

           

          Wo wäre der Schaden gewesen bei zwei souveränen Staaten, die sich über langsame Wirtschafsintegration langsam annähern. Arbeitergeführte Betriebe mit Joint Ventures aus westdeutschem Kapital? Antwort: in der verpassten Chance für die westdeutsche Oligarchie. Wo einer Sachzwang draufschreibt ist meist Herrschaftsinteresse drin.

           

          "Die Bevölkerung hätte es nicht akzeptiert" - Sie hätte die Option von Kohls Kreaturen garnicht erst eingeflüstert bekommen.

  • http://www.dw.com/de/ddr-als-billiglohnland-für-den-westen/a-15931955

     

    In der DDR wurde über die sogenannte Gestattungsproduktion in einem Ausmaß für den Westen produziert, dass Historiker endlich den Umfang zu rekonstruieren versuchen sollten. "Made in Germany" war nicht immer "Made in W Germany". Die DDR war das, was nach der Wende die anderen Ostblockländer und China wurden, und 1989 war so auch der Beginn der "Globalisierung". Die Einheit hat die Produktion von Westwaren in der DDR zu teuer gemacht für die Renditeerwartung der Konzerne. Veraltet aber waren diese Produktionsstätten bestimmt nicht.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @BUBU:

      Im Ernst? Die DDR Betriebe waren moderne Produktionsstandorte auf Westniveau? Sind Sie Mitglied in der Flat Earth Society?

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Aber natürlich waren die Betriebe, die für westliche Firmen produziert haben, auf dem dafür erforderlichen Niveau. Die Maschinenparks waren ja meist aus dem Westen, auch die Produktionsabläufe waren vorgegeben. Aber die Existenzgrundlage waren nun einmal die niedrigeren Lohnkosten.

        Informieren Sie sich doch, anstatt nur Ihre Vorurteile ins Kraut schießen zu lassen.

    • @BUBU:

      Sie haben natürlich recht: Hätte der Osten weiter seine Vergütung in DDR- Mark erhalten .... aber was hat das mit Renditererwartung zu tun? Wohl eher mit Entgeltvorstellungen auf West-Mark-Basis bei gleichzeitig niedriger Produktivität.

      Von Kleinigkeiten wie eigenen Innovatioonen, Patenten, Material-Standards oder Geschäftsideen ganz zu schweigen.

      Ihnen ist schon klar, dass nach dem Mauerfall einweitgehend freier Marktzugang gegeben war. Warum hat dann die Ostindustrie die westliche nicht überrollt? Wegen der Renditeerwartung des Westens?

       

      Ich glaube Sie sollten Ihren Standpunkt überdenken.

      • @Tom Farmer:

        Jens Rolf hat Recht. Doch an Aufklärung der Sachverhalte ist niemand interessiert. Die Sieger wollen ihre Beute behalten, die Verlierer keinen vergebenen Chancen nachtrauern.

      • @Tom Farmer:

        An meinem Standpunkt denken Sie leider ganz vorbei: Sie reden von der eigenständigen DDR-Wirtschaft, von Trabi, Schwalbe und Spreewaldgurken. Ich rede von Salamander, Quelle, Otto, Continental, Puma und und und... diese Waren konnten in DDR-Betrieben nach der Wende nicht mehr billig produziert werden, und so wanderte die Produktion weiter nach Asien.

        Abgesehen davon hatten die Betriebe gar keine Entscheidungsgewalt über die Fortführung der Produktion, denn es waren ja Lizenzprodukte. Man war eben nur verlängerte Werkbank.

        Ich glaube, Sie lesen von der Gestattungsproduktion zum ersten Mal - da kann der eigene Standpunkt schon Dissonanzen erfahren.

  • Nach meiner Erinnerung war die DDR damals vor allem insolvent. Die Treuhandanstalt war dann de facto der Insolvenzverwalter, der mit mehr oder weniger Fingerspitzengefühl eine Aufgabe übernahm, auf die niemand wirklich vorbereitet war.

     

    Interessant in diesem Zusammenhang auch ein Artikel von Frau Herrmann vor drei Jahren: http://www.taz.de/!307458/

    • @Trango:

      Was heißt Insolvent? Für Staaten kann es das nicht geben. Vielleicht gab es ein übergroßes Außenhandelsdefizit. Selbst damit kommen viele Staaten gut zurecht.

       

      Nein, die Neuen Bundesländer wurden zum Schwarzen Loch wegen des falschen Umtauschkurses. Die Frage war damals eins zu vier, eins zu acht oder eins zu zehn? Ökonomen meinten, vielleicht wäre ein Kurs über eins zu zehn sogar das Beste. Denn damit wären alle Schulden mit einem Mal getilgt.

