Kommentar Altersarmut: Manche haben noch weniger
Hauptsächlich alleinstehende Frauen sind im Rentenalter armutsgefährdet. Mit einer günstigen Miete und einem Zuverdienst lässt sich das aushalten.
D as klingt hart: In 20 Jahren ist jede zweite alleinstehende Frau, die in Rente geht, „armutsgefährdet“. „Altersarmut in Deutschland steigt“, ist die neue Studie aus dem Hause Bertelsmann betitelt. Doch mit den Begriffen muss man vorsichtig sein. Arm ist nicht gleich arm.
Wer als Alleinstehender 958 Euro Einkommen im Monat hat, das sind 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland, der gilt als „armutsgefährdet“ oder mit einem „Armutsrisiko“ behaftet. Man ertappt sich bei dem Gedanken: Ist doch eigentlich gar nicht so wenig?! Wer eine sehr günstige Miete hat und vielleicht auch die Gelegenheit, sich im Alter noch ein paar hundert Euro dazuzuverdienen, der kann damit auskommen. In Berlin leben Tausende mit diesem Einkommen.
Die Probleme fangen an, wenn das Alterseinkommen vielleicht 200 Euro unter der Schwelle für das „Armutsrisiko“ dümpelt, wenn man ein Fall für die Grundsicherung wird. 28 Prozent der alleinstehenden Neurentnerinnen rutschen in 20 Jahren in die Grundsicherung, während dies insgesamt nur sieben Prozent der Bevölkerung in dieser Altersgruppe tun werden. Grundsicherung heißt: Offenlegung der Besitzverhältnisse, der Partnerschaft, das kann entwürdigend sein.
Es ist zu vermuten, dass viele dieser ledigen oder geschiedenen Frauen auch wegen der Kinder weniger gearbeitet und daher weniger Rentenansprüche haben. Jede Solidarrente sollte sich an diese Zielgruppe wenden: Wer nach jahrelangem Einzahlen in die Rentenkasse in die Grundsicherung rutscht und keinen mitfinanzierenden Partner an der Seite hat, der ist eine Kandidatin oder ein Kandidat für diese Zuschussrente. Jede weitere Idee, alle Renten mit „Armutsrisiko“ auf Kosten der erwerbstätigen Steuerzahler pauschal zu erhöhen, ist hingegen zweifelhaft. Besser wäre es, die Idee der altersverträglichen Teilzeitjobs im Rentenalter populärer zu machen, auch bei den Arbeitgebern.
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