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Nach Razzia bei „Letzter Generation“Hunderte Selbstanzeigen

Bei der Staatsanwaltschaft sind rund 380 Selbstanzeigen von Un­ter­stüt­ze­r*in­nen der „Letzten Generation“ eingegangen. Eine Petition hat über 1.000 Unterschriften.

Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation bei einer Blockade in Berlin im Dezember Foto: Paul Zinken/dpa

Neuruppin epd | Nach den Hausdurchsuchungen bei Kli­ma­ak­ti­vis­t*inne­en der „Letzten Generation“ Mitte Dezember gibt es inzwischen mehrere hundert Selbstanzeigen von Unterstützer*innen. Bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin in Brandenburg seien bislang rund 380 Selbstanzeigen eingegangen, hieß es dort am Dienstag. Die Staatsanwaltschaft hatte die Hausdurchsuchungen wegen Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung veranlasst. Die „Letzte Generation“ hatte zu solchen Selbstanzeigen aufgerufen.

Eine vor wenigen Tagen im Internet gestartete Petition mit dem Titel „Werde Teil der kriminellen Vereinigung ‚Letzte Generation‘“ verzeichnete bis Dienstagnachmittag mehr als 1.000 Selbstbezichtigungen. In der Petition an die Staatsanwaltschaft Neuruppin heißt es unter anderem, mit der Unterschrift werde der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass auch die Unterzeichner Teil der „kriminellen Vereinigung“ seien.

Unter anderem hatte die Polizei die Wohnung der Aktivistin Carla Hinrichs durchsucht, die bereits in mehreren Talkshow-Formaten über ihren Aktivismus gesprochen hat. Die Ak­ti­vis­t*in­nen der „Letzten Generation“ werteten die Durchsuchungen als „Einschüchterungsversuch“, der sie nicht stoppen werde. „Wir stehen mit Gesicht und Namen für das, was wir tun – wenn der Wunsch nach Informationen besteht, braucht es keine Hausdurchsuchung.“

Schon Ende November hatte es nach der Aktion der „Letzten Generation“ in der Dresdner Gemäldegalerie Hausdurchsuchungen bei Aktiven der Gruppe in Leipzig gegeben. Im August 2022 hatten sich zwei Mitglieder der „Letzten Generation“ am Rahmen der Sixtinischen Madonna festgeklebt und die Aktion gefilmt.

Die „Letzte Generation“ sorgt mit ihren Straßenblockaden und Klebeaktionen, um auf den Klimawandel hinzuweisen, seit vielen Wochen für Diskussionen. Für ihre Aktionen des zivilen Ungehorsams unter Angabe ihrer Klarnamen nehmen sie Gefängnis- und Geldstrafen in Kauf.

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15 Kommentare

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  • Kriminalisierung von Umweltaktivisten - ein alter Hut. Siehe Brokdorf, Hamburger Kessel, Grohnde. Und der alte Klassenkämpfer (KBW) Kretschmann schlägt heute als Superliberalkonservativer Mischterpräsident die selbe Trommel - Siehe taz-Interview. Ohne den massiven Widerstand - auch militant - würde Deutschland energiepolitisch heute in einer ähnlichen Situation wie Frankreich sein - Marode Atomkraftwerke und Energie-Krise....

  • schließe mich an. Die Kriminalisierung der LG ( im Gegensatz zu den LKW u. Treckerblockaden auf Straßen und Autobahnen wie es sie mehrfach gegeben hat) lässt sich nur als demaskierende Offenbarung des Komplettversagens und der Hilflosigkeit der Politik und deren Scheiterns werten. Alles was "denen" einfällt ist ein mediales/propagandistisches Instrumentalisieren zum Zweck der gewünschten Meinungsmache. LG, großartig, weiter so!!

  • Finde ich eine super Idee. Auch wenn ich die Methoden nicht gutheißen kann, unterstütze ich die Ziele und finde die Einordnung als Kriminelle Vereinigung doch sehr, sehr weit hergeholt.

    Allerdings: Ich finde es schade, dass die Berichterstattung hier stets die Fälle an den Flughäfen umschifft. Das war das, wo für mich persönlich eine klare Grenze überschritten wurde. Wieder und wieder "übersieht" die taz diese Fälle, wenn man über die Letzte Generation berichtet.

  • Wünschenswert wäre eine Selbstanzeige der Leugner des Klimawandels, von denen es - den Beiträgen in manchen Foren nach zu urteilen - immer noch recht viele gibt. Wenn diese schon so überzeugt sind, dann kann man doch wohl erwarten, dass sie auch dafür geradestehen und die Kosten für die Konsequenzen für ihre Fehlinformation übernehmen - bis hin zum Abarbeiten ihrer Schulden auf vertrockneten, staubigen Feldern bei strenger Wasserrationierung bis an ihr Lebensende. Ähnliches gilt für diejenigen, die in Kommentaren ihren Hass auf die LG freien Lauf lassen. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich mit dem meteorologischen Klima sich auch das gesellschaftliche verändert, bis der Wind sich dreht und ihnen ihr eigenes ausgespucktes Gift von einer steifen Brise ins ratlos dreinschauende Gesicht geklatscht wird.

  • 83% der Bevölkerung finden die Aktionen der LG übertrieben heißt es. Offenbar zählen auch große Teile der Regierung und der Bundespräsident dazu..

    Nun das heißt: es gibt bereits 17% die verstanden haben, daß wir nicht im Modus der bequemen Selbstgefälligkeit verbleiben können..



