Kommentar Visegrad-Treffen: Mitteleuropa hat Angst
Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei wollen keine europäische Quote für Flüchtlinge. Die Visegrad-Gruppe wird zum Spaltpilz der EU.
A ls sich die Präsidenten der Tschechoslowakei, Ungarns und Polens am 15. Februar 1991 auf der ungarischen Burg Visegrad trafen, verfolgten sie ein gemeinsames Ziel: den Weg in die NATO und in die EU zu schaffen. Genau 25 Jahre später gilt Visegrad als Spaltpilz der Union. Das Prager Treffen zeigte: die vier Visegrad-Staaten trauen Merkel und der EU nicht mehr, die Flüchtlingskrise zu lösen. Die Unterstützung, die das Treffen der vier mitteleuropäischen Staaten Brüssel ausgedrückt hat, ist nicht mehr als ein Lippenbekenntnis.
Dieses ist verbunden mit einer Warnung: Tastet ja nicht die souveränen Kompetenzen der EU-Mitgliedsstaaten an, so der Klartext der Erklärung, die am Montag verabschiedet wurde. Das ist ein erneutes klares Nein zur Quote und einer gesamteuropäischen Lösung der Flüchtlingskrise und ein ebenso klares „Ja“ zur Schließung der Balkanroute.
Mitteleuropa hat Angst. Was, wenn Deutschland und Österreich ihre Grenzen dicht machen und den Flüchtlingsstrom plötzlich nach Tschechien, Polen, Ungarn oder in die Slowakei umleiten? Innenpolitisch würde das für die Regierungen dieser Länder, in denen bis zu 80 Prozent der Bevölkerung gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen sind, eine Katastrophe bedeuten.
Aber auch wenn es auf den ersten Blick in Prag nicht so aussah: die Visegrad-Gruppe ist gespalten. Im Gegensatz zu Ungarns Viktor Orbán und Polens Jaroslaw Kaczynski, die sich gegenüber Brüssel die Stange halten wollen und im Gegensatz zum slowakischen Robert Fico, der sich gerade bemüht, auf dem Rücken der Flüchtlingspolitik bei den anstehenden Wahlen eine absolute Mehrheit zu erringen, hofft Tschechiens Bohuslav Sobotka, die Krise weiterhin in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung zu lösen.
Nur: wie lange noch? Schon im Vorfeld des Treffens hat Präsident Tschechiens Präsident Milos Zeman der Regierung Sobotka den offenen Krieg erklärt, als er nach einem Führer rief, der die Flüchtlinge aufhalten würde. Ein Ende der Regierug Sobotka wäre aber nur ein weiterer Sargnagel für die EU.
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