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Kolumne Die eine FrageGabriels antiliberale Avancen

Peter Unfried
Kolumne
von Peter Unfried

Freiheit, Gleichstellung, Gleichberechtigung. Liest man Sigmar Gabriels Essay, ist das alles nur Gedöns der Postmoderne.

„Kleiner Mann – was nun?“, fragt sich Gabriel Foto: dpa

D ie SPD hat einen bemerkenswert illusionistischen Bundestagswahlkampf hingelegt, einen neuen Tiefpunkt von 20 Prozent erreicht und dann ein weitgehend inhaltsfreies Erneuerungsgerede begonnen, das nun auf die Frage reduziert wird, ob man wieder mitregiert oder nicht. Wobei unklar ist, was davon aus Sicht von Frau Nahles mehr „bätschi“ wäre.

Damit verglichen, hat der jüngste Spiegel-Essay des früheren Vorsitzenden Sigmar Gabriel eine hohe analytische und intellektuelle Qualität. Während die einen die „Atomisierung von Arbeits- und Lebenswelten“ im demokratischen Kapitalismus feierten – er nennt Grüne und Liberale –, sei es für einen nicht geringen Teil der Leute ein „traumatischer Abschied“. Zusammengefasst: Die Moderne war sozialdemokratisch geordnet und super für alle, die Postmoderne ist zu liberal und zu grün, und deshalb revoltieren immer mehr.

Bernd Ulrich hat in der Zeit bereits auf Gabriels „Denkfehler“ hingewiesen, progressive Identitätspolitik und Ökologie als „postmoderne liberale Debatten“ für eine Elite zu bezeichnen. Als gebe es in Arbeiterfamilien keine Schwulen, die heute dank der liberalen Entwicklung besser und weniger verdruckst leben. Vollends krude wird es, die Verhinderung einer imminenten Klimakatastrophe als Schnupsi-Thema anzusehen. Man kann nicht Partei einer gerechteren Zukunft sein wollen und den größten Ungerechtigkeitsfaktor ausblenden und die ganze Zukunft gleich mit.

Und dennoch greift es viel zu kurz, Gabriel in der üblichen Antidenkvolte aufschreiend nach „rechts“ zu schieben, weil er die Ehe für alle nicht für so wichtig hält. Es greift aber auch zu kurz, ihn umgehend jubelnd nach „links“ zu schieben, weil er sich gegen die Postmoderne wendet und damit wieder den einfachen Menschen vom Schlage seines leider in diesem Jahr verstorbenen Namensvetters Gunter zuwendet („Hey Boss, ich brauch mehr Geld“).

Die Sehnsucht der vielen nach Geregeltem

Die neue europäische und US-amerikanische Protestbewegung ist ja nicht zufällig im Kern antiliberal. Sie richtet sich gegen den globalen Wirtschaftsliberalismus der letzten Jahrzehnte, der die politisch regulierbaren Industriegesellschaften abgelöst hat. Aber eben auch gegen die emanzipatorische Freiheitserweiterung des Einzelnen, die von 1968 ausging – gegen die als restaurativ, patriarchalisch, rassistisch, autoritär und nationalistisch wahrgenommene Johnson-, De-Gaulle- und Adenauer-Industriegesellschaft.

Heute läuft die Attacke andersherum: Was die Angreifer „linksgrün versifft“ nennen, ist nichts anderes als der normative Kulturkanon der Mehrheitsgesellschaft. Wobei „Mehrheit“ sich eben auch auf die Hegemonialkraft derjenigen beziehen könnte, die den Lebensstil der Postmoderne überzeugt pflegen – nicht auf die Zahl.

taz am wochenende

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Gegen die Entfaltung des Einzelnen steht jetzt die Sehnsucht der vielen nach einem Geregelten. Das betrifft längst nicht nur AfD- oder Linksparteiwähler, sondern eben auch relevante Teile der SPD und der Union. Und die Übergänge zwischen einem ökonomisch und einem kulturell gespeisten Gefühl des Abgehängtseins können fließend sein.