       

      Doch es kam anders. Die Bürger bekamen eins zu eins, für Betriebe galt eins zu zwei. Für Spielgeld musste auf ein mal harte Währung hingelegt werden. Die DDR hatte ein System gegenseitiger Abhängigkeit geschaffen, das im Westen mit den Worten betrügerischer Bankrott am besten beschrieben ist. Dafür mussten Steuerzahler Milliarden zahlen.

  • Wann hören die Deutschen eigentlich endlich auf, sich ständig selbst zu quälen. Die Entstehung der DDR ist selbstverschuldete Folge des verursachten und verlorenen 2.Weltkrieges. Die Russen habe sich dafür Jahrzehntelang mit der Ausbeutung und „Fernsteuerung“ der DDR „revanchiert“. Im Vergleich zu den Graumsamkeiten der Wehrmacht, noch einigermaßen „anständig“. Ich erinnere mich noch an meine Reisen während der 80er im Osten, wo alles „besser“ war als beim „Klassenfeind“. Der ganze Ostblock ist doch Ende der 80er Bankrott gegangen. Da gab es doch warenmäßig -bis auf ein paar Ausnahmen- nur nicht-konkurrenzfähigen Nippes. Ist doch klar, dass irgendwann das böse Erwachen erfolgen musste. Daran ist doch die BRD nicht schuld. Dieser ganze verklärte Blick auf autoritäre Gesellschaftsstrukturen ist doch im ganzen Osten verbreitet (Polen, Tschechien und Ungarn). Und ausgerechnet diese Ländern wenden sich den Russen wieder zu. Dafür gibt es einen Namen: Stockholm-Syndrom. Der Osten ist in einer Sackgasse. Dieser selbstmitleidigr „Staatsfeindschaft“ und „Fremdenfeindlichkeit“ führt in die kollektive Depression und Paranoia. Es braucht dort mehr hoffnungsvoller und optimistischer Menschen. Da bleiben wohl nur die „Fremden“.

    • @Ward Ed:

      Bitte mal lesen. Ganz: //http://www.dw.com/de/ddr-als-billiglohnland-für-den-westen/a-15931955

  • Wann hören die Deutschen eigentlich endlich auf, sich ständig selbst zu quälen. Die Entstehung der DDR ist selbstverschuldete Folge des verursachten und verlorenen 2.Weltkrieges. Die Russen habe sich dafür Jahrzehntelang mit der Ausbeutung und „Fernsteuerung“ der DDR „revanchiert“. Im Vergleich zu den Graumsamkeiten der Wehrmacht, noch einigermaßen „anständig“. Ich erinnere mich noch an meine Reisen während der 80er im Osten, wo alles „besser“ war als beim „Klassenfeind“. Der ganze Ostblock ist doch Ende der 80er Bankrott gegangen. Da gab es doch warenmäßig -bis auf ein paar Ausnahmen- nur nicht-konkurrenzfähigen Nippes. Ist doch klar, dass irgendwann das böse Erwachen erfolgen musste. Daran ist doch die BRD nicht schuld. Dieser ganze verklärte Blick auf autoritäre Gesellschaftsstrukturen ist doch im ganzen Osten verbreitet (Polen, Tschechien und Ungarn). Und ausgerechnet diese Ländern wenden sich den Russen wieder zu. Dafür gibt es einen Namen: Stockholm-Syndrom. Der Osten ist in einer Sackgasse. Dieser selbstmitleidigr „Staatsfeindschaft“ und „Fremdenfeindlichkeit“ führt in die kollektive Depression und Paranoia. Es braucht dort mehr hoffnungsvoller und optimistischer Menschen. Da bleiben wohl nur die „Fremden“.

    • @Ward Ed:

      ... und die "Wessis" :-) Aber das sind ja auch "Fremde".

       

      Und ja: Im "Osten" war vor der Wende aus deren Sicht alles besser und heute meinen viele das immer noch und bekommen nur das Grauen, wenn sie nur an den Westen und seine "Zustände" eben dort vor Ort denken. Dabei denken sie aber nicht an bessere Löhne, sondern an scheinbar schlechte Bildung und zu viel "Ausländer" und zu wenig Autorität.

       

      Eigentlich ist der Osten super oder gar besser, aber sie fühlen sich eben benachteiligt und Daueropfer. Das scheint sich nicht auszuschließen und der Blick geht tatsächlich lieber Richtung Russland.

