Mietendeckel gekippt: Sie stehen auf der anderen Seite
Nach dem Scheitern des Mietendeckels ist offensichtlich: Die Wohnungsfrage wird Wahlkampfthema. Es muss jedem klar sein, wofür FDP und Union stehen.
D as Bundesverfassungsgericht hat den Berliner Mietendeckel gekippt. Für Mieter:innen, das sind über 80 Prozent in der Hauptstadt, ist das eine schlechte Nachricht. Für jene, deren Miete durch den Mietendeckel absenkt wurde, stehen nun happige Nachzahlungen an.
Der Mietendeckel war ein Wagnis mit ungewissem Ausgang, ein sozial ambitioniertes Experiment. Er war der Versuch, in einem komplett wahnsinnig geworden Mietmarkt die Reißleine zu ziehen. Und er ist auch als Reaktion darauf zu werten, dass auf Bundesebene zu wenig passiert ist. Dass überhaupt das Einfrieren von Mieten über einen begrenzten Zeitraum und das Festlegen einer Mietobergrenze als radikaler Schritt gelabelt wird, zeigt nur, wie asozial die Wohnraumfrage von manchen beantwortet wird. Wer will schon eine Politik, die sich allenfalls an kosmetische Änderungen traut?
Dass das Thema so stark polarisiert, weist auch auf die soziale Spaltung der Gesellschaft hin. Es gibt die, die kaufen können und denen Mietpreise herzlich egal sein können – und es gibt die, die es sich niemals leisten können. Der Kern der Wohnraumfrage ist: Wollen wir mehr Gemeinwohl oder noch mehr Profit? Mit dem Mietendeckel sind die Mieten in Berlin seit 16 Jahren erstmals gesunken. Wenn das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden hat, dass das Land Berlin beim Mietpreisrecht keine Gesetzgebungsbefugnis hat, dann heißt es nicht, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern zu schauen, was denn auf Bundesebene möglich ist.
Die Frage nach bezahlbarem Wohnraum ist eine der großen sozialen Fragen unserer Zeit, und sie weist weit über Berlin hinaus. Das werden vielleicht Münchener:innen genauso sehen – unabhängig vom Parteibuch. Über die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt zur Miete. Was heißt es eigentlich, wenn wir sagen, Eigentum verpflichtet? Die Realität in großen Städten spricht eine eindeutige Sprache. 2019 haben in dichtbesiedelten Gebieten Deutschlands 16,2 Prozent der Haushalte mehr als 40 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens fürs Wohnen ausgeben. Wohnen darf nicht zum Luxusgut verkommen, denn das gefährdet den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Der Deckel war kein Wundermittel
Es bleibt richtig, Kostensteigerungen bei den Mieten effektiver begrenzen zu wollen. Natürlich muss auch neu und schneller gebaut werden. Wir sollten über eine Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit sprechen. Aber der Mietendeckel war nie darauf ausgelegt, alle Wohnraumprobleme Deutschlands zu lösen. Bezahlbarer Wohnraum und Wege dahin – das wird ein Top-Wahlkampfthema werden.
Auch wenn vor 20 Jahren unter rot-roten und rot-grünen Landesregierungen öffentliche Wohnbestände verscherbelt wurden, so bleibt doch klar, auf wessen Seite FDP und CDU – es waren Abgeordnete dieser Parteien, die in Karlsruhe geklagt haben – stehen: Auf der Seite der Eigentümer:innen und der Immobilienlobby. Das sollte jeder Person klar sein, die im September zur Wahl geht.
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