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Letzte Generation kündigt Proteste anBerlin-Marathon im Visier

Eine Aktivistin wurde in Berlin zu der bislang längsten Haftstrafe für eine Straßenblockade verurteilt. Darauf kündigt die Bewegung neue Aktionen an.

Vor der Klimakatastrophe kann auch das Brandenburger Tor nicht davonrennen Foto: imago

Berlin taz | Langsam laufen die Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation am zweiten Morgen in Folge über die Berliner Hauptverkehrsstraßen. Sie tragen orangefarbene Warnwesten und halten Transparente, auf denen steht „Weg von fossil, hin zu gerecht“. Autos fahren ihnen im Schritttempo hinterher. Es handelt sich nach Angaben der Bewegung um eine neue Protestform. Bekannt ist die Gruppe vor allem dafür, dass sie sich mit Sekundenkleber auf der Straße festkleben.

Nicht nur den Autoverkehr, auch den für Sonntag geplanten Berlin-Marathon will die Letzte Generation unterbrechen. „Ja, wir unterbrechen den Berlin-Marathon. Vor der Klimakatastrophe können wir nicht davonrennen“, teilte die Gruppe am Freitag mit, nachdem sie sich mit offiziellen Ankündigungen zunächst noch zurückgehalten hatte.

Erst eine Woche zuvor besprühten Ak­ti­vis­t:in­nen das Brandenburger Tor in Berlin-Mitte mit orangener Farbe. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Ziel der 42 Kilometer langen Strecke des Marathons, für den über 45.000 Läu­fe­r:in­nen erwartet werden.

Die Berliner Polizei will Störungen von Kli­ma­de­mons­tran­t:in­nen beim Marathon verhindern. Nach Angaben des „Tagesspiegels“ sollen jegliche nicht angemeldete Versammlungen oder Aktionen im Bereich des Marathons verboten werden. Bei Verstößen drohe ein Bußgeld in Höhe von 2000 Euro pro Person.

Längste Haftstrafe für Straßenblockade verhängt

Die Proteste der Letzten Generation haben Konsequenzen für die Aktivist:innen. Nach der Aktion am Brandenburger Tor nahm die Polizei 14 Personen fest. Erst am Mittwoch verurteilte das Amtsgericht Tiergarten eine Aktivistin zu acht Monaten Haft – ohne Bewährung. Sie war zunächst per Strafbefehl zu Geldstrafen verurteilt worden. Weil sie dagegen Einspruch eingelegt hatte, kam es zum Prozess.

Die 41-Jährige hatte sich nach Gerichtsangaben im Oktober 2022 an drei Straßenblockaden in Berlin beteiligt und sich in zwei Fällen an die Straße geklebt. Das Urteil geht klar über die Forderung einer Geldstrafe von 1.350 Euro der Staatsanwaltschaft hinaus. Es handle sich dabei laut der Letzten Generation um die bislang längste Haftstrafe für eine Straßenblockade. Angeklagte und Staatsanwaltschaft können nun Rechtsmittel einlegen.

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25 Kommentare

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  • Und was würde der Zyniker händereibend sagen? Wieder ein paar Stimmen mehr für die AfD.



    Ich laufe auch Marathons und wäre nach einem intensiven Training ziemlich angepisst, von einem Kleber aufgehalten zu werden. Übrigens weitaus mehr, als im Auto auf dem Weg zur Arbeit - würde ich überhaupt Autofahren. Die LG scheint die Akzeptanz der Bevölkerung wirklich völlig egal zu sein. Mit so einer Aktion habe ich eher den Eindruck, sie will eine Akzeptanz völlig eliminieren. Nur wozu?

    • @Stefan L.:

      "Mit so einer Aktion habe ich eher den Eindruck, sie will eine Akzeptanz völlig eliminieren. Nur wozu?"



      Ich glaube nicht, dass beim 'Fußvolk' der Gläubigen derartige Absichten existieren. Die glauben tatsächlich an das was sie sagen und tun.