  • Irgendwie muss ich mich wohl falsch an die Zeit erinnern. Ich dachte nämlich bis gerade, dass die Union in den NBL bei den Bundestagwahlen 1990 und 1994 die weitaus meisten Stimmen erhielt. Das also die Bürger in den NBL genau den Weg wählten, den sie bekamen.

    • @Kaboom:

      Das ist wohl schwierig aufzudröseln. Für die BTW 1990 kann man die Folgen der Vermarktwirtschaftlichung nicht wirklich abschätzen (aus Sicht der Bevölkerung), da sie bis dahin kaum eingesetzt hatte. Für die BTW 1994 zwar schon eher, aber hier müsste man die Wählerschaft genau analysieren können. Zählten zu den CDU-Wählern auch Betroffene in signifikantem Ausmaß? Oder waren das hauptsächlich Wendegewinner?

      • @Marius:

        Was spielt es für eine Rolle wer CDU gewählt hat? Wir leben schliesslich in einer Demokratie. Da entscheidet nun mal die Mehrheit. Und bei der Wahl 1994 war die CDU überall - abgesehen von Brandenburg - strärkste Kraft. In Sachsen sogar mit absoluter Mehrheit. Und nun wird im Osten darüber rumgeheult, was man im Osten mehrheitlich wollte? Und in Sachen, wo am meisten rumgeheult wird, gabs mehr als 50% für eben diese Politik?

        Man kann nur mit dem Kopf schütteln, wirklich.

        • @Kaboom:

          Wir leben in einer Demokratie, das ist richtig, und von einer Diktatur der 51% sind die Verhältnisse hier zwar weit entfernt, aber allen recht gemacht wird es auch nicht.

          Und wenn sich 50+x% 1990/94 für die CDU/FDP und die Privatisierungspolitik ausgesprochen haben, kann es immer noch 40+x% gegeben haben, die dagegen waren, was nicht unbeträchtlich ist. Also würde ich nicht sagen, sie seien selbst schuld, weil wir nicht wissen, was die Betroffenen gewählt haben. Und Protest gegen Kohl gab es schon früh im Osten. Man denke nur an die Attacke in Halle.

  • Die Treuhand war eine geniale Einrichtung. Erinnern wir uns. Bekanntlich hat Oskar Lafontaine die Wende ganz verschlafen, die Grünen wollten den Osten sich selbst entwickeln lassen, wodurch sie sich aus dem Bundestag kickten. Die CDU pumpte um so mehr Geld und Ideologie in das Land. Mit der Treuhand konnte sowohl Siegerpolitik gemacht werden, als auch den Markt neu aufzuteilen. All die Marken, die einst Neckermann reich machten, hätten auch die Wende überlebt. Doch geschluckt als Tochterfirmen waren sie zum Tode verurteilt. Ob nun Parkas, Praktika, MZ oder der erste Speicherchip deutscher Produktion, die Sahne für den Marktführer, die Schulden für den Steuerzahler. Die Treuhand kann man als Wegbereiter der Hartz-Gesetzgebung sehen. Insgesamt also ein großer Erfolg. Jetzt will Macron in Frankreich dem Beispiel folgen. In Griechenland hieß die Institution Troika. Wir bräuchten viel mehr davon.

  • Das ist kein Grund für völkisch-autistische Grundhaltungen wie in Heidenau 2015 von Einwohnern ohne bestimmbare Zugehörigkeiten auf Demos vorgetragen:

    "„Auf „tragische Einzelfälle“ und „kulturelle Bereicherung“ durch „Fachkräfte“ können wir hier verzichten! Asylflut stoppen Nein zum Heim"

     

    Also die unbegründete kategorische Ablehnung alles nichtdeutschen.

    • @nzuli sana:

      Das ist richtig, aber Abgewertete sind anfälliger für Ideologien welche Schuldige sucht und es wählt ja auch nicht der "ganze Osten" rechts.

    • @nzuli sana:

      Der massenhafte Raub einer Volkswirtschaft durch die westdeutsche Oligarchie und Lebensleistung und Schicksal von Millionen Menschen ist also nicht relevant genug und erhält nur Bedeutung in Bezug auf die identitären Lieblingsthemen der Millieulinken?

    • @nzuli sana:

      Das würde ich auch meinen. Weil ich arbeitlos werde, zünde ich doch keine Asylunterkünfte an.

      • @Uranus:

        Weil auch alle Arbeitslose im Osten Asylunterkünfte anzündeten.

