Naher Osten: Von Jemen bis Den Haag
Der Krieg in Gaza wird zur globalen Angelegenheit. Es ist wichtig, dass die Weltgemeinschaft der Eskalationsspirale entgegentritt.
D er Krieg im Nahen Osten ist zu wichtig, um ihn Benjamin Netanjahu zu überlassen. Das hat die Welt in diesen Tagen erkannt. Der Internationale Gerichtshof verhandelt über Südafrikas Vorwurf eines Völkermordes durch Israel an den Palästinensern in Gaza, Deutschland billigt Waffenexporte an Saudi-Arabien, und nun haben die USA und Großbritannien massive Luftangriffe auf Jemens pro-iranische Huthi-Rebellen geflogen, die aus Solidarität mit der Hamas den Welthandel mit Angriffen auf Frachter im Roten Meer stören.
Der Krieg in Gaza wird zur globalen Angelegenheit, und das ist gut so. Israel würde ihn gerne als innere Angelegenheit gewertet sehen, in die sich gefälligst niemand einzumischen hat. Aber er hat weltweite Auswirkungen, und da müssen sich die Kriegführenden weltweite Fragen gefallen lassen.
Wenn Israels Vorgehen in Gaza wirklich so einwandfrei ist, wie es Netanjahu und seine Freunde entgegen allem Augenschein behaupten, sollte es ja wohl kein Problem sein, das vor einem unabhängigen Gericht darzulegen. Der israelische Ministerpräsident sah sich jetzt bereits gezwungen, seine Auslöschungsrhetorik zu mäßigen und klarzustellen, Israel kämpfe nicht gegen die Palästinenser insgesamt. Sollten diesen Worten Taten folgen, wäre schon viel gewonnen.
Das Verfahren am IGH wird das Leiden in Gaza natürlich nicht beenden, genauso wenig, wie die US-Luftangriffe auf Jemen die Huthi-Rebellen zerschlagen werden. Die Bedeutung all dieser Entwicklungen liegt darin, dass sie überhaupt stattfinden. Israel und die Palästinenser miteinander alleine zu lassen würde die Region ins Massensterben führen.
Israel hat militärisch zwar die Oberhand über Hamas, liefert mit seiner menschenverachtenden Kriegsführung in Gaza aber Libanons Hisbollah und Jemens Huthis eine Steilvorlage, sich als die nächsten Widerstandskämpfer zu profilieren statt als die Kriegstreiber, die sie in Wahrheit sind. Es ist wichtig, dass die Weltgemeinschaft insgesamt dieser Eskalationsspirale entgegentritt.
Worte statt Waffen
Nicht nur darf Israels Selbstverteidigung nicht Netanjahu überlassen bleiben; auch die Sache der Palästinenser ist zu wichtig, um sie Hamas zu überlassen. Wer Frieden in Nahost will, sollte es begrüßen, wenn der palästinensische Freiheitskampf mit Worten statt Waffen geführt wird. Vor drei Monaten jubelten Palästinenser über den völkermörderischen Hamas-Überfall auf Israel. Jetzt jubeln sie über die Völkermordanklage gegen Israel in Den Haag. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Als Nächstes sollte auch Israel endlich auf den Boden des Völkerrechts finden. Dann könnte vielleicht eine Friedensperspektive entstehen, nachdem alle Beteiligten bereits einen tiefen Blick in den Abgrund geworfen haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund