Nach Russland-„Manifest“: Ralf Stegner soll Parlamentarisches Kontrollgremium verlassen
Er unterzeichnete das Abrüstungs-Manifest und traf sich mit Vertretern Russlands. Nun soll der SPD-Politiker das Kontrollgremium der Geheimdienste verlassen.
Dafür sollen Fraktionsvize Sonja Eichwede und der Abgeordnete Daniel Baldy die SPD-Fraktion vertreten. Die Personalien soll die Fraktion am Dienstag beschließen. Entsendet werden sämtliche Vertreter auch anderer Fraktionen auf Beschluss des Bundestages. Hier gilt ein Ja zusammen mit der Union als sicher, die Abstimmung findet am Donnerstag statt.
Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) ist für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig und überwacht den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Die Bundesregierung ist verpflichtet, das Gremium über Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Diese sind häufig brisant, die entsandten Parlamentarier müssen daher besonders vertrauenswürdig sein.
Stegner war innerhalb der Koalition und auch innerhalb der SPD zunehmend in die Kritik geraten. Zum einen ist er einer der prominenteren Unterzeichner eines Manifests, das unter anderem eine Wiederannäherung an Russland fordert sowie Kritik an der Aufrüstung in Europa und Deutschland äußert. Zudem hatte auch ein Treffen mit russischen Vertretern in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, für Unmut gesorgt. Die Personalien haben für die SPD auch Brisanz, da sie kurz vor dem Parteitag am Wochenende kommen und Stegner im linken Parteiflügel verankert ist.
Ohne Linke keine Zwei-Drittel-Mehrheit
Die Linke verknüpft derweil die Wahl ihrer Fraktionschefin Heidi Reichinnek ins Parlamentarische Kontrollgremium mit der Zustimmung ihrer Fraktion bei anderen Abstimmungen. Auf die Frage eines Journalisten, was die Partei unternehmen würde, falls Reichinnek bei der Wahl der Mitglieder des Gremiums durchfallen sollte, antwortete der Parteivorsitzende, Jan van Aken: „Dann würde ich mal laut darüber nachdenken, wie die CDU sich eigentlich vorstellt, in den kommenden vier Jahren hier Beschlüsse mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament zu fassen.“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hatte dem Spiegelgesagt: „Dieses hochsensible Gremium braucht passendes Personal statt parteipolitischer Provokation. Die Nominierung von Frau Reichinnek ist das genaue Gegenteil.“
Van Aken verwies darauf, dass die Linke, als Friedrich Merz (CDU) im ersten Wahlgang nicht zum Kanzler gewählt wurde, mit ihren Stimmen einen erneuten Wahlgang am selben Tag ermöglicht hatte. Er fügte hinzu: „Wenn die CDU jetzt wirklich will, dass es zum Chaos kommt, dass es keine vernünftige Kontrolle der Geheimdienste gibt, weil die Linke nicht mit kontrolliert, dann muss sie sich das sehr gut überlegen.“ Eine solche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag könne schon bald wieder notwendig werden – etwa bei der Nachbesetzung einer Richterstelle am Bundesverfassungsgericht.
Gremium wird kleiner
Die Wahl der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist für diesen Donnerstag geplant. Es ist vorgesehen, die Zahl der Mitglieder des Gremiums von bisher 13 auf 9 zu senken – eine Konsequenz aus der durch die Wahlrechtsreform bedingten Verkleinerung des Bundestages. Dabei ist folgende Sitzverteilung vorgesehen: Union drei Sitze, SPD und AfD je zwei Sitze sowie jeweils ein Sitz für Grüne und Linke.
Im Jahr 2018 hatte der Bundestag den damaligen AfD-Abgeordneten Roman Reusch in das Gremium gewählt. Später erhielt kein AfD-Kandidat mehr die erforderliche Mehrheit. Die Linke war bis zur Auflösung ihrer Fraktion im Dezember 2023 in dem Gremium vertreten. Mit dem Verlust des Fraktionsstatus der Linken wurde André Hahn nicht mehr zu den Sitzungen eingeladen.
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