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Kommentar Maas' Umgang mit VenezuelaGründlich daneben

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

In der Venezuela-Krise betreibt der Außenminister ein gefährliches Spiel. Deutschland agiert nicht auf Augenhöhe mit den USA und Russland.

Der Neuling mit dem großen Ego will sich im geopolitischen Spiel der Großmächte positionieren Foto: dpa

E s war wohl nur ein dummer Zufall, dass Außenminister Heiko Mass ausgerechnet in dem Moment durch Südamerika tourte, in dem sich der Machtkampf in Venezuela bedrohlich zuspitzte. Doch wie der SPD-Politiker auf die Eskalation reagiert hat, sagt viel über die deutsche und die europäische Außenpolitik aus. Der Befund fällt nicht gut aus – weder für Maas noch für die EU-Diplomatie.

Maas hat sich als „Türöffner“ für den umstrittenen brasilianischen Staatschef Jair Bolsonaro betätigt. Er war der erste EU-Diplomat, der dem rechtsextremen Politiker seine Aufwartung machte. Damit hat Maas der gemeinsamen Außenpolitik einen Bärendienst erwiesen – und sich über Bedenken der EU-Partner hinweggesetzt.

Noch bedenklicher war der Auftritt in Kolumbien. Dort ging es vor allem um die Krise in Venezuela. Doch statt sich an die Linie der EU zu halten, preschte Maas vor. Er stellte sich nicht nur vorbehaltlos hinter den selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó. Maas sprach sich auch für Sanktionen gegen Präsident Nicolás Maduro aus.

Damit steht Maas auf der europäischen Bühne ziemlich allein da. In einer Stellungnahme der EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini ist von Sanktionen keine Rede. Die Italienerin betont vielmehr, dass sie sich in der Internationalen Kontaktgruppe um Vermittlung bemühen wolle. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn – ein Sozialdemokrat wie Maas – warnt vor voreiligen Schritten.

Chaos in der EU-Außenpolitik

Es ist nicht das erste Mal, dass Maas in der Venezuelakrise vorprescht. Schon sehr frühzeitig stellte sich der deutsche Chefdiplomat hinter ­Guaidó und formulierte ein Ultimatum an Maduro. Binnen acht Tagen sollten freie Wahlen stattfinden, forderte der deutsche Außenminister im Januar.

Doch die Deadline ist ergebnislos überschritten, zu einer Lösung der Krise hat sie nicht beigetragen. Im Gegenteil: Das Ultimatum zeigt, wie chao­tisch es in der EU-Außenpolitik zugeht. Offiziell hat Spanien „den Hut auf“, wie es in Brüssel heißt. Das Land mit den engsten Bindungen an Venezuela soll die Richtung vorgeben. Doch bei dem Ultimatum haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien den Ton angegeben. Spanien verlor schnell die Kontrolle über den EU-Kurs.

Der außenpolitische Novize mit dem großen Ego versucht, sich und sein Land im geopolitischen Spiel zu positionieren

Eine gemeinsame Erklärung der EU-28 zur Venezuelakrise scheiterte kurz danach an einem Veto Italiens. Um die Verwirrung komplett zu machen, engagierte sich Mogherini dann auch noch in der Internationalen Kontaktgruppe. Die setzte auf Vermittlung und sollte die Krise binnen 90 Tagen lösen – was sie auch nicht geschafft hat. Die EU ist an der Venezuelakrise auf ganzer Linie gescheitert.

Natürlich kann man aus humanitären Gründen für Guaidó eintreten. Doch dann darf man keine Sanktionen fordern, wie Maas es tut – denn die gehen fast immer zulasten der Bevölkerung. Zudem darf ­bezweifelt werden, dass es Maas um humanitäre Motive geht. Der ­außenpolitische Novize mit dem großen Ego will sich und sein Land im geopolitischen Spiel der Großmächte positionieren.

Humanitäres Motiv nur vorgeschoben

Doch das geht gründlich schief. Deutschland spielt eben noch nicht in einer Liga mit den Vetomächten Frankreich und Großbritannien – und schon gar nicht auf Augenhöhe mit den USA und Russland.

