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Neue SicherheitsstrategieGroßbritannien kommt in Bewegung

Die britische Regierung stellt eine neue Sicherheitsstrategie für den „Systemwettbewerb“ mit Russland und China vor. Dazu gehört nukleare Aufrüstung.

Joe Biden und Rishi Sunak: Erstes Gipfeltreffen des neuen Militärbündnisses AUKUS in San Diego Foto: Stefan Rousseau/ap

„Unsere kollektive Sicherheit ist nunmehr untrennbar mit dem Ausgang des Konflikts in der Ukraine verbunden“, lautet ein Schlüsselsatz der neuen britischen Sicherheitsstrategie, die am Montagabend veröffentlicht und von Verteidigungsminister Ben Wallace im Parlament in London vorgestellt wurde. Als „Auffrischung“ der geltenden Strategie aus dem Jahr 2021 gekennzeichnet, reagiert das Papier, wie es Premierminister Rishi Sunak in seinem Vorwort schreibt, auf „das Tempo des geopolitischen Wandels und das Ausmaß seiner Auswirkungen“, das man 2021 so nicht hätte vorhersehen können.

„Mit der von Russland praktizierten Kriegsführung des 20. Jahrhunderts umgehen und zugleich mit der Konfrontation des 21. Jahrhunderts mit China“ – so beschreibt die neue Lage der langjährige Diplomat Sir Peter Ricketts, Vizevorsitzender des Thinktanks Royal United Services Institute. Es ist eine Herausforderung, die natürlich nicht nur Großbritannien betrifft. Wie es das Papier selbst ausdrückt: „In den vergangenen zwei Jahren ist der Übergang zu einer multipolaren, fragmentierten und umkämpften Welt schneller und endgültiger eingetreten als erwartet.“ Es gebe einen „beschleunigten Systemwettbewerb“ und „das Risiko der Eskalation ist größer als seit Jahrzehnten“.

London sucht in dieser düsteren Lage das Positive. Habe der Fall von Afghanistan 2021 Fragen zur Handlungsfähigkeit des kollektiven Westens aufgeworfen, zeige die Unterstützung der Ukraine nun, dass das Gegenteil richtig sei: Es gebe eine „neue Zielstrebigkeit und Kooperation“. Hatte Boris Johnsons Sicherheitsstrategie von 2021 noch Europa weitgehend ignoriert und den „Schwenk“ britischer Interessen in den indopazifischen Raum ausgerufen, verkündet Rishi Sunak heute „ein neues Netzwerk atlantisch-pazifischer Partnerschaften, auf Grundlage der gemeinsamen Sichtweise, dass Wohlstand und Sicherheit des Euroatlantik und des Indopazifik untrennbar verbunden sind“.

Nicht zufällig fiel die Veröffentlichung des Papiers mit dem ersten Gipfeltreffen das neue Militärbündnis Aukus (Australien, Vereinigtes Königreich und USA) zusammen. Im kalifornischen San Diego, wo Sunak 2006 als Student lebte, pries er nun als Premier neben dem Australier Anthony Albanese und US-Präsident Joe Biden „die wichtigste multilaterale Verteidigungspartnerschaft seit Generationen“.

Konkret wird Großbritannien eine neue Generation atomarer U-Boote bauen, die Spitzentechnologie aus den USA enthält und auch Australien zur Verfügung gestellt wird. Das dürfte 20 Jahre dauern, aber vorher erhält Australien Atom-U-Boote aus den USA und ab sofort wechseln sich die U-Boot-Flotten Großbritanniens und der USA in australischen Gewässern ab.

Das ist klar gegen Chinas Ambitionen im Indopazifik gerichtet. Australiens Verteidigungsminister Richard Marles sagte vor der Presse, die Region erlebe derzeit die größte Aufrüstung seit dem Zweiten Weltkrieg, und wenn Australien da nicht mithalte, „würde uns die Geschichte verurteilen“.

