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Maßnahmen gegen EnergiekriseDen Krisengewinnern an den Kragen

Mit einer Krisenabgabe will die EU-Kommission Profite von Energiekonzernen kassieren und so Haushalte entlasten. Die Pläne sind jedoch noch vage.

Den Strommarkt neu denken Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin taz | Mit einer Gewinnobergrenze und einer Krisenabgabe will die EU-Kommission Energiekonzerne zur Kasse bitten und mit dem Geld Haushalte und Unternehmen entlasten. Die Gewinnabschöpfung soll den 27 Mitgliedstaaten zusammen 140 Milliarden Euro einbringen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) in ihrer Rede zur Lage der EU im Straßburger Parlament.

Russland manipuliere den Gasmarkt weiterhin, sagte sie. „Es fackelt Gas lieber ab, anstatt es zu liefern. Dieser Markt funktioniert nicht mehr.“ Im Vergleich zu vor der Pandemie seien die Gaspreise um das Zehnfache gestiegen. Millionen von Haushalten und Unternehmen hätten Angst, nicht mehr über die Runden zu kommen. Zwar hätten die Mitgliedsstaaten bereits Milliarden Euro dafür mobilisiert, aber das reiche nicht. „Deshalb schlagen wir eine Obergrenze für die Einnahmen von Unternehmen vor, die Strom zu niedrigen Kosten erzeugen“, sagte sie.

Hintergrund sind die sehr hohen Gewinne, die zurzeit etwa im Feld der erneuerbaren Energien aufgrund des in der EU geltenden Merit-Order-Prinzips entstehen: Der Strompreis hängt von dem am teuersten produzierenden Kraftwerk ab. Diesen Preis erhalten alle Erzeuger, auch wenn sie sehr niedrige Kosten haben. Weil Gaskraftwerksbetreiber ihr Brennmaterial zu extrem hohen Preisen einkaufen müssen, bekommen deshalb zurzeit auch etwa Erzeuger von Sonnen- oder Windenergie extrem hohe Vergütungen, obwohl ihre Kosten niedrig geblieben sind.

Die Mitgliedstaaten sollen die aus der Gewinnobergrenze fließenden 140 Milliarden Euro an Haushalte und Unternehmen weitergeben. Die EU-Energieminister:innen haben sich darauf bereits in der vergangenen Woche verständigt. Sie hatten die Kommission aufgefordert, dazu einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Kommission wird eine Verordnung auf den Weg bringen, die für die Mitgliedstaaten ­bindend ist. Zu den vorgeschlagenen, kurzfristigen Maßnahmen gehört unter anderem die Reduzierung des Verbrauchs: Die Kommission schlägt den Mitgliedern vor, den Stromverbrauch bis zum März um 10 Prozent zu senken.

Umfassende Strommarkt-Reform

Auch Öl-, Gas- und Kohleunternehmen sollen sich an der Finanzierung der Krise beteiligen. „Sie müssen eine Krisenabgabe leisten“, sagte von der Leyen. Die Abgabe soll nach Angaben der Kommission von den Mitgliedstaaten auf Gewinne im Jahr 2022 erhoben werden, die 20 Prozent über dem Überschuss der vergangenen drei Jahre liegen.

Außerdem will von der Leyen mittelfristig den Strommarkt „einer tiefen und umfassenden Reform unterziehen“. Der Strompreis soll vom Gaspreis entkoppelt werden. Das Merit-Order-Prinzip werde den Interessen der Ver­brau­che­r:in­nen nicht mehr gerecht, sagte von der Leyen.

Die Vorhaben auf EU-Ebene entsprächen den Plänen der Bundesregierung, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Bundesregierung hat sich außerdem für eine Strompreisbremse auf europäischer Ebene ausgesprochen – von der die Kommis­sions­präsidentin nicht gesprochen hat. Der Plan der deutschen Regierung: Stromvertriebe werden verpflichtet, Ver­brau­che­r:in­nen einen bestimmten Grundbedarf – den Basisverbrauch – zu einem vergünstigten Preis zur Verfügung zu stellen.

Für den Verbrauch oberhalb dieses Kontingents wird der hohe Marktpreis fällig. Der Basisverbrauch wird vom Staat subventioniert. Zurzeit gibt es Gespräche der Bundesregierung mit der EU über diese Fragen, sagte die Sprecherin. Wann mit Ergebnissen zu rechnen ist, ist unklar. Gibt es auf europäischer Ebene dazu keine Einigung, will die Bundes­regierung eine deutsche Lösung.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Es überrascht mich positiv, dass die EU bereits aktiv wird.



    Bleibt zu hoffen, dass die Pläne in absehbarer Zeit umgesetzt werden.



    Man muss sich mal bewusst machen, dass wir uns hier sehr weit von den freien Märkten wegentwickeln.



    Es ist ein gutes Zeichen, dass nach diversen Krisen scheinbar erkannt wurde, dass der Markt es eben nicht regelt .



    Sicher regelt der Markt immer irgendwas, aber nicht unbedingt im Sinne der BürgerInnen.