      Dennoch ist die Frage erlaubt. Wem nützt es? Dem Klimaschutz bislang jedenfalls nicht.

  • Man trifft vor allem Hobbysportler, die ein sehr umweltfreundliches Hobby haben und für die der Renntag das Highlight des Jahres und ein Geschenk für wochenlanges Training ist. Die Strecke ist autofrei, die An- und Abreise am Wettkampftag erfolgt mit dem ÖPNV (Startnummer ist Ticket). Die übergroße Mehrheit der Läufer wird mit den grundsätzlichen Zielen einverstanden sein.

    Das Blockieren des Marathons macht wirklich so gar keinen Sinn. Bin da echt traurig drüber.

  • Der Mut und die Selbstlosigkeit der Aktivisten ist Beispiellos. Deren Aktionen sind legitim und notwendig um den Ernst der Lage zu verdeutlichen und das öffentliche Interesse an der dringend notwendigen Ökologischen Transformation hoch zu halten.

    Da gibt es nichts zu relativieren..

    Die Kontroversen drehen sich ja auch eher um die Aktionsformen. Und da gibt es ein Detail was mir auffällt: egal ob es Strassenblockaden sind oder die Störung eines Marathons..in beiden (und anderen) Fällen wird GEBREMST und nicht etwa AKTIVIERT.

    Hier gibt es also einen kleinen aber feinen psychologischen Widerspruch. Denn eigentlich wollen die Aktivisten doch dass wir alle Aktiv werden und unsere Lebensweise und unsere Politik ändern... und nicht etwa bremsen und unsere Bemühungen einstellen..

    Ich glaube tatsächlich, dass dieses bremsende/blockierende Vorbild-Momentum der LGs (auf einer unbewussten Ebene) zu Nachahmungseffekten führt und (z.B.) den mittlerweile weit verbreiteten Trotz gegenüber Klimaschutzmaßnahmen im allgemeinen mit begünstigt.

    Oder einfacher ausgedrückt: wenn man die Gesellschaft aktivieren will..sollte man sie nicht über Gebühr ausbremsen, sondern sie - ganz im Gegenteil motivieren und mit einbeziehen..

    ..nur mal so..

  • … und wieder ein Mosaikstein damit wir in Deutschland auf 25% Schlechtwähler hinsteuern. Es wäre an der Zeit, dass die LG Strategie konkret und nachvollziehbar für die Maße dargestellt wird. Gemeinplätze als Ziel zu propagieren ist aus meiner Sicht nicht mehr ausreichend. Konkrete Lösungsvorschläge mit einer Relevanz für das Weltklima sollten klar dargestellt werden. Warum nicht mal mehr Top Technologie, Forschung wagen und darin massivst investieren und umsetzen. Investitionen in diesen Bereich könnten wahrscheinlich auf eine breitere Zustimmung hoffen. …und ließen zum Nutzen aller weltweit nutzen.

  • "Eine Aktivistin wurde in Berlin zu der bislang längsten Haftstrafe für eine Straßenblockade verurteilt. Darauf kündigt die Bewegung neue Aktionen an."



    Und so verschwindet die Klimabewegung im Morast der Revolutionsromantik.

  • Die handeln so, als würden sie bezahlt, damit der Klimaschutz von der Mehrheit abgelehnt wird. Unbegreiflich.

    • @BUBU:

      So ein Quatsch. Wenn Menschen eine bestimmte Protestform abelehnen, heißt es nicht, dass sie auch deren Ziele ablehnen.

      Das ist einfach dumm gedacht.

      • @bonus bonus:

        Dumm gedacht ist es anzunehmen, dass es keinerlei Effekt hat, wenn die Menschen bestimmte Prostestformen bzw. deren Protagonisten ablehnen.



        Sorry.