Milliardenaufträge gehen verloren

Sunak hat das auch gegenüber Frankreich geschickt eingefädelt, das sich aufgrund seiner kolonialen Inselterritorien ebenfalls für eine Indopazifikmacht hält und dessen Präsident Emmanuel Macron über das Entstehen der Allianz ­Aukus im September 2021 so erzürnt war, dass er sogar seinen Botschafter aus den USA abberief. Frankreichs Rüstungsindustrie gingen nämlich Milliardenaufträge in Australien verloren.

Letzten Freitag, also noch vor dem Aukus-Gipfel, traf Sunak Macron in Paris zum ersten französisch-britischen Gipfel seit dem Brexit. Dort sprach man nicht nur über die aus Frankreich nach Großbritannien fliehenden Bootsflüchtlinge, sondern auch über militärische Zusammenarbeit. Die beiden wichtigsten Militärmächte Westeuropas werden unter anderem Bewegungen ihrer Flugzeugträger im Indopazifik miteinander koordinieren.

Es werden auch gemeinsame Rüstungsprojekte mit Frankreich erörtert – wie bereits mit Japan und Italien. Dazu kommt eine neue Militärbasis in der norwegischen Arktis. Das neue Strategiepapier betont auch die weitere Unterstützung für die Ukraine. Derweil kündigte die Regierung eine eher mäßige Erhöhung des britischen Verteidigungsetats um 5 Milliarden Pfund an; sein Anteil am BIP soll mittelfristig von derzeit 2,2 auf 2,5 Prozent steigen. Das meiste neue Geld fließt in die atomare Abschreckung. Im Parlament stieß die relativ geringe Anhebung am Dienstag auf Kritik.

Das Risiko der Eskalation ist größer als seit Jahrzehnten

Sicherheitsstrategie der britischen Regierung 2023

Denn Londons Hauptstoßrichtung ist, dass man nicht bloß auf Moskau und Peking reagieren sollte. Man muss auch selbst aktiv werden. Das aber kostet Geld. „Das internationale Umfeld gestalten“, lautet das oberste strategische Ziel im britischen Papier, „um die Bedingungen einer offenen und stabilen Weltordnung zu schaffen“.

China wird für diese Weltordnung zur „epochalen Herausforderung“ erklärt. Laut Experten ist das eine Mäßigung – die Alternative wäre „Bedrohung“. Dies hätte die Tür zur Zusammenarbeit mit Peking, etwa in der Klimapolitik, zugeschlagen. Das Wort „Bedrohung“ bleibt Russland vorbehalten, das als „akuteste Bedrohung der britischen Sicherheit“ definiert wird.

Nicht von ungefähr aber reagiert China jetzt besonders scharf. Die Aukus-Nationen hätten mit ihren Beschlüssen „den Weg des Irrtums und der Gefahr“ eingeschlagen, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Nach US-Berichten ist für kommende Woche ein China-Russland-Gipfel geplant. Auf Mäßigung stehen die Zeichen nicht. Am Dienstag bekräftigte Kremlsprecher Dmitri Peskow, Russland müsse in der Ukraine „seine Ziele erreichen“ und dies sei „derzeit nur mit militärischen Mitteln möglich“.

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23 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    de.wikipedia.org/w...es_K%C3%B6nigreich



    „Crule Britannia, Britannia rule the waves…“ www.youtube.com/watch?v=HPZOOhzql7w

  • Meine Zustimmung zu der Analyse!



    Wie hat Tramp in einer öffentlichen Rede einmal gesagt:



    "Wir Amerikaner sind die Nr. 1 der Weltwirtschaft und die Nr. 1 der Militärmacht auf der Welt und wir werden nie zulassen, dass wir in beiden Nr.2 werden."



    Das ist die US Geopolitik, dem alles untergeordnet wird.



    Und Biden folgt m.E. zu 100 % dieser politischen Linie!



    Unser Land sollte diese Politik hinterfragen!

  • Yeah, let's war again! Holt Eisenhower und Churchill zurück, deGaulle macht diesmal auch mit.

  • Ein weiterer Schlag in Richtung Selbstzerstörung der Menschheit!