    Wenn man am Ball bleibt, würden in Zukunft Subventionen wie die Abwrackprämie nach erfolgtem Aufpäppeln der Firmen, wieder zurück gezahlt!



    Was für eine gute sozialdemokratische, ja fast schon sozialistische Idee!

  • die Fokussierung auf die Übergewinne mancher Energiekonzerne hört sich sehr oberflächlich betrachtet gut an, gestaltet sich aber in der Praxis als ein billiges Ablenkmanöver, um diverse andere Bereiche nicht ins Blickfeld gelangen zu lassen.

    Was ist mit den weit verbreiteten Übergewinnen im Mietwohnungsbereich, mit den riesigen Übergewinnen des Fiskus, der mit der Not der Bürger in Verbindung mit der Inflation Kasse macht, und mit solchen Konzernen, die nach wie vor dank diverser Steuertricks Riesengewinne erwirtschaften?

    Und was ist mit den nach wie vor staatfindendenen Steuergeldverschwendungen des Staates auch für unsinngste Objekte, sowohl auf Bundesebene als auch kommunal? In der Summe kommen da durchaus bis zu 100 Mrd./Jahr zusammen.

  • Der verzweifelte Versuch die Gas- und Strompreise entgegen dem Marktgeschehen zu reduzieren und zu stabilisieren, benachteiligt mit einer alleinigen Subventionierung der Gaspreise und einer Begrenzung der Preise erneuerbarer Energien gerade die erneuerbaren Energien und bremst die Energiewende aus.



    Die Gaskraftwerksbetreiber haben in der Vergangenheit bereits zu wenig in erneuerbaren Energiekraftwerke investiert. Nun werden Sie für ihre fehlende Weitsicht und Investitionszurückhaltung nochmals belohnt. Dagegen werden den Kraftwerksbetreibern mit erneuerbaren Energien Gewinne aus dem Marktgeschehen entzogen und damit weitere Investitionen in Erneuerbare ausgebremst. Gleichfalls wird eine weitere Verordnung geschaffen, welche das bürokratische Gesamtgeschehen zusätzlich komplexer werden lässt.



    Sinnvoller wäre eine Abschaffung des Merit-Order-Prinzips als Grundlage der Strompreisbildung.



    Durch den Wegfall des Merit-Order-Prinzips und einer individuellen Strompreisbrechnung in Abhängigkeit der Energieart, bzw. der Kraftwerkstechnologie, würde ein echter Wettbewerb bestehen. Die sich daraus ergebenden Verwerfungen aufgrund der derzeitigen Veränderung der Versorgungsstrukturen könnten durch gezielte Ausgleichsstrategien vermieden werden. So bleibt der Strompreis transparenter und kann einfacher bei zukünftigen notwendigen Korrekturen angepasst werden.



    Ein Preisdeckel für den normierten Basisverbrauch ist sinnvoll, um bei zahlungsfähigen Verbrauchern Sparanreize zu ermöglichen und den finanziell unter Druck stehenden Verbrauchern den Grundverbrauch sicher zu stellen.



    Gleichfalls sollte der Strommarkt endlich für den Direktverkauf geöffnet werden, und die Marktprotektion der Großanbieter endlich beendet werden.

    • @Sonnenhaus:

      Das "Marktgeschehen" auf dem Strommakrt gestaltet sich ja so, dass Großabnehmer nur einen winzigen Bruchteil dessen bezahlen, was der Endkunde berappen muß.

      Die Begründung ist, dass ja der Transportanteil (Kabel und Netze) bei den Kleinabnehmern sehr höher ist.

      Wenn das den Tatsachen entspräche dürfte sich beim Endverbraucher der Preis ja kaum ändern - denn der ach so große Transportanteil hat sich ja nicht verteuert.

      Man darf gespannt sein - aber ich glaube ich weiß in welche Richtung es gehen wird.

      Von daher liegt die EU-Kommission schon richtig.

      Aber in D würde das ohnehin sicher erst für 2099 umgesetzt ...

  • die Gegenüberstellung Erneuerbare Energien, die jetzt profitieren und Gas, das den Preis setzt. Ist simplifiziert. Es stimmt, aber ALLE anderen Stromerzeuger profitieren vom hohen Preis, der durch das Gas verursacht wird.



    Das mag banal erscheinen, ist es aber nicht. Atomkraft, Kohle profitieren genauso.



    Die Reduktion auf die Erneuerbaren, ist zwar nicht falsch, lenkt den Fokus auf einen Konflikt, den es so nicht gibt. Nicht Erneuerbare vs Gas und damit das Argument von rechts, die Erneuerbaren seien das Problem, sondern Gas ist das Problem, ALLE anderen profitieren... Das hat in diesem Falle nichts mit Erneuerbaren zu tun. So richtig und notwendig, wie es ist den Strompreis zu regulieren, sollte dabei doch darauf geachtet werden, dass nicht so die Mär der preistreibenden Erneuerbaren gepusht wird...weil es einfach nicht stimmt!