  • Schonn. "Weitgehend unbeachtet von öffentlichen, politischen oder wissenschaftlichen Wahrnehmungen habe sich so langfristig ein „ausgesprochen negativ konnotierter Erinnerungsort in der ostdeutschen (Teil-)Gesellschaft etabliert“. - ok!

     

    Das ist das eine. Die weit wichtigere Frage aber ist doch -

    "Dabei gab es sehr wohl Überlegungen aus dem linken politischen Lager, die Treuhand nicht als eine rein betriebswirtschaftliche Agentur, sondern vielmehr als eine sozial und volkswirtschaftlich eingebundene Institution zu installieren. Doch der marktradikale Privatisierungskurs setzte sich durch.…"

     

    Stimmt das & wie sah das mit welchen Mitteln genau & im Ergebnis in der Wirklichkeit aus?!

    Mein bescheidenen Einblicke via einzelner Akteure - ist - wie gewollt -

    Ohne Rücksicht auf Verluste wurde im Interesse der etablierten Westwirtschaft - die bestehende Ostwirtschaft - weitgehend platt gemacht. Einhergehend mit einer dreisten Korruptionspraxis.

    kurz - die diesbezüglich niederschmetterden Erfahrungen & Einschätzungen von langjährigen Insidern hab ich hier schon mal eingerückt.

    Kardinalfehler das Einigungsvertrages

    "Rückgabe vor Entschädigung" etc taten ein übriges!

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "Stimmt das & wie sah das mit welchen Mitteln genau & im Ergebnis in der Wirklichkeit aus?!"

       

      Dafür gibts ja jetzt die Studie. Zu lesen ab Seite 48, glaube ich...

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Das hoff ich sehr.

        Wollte nur den taz-Zungenschlag etwas anders - öh "justieren"! Newahr.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      So ist das, wenn Kapitalisten kein Interesse am Markt haben und - mittels eines gigantischen Staatskombinats - systematisch unliebsame Konkurrenz wegkicken.

  • Die Wende war die große Chance für die neoliberalen Ideologen, ihre Vorstellungen von der Ablösung eines sozilistsichen Systems durch die radikale Marktwirtschaft in die Praxis umzusetzen, getreu dem Mont-Pélérin-Motto "Privatisierung, Deregulierung, Sozialabbau."

     

    Im Finanzministerium Weigls arbeiteten die Herren Friedrich und Sarasin fleißig an den Modellen, mit denen der Sieg des Kapitals umgesetzt werden sollte.

    Weitere Details sind in ostdeutschen Studien über die Treuhand zu finden,

    da braucht Frau Gleicke gar keine neuen Untersuchungen zu beauftragen.

     

    Und die Ergebnisse der planmäßigen Deindustrialisierung lassen sich ja schon daran ablesen, dass sich auch heute viele der eher dünn gesäten Arbeitgeber im "Beitrittsgebiet" sich gerne der Tarifbindung entziehen und sich sogar um den Mindestlohn drücken.

    Diese Leute haben kapiert, wie und für wen die "freie Marktwirtschaft" so wunderbar funktioniert.

    • @unSinn:

      Ja genau, man sieht ja seit 28 Jahren quasi jeden Tag, dass die geringere Tarifbingung, die geringeren Löhne etc. im Osten geradezu das Paradies auf Erden haben ausbrechen lassen. Genau wie es die Neoliberalen versrpochen hatten. Oder so ähnlich.

      • @Kaboom:

        Ich sehe aber auch nicht das dort wo linke regieren die Zustände soviel paradiesischer sind.

      • @Kaboom:

        Aber heute wird niemand mehr erschossen, wenn er das "Paradies" verlassen möchte. Es ist Typisch dass früher alles besser war, allen anderen geht es besser, und es gibt Menschen und Gruppen die immer benachteiligt werden. Sollte man jetzt vielleicht noch eine Diskussion anfangen, wo WD heute ohne Wiedervereinigung wäre.

  • "Eine ostdeutsche „Bad Bank“"

     

    Das ist noch eine Untertreibung! Rohwedder, der erste Treuhand Vorsitzende sagte zu Amtsantritt, "der ganze Salat [die DDR Betriebe] ist um die 600 Milliarden DM wert."

    Nach Ende der "Tätigkeit" der Treuhand waren daraus 250 Milliarden DM SCHULDEN geworden - alles in allem also eine Veruntreuung von 850 Milliarden DM. https://www.youtube.com/watch?v=d9G4M-qf2XQ

  • Dieses Gefühl der "Kolonialisierung" kenne ich noch sehr gut, auch wenn es mich als Kind, durch mein Elternhaus bedingt nicht betroffen hat, drückt es doch genau die Stimmungslage damals aus.