Im Grunde wirft Gabriel im Angesicht des Zerbröselns sozialdemokratischer Parteien in Frankreich, den Niederlanden und anderswo also die berechtigte Frage auf, ob sich die SPD nicht zurückziehen sollte aus dem Drittel der Gesellschaft, das der Kultursoziologe Andreas Reckwitz die „neue Mittelklasse“ nennt, und sich auf die alte Mittelklasse der Angestellten ohne Hochschulabschluss und die neue Unterklasse der prekären Dienstleister konzentrieren. Das Problem ist, dass es bei ihm klingt wie ein weiteres antiliberales Projekt. Und dann wird es gefährlich.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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50 Kommentare

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  • Sigmar Gabriel klingt, angesichts der Tatsache, dass das globale Dorf rings um Europa lichterloh brennt, wie jemand, der zögerlich eine Debatte über einen Tapetenwechsel deutsche Innen- , Sicherheits- . Entwicklungs - Wirtschafts- und Außenpolitik aus einem Guss anstossen möchte, wie 1988 der SED Chedideooge Kurt Hager als durch das sowjetische Magazin Sputnik in der DDR die Frage aufkam, soll sich die DDR Perestroika, Glasnost anschließen, nur meinte, was soll die DDR als 10.stärkste Industrienation da mittun, wenn unsere Moskauer Freunde einen Tapetenwechsel vornehmen?

     

    Die Wurzeln europäischer Sozialdemokratie liegen, neben sozialer Gerechtigkeit, Chancengeichheit bei schulischer Ausbildung, Berufsfindung, Grundversorgung von der Wiege bis zur Bahre, Rechtstaatlichkeit, Wohnraum. bezahlbare gesetzliche Sozialversicherung, Teilhabe, in der Friedensbewegung, politischem Pazifismus eines Friedensnobelpreisträgers 1937 Carl von Ossietzky, frei von national-militärischem Interventionismus, allein, in Koalitionen der Willigen wie in Afghanistan, irak, Syrien, Libyen nach Nine Eleven 2001 Krisen, Krieg, humane Katastrophen zu finanzieren, ein asymmetrisch aufgestelltes Wirtschafts- , Währungssystem zu Gunsten der G 8 plus X Staaten aufrechtzuerhalten, daheim den Profit Einzelner durch Explosion des Rüstungsexports zu erlangen. Dass Deutschland bei einem Handelsbilanzüberschuss 300 Milliarden€/anno da an vorderster Stelle mitwirkt, statt europaweit und hierzulande die Kaufkraft breiter Schichten zu stärken, statt, gemäß Bundestagsbeschluss 2010 "Weg mit den Atomwaffen aus Deutschland in der Eifel", dem UNO Atomwaffenverbot Beschluss von 122 Staaten beizutreten. Davon sagt Gabriel nichts. Stattdessen schreibt er von offenen Grenzen 2015, ohne darauf zu verweisen, dass Deutschland, neben Russland, 2015 Interventionspartei in Syrien wurde und damit, anders als andere europäische Partner, völkerrechtliche Verpflichtung der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen eingeht

    • @Joachim Petrick:

      Sie haben sich richtig Arbeit gemacht. Danke hierfür !

  • Gibt es überhaupt ArbeiterInnen in der SPD-Fraktion?

    • @el presidente:

      Auch Beamte müssen schließlich irgendwann mal irgendwie arbeiten. Glaub ich jedenfalls.

    • @el presidente:

      Gibt es sie bei DIE LINKE oder sonst wo ?

      • @Pink:

        Ja, die gibt es durchaus, allerdings findet man den „typischen Arbeiter“ heute insgesamt ohnehin nur noch selten, weil es einfach auch die früher typischen Erwerbsbiographien so heute kaum noch gibt. Viele studieren heute irgendwann mal, wenn sie dazu die Gelegenheit bekommen. Davor, währenddessen und danach gibt es aber eigentlich immer Zeiten des schnöden Arbeitserwerbs, oder der beruflichen Praxis.

        Ich hab Ihnen hier mal die Profile auf Abgeordnetenwatch der Kandidaten der Linke für Hamburg als Link rausgesucht. Ist leider nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand, aber durchaus noch repräsentativ.

        https://www.abgeordnetenwatch.de/profiles/18030/candidates?party%5B%5D=16125

        • @Rainer B.:

          Sie haben ja Recht.

          Ich begann, weil abiturlos, als Arbeiterin, reiste später beruflich durch die Welt.

           

          Danke für den Link !

           

          Meine Frage an EL PRESIDENTE war provokativ, ich weiß.

  • Ein zentrales Problem der Postmoderne, das an der Substanz der politischen Parteien nagt und das Gabriel nicht versteht, ist er selbst - und eine Gattung von Politikern, die ihre politische Linie daran auszurichten versucht, was bestimmte Menschen (vermeintlicherweise) lesen bzw. hören wollen - anstatt an dem, was den Anliegen dieser Menschen wirklich nützen würde (und was u.U. auch mal für die Gemeinschaft weniger angenehme Konsequenzen mit sich bringen könnte). Und natürlich lastet Gabriel die Widersprüche, in die er sich dabei zwangsläufig verwickelt, den Lesern bzw. Hörern an. Wie soll man jemanden Handeln in Verantwortung zutrauen, der ohne Verantwortung spricht?