    Und mit dem.nächsten Ahrtal werden zu den 17% ganz sicher noch sehr viel mehr Leute hinzu kommen.

    Ich weiß nicht wann aus den 17%...51% werden, aber das ist nur eine Frage der Zeit..

    Bis dahin: solidarisieren, spenden, evt eine neue Partei gründen, parallel zu den Blockaden massenhaft demonstrieren, etc..

    (vielleicht geht der Regierung ja dann irgendwann mal ein Licht auf)...

    • @Wunderwelt:

      Nur weil man gegen die Aktionen ist und diese nicht unterstützt, bedeutet das noch lange nicht, dass man die Ziele der Bewegung nicht gut findet. Das ist genau das Problem, was ich mit der ganzen Sache habe. Hier wird stets argumentiert, dass man - sofern man die Ziele gut findet - sämtlichen Schmarren auch unterstützen muss.

      Und abgesehen davon kann man sich mit ganzem Herzen für Klimaschutz begeistern und dennoch zum Beispiel gegen ein Tempolimit auf den Autobahnen sein. Hier gibt es ja viele Ansätze dafür, wie CO2 und andere Schadstoffe eingespart werden können.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Das ist die „KV LG – VdK“



    (Kriminelle Vereinigung Letzte Generation - Vor den Kipppunkten)



    Könnte nicht taz, so wie einst „stern“ in Sachen §218, einen Titel bringen mit:



    „Ich habe abgeschrieben!“ (die deutsche Politik).



    Vielleicht finden sich prominente Selbsberichtiger:innen?

  • Dass 2023 keine wichtigen Wahlen in D statfinden, wissen natürlich auch die Granden der Politik.

    Von daher ist es um so wichtiger auch bei den "kleinen" Wahlen Farbe zu bekennen und insbesondere vor den Landtagswahlen die Verdienste (z.B. die Verdienste aus den Maskendeals) in das Gedächnis der Wähler zurück zu holen.

    Damit wir nicht nachher noch weiterhin Maskenkriminalität und Abgeordnetenkorruption "geniessen" müssen ...von wegen kiriminell und so ...

  • Ich gehe davon aus, dass die TAZ-Redaktion die Petition geschlossen unterstützt,



    - aus dem Redaktionsstatut:



    (3) Sie tritt ein für die Verteidigung und Entwicklung der Menschenrechte und artikuliert insbesondere die Stimmen, die gegenüber den Mächtigen kein Gehör finden.



    (4) Die taz wendet sich gegen jede Form von Diskriminierung.



    (5) Für die Redaktion ist Freiheit die Freiheit der Andersdenkenden, entscheidet sich Demokratie an den demokratischen Rechten jedes einzelnen Menschen.

    …und hoffentlich raffen sich wenigstens ein paar von den ollen Spontis aus der Leserschaft auf, Teil der kriminellen Vereinigung “Letzte Generation”, zu werden.



    www.change.org/p/w...-letzte-generation

  • Elitär, selbstverliebt und auf dem hohen Roß sitzend, wohl meinend, dass man tun darf was man will, weil man ja "moralisch" im Recht ist. Die eigene Meinung von "Recht und richtig" gegen alle Regeln und Gesetze des Zusammenlebens egoistisch und selbstverliebt durchsetzend - das ist für mich die "letzte Generation".



    Jetzt können mich die paar Prozent, welche dieses Wichtig-Getue richtig finden, ruhig beschimpfen, ich gehöre zu den 90%, welche den Weg der LG falsch und verwerflich, und den Einsatz der Staatsanwaltschaft richtig finden.



    Völlig unabhängig dieser hier von mir abgegebenen Meinung finde ich aber auch, dass wir endlich anfangen müssen aktiv und durch handeln gegen die Klimakrise vorzugehen, aber eben nicht mit mit Sekundenkleber und Tomatensuppe, sondern mit Hirn und Tun!

    • @Rudi Hamm:

      Empfehlenswert auf YouTube : Prof. RAINER MAUSFELD



      " Angst und Macht "....

    • @Rudi Hamm:

      "Völlig unabhängig dieser hier von mir abgegebenen Meinung finde ich aber auch, dass wir endlich anfangen müssen aktiv und durch handeln gegen die Klimakrise vorzugehen"



      Wäre ja schön wenn sich die Klimakatastrophe mit dem rechten Glauben allein aufhalten ließe, dann wäre das Thema seit Jahr(zehnt)en erledigt. Aber es genügt eben nicht im Konjunktiv zu finden, dass 'wir' mal was tun müssten aber dann jedes konkrete Tun zu unterlassen, weil es die eigenen Gewohnheiten in Frage stellen würde. Wie ernst kann/soll/muss man also Mehrheiten nehmen deren Wollen derart kontradiktorisch ist wie es nun einmal der Fall ist?

      • @Ingo Bernable:

        Gute Frage. Ich finde es auch unerträglich, dass nicht entschiedener gehandelt wird.



        Doch haben die LG Aktionen auch nicht dazu geführt, dass mehr gehandelt wird, es wird nur mehr geredet.



        Irgendwie sagt jeder "wir müssen", doch kaum einer handelt im Sinne der Umwelt.

  • Hausdurchsuchung als Repressionsmassnahme. Wo bleibt da die Gewaltenteilung?

    So1Bimmel.

    (falls jemensch die Referenz nicht versteht [1]).

    [1] headtopics.com/de/...verfahren-28757033

  • ...wenn sich jetzt noch alle Umwelt- zerstörer selber Anzeigen , haben die Richter und Staatsanwaltschaften ihre Freude auf Jahrzehnte...