  • "Sicherheitsstrategie ... nukleare Aufrüstung"



    Aja! Das klingt seeeehr sicher! Am besten mit Erstschlagskonzept. Großartige Idee! /Sarkasmus/

    • @Uranus:

      Also Ihre Erstschlagpolemik mal außen vor. Seitdem ich russisches StaatsTV (mit Untertiteln) sehe und mitbekomme, wie dort regelmäßig Atomschläge auf deutsche Metropolen z.B. Berlin gefordert und per Computersimulation veranschaulicht werden, ist meine ehemalige strikte Ablehnung einer atomaren Bewaffnung nicht mehr vorhanden. Die russische Führung hätte vor einem Erstschlag höhere Hürden, wenn wir selbst über die Zweitschlagfähigkeit verfügen würden. Mein Problem ist hierbei nur, ich würde weder den Befehl zum Zweitschlag erteilen noch gar selbst auf den Knopf drücken um Millionen zu töten. Die Bilder aus Hiroshima insb. die Strahlenopfer sind unerträglich. Sehr stringen/ehrlich/durchdacht ist meine aus Angst erwachsene Position somit nicht.

      • @BluesBrothers:

        Naja, das Ding ist doch, es gibt bereits mehr Nuklearwaffen als genug. GB und Frankreich dürften bereits neben USA einige besitzen. Hier werden aber noch mehr Nuklearwaffen gefordert. Dabei könnte wohl jetzt bereits der komplette Planet mehrfach gekillt werden.

    • @Uranus:

      Das Erstschlagskonzept wird schon durch Moskau repräsentiert...

  • Manoman! Deutschland soll bei diesem gefährlichen Wettrüsten mitmachen? Bloß nicht. Eher sollten wir alle uns dagegen wehren!

  • Der "globale Westen" sieht sich wohl alleinig dazu ermächtigt zu entscheiden, wer die Wirtschaftlsmacht Nr. 1 sein darf. Wie überheblich! Immer noch! China darf es wohl nicht sein/werden. Why not? Die Angst -und Verwunderung- dass andere Länder AUCH im so hart umkämpften internationalen Wirtschaftsraum maßgeblich mitreden wollen (China, Indien, Brasilien, afrikanische Länder) sorgt für diese unsägliche und beängstigende Aufrüstung. Auf die Straßen! Wir müssen protestieren!

  • Ziemlich deutlich, dass Staaten mit abnehmender wirtschaftlicher Potenz und internationaler Isoliertheit ständig aggressiver werden. Kaum vorstellbar, wie die kommende Eskalation verhindert werden kann. Eine global wirksame Klimapolitik wird unter diesen Umständen unmöglich, denn diese ist nur unter friedlichen Bedingungen möglich.

    • @Rolf B.:

      China, Indien und die Golfstaaten haben eine abnehmende wirtschaftliche Potenz und werden isoliert?



      Deren Aufrüstung ist relativ stärker als die des sogenannten Westens....

  • Rückwärtsbewegung!



    Das scheint wohl alles zu sein, was sich derzeit in Großbritannien bewegt.



    Wenn Aufrüsten schon als Erfolg verkauft wird, spürt man/frau, wie schlecht es dem Land geht.



    Die Einschätzung, dass China der kommende Gegner ist, trifft zu.



    Ich betrachte das Land allerdings erstmal als wirtschaftlichen Konkurrenten, von dem man sich emanzipieren muss.



    In GB sickert allmählich die Erkenntnis durch, dass der Brexit ein historischer Irrtum war.



    Die Zeichen stehen auf wirtschaftlichen Abstieg.

    Nun versucht die britische Regierung den mangelnden wirtschaftlichen Erfolg (Commonwealth statt EU) mit Säbelrasseln zu kaschieren.



    Das ist höchst brisant. Biden und Sunak sollten auf Dialog mit China setzten, eine Konfrontation um innenpolitisch zu punkten, ist geradezu waghalsig.

    • @Philippo1000:

      Vor dem Krieg in der Ukraine erzählten Putinversteher auch von Säbelrasseln und dass Russland Ukraine nicht angreifen würde.

