Kiew-Besuche und Symbolpolitik: Zögern und Mäandern
Bevor Kanzler Scholz mit leeren Händen in die Ukraine reist, sollte er es lieber lassen. Deutschland steht ohnehin schon als unsicherer Kantonist da.
Z wei Floskeln strapazieren deutsche Politiker*innen gerade bis zur Unerträglichkeit: Wir müssen vor die Bugwelle kommen. Und: Wir stehen fest an der Seite Kiews. Das klingt gut, doch nichts dergleichen passiert. Russlands Krieg gegen die Ukraine geht in die siebte Woche, täglich kommen neue Gräueltaten gegen die ukrainische Zivilbevölkerung ans Licht und Moskaus Großoffensive im Osten des verheerten Landes steht noch bevor.
Und in Berlin? Zögern und Mäandern. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwäge eine Reise nach Kiew, war in der vergangenen Woche zu vernehmen. Immerhin wohnte er im finnischen Parlament einer Videoschalte mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski bei, für die er im Bundestag Mitte März keine Zeit finden konnte.
Als Außenminister hatte er mehr Engagement gezeigt – 2014 auf dem Euro-Maidan sowie ein Jahr später als Urheber der Steinmeier-Formel, die den Minsker Prozess retten sollte. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz macht dieser Tage keine bella figura. Kiew seine Aufwartung zu machen, scheint offensichtlich keine Option zu sein. Da lässt Scholz lieber Politiker*innen anderer Staaten den Vortritt.
Nun können die Meinungen darüber, was derartige Besuche bewirken, durchaus auseinandergehen. Zuallererst sind sie eine moralische Unterstützung, deren Bedeutung in Kriegszeiten wie diesen jedoch nicht zu unterschätzen ist. Doch da liegt die Krux. Denn es braucht eine Übersetzung in konkrete Politik, wenn sich die Solidaritätsadresse nicht auf reine Symbolpolitik beschränken soll. Will heißen: Wenn Scholz nichts im Köcher hat, sollte er es lieber gleich bleiben lassen.
Danach sieht es leider aus. Der Eiertanz um Waffenlieferungen ist nur ein Beispiel. Dass diese Zurückhaltung in Kiew nicht gut ankommt, liegt in der Natur der Sache. Aber auch bei Deutschlands westlichen Partner stößt diese Unentschlossenheit zusehends auf Unverständnis. Der Eindruck, es mit einem unsicheren Kantonisten zu tun zu haben – er wird bleiben und das noch lange über den Krieg hinaus.
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