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Katarina Barley über Corona und Orban„Propagandafeldzug gegen die EU“

Viele Grenzen in Europa sind wegen Corona dicht – die EU wirkt hilflos. SPD-Politikerin Katarina Barley fordert: Brüssel braucht mehr Kompetenzen.

„Das Einzige, was Orban abschreckt, sind klare Signale der EU.“ SPD-Politikerin Katarina Barley Foto: Christian Thiel
Stefan Reinecke
Interview von Stefan Reinecke

taz: Frau Barley, wo sind Sie?

Katarina Barley: Zu Hause in Trier.

Arbeitet das europäische Parlament noch?

Ja, unter eingeschränkten Bedingungen. Es fehlt die persönliche Begegnung. Die ist im Europäischen Parlament noch wichtiger als im Bundestag, weil hier verschiedene Mentalitäten und Empfindlichkeiten aufeinander treffen. Dafür sind direkte Gespräche besser geeignet als Video-Konferenzen.

Es gibt keine Debatte im Europäischen Parlament über den Demokratieabbau in Ungarn...

Das wird diese Woche Thema einer virtuellen Sitzung der entsprechenden Arbeitsgruppe sein, der ich angehöre. Es ist allerdings nicht immer leicht, Ungarn im Parlament zur Sprache zu bringen. Orbans Partei ist ja noch immer Teil der christdemokratischen Fraktion. Im politischen Raum nutzt sich die Kritik an Polen und Ungarn ab. Dafür ist das Thema in Medien präsenter. Wir brauchen diesen öffentlichen Druck.

Orban hat ein Notstandsregierung ohne parlamentarische Kontrolle und zeitliche Begrenzung etabliert. Was tut die EU?

Das Parlament kann nur appellieren und verurteilen. Die Kommission hingegen kann den Europäischen Gerichtshof anrufen. Dieser könnte wiederum per einstweiliger Anordnung die ungarischen Maßnahmen außer Kraft setzen. Darauf arbeite ich hin.

Allerdings haben wir auch schon bei der jüngsten polnischen Justizreform versucht, die Kommission zu entschiedenem Handeln zu bewegen – bisher ohne Erfolg. Ungarn und Polen schützen sich gegenseitig vor Sanktionen nach Artikel 7, die Einstimmigkeit erfordern. Wir arbeiten an finanziellen Sanktionen bei Verstößen gegen Werte der EU. Aber auch das versuchen osteuropäische Staaten, vor allem Orban und die PIS, zu erschweren. Wir haben zu wenig Möglichkeiten.

Ist die EU hilflos?

Das müsste sie nicht sein. Das Einzige, was Orban abschreckt, sind klare Signale der EU, etwa vom Europäischen Gerichtshof. Der ist aktuell das schärfste Schwert der EU. Die EU hätte im Fall Ungarn früher handeln müssen. Das ist auch am Widerstand der Konservativen gescheitert.

Was ist das Gefährlichste derzeit?

Dass Ungarn und Polen, wo die PIS gerade ein verfassungswidriges Wahlgesetz durchgedrückt hat, Vorbilder für andere Länder werden. Diesen Effekt darf man nicht unterschätzen. Wenn immer mehr Länder von Rechten und Nationalisten regiert werden, wird das für die EU ein echtes Problem.

Sind Polen und Ungarn undemokratische Staaten?

Sie sind auf dem Weg dorthin. In Ungarn kontrolliert Orban die Justiz, es gibt keine unabhängige freie Medienlandschaft. Wenn in Polen die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs geht und ein PIS naher Nachfolger kommt, fällt die letzte Bastion der Gewaltenteilung in Polen.

Haben wir es also mit dauerhaft undemokratischen Regimen zu tun – oder mit einer autoritären Phase in Ostmitteleuropa, auf die Westeuropa verständnisvoller schauen sollte?

Polen ist freiheitsliebend, wie sich 1989 gezeigt hat, und die Bevölkerung in Ostmitteleuropa schon immer proeuropäisch. Aber dass Orban ein Wahlrecht geschaffen hat, bei dem auch deutlich weniger als 50 Prozent reichen, um zu regieren, ist ein Schritt zur dauerhaften Machtsicherung.

Von der Leyen ist mit den Stimmen von Ungarn und Polen ins Amt gewählt worden. Ist sie deshalb so vorsichtig bei Maßnahmen gegen die beiden Länder?

Das macht es jedenfalls nicht leichter.

Ex-EU-Kommissionspräsident Jacques Delors hält den nationalen Egoismus in der Coronakrise für „eine tödliche Gefahr für die EU“. Ist die Existenz der EU in Gefahr?

So weit würde ich nicht gehen. Die EU hat in den entscheidenden Bereichen – Gesundheit, innere Sicherheit und Sozialversicherungssystem- keine Kompetenzen. Man kann von der EU nicht verlangen, was sie gar nicht darf, etwa Krankenversorgung zentral zu organisieren. Jene, die jetzt sagen, die EU tauge nichts, sind genau die, die sonst verhindern wollen, dass die EU mehr tun darf. Das ist bigott. Diese Haltung nehme ich leider besonders in den sozialen Netzwerken wahr.

Auch CSU-Mann Markus Söder kritisiert, dass es aus Brüssel nichts kommt...

Söder folgt ebenfalls diesem Muster: Wenn etwas gut funktioniert, hat man es selbst gemacht. Wenn es schief geht, sind die in Brüssel schuld. Dieser Mechanismus ist nicht neu. Das ist eine Erzählung, die nicht nur in Ungarn und Polen gepflegt wird.

Fast alle Staaten haben ihre Grenzen geschlossen. Es gab sogar Exportverbote für medizinische Güter innerhalb der EU. Wenn es ernst wird, ist die Solidarität national, und die EU spielt keine Rolle.

Ja, weil die Staaten zuständig sind, nicht die EU. Ich habe die Sorge, dass dieses Bild benutzt wird, um die EU zu diskreditieren. Es gibt ja den Spin: Russland, China, Kuba helfen, nur die EU ist unfähig. So ist es nicht. Die EU hat anfangs China unterstützt, danach war es andersherum. Es gibt einen Propagandafeldzug gegen die EU, angefacht von Kräften, die eine schwache EU wollen. Ein Problem sind zudem manche Bilder. Wenn ein italienischer Bürgermeister eine EU-Fahne verbrennt, ist das Bild in allen Medien. Wenn das Saarland und Rheinland-Pfalz Patienten aus dem Elsass aufnehmen, ist es eine Kurzmeldung.

Die Schwäche der EU ist doch real, und keine Propaganda...

Auch. Die Hilfe hätte früher beginnen müssen. Die Kommission hätte die Grenzregime der Staaten früher koordinieren müssen. Wir haben viel Zeit verloren. Daraus müssen wir lernen.

Was?

Bei einer Pandemie muss das medizinische Erforderliche auf EU-Ebene koordiniert werden. Vorstellbar ist eine Zentrale, die zum Beispiel Patienten auf Länder verteilt oder Material dahin bringt, wo es am dringendsten benötigt wird. Bei grenzüberschreitenden Katastrophen muss auch europäisch gehandelt werden. Darüber sollten wir ohne ideologische Scheuklappen nachdenken.

Und dafür wird es Mehrheiten geben?

Ja, für grenzüberschreitende Notfälle. Kann sein, dass jetzt kein so günstiger Zeitpunkt ist, um für mehr Kompetenzen für Europa zu werben. Aber wir brauchen sie.

Merkel hat in ihren Reden Europa mit keinem Wort erwähnt. War das falsch?

Ja, das war falsch. Aber damit ist sie in Europa wirklich nicht alleine. Wir müssen aufpassen, dass am Ende dieser Krise nicht die Antieuropäer und Nationalisten profitieren.

Ein Prüfstein für europäische Solidarität sind die Corona-Bonds, gemeinsame Anleihen, mit denen de facto starke Staaten schwächere unterstützen. Italien und Frankreich wollen sie, Deutschland nicht. Und Sie?

Erstmal: Wir haben aus der Finanzkrise gelernt, dass wir Staaten in Notlagen schnell unterstützen müssen. Die EU hat die Maastrichter Schuldenkriterien für coronabedingte Ausgaben aufgehoben. Die EZB hat 750 Milliarden für den Kauf von Staatsanleihen bereitgestellt. Mir scheint jetzt der ESM, der europäische Stabilitätsmechanismus, das zuvorderst geeignete Mittel zu sein.

Warum?

Im ESM sind 410 Milliarden Euro schnell und ohne lange Diskussionen unter den Mitgliedsstaaten verfügbar. Allerdings sind ESM-Kredite derzeit an Bedingungen geknüpft. Die sollten die Staats- und Regierungschefs fallen lassen und durch eine einzige ersetzen: Es müssen durch Corona bedingte Ausgaben sein.

Staaten, die ESM-Kredite in Anspruch nehmen, gelten auf den Finanzmärkten später nur noch als bedingt sicher und müssen höhere Zinsen zahlen.

Ja, das gilt es zu bedenken. Aber 410 Milliarden Euro sind erstmal viel. Natürlich müssen wir auch über Mittel für den möglichen Fall nachdenken, dass das nicht ausreicht und ganze Länder an den Märkten kein Geld zu vernünftigen Bedingungen bekommen. Dazu gehören auch neue Instrumente, wie gemeinsame europäische Anleihen. Dafür brauchen wir jetzt einen konkreten Vorschlag der Kommission – Ursula von der Leyen hat ja als erste den Begriff Coronabonds gesetzt.

Es gibt zwei Unterschiede zu der Finanzkrise nach 2008. Der Auslöser der Krise ist ein Virus, kein überschuldeter Haushalt. Und auch neoliberale Ökonomen, die damals strikt gegen Eurobonds waren, sind für Coronabonds. Wird Deutschland das Nein zu Coronabonds durchhalten?

Ich glaube: Deutschland hat verstanden, dass es nicht so laufen kann wie nach 2009. Dass Spanien und Italien so schwer von dem Virus betroffen sind, ist auch eine Folge der Schuldenkrise. Bei den Gesundheitssystemen wurde gespart. Das rächt sich nun. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit sorgt für ein engeres Zusammenleben der Generationen – auch das ist ein Nachteil. Egal, wie die Instrumente nachher heißen: Wir müssen dafür sorgen, dass diese Länder zinsgünstig an Geld kommen. Die Folgen von 2009 dürfen sich nicht wiederholen.

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31 Kommentare

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  • 1. Die EU ist *nicht* Europa, sondern dessen neoliberaler Verwaltungsapparat. Die EU ist nicht das Bollwerk gegen rechts, Blödsinn, ganz im Gegenteil, sie hat durch ihre asoziale undemokratische Agenda einen hohen Anteil daran, dass Rechts wieder in Mode kommen konnte. Die AfD entstand Anti-EU - schon vergessen? Die EU schafft(e) die idealen Bedingungen, um Staaten gegeneinander auszuspielen und hat das auch getan. Und die "Christdemokraten" in der EU haben gar kein Problem, mit den Vertetern der Kombi klerikal/rechtsextrem/marktradikal zusammenzuarbeiten.

    2. Ich brauchte noch nie die EU, um mich mit Menschen in anderen Ländern zu verstehen. Im Gegenteil, als Deutscher kann ich mich in Südeuropa nicht mehr blicken lassen. Danke, EU! Und Schäuble.

    3. "Die EU hat in den entscheidenden Bereichen – Gesundheit, innere Sicherheit und Sozialversicherungssystem- keine Kompetenzen"

    Ach was. Sie hatte aber die Kompetenzen, in etlichen Staaten die Bereiche Gesundheit, Soziales und Bildung, im Prinzip die gesamte öffentliche Daseinsfürsorge zu demolieren und hat das auch nach Kräften genutzt. Und jetzt wohnen sie in Spanien zu dicht aufeinander und deswegen ist Corona so hoch. Ja Hallo? Wer stand denn auf der Bremse, als die 50% Jugendarbeitslosigkeit hatten? Wer hat denn brutal alles abgewürgt, was Richtung Sozialstaat gehen wollte? In Kombi mit der PP natürlich, da spielt man sich die Bälle zu.

    Genau deswegen haben die Staaten da jetzt dysfunktionale Trümmerhaufen. Und genau deswegen kann dieser neoliberale Selbstbedienungsladen namens EU endlich weg.

    Geht doch auf dem Mond plündern. Dann müssen die EU-Steueroasen zur Abwechslung wieder Dinge produzieren, die von Nutzen sind, und die Amis zahlen hier endlich Steuern für ihre Giga-Geschäfte in Europa.

    Und Deutschlands Bauern zahlen vielleicht mal wieder mehr als einen Hungerlohn für Erntehelfer, wenn man die nicht so easy aus osteuropäischen Ländern ranschaffen kann.

    [...]

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    • @uvw:

      Nachtrag:

      Die deutsche Regierung soll bei der Abrechnung nicht ungeschoren davonkommen. Seit Schröder/Fischer hat sich jede deutsche Regierung die Wirtschaftsmacht des Landes zunutze gemacht, und EU und Euro als Verstärker genutzt, um alle anderen europäischen Länder an die Wand zu drücken, mit einer neugeschaffenen Billiglöhnerarmee im Land und mit den noch billigeren aus Osteuropa. Die ließen sich zudem prima gegeneinander ausspielen. Win-win.

      [...]

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      • @uvw:

        Nachtrag 2:

        Außerdem habt ihr unsere Rechte verhökert. Weitergabe von Fluggastdaten und Zahlungsdaten an USA, automatisch. Nachdem "Safe Harbour" endlich da war, wo es hingehörte, in der Tonne, bekamen wir das umbenannt in "Privacy Shield", kein Stück besser. Wenn ihr schon vorgebt, uns zu vertreten - wir brauchen Leute, die unsere Rechte vertreten und nicht klammheimlich abschaffen. Analog zu den Steueroasen Nieerlande und Luxemburg, gab es die Datenschutzoase Irland, die haben da ein Kiosk als Datenschutzbehörde, wo garantiert nie was passiert. Natürlich verhandelt Facebook genau da seinen nicht vorhandenen Datenschutz. Da kann man leider nix machen, ihr habt ja leider keine Kompetenzen. Aber dass so Läden wie Facebook uns dadurch erst in ganz Europa zum Affen machen können, dafür könnt ihr schon sorgen. Ach ja, Irland war außerdem Steueroase für Apple, die haben Apple 13 Milliarden geschenkt. Na klar wickelt Apple dann die EU-Geschäfte über Irland ab. Das kann man verhindern, wenn man will.

        Eure Cecilia Malmström demolierte Verbraucherschutz: Millionen mussten erst gegen TTIP, TISA und CETA demonstrieren, die hinter verschlossenen Türen ausgekungelt wurden, damit das überhaupt mal öffentlich besprochen wurde, CETA wurde trotzdem durchgedrückt, nachdem die Wallonie, die sich als Einzige dagegengestellt hatte, massiv unter Druck gesetzt wurde. TTIP habt aber nicht ihr zu Fall zu gebracht, sondern Trump, aus völlig anderen Motiven.

        [...]

        Schiedsgerichte, ja? Einrichtungen, die in keiner Weise demokratisch legitimiert sind, und von Konzernlobbyisten besetzt sind. Die dann darüber befinden, dass rechtliche Regelungen eines Staates weg müssen, wenn sie den Profitinteressen eines Konzerns im Weg sind. Da kann ja nichts schiefgehen.

        EU, ihr habt immer wieder unter Beweis gestellt, was eure Prioritäten sind, konsistent.

        Es sind nicht Deine und nicht meine.

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        • 9G
          97287 (Profil gelöscht)
          @uvw:

          Welches Europa hätten Sie denn gerne?



          Das vor 1945 oder das danach? Ein Europa mit Grenzen oder ohne? Ein Europa in dem Alle gleich arm oder gleich reich sind? HarttzIV für ganz Europa? Sie lachen? Fragen Sie mal einen Engländer , Portugiesen , Spanier , Osteuropäer oder Italiener ob er sich HartzIV mit deutschen Sätzen wünschen würde. Die EU sind wir, einschließlich Ihnen. Nur die nationalen Eigeninteressen zerstören die EU. Wollen Sie ernsthaft wider Grenzen und Visumpflicht? Wenn Sie ein Europa wollen, müssen Sie auch Entscheidungen abgeben. Europa nimmt dem Einzelnen, gibt aber auch wieder. Das Kurzarbeitergeld ist das letzte Beispiel. Klar ist auch, dass das immer zu wenig ist, für Deutsche. Warum soll die EU ein Bollwerk gegen rechts sein? Die EU ist die Summe seiner Bürger. Nennen Sie einen Staat in Europa , der ein Bollwerk gegen rechts ist. In Hamburg z.B. ist es gerade mal das Schanzenviertel und das ist ein ziemlich kleiner Stadtstaat.



          Hat sich die Wallonie aus redlichen Gründen dagegengestellt? Ein durch und durch egozentrisches Ländle, das noch immer nicht den Untergang seiner Stahlindustