Kommentar Deutsche Wohnungspolitik: SPD gibt Rätsel auf
Ein Pensionsfonds kauft für eine Milliarde Wohnungen und will die Mieten erhöhen. In der Wohnungspolitik könnte die SPD handeln – tut es aber nicht.
S cheinbar gibt es derzeit wenig Langweiligeres, als Wohnungspolitik zu kommentieren. Die Situation ist seit 2013 unverändert: Die Mieten klettern unaufhörlich nach oben, die Große Koalition unternimmt fast nichts dagegen. Die Union, weil sie sich als Vertreterin der Hauseigentümer fühlt, die SPD aus Verschlafenheit oder Inkompetenz.
So erklärt sich auch der Wohnungskauf der dänischen Pensionskasse PFA für mehr als 1 Milliarde Euro in Deutschland. Der Fonds setzt auf Mietsteigerungen durch den Wegzug von Mietern und anschließende Neuvermietungen vor allem in den Ballungsräumen München und Berlin – dort, wo die Mietpreise bei Neuvermietungen schon jetzt ins Uferlose geklettert sind. Deutschland bleibt bevorzugtes Ziel für ausländische Immobilieninvestoren.
Die Große Koalition hätte PFA längst die Lust am Kauf nehmen können, wäre die im Koalitionsvertrag vereinbarte schärfere Mietpreisbremse schon beschlossen. SPD-Justizministerin Katarina Barley hatte einen entsprechenden Gesetzentwurf vor der Sommerpause vorgelegt.
Weil die Union die Mietpreisbremse eigentlich nicht will, praktiziert sie jetzt – wie schon in der vergangenen Legislaturperiode – eine erfolgreiche Verzögerungstaktik. Was ihr durch die SPD leicht gemacht wird: Denn das Lieblingsprojekt der Union im Baubereich, die Eigenheimförderung durch das Baukindergeld, hat die SPD schon im Sommer durchgewunken, statt ihre Zustimmung dazu an die Zustimmung der Union zur Mietpreisbremse zu knüpfen. Nun hat sie kein Druckmittel mehr in der Hand.
Ist die SPD einfach verschlafen?
Ist das wieder nur Verschlafenheit oder Inkompetenz der SPD? Oder Ideologie? Jetzt prüft Barley jedenfalls ein weiteres Gesetz für Immobilienkäufer, das im Koalitionsvertrag gar nicht vereinbart war: Die Maklergebühr soll für sie erlassen werden.
Sieht sich die SPD nun als Partei der Eigenheimbesitzer und Wohnungskäufer? Fest an der Seite der Union? Die Sozialdemokraten geben wieder einmal Rätsel auf – sich selbst, den Wählern und vor allem den Mietern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu