Ministerien heizen weiter mit Erdgas: Russland wärmt Füße der Regierung

Die Politik mahnt zum Energiesparen, der Druck für ein russisches Gas-Embargo wächst. In den Ministerien aber wird weiter mit eben diesem Gas geheizt.

Infrarotaufnahme eines Mannes, der an einem Schreibtisch arbeitet

Büroarbeit im Warmen, auch in den Ministerien: Energiesparen ist dort weitgehend kein Thema Foto: Monty Rakusen/getty images

BERLIN taz | Seit Beginn des Ukrainekrieges wächst der Druck, auf Gasimport aus Russland zu verzichten. Wer mitanpacken möchte, kann beim Heizen die Raumtemperatur um ein, zwei Grad senken oder Spararmaturen installieren. Dazu rufen auch diverse Politiker auf. So appellierte etwa Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) an „alle Bürgerinnen und Bürger“, dass je­de:r einen Beitrag leisten könne: „Wenn man Putin ein bisschen schaden will, dann spart man Energie.“ Auch der ehemalige Bundespräsident, Joachim Gauck, erklärte, dass man für den Frieden mal frieren könne.

An ihre eigenen Mitarbeitenden richtet die Bundesregierung solche Appelle aber nur vereinzelt. Eine Befragung aller Ministerien durch die taz ergab, dass nach Beginn des Krieges nur in wenigen Ressorts das Personal dazu aufgerufen wurde, die Raumtemperatur zu senken.

So wurden Beschäftigte des Gesundheitsministeriums am 16. März an den Standorten Bonn und Berlin darum gebeten, ein „besonderes Augenmerk auf ihr Heizungs- und Lüftungsverhalten zu legen und am Arbeitsplatz Möglichkeiten zum Energiesparen zu nutzen“.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung prüft nach eigenen Angaben „in Abstimmung mit der Vermieterin“ eine Absenkung der Raumtemperatur um ein Grad Celsius. Damit würde die „unterste Temperaturstufe von 20 °C“ gemäß der Regeln für Arbeitsstätten erreicht. Auf die Nachfrage, ob die Maßnahme bereits erfolgt sei, kam bis zum Redaktionsschluss keine Rückmeldung.

Ein solcher Appell sei „nicht zulässig“

Im Wirtschaftsministerium von Habeck selbst gab es nach Kriegsbeginn keinen entsprechenden Aufruf. Laut eines Sprechers werden die Mit­ar­bei­te­r:in­nen für den Energieverbrauch und das Heizverhalten sensibilisiert, indem sie regelmäßig über einen Newsletter „ein breites Angebot an Informationen“ erhalten.

Die Sprecherin des Bundesministeriums für Wohnen und Stadtentwicklung erklärte, dass die Lufttemperatur in den Arbeitsräumen „mindestens +20 °C“ betrage und „26 Grad Celsius nicht überschreiten“ dürfe. Es gäbe „aufgrund der derzeitigen Außentemperatur“ auch „keine Vorgabe, die Temperatur zu senken“. Eine solche Vorgabe sei im Übrigen „auch nicht zulässig“. Auch in den übrigen Ministerien wurden keine Maßnahmen getroffen.

Die Befragung ergab, dass zwölf der 15 Ministerien ihre Räume durch Fernwärme heizen. Fünf dieser Ministerien gaben überdies an, ihre Fernwärme über Vattenfall zu beziehen. Die übrigen Ministerien wollten keine konkreten Angaben zu ihrem Versorger geben. Vattenfall selbst wollte gegenüber der taz keine Aussage über seine Kun­d:in­nen treffen.

Ölheizung soll zu Erdgas werden

Insgesamt betreibt Vattenfall in Berlin neun Heizkraftwerke, wovon zwei mit Steinkohle und sechs mit Erdgas befeuert werden. Das Heizkraftwerk Mitte ist eines der sechs Kraftwerke, das seine Kun­d:in­nen­schaft mit aus Erdgas produzierter Wärme versorgt. Da in der Regel der nächstgelegene Standort für die Einspeisung verantwortlich ist und sämtliche Standorte der Berliner Ministerien im Stadtzentrum liegen, liegt die Vermutung nahe, dass die Ministerien ebenfalls mit Wärme aus Erdgas versorgt werden. Das zweitnächstgelegene Heizkraftwerk in Moabit wird mit Steinkohle betrieben.

Das Ministerium für Bildung und Forschung gab gegenüber der taz lediglich an, dass in den Dienstsitzen in Bonn und Berlin der „Energieträger Erdgas zur Wärmeerzeugung“ genutzt werde. Ob es sich ebenfalls um Fernwärme oder um eigene Heizanlagen handelt, ließ es offen. Das Bundeskanz­le­ramt verfügt aktuell noch über eine Ölheizung. Eine Regierungssprecherin erklärte aber, dass man „künftig die Wärmeversorgung von Heizöl auf Fernwärme“ umstellen wolle.

Gänzlich abweichende Methoden verwenden das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz (BMUV) sowie das Ministerium für Inneres und Heimat (BMI). Das BMUV erklärte, dass das Gebäude in Bonn mit Fernwärme geheizt werde, der Sitz in Berlin aber ein Passivhaus sei und „mit Abwasserwärme sowie mit Wärmepumpen beheizt“ werde. Die Sprecherin des BMI äußerte gegenüber der taz, dass die Büroräume „grundsätzlich mit Geothermie und Abwärme von technischen Anlagen“ und „lediglich in besonders kalten Zeiten“ mit Fernwärme geheizt werden.

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