Dass das humanitäre Motiv nur vorgeschoben ist, zeigt auch eine andere Krise, die frappierende Ähnlichkeiten mit der in Venezuela aufweist: der Aufstand in Algerien. Auch dort gehen die Menschen auf die Straße, auch dort klammert sich ein autoritäres Regime an die Macht. Doch dazu fällt Maas & Co. nichts ein. Über die Gründe für das Schweigen der Europäer kann man nur spekulieren.

taz am wochenende

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Vielleicht möchte Frankreich seiner ehemaligen Kolonie nichts vorschreiben, vielleicht will Deutschland seine lukrativen Waffengeschäfte absichern. Ein Ruf nach Wahlen, noch dazu verbunden mit einer Sanktionsdrohung, könnte dabei nur stören. In Algerien gelten offenbar andere Gesetze als in Venezuela – nicht wahr, Herr Maas?

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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26 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    "Gründlich daneben" scheint mittlerweile das Generalmotto der SPD zu sein. Ganz besonders im Umgang untereinander. Mann beachte Herrn Gabriels Kritik an Kevin Kühnert. Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine politischen Gegner mehr.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Niemand kann mit Recht behaupten die SPD würde nichts tun, um wieder glaubwürdig und damit wählbar zu werden. Zumindest auf lokaler Ebene wurde die Glaubwürdigkeit teilweise wiederhergestellt: pbs.twimg.com/media/D5aBYyIXoAExCaB.jpg

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Na ja., seitdem sich Frau Wagenknecht „zurückgezogen“ hat ist es bei Gegner „Linkspartei“ sowas von still/öde/langweilig geworden. Da muss die SPD in den Debatten auch noch deren Part mit übernehmen.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Ein sehr treffender Kommentar, Herr



    Bonse, und leider wahr.



    Keine Hoffnung in Sicht auf kluge Politiker, wie Brandt einer war.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ich hatte das große Glück, als Chef an meiner letzten Arbeitsstelle einen wunderbaren Menschen zu haben, der etwa die körperlichen Ausmaße wie Herr Maas besitzt. Dankenswerterweise kamen persönliche Tugenden hinzu.

    Ich wünschte Herrn Maas einiges davon - und auch uns, die wir mit den Folgen leben müssen.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Wahrscheinlich muss Maas googeln, wenn er wissen will, was Tugenden sind.

  • „Binnen acht Tagen sollten freie Wahlen stattfinden“

    ... ist falsch. Maduro sollte freie Wahlen innerhalb von acht Tagen ankündigen: „Mehrere europäische Regierungen haben dem venezolanischen Staatschef Nicolás Maduro eine Frist von acht Tagen gesetzt, um freie und faire Wahlen anzukündigen“ www.zeit.de/politi...uan-guaido-1-reply

    • @Rudolf Fissner:

      Mit welcher Berechtigung sollte Maduro sich die Abhaltung von Wahlen aufzwingen lassen?

      Etwa mit der selben Berechtigung, mit der die "Merkel muss weg!-Fraktion regelmäßig auf ihren Montagsdemos aufmarschiert?

  • Schöne Zusammenfassung.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Diplomatie geht halt anders. Guaidós Foto-Nummer mit Soldaten im Hintergrund hat mich sehr irritiert und erschreckt. Noch gehen sich die Venezier nicht gegenseitig an den Hals und ans Leben. Die EU insgesamt hat noch Möglichkeiten, die Lage mitentscheidend zum Positiven zu beeinflussen, aber bloß nicht Maas oder ähnliche "Weltpolitiker"alleine.

      • @KOBA:

        Man kann nur vermitteln, wenn man nicht vorher schon Partei ergriffenen hat.

      • @KOBA:

        Venedig? :-)

  • Maas ist quasi der Supergau für die deutsche und europäische Außenpolitik. Als eingefleischter Transatlantiker ist er gleichzeitig auch in vielen Fragen ein opportunistischer Trumpist.

    • @Rolf B.:

      "opportunistischer Trumpist"...gehts etwas weniger diffamatorisch undcetwas mehr inhaltlich?

      • @Rinaldo:

        bast schoh.

      • @Rinaldo:

        "eingefleischter Transatlantiker" stand im gleichen Satz - Wie konnten Sie das übersehen?

    • @Rolf B.:

      Aber er sieht gut aus.



      Auch wenn er mich entfernt an den "Sonntagsjäger" von Spitzweg erinnert

      • @Sonntagssegler:

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