     

    Damit ist seine auf peinliche Weise anbiedernde Rede das eigentliche Paradebeispiel für Anything goes und die Austauschbarkeit politischer Positionen. Ich hoffe, dass weder die Arbeiter noch die Hipster sie ihm abkaufen werden.

    • @mats:

      Ein sehr kluger Kommentar.

       

      Genau. Eine solche Art von Opportunismus und Wendehalsigkeit ist bei dieser Politikergattung so verbreitet und selbstverständlich, dass sie anscheinend nicht mehr in der Lage ist, sie in Frage zu stellen bzw. anders zu agieren, oder sie überhaupt wahrzunehmen.

      Ich bin überzeugt, dass die vermeintliche Authentizität ganz zu Beginn seiner Kanzlerschaft auch Schulz‘ größtes Kapital war, dass er natürlich umgehend und grandios verzockt hat. Zum Glück, möchte man sagen.

       

      Und das ist die wohlmeinende Variante. Wenn man anfängt, über die Alternative nachzudenken, dass nämlich die Bande (und besonders prägnant Schulz) gar nicht so beschränkt und prinzipienlos ist, wie sie zu sein scheint, kann man auf ziemlich gruselige Gedanken kommen. Möchte ich mich grade gar nicht drin ergehen.

      • @Ruhig Blut:

        … Schulz‘ Kanzlerkandidatenschaft…

  • Ja, da wird es brandgefährlich - in der „Kolumne Die eine Frage“. Jetzt bloß nicht auf den letzten Metern noch totlachen!

    Martin Schulz hat verstanden. Er versucht es jetzt mit Handauflegen, da sind die Erfolgschancen auf jeden Fall höher als 20%, auch wenn Siggi Pop dagegen völlig immunent ist. Vielleicht sollte Sankt Martin es erst mal bei Peter Unfried versuchen.

     

    by the way:

    „Paradox ist, wenn einer sich im Handumdrehen den Fuß bricht.“

    (Heinz Erhard)

    • @Rainer B.:

      und damit es nicht vergessen wird,

      ein Gutes Neues Jahr 2018 !

      • @Pink:

        Danke und Dito!

  • @WARUM_DENKT_KEINER_NACH?

    Jetzt las ich - dank TAZ - Zahlen zu Großspenden an CDU und FDP im letzten Jahr. Ich denke nach ...

    • @Pink:

      Eben. Und die Grünen liegen noch vor der SPD...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Meinen Sie, dass ich mich jetzt ärgere ? Da halte ich es eher mit EINER_DER_SIEBEN_SCHWABEN und schau mir ein Windrad an :-)

  • Statt Klssenkampf Rettung der Welt. Das neue Sozialdemokratische Versprechen "Wir schaffen das" - sozialdemokratisch weil der Kanzler-Schwamm hier grüne und sozialdemokratische Ideologie aufgesaugt, dargestellt und bis ins Absurde vorgeführt hat. Nach Willi Brandts Ostpolitik nun Nahost-Flüchtlingspolitik. Früher Aussöhnung mit dem Osten - heute Rettung der Menschen aus dem Nahen Osten als emotionales Versprechen für die Wähler..

     

    Politik hat was mit Umverteilung zu tun. Klassenkampf ist Umverteilung. Die SPD will schon lange nicht mehr umverteilen. Es geht um Besitzstandswahrung. Überkommene Industriejobs zu tollen Tarif-Bedingungen, Jobs im öD zu traumhaften Bedigungen, Jobs für Funktionären in EU und Politik - gegen prekäre Normalrentner, Praktikums-Jugendliche, Lohndumping-Normalverdiener....

     

    Durch das Versprechen der Weltrettung wird von den schwer oder nichtlösbaren inneren Problemen abgelenkt:

    "die Postmoderne ist zu liberal und zu grün, und deshalb revoltieren immer mehr." - Ja

     

    "Wobei „Mehrheit“ sich eben auch auf die Hegemonialkraft derjenigen beziehen könnte, die den Lebensstil der Postmoderne überzeugt pflegen – nicht auf die Zahl."

     

    Was will der Autor*In uns damit sagen? Ich habe es nicht verstanden. Etwa, nicht die Masse zählt sondern nur die, die einen bestimmten Wertekanon pflegen? Werte-Kanon-Bürger gegen den dummen Rest?

  • Ich glaube nicht, dass Gabriel unbedingt die Themen für unwichtig oder Luxus hält. Er ist nur der Meinung, dass die Kernklientel der Sozialdemokraten sie nicht ganz oben auf der Prioritätenliste hat. Im Gegenteil, mit "no borders" vertreibt man diese Wähler - auch wenn es in einem übergeordneten Sinne gerecht sein mag, die Ungerechtigkeit der Welt auch durch Migration auszugleichen. Der Normal- und Geringverdiener hat andere Themen, insbesondere was von seinem Lohn übrig bleibt, ob er sich davon noch irgendwas leisten kann außer Überleben und wie lange noch.

  • Natürlich leben in Arbeiterfamilien auch Schwule.

    Ob die dank den neoliberalen Hartz IV Reformen und der Einwanderung von Menschen die mit ihnen um Arbeitsplätze und Wohnungen konkurrieren jetzt besser leben ?

     

    Klassenbewustsein und andere Identitäten sind meist wichtiger als alles andere.

    Der Schwule der bei einem Paketservice für den Mindestlohn schufftet hat wenig gemein mit dem ebenfalls schwulen Gutverdiener der eine sichere Stelle bei den Medien oder der staatlichen Verwaltung hat.

  • @ Jau.

    Da sarense was - ab da hab ich auch nur noch laut gelacht geschmunzelt & den Kopf geschüttelt!

     

    Von der verdrucksten pseudointelleli

    Anhäufung von nur sehr sehr bedingt passenden - gar verstandenen Fremdworten mal ganz zu schweigen.

    Sorry - fühl mich aber qua Heiterkeit für den Tag veranlaßt angemessen reichlich beschenkt.

    Dank dafür.

    &

    Bin aber auch zu faul - diesen Fremdwörtersalat an schwatz-grün Dressing zusammenzuklempnern.

    Zumal diese Bescherung ja eine imminente - ja unmittelbar bevorstehende Katastrophe ist!

    Hab Fenster&Türen schon mal abgedichtet. A weng deutsche Angst zum Fetscht - nich fein - muß ihm aber scheint's doch sein! Na Mahlzeit.

    kurz - mehr als krude - gell!;))

    • @Lowandorder:

      ;) ... wünsche entspannte Feiertage.

      • @jhwh:

        ;) & dito - Jau entspanne -

         

        Liggers - Inne Wanne.

        Doch schon vor demn Festagsschmaus

        Schaun Arm Kopf & Wanst gar fröhlich

        draus!;)

        Seit längerem - Jahr um Jah!

        Na. Hallelu - & 'Luja sog i dah!

    • @Lowandorder:

      Uppsala

       

      Fast vergessen -

      Danke für das - Patt patt - Fotto!

      Subaltern sans die Herrn!

      Nu. Dazu die Eifelelse -

      Keiner wellse!

      Ob die dess jetzt bätschi finde -

      Oder in der Eifel rauscht die Linde.

      Dess is so was von einerlei -

      Koa Froag - geht allallweil am Arsch - vorbei!

  • Was hat denn Gabriel im Kern gesagt? Doch nur, dass sich die SPD wieder mehr auf ihre alten Kernthemen konzentrieren soll. Und das ist richtig. Für "grüne" Themen gibt es die Grünen. Die SPD muss ihre eigenen Schwerpunkte haben. Das bedeutet ja nicht, dass sie sich gegen die "grünen" Dinge stellt. Gabriels Ansatz ist völlig richtig. Die Parteien müssen wieder unterscheidbarer werden.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sehe ich ähnlich. Bei mir blieb ebenfalls der große Schock aus als ich mir die Zeit genommne hatte den Gabriel Text zu lesen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Begriff Gabriel jemals die sozialdemokratischen Kernthemen ?

      Natürlich müssen die Parteien wieder unterscheidbar werden.

      Zu diesem Ansatz braucht es keinen Sigmar Gabriel.

      • @Pink:

        Ist ja nicht schlimm, wenn er sie jetzt begreift.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Sie irren sich.

          2013 bereits trat die SPD - es war geheim, lach ! - schriftlich kündigend aus der Sozialistischen Internationale aus. Die alten Kernthemen der SPD interessierten Gabriel noch nie.

          Warum denkt in der SPD keiner darüber nach ?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Doch ist schlimm, deshalb haben wir jetzt die problematische Situation.