      • @h3h3y0:

        Die Parallele ist etwas unverständlich, da es hier ja um die britische Aufrüstung geht und nicht die Chinesische. Erwarten Sie einen chinesischen Angriff auf Europa?



        Denken Sie, Europa hätte gegen China militärisch auch nur den Hauch einer Chance?



        Zuletzt: was verstehen Die unter " Putinverstehern"?



        Selensky? Der wollte, trotz Warnungen durch die USA, nicht wahrhaben, dass Russland angreift.

  • Ein neues Wettrüsten. Na toll, ich fand es war vorher schon alles beschissen genug.

  • Ich fasse es mal so zusammen:



    - China liegt am anderen Ende der Welt von GB



    - Kein NATO-Staat liegt so nahe, dass er in Nordamerika oder Europa einen Angriff Chinas fürchten müsste (diese Invasionsstreitmacht müsste über den Pazifik fahren, einmal um Afrika oder durch Russland marschieren)



    - Und gegen diese "Bedrohung" durch China wird dann atomar und sonst wo aufgerüstet.



    Weil China "ein anderes System" hat?



    Sieht für mich eher so aus, als ob jemand ein Problem damit hat, dass die Staaten mit "weißer" Elite und Bevölkerung nicht mehr die Welt regieren.

    • @Kartöfellchen:

      Oder Leute im Westen, viele von ihnen Nichtweiße, haben ein Problem damit, dass sie in einer Welt leben könnten, welche von Autokraten regiert wird.

    • @Kartöfellchen:

      "Sieht für mich eher so aus, als ob jemand ein Problem damit hat, dass die Staaten mit "weißer" Elite und Bevölkerung nicht mehr die Welt regieren."

      In diesem Fall in der lächerlichen Variante. Schaut man sich die Reste des Empire an, sieht man, dass der Schwanz mit dem Hund wedeln will. Da träumt jemand von vergangener Größe.

    • @Kartöfellchen:

      Der Knackpunkt ist Taiwan und nicht Europa. China beanspucht Taiwan für sich. Ua. ist 60% der weltweiten Chipproduktion in Taiwan. Taiwan ist die strategische Insel um die sich eine militärische Auseinandesetzung drehen wird. Die Ähnlichkeit zur Kriegsfürung Russlands gegenüber der Ukraine ist augenscheinlich und eine starke Bindung zwischen den imperialististen Russland und China. China wartet nur darauf stark genug zu werden um Taiwan zu annektieren. Der imperialistische Westen weiß mal wieder nicht wie er reagieren soll und geht zur alten Strategie des Aufrüstens über.



      Es ist ein Trauerspiel und maßlos ärgerlich, dass die politischen Klassen dieser Welt so rückständigen Ideen anhaften. Auf Kosten der Bevölkerungen und der Umwelt.

      • @llorenzo:

        Mal ganz frech gefragt:



        Warum maßt sich der Westen eigentlich an, Taiwan für sich zu beanspruchen?

        Wie von den anderen Kommentaren erwähnt, hat Europa (und die USA als ehemaliger Abkömmling Europas) da eigentlich gar nichts zu suchen.

        Der Westen erdreistet sich, an alte koloniale Bestrebungen festzuhalten, um seine Wirtschaft zu stärken.

        • @sk_:

          Quatsch, wo bitte schön erhebt der pöse Westen "Anspruch" auf Taiwan? Lt. meiner Wahrnehmung wehrt sich die taiwanesische Regierung dagegen. Taiwan ist übrigens im Gegensatz zur VRC eine Demokratie.

        • @sk_:

          Wo „beansprucht“ „der Westen“ denn Taiwan? Ist es nicht eher so, dass die VR China Taiwan permanent mit gewaltsamer Annexion droht, was die Taiwanesen mehrheitlich nicht wollen angesichts der diktatorischen Unterdrückung, die sie dann erwartet? Taiwan war nie ein Teil der VR China und sollte es auch nicht unter Zwang werden, das sollte man den Menschen dort schon zugestehen.