Lindner findet Kindergrundsicherung doof: In dieser Wahlperiode wird das nix
Es sollte das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Ampel sein. Jetzt stellt Finanzminister Lindner (FDP) klar, dass davon nicht viel übrigbleibt.
Mit der Kindergrundsicherung sollten ursprünglich Leistungen wie das Kindergeld, Teile des Bildungs- und Teilhabepakets, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag gebündelt werden. Das erklärte Ziel war, damit Familien zu stärken und „mehr Kinder aus der Armut holen“.
Ohne bürokratische Hürden sollte die neue Kindergrundsicherung „direkt bei den Kindern ankommen und ihr neu zu definierendes soziokulturelles Existenzminimum sichern“, vereinbarten SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag im Dezember 2021.
Es handele sich um „die zentrale sozialpolitische Reform“, jubilierte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) noch im vergangenen Jahr. Doch davon ist nicht viel übriggeblieben. Derzeit verhandelt der Bundestag noch über das sogenannte Kinderchancenportal, so Lindner. Dabei handele es sich aber nur um ein Informationsangebot, betonte er.
In diesem Zusammenhang kritisierte der FDP-Chef erneut den Ansatz von Paus, der Staat habe bei Sozialleistungen eine Bringschuld. „Also das Mindeste, was man bei einer sozialen Leistung erwarten kann, ist doch, dass die Menschen bereit sind, sich zu informieren und einen Antrag zu stellen“, sagte er.
In den vergangenen Monaten hatte es innerhalb der Bundesregierung einen ausgiebigen und öffentlich geführten Streit um die Einführung der Kindergrundsicherung gegeben. Lindner kritisierte zuletzt immer wieder das grüne Prestigeprojekt, insbesondere Pläne einer neuen Behörde zur Umsetzung.
Dieser Linie bleibt er treu. „Ob in dieser Wahlperiode bei der Zusammenarbeit der Behörden noch mehr möglich ist, wird sich zeigen“, sagte Lindner dem RND – um dann klarzustellen: „Eine neue Behörde mit vielleicht 5.000 Mitarbeitern wird es aber mit der FDP nicht geben.“
Die Spitzen der Ampelkoalition hatten sich in der vergangenen Woche auf das Gerüst für einen gemeinsamen Bundeshaushalt geeinigt. Vorgesehen ist unter anderem eine leichte Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags um jeweils 5 Euro pro Monat. Wobei es rentabler ist, nicht auf das eine oder andere angewiesen zu sein, sondern den Kinderfreibetrag in Anspruch nehmen zu können. Denn der soll stärker steigen.
Fragen nach der Zukunft der vereinbarten Kindergrundsicherung beantworteten Lindner, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei ihrem gemeinsamen Auftritt am vergangenen Freitag ausweichend.
Paus gibt sich weiter zuversichtlich
Familienministerin Paus sieht ihre Pläne trotz der Ablehnung Lindners noch nicht als gescheitert an. Das Gesetz sei nach wie vor im parlamentarischen Verfahren, sagte sie am Donnerstagabend in den ARD-Inforadios. Auch in der letzten Sitzungswoche hätten sich die drei Koalitionspartner zwar nicht einigen können, aber die Beratungen dauerten an. „Ja, bis heute ist es nicht verabschiedet, aber wir haben ja noch die Sommerpause, um darüber nachzudenken, und danach können wir es dann auch schaffen“, sagte Paus.
Verbalen Zuspruch bekommt die angeschlagene Ministerin von ihrer eigenen Partei. „Mit Unterstützung von Familienministerin Lisa Paus haben wir Grüne im Bundestag den Vorschlag unterbreitet, bei der Einführung in zwei Stufen vorzugehen“, sagte Vizefraktionschef Andreas Audretsch am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Über die Einzelheiten werde derzeit zwischen den Ampelfraktionen verhandelt. „Wir werden die Kindergrundsicherung 2025 auf den Weg bringen“, gab sich Audretsch unverdrossen optimistisch.
Weniger zuversichtlich zeigte sich hingegen die Linkspartei. „Dass es keine echte Kindergrundsicherung geben würde, das war schon lange klar – nun ist also auch sicher, dass es nicht einmal die Verwaltungsreform nach Paus'schem Modell geben wird“, sagte Heidi Reichinnek, die Vorsitzende der Linken-Gruppe im Bundestag. Für 2025 gebe es bei Kindergeld und Kinderzuschlag nicht mal einen Inflationsausgleich. „Diese Regierung ist an ihren eigenen Ansprüchen krachend gescheitert“, konstatierte Reichinnek.
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