          Von einem Politiker in dieser Position und dem Gehalt kann man mehr erwarten!

          • @Klartext:

            Besser eine späte Erkenntnis, als gar keine.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "auf ihre alten Kernthemen"

       

      "Leitkultur", "Heimat" und "Industriearbeitsplätze"?

      https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/17/3_Sektoren_Modell.jpg

       

      Etwa 5,5 Mio. Menschen arbeiten im "verarbeitenden Gewerbe" (Industrie).

      Dürfte weniger als 20% der SV-pflichtig Beschäftigten ausmachen. Das ist etwa die Richtung wo die SPD tendiert. Die Dienstleistungsmalocher waren den Sozialdemokraten eh immer egal...

      • @agerwiese:

        Eine Beschränkung auf Industrie ist Unfug und war auch nie gegeben. Früher lag dort nur der Schwerpunkt, weil die Strukturen so waren.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          SPD ist immer noch, wenn man von der Agenda 2010&Co absieht, eine Partei des öff. Dienstes (oder Teile desgleichen) und gut tarifabgesicherten Beschäftigten der Großindustrie.

          • @agerwiese:

            Das stimmt doch nicht. Die SPD hatte immer den Anspruch für alle Beschäftigten da zu sein. Lange Zeit waren eben die meisten in der Industrie beschäftigt. Das hat sich geändert.

  • "... der normative Kulturkanon der Mehrheitsgesellschaft. Wobei „Mehrheit“ sich eben auch auf die Hegemonialkraft derjenigen beziehen könnte, die den Lebensstil der Postmoderne überzeugt pflegen – nicht auf die Zahl."

     

    Das sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ein tiefer Einblick in das aktuelle grüne Demokratieverständnis.

    • @jhwh:

      Oh, das ist in der Analyse zutreffend und alles andere als außergewöhnlich. Die hegemoniale Kraft der Themen- und Schwerpunktsetzung einer gesellschaftlichen Minderheit, der viele, mglw. die Bevölkerungsmehrheit, irgendwie nachfolgen.

      Problematisch ist nur, die Nachfolger und Nichtwidersprecher gleich fest mit im Boot zu verorten. Und noch viel problematischer ist, aus diesem vermeintlichen Mehrheitsverhältnis einen normativen Anspruch abzuleiten. Was Unfried allerdings nicht direkt tut, auch wenn‘s so klingt.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @jhwh:

      Dieser atemverschlagende Absatz ist der zentrale und entlarvende Satz des ganzen Artikels. Genau diese Arroganz und diese Abghobenheit schaufelt der AfD 13% ins Säckchen. Gabriel kann man nur zustimmen.

    • @jhwh:

      Fast wäre ich beim Lesen dieses Satzes in Schockstarre geraten. Das muss man sich wirklich mal auf der Zunge zergehen lassen diesen totalitären Anspruch. "Kulturkanon" als verharmlosende Beschreibung von Ideologie zur Festigung aktueller Herrschaftsstrukturen. Beängstigend! Aber ehrlich. Allerdings eine gute Blaupause für Rechtsradikale.

  • wer schreibt der bleibt erstaunlich was alles geschrieben und betrieben wird wer soll das nun aber alles lesen

  • 9G
    97627 (Profil gelöscht)

    Der Kommentar nimmt an, dass überhaupt sozialdemokratische Politik gemacht wurde. Es war allerdings nicht mehr als PR, was man extrem seit Schröder, Blair etc. sah. Ein weiteres Indiz zeigt der Wahlerfolg Corbyn's, obschon der ständigen inneren Sabotage durch Blairites. Die SPD hat außer brüchiger PR Fassade nichts glaubhaftes zu bieten. Von ständigem Privatisierungsdruck auch durch Gabriel, zu Hartz 4 Vermächtnis und Massenüberwachung. Gabriel versucht dann auch noch Industrielobbyinteressen als angebliche Arbeiterschaftsinteressen zu verkaufen. Da plant jemand für seine postpolitische Karriere und es ist mehr als transparent. Der Rest der SPD tut sich gut daran sich eher mit der Bürgerversicherung zu befassen.

    • @97627 (Profil gelöscht):

      Super !!!