      • @bonus bonus:

        Nur gehts halt nicht um die Leute, die die Ziele der LG unterstützen. Wenn man die Politik zu irgendwas bewegen will, dann muss man Leute gewinnen, die bislang noch nicht von der Notwendigkeit oder der Dringlichkeit überzeugt sind. Wenn man alle nur gegen sich aufbringt, dann bewirkt man bei Unentschlossenen nur das Gegenteil. Die wenden sich genervt ab.



        Warum sollte sich auch nur eine Partei den Schuh anziehen, sich für die Ziele einer kleinen radikalen Minderheit stark zu machen, die keinen nennenswerten Rückhalt in der Bevölkerung hat?



        Beklatscht wird man dafür nur aus der eigenen Blase. Wenn das schlau ist, na dann...

      • @bonus bonus:

        Naja, „dumm gedacht“ glaube ich nicht. Reaktanz auf Protestformen kann sicherlich auf die Akzeptanz des Ziels abstrahlen. Das ist einer der Gründe warum die LG Taktik die Zielerreichung eher konterkariert.



        Gerne können Sie ihr Narrativ darstellen wie der LG-Weg zum Erfolg bei der nachhaltigen weltweiten CO2 Reduktion führen soll.

  • und dabei gibt es ausreichend legale Möglichkeiten die ganuso wirkungsvoll sind.

    Eins ist die Critical Mass, bzw rein rechtlich "der geschlossene Verband" im Verkehr.

    Ab 15 Mitgliedern dürfen Radfahrer legal nebeneinander fahren und man muss auch kein Spitzentempo an den Tag legen.



    Der älteste Opa oder das kleinste Mädchen bestimmen das Tempo.



    Und es dürfen auch keine anderen Verkehrsteilnehmer dazwischen fahren.

    Wenn an einem Tag viele solche Miniverbände in der Stadt unterwegs sind ist das Prima.



    Jugendliche morgens auf dem Weg zur Schule und nachmittags zurück.....



    Mütter zum gemeinsamen Einkaufserlebnis oder auf dem Weg zum Kindergarten.....



    Väter oder Kumpelsgruppen auf dem Weg in ihre Stammkneipe oder ins Kino....



    Wollten wir nicht gemeinsam den VHS Kurs zum Klimaschutz besuchen?....



    Oder ins Schwimmbad fahren????

    • @Friderike Graebert:

      CRITICAL MASS ist tatsächlich eine weitaus zielführendere und nachvollziehbarere Protestform, für Umweltschutz und bessere Radinfrastruktur zu werben. Auch die behindert den Verkehr, ist aber völlig legal und hat dadurch mehr Akzeptanz. Es muss nur regelmässig und gleichzeitig auf den entsprechend kritischen Straßen vollzogen werden. CRITICAL MASS ist eine leicht organisierbare, völlig legale und wirkungsvolle Protestform.

    • @Friderike Graebert:

      In diesen Fällen immer daran denken, dass der Verband als solcher erkennbar sein muss und bei einer gewissen Länge zu Abständen verpflichtet ist, um den übrigen Verkehr nicht zu stören.

  • Ja, die LG hat inzwischen gelernt, sich richtig unbeliebt zu machen.

    Nur wann lernt die LG, dass das höchst kontraproduktiv für die Erreichung eigener Ziele ist?

  • Super Idee!

    Man könnte auch noch Kinos oder Theater blockieren. Alles was Spaß macht eben. Die ideale Methode noch die letzten wohlmeinenden abzuschrecken.

    Oder vielleicht Kitas. Weinende Kinder, damit punktet man in der Aufmerksamkeitsökonomie.

    • @Jim Hawkins:

      Nur, dass LG nicht XR ist.

      Es geht hier nicht um Aufmerksamkeit, sondern um Begehen von Ordnungswidrigkeiten, um die Justiz dazu zu bekommen, Farbe zu bekennen, was ihrer Ansicht nach das höherwertige Rechtsgut ist: §1(1) der Straßenverkehrsordnung, oder Artikel 20a unseres Grundgesetzes.

