Kürzungen in der Hauptstadt: Kampf um Berlins Kultur
In der Debatte um die drastischen Einsparungen der Berliner Landesregierung im Kulturbereich teilt Monika Grütters (CDU) gegen ihre Parteifreunde aus.
Geladen waren neben dem ehemaligen Finanzsenator und Sprecher der Grünen-Fraktion für Kulturfinanzierung, Daniel Wesener, auch die CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters. Ebenfalls zu Gast war Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) – der immerhin hat in der Hansestadt den Kulturetat um zwölf Prozent erhöht, statt ihn wie in der Hauptstadt um zwölf Prozent zu kürzen.
Durch Abwesenheit glänzte hingegen Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU), der die Kürzungen in Höhe von rund 130 Millionen Euro zu verantworten hat. Umso mehr wurde dafür über ihn geredet: keine Kommunikation mit der Kulturszene, kein Einsatz für Kulturschaffende in den Verhandlungen, „handwerklich sowie politisches Unvermögen“ (Wesener) – die Liste der Vorwürfe gegen den ehemaligen Universal-Manager war lang.
Kritik aus der eigenen Partei
Selbst Parteikollegin Grütters schoss – sehr zur Freude des Publikums – gegen Chialo. So sei in der Kommunikation zwischen Kulturverwaltung und Kulturszene in den vergangenen Monaten offenbar einiges schiefgelaufen. Auch Chialos Verhandlungsergebnis findet sie „bedauerlich“: „Im Kulturbereich wurde der Rotstift überproportional angesetzt“, kritisierte Grütters. „Das ist eine politische Setzung.“
Tatsächlich ist der relativ kleine Kulturetat nach dem Verkehrsbereich am stärksten von den Kürzungen betroffen. Und das in Zeiten, wo ein Kulturkampf von rechts tobt. Grütters sprach von einer Fürsorgepflicht des Staates gegenüber der Kultur als Garant für Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fortschritt. Das sei in der CDU eigentlich immer Konsens gewesen – „zumindest bis jetzt“.
Kultur wird geopfert
Auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner, ebenfalls CDU, kam bei Grütters nicht gut weg. Seine klassistische Äußerung, dass Supermarktkassiererinnen nicht in die Oper gehen, aber mit ihrem Steuergeld die Eintrittskarten subventionieren, wollte die CDU-Politikerin am liebsten nicht mehr hören. Dass die Äußerung unklug war, habe Wegner aber mittlerweile auch kapiert. Schließlich seien Sätze wie dieser nicht ungefährlich: „Wir sollten die Kultur nicht auf dem Altar flotter Sprüche opfern.“
Einig waren sich die Politiker*innen von CDU, SPD und Grünen darin, dass Kultur nicht bloß – wie von Wegner propagiert – ein privates Freizeitvergnügen ist, das jede*r gefälligst selbst zahlen soll. Oder wie Wesener sagte: „Kultur ist kein Gedöns, sondern Grundversorgung.“ Und ein Aushängeschild dieser Stadt. „Ich bin froh, dass das Gesicht unserer Hauptstadt nicht der Flughafen ist, sondern die Kultur“, sagte Grütters.
Die Frage ist, wie lange das so bleibt.
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