  • Lassen wir mal die Kirche im Dorf: Homosexualität wurde 1789 in Frankreich legalisiert, 1918 in der Sowjetunion. '68 war nicht die Menschheitsbefreiiung, als die es gerne verkauft wird. Und es fand statt im kuscheligen Nest des regulierten Hochfordismus, wo man bequem einige Jährchen revoluzzen konnte ohne die Fallhöhe der totalitären Konkurrenzgesellschaft. Der marktradikale Neoliberalismus, der den autistischen Hedonismus und Egoismus der '68er als kulturellen Wegbereiter zu nutzen verstand, hat solche kulturellen und sozialen Freiheiten für kommende Generationen verschlossen.

    • @El-ahrairah:

      Genau, deshalb war es z.B. 1933 auch so 'kuschelig', in Deutschland schwul zu sein.

      Und 1968 war Deutschland-West ja der reine Arbeiter- und Bauernstaat und allen ging es gut.

      Ihnen ergeht es wie vielen: Sie sind so zerfressen vom (berechtigten) Hass auf den neoliberalisierten Kapitalismus, dass Sie darüber Ihr Hirn ausschalten und anstatt progressiv im Grunde nur noch ewiggestrig argumentieren.

      • @Flipper:

        Deutschland ist nicht der Nabel der Welt.

      • @Flipper:

        Progressiv sind für mich menschenwürdige Wirtschaftsverhältnisse, Selbstbestimmung, Basisdemokratie und Herrschaftsfreiheit. Und die vertragen sich ganz ausgezeichnet mit Ehe für alle und Genderklingklong, anders als sowohl die neoliberalen Fundamentalsiten als auch die Neokonservativen es gerne als gegensätzliche Sockenpuppen verkaufen.

  • Ja, was willl denn der Herr Unfried nun einem sagen? Es ist ebenso beliebig, wie das Geschreibsel des Herrn Gabriel. Man gewinnt den Eindruck, irgendetwas habe in der Weihnachtsausgabe gefehlt und nun wird schnell die Lücke geschlossen.

     

    Der Absturz der PvdA in den Niederlanden war die Folge eines Paktes mit dem Teufel. Mit der VVD koalieren kann nur heißen Geert Wilders zu stärken, der allerdings außer Stammtischgeblubber nichts zu bieten hat. Die Bürger wenden sich angewidert von Rutte & Konsorten ab, um völlig irrational den größten Rutte-Fan Geert Wilders aufzuwerten. Woran liegt das?

     

    In der europäischen Sozialdemokratie hat ein sehr gefährlicher Trend direkt in den Abgrund geführt. Die ehemals sozialistische Programmatik wurde bedenkenlos abgewrackt. Seit den Ostverträgen der Brandt-Epoche ging der SPD wie auch anderen Parteien die Puste aus. Das damals in Europa einsetzende Tauwetter verdrängte die Kriegsrhetorik und es gab die Duldung der kommunistischen bzw. sozialistischen Regierungen des Ostblocks.

     

    Gleichzeitig drohten aber die Wähler dieser Parteien arbeitslos zu werden. Die Steinkohlenbergbaukrise mit der der Stahlkrise richtete den Focus dieser Parteien auf Vollbeschäftigung. Helmut Schmidt ist in erster Linie Kanzler der Wirtschaft gewesen. Gemäß der Pferdeäpfel-Theorie wollte er die Arbeitsplätze durch eine prosperierende Wirtschaft sichern. Doch den wahren Feind erkannte er nicht und erkennen auch heute viele "Experten" nicht. Die unaufhaltsame Automatisierung benötigt keine menschlichen Arbeitskräfte mehr. Deshalb muss man auch keine Politik mehr für sie machen. Einfach abschreiben und klein halten. Notfalls auch mit militärischer Gewalt. Diesen Kahlschlag ahnen die Bürger und wenden sich einfach ab. Kopf in den Sand, in welchem die AfD & Co ihre ideologischen Fäkalien gerade vergraben hat.

  • ich bin malgespannt wann allen argumente und worte ausbleiben nach monatelagen sondierungen talkshows uswsind wir jetzt auf der wiederholingsspur alles wurde schon gesagt gedreht und gewendet

  • Aber diese 'alte Mittelklasse' und die Prekären sind ja nun überdurchschnittlich nicht-weiß und queer. Ohne 'Identitätspolitik' wird die kaum jemand politisch mobilisieren können.

  • Herr Unfried blendet den Lindner aus ;)

     

    Leider haben wir hierzulande Parteien, die uns entweder den Liberalismus nur mit "Neo" verkaufen wollen oder heimatlich-nationale Ablenkungsmanöver betreiben und weiter auf die unteren 50% sch...

    • @agerwiese:

      Blendete er ihn tatsächlich aus ?