MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl: Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Der MLPD droht, bei der Bundestagswahl nicht kandidieren zu dürfen. Das ist das Ergebnis einer Sondersitzung des Bundeswahlausschusses.
Hintergrund ist, dass das Parteiengesetz im Paragrafen 11 vorschreibt, dass der Vorstand einer Partei mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr gewählt werden muss. Die MLPD hat für sich jedoch in ihrem Statut festgelegt, dass das nur für ihre Leitungen auf Orts-, Kreis- und Landesebene gilt. Bundesparteitage sollen satzungsgemäß hingegen nur alle vier Jahre stattfinden. Die letzte Wahl des Zentralkomitees fand 2021 statt.
Sieben der elf Mitglieder des Bundeswahlausschusses sahen darin einen Grund, der amtierenden MLPD-Führung abzusprechen, eine Beteiligungsanzeige für die Bundestagswahl einreichen zu können. Die ist jedoch eine Grundvoraussetzung, um eine Partei zur Wahl zuzulassen. Neben den zwei Richter*innen des Bundesverwaltungsgerichts stimmten die beiden CDUler sowie die Vertreter*innen von CSU, AfD und Grünen für die Ausschlussandrohung, während die zwei Abgesandten der SPD und der FDP-Vertreter dagegen stimmten. Bundeswahlleiterin Ruth Brand enthielt sich der Stimme.
Zuvor hatte sich der Bundeswahlausschuss knapp eineinhalb Stunden die Begründung der MLPD angehört, warum sie es für richtig und notwendig hält, das Parteiengesetz in Bezug auf ihren Bundesparteitagsrhythmus zu ignorieren – und warum das aus ihrer Sicht kein Grund darstellt, nicht zur Wahl zugelassen zu werden. „Wir machen extra diese Parteitage nur alle vier Jahre, weil bei uns dauert eine Parteitagsvorbereitung ein Jahr“, argumentierte Zentralkomitee-Mitglied Peter Weispfennig in der Sitzung. Die MLPD wolle, dass ein solcher Parteitag „gründlich, demokratisch und durch alle Mitglieder vorbereitet“ werden könne – während andere Parteien ja nur „Showveranstaltungen“ durchführten.
Seit 2005 ununterbrochen bei der Bundestagswahl dabei
Die Vierjahresregel für Bundesparteitage gelte seit Gründung 1982. Dass sie nunmehr zum Problem erklärt werde, sei für ihn nicht nachvollziehbar, so Weispfennig. Schließlich habe die Partei ohne Beanstandung 1987 erstmalig an einer Bundestagswahl teilgenommen, seit 2005 sei sie ununterbrochen dabei. Bei der Wahl 2021 erhielt die MLPD, die für sich in Anspruch nimmt, den „echten Sozialismus“ zu vertreten, 22.535 Erst- und 17.799 Zweitstimmen.
Zwar habe es 2021 bereits zum ersten Mal eine Diskussion mit dem Bundeswahlausschuss darüber gegeben, so Weispfennig. Aber trotzdem sei seine Partei schließlich wieder zugelassen worden. Daher verstehe er nicht, warum das dieses Mal anders sein solle. Eine Antwort darauf, was sich aus der Sicht der Ausschussmehrheit inzwischen geändert hat, bekam der Parteifunktionär und Rechtsanwalt jedoch nicht.
Nicht besonders auskunftsfreudig gab sich Weispfennig bei der Frage, wann denn die MLPD ihren nächsten Bundesparteitag abhalten will. Irgendwann im kommenden Jahr soll das sein. Aber auch auf mehrere Nachfragen der Bundeswahlleiterin weigerte er sich, einen konkreten Termin zu nennen: „Das machen wir nicht so gerne, weil wir das immer ein bisschen so machen, dass unsere Mitglieder sich da in Ruhe treffen können.“ Aber natürlich sei „schon alles geplant.“ Nicht einmal das Quartal wollte Weispfennig preisgeben.
„Reaktionäre bis faschistoide Unterdrückung“
Dass sich der Bundeswahlausschuss mehrheitlich nicht von der Argumentation ihrer Partei hat überzeugen lassen, erzürnt die MLPD-Bundesvorsitzende Gabi Fechtner. Nach außen hin begründe der Ausschuss die drohende Nichtzulassung zwar mit angeblichen formellen Mängeln, aber eigentlich gehe es um etwas ganz Anderes: „In Wahrheit geht es um eine reaktionäre bis faschistoide Unterdrückung, die eindeutig antikommunistisch ist.“
„Der Angriff gegen uns kommt nicht wegen ‚Handlungsunfähigkeit‘, sondern gerade weil wir ausgesprochen handlungs- und kampagnenfähig sind“, so Fechtner. Dabei verweist sie darauf, dass die MLPD „in etwas über vier Wochen seit dem Ampel-Aus schon die notwendigen Unterstützungsunterschriften für die Wahlteilnahme in 14 Bundesländern gesammelt“ habe. In den zwei noch fehlenden werde die Sammlung diese Woche beendet werden können. „Der Bundeswahlausschuss setzt sich selbstherrlich über dieses Votum von 30.000 Menschen hinweg“, empört sich die MLPD-Chefin.
Allerdings ist noch keineswegs ausgemacht, dass die MLPD es nicht doch noch auf die Wahlzettel schafft. Denn erst auf seiner ersten regulären Sitzung voraussichtlich im Januar wird der Bundeswahlausschuss tatsächlich über die Zulassung dieser wie auch der anderen Parteien zur Bundestagswahl entscheiden. Nach dem Bundeswahlgesetz ist dabei eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, um die Anerkennung als Partei abzulehnen.
Die Frage wird nun sein, ob es die MLPD auf die Konfrontation ankommen lässt. Wahrscheinlicher ist, dass sie sich jenseits allen verbalen Protestes für eine pragmatische Lösung ihres Problems entscheidet. „Für den Fall der Fälle haben wir längst einen Wahlparteitag einberufen“, räumt Parteichefin Fechtner ein. „Aber man darf sicher sein, dass auch dann die Angriffe auf die Wahlzulassung und Parteieigenschaft weiter gehen werden.“
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