      Eigentlich ist "Verfassung bricht Verordnung, immer und unmissverständlich" ja bindend.

      Aber in der Praxis offenbar nicht.

      Wenn Sie also was Konkretes tun wollen: in Nusbaum-Freilingen und Hüttingen bei Lahr braucht es aktuell Freiwillige zum Schutt wegräumen. Anderthalb Dutzend Haushalte dort haben am gestrigen Morgen nicht geahnt, dass sie am Abend obdachlos sein würden, und als Klimaflüchtlinge irgendwo notdürftig unterkommen müssen, bis sie die 50.000 Euro für ein neues Dach lockermachen können.



      Falls ihr Haus nicht ohnehin abgerissen werden muss, weil irreparabel beschädigt.

      Aber wenn Existenzen vernichtet werden, dann ist das weit weniger schlimm, als wenn ein paar Leute in den Berlin-Marathon reinrennen.

      Oder etwa nicht?

      • @Ajuga:

        Sie haben eine etwas befremdliche Rechtsauffassung.



        Art.31 GG sagt,



        "Bundesrecht bricht Landesrecht".

        Die StVO beruht auf Bundesrecht, § 6 Abs. 1 StVG



        (1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:

        www.gesetze-im-int...t.de/stvg/__6.html

        Die Verfassung bricht nicht Verordnungen, sie ist die Grundlage von Gesetzen und entsprechenden Verordnungen.

        Was wir hier haben sind Menschen, die der Ansicht, ihre Ansicht und ihr Verständnis der Dinge, ist das allein maßgebenden. Sich haben recht und alle anderen haben Unrecht und haben sich zu fügen.

        In einem demokratischen Rechtsstaat ist das aber anders, Es bestimmt nicht die Straße und auch keine noch so lautstarke Gruppe.

      • @Ajuga:

        Wenn der Maßstab ist, moralisch im Recht zu sein, dann stimmt das wohl.

        Nur reicht das nicht, um Veränderungen zu erreichen. Dafür muss man in der Lage und bereit sein, dickere Bretter zu bohren.

        Das hat manchmal fast schon etwas kindliches, trotziges, alle sind gegen uns, aber wir haben recht.

        Man pfeift geradezu offensiv auf Zustimmung, verhandeln will man nur mit dem Kanzler, wie es die größenwahnsinnige Fantasie eines Kim Schulz etwa nahelegt und legt damit ein fragwürdiges Verständnis von Freiheit und Demokratie zutage.

        Ich war selbst lange Jahre Aktivist und bin ein Fan der Antifa, von Ende Gelände und allen emanzipatorischen Bewegungen, aber die LG, die nicht ansatzweise zur Selbstkritik in der Lage ist, die geht mir auf den Geist.

  • Sabotage eines Marathons? Unglaublich... LG arbeitet erfolgreich an der Deligitimierung der Ziele, für die sie einzutreten vorgibt!

    • @Emmo:

      Auch für Dich: Eine unerwünschte Protestform deligitimiert nicht die Ziele der Ausführenden. Das ist dumm gedacht und unterstellt der Bevölkerung zwischen den beiden Elementen nicht trennen zu können, was auf eine arrogante Denkweise zurückzuführen ist.

      • @bonus bonus:

        Wenn für die Umsetzung von Zielen illegitime Mittel notwendig snd, dann sind die Mittel mit den Zielen fest verbunden. Wenn illegitime Mittel nicht notwendig sind, wären sie ja abzulehnen. Mittel können deshalb Ziele deligitimieren.

      • @bonus bonus:

        Wow. Immer gut, leute dumm zu nennen. 😄

        • @Hannes Petersen:

          ...oder nur dumm Ausgedrückt..😉

      • @bonus bonus:

        Bitte einfach die Realität zur Kenntnis nehmen - da wird deutlich ersichtlich, wie gut die Bevölkerung zwischen den Elementen trennen kann.



        Mit Arroganz hat das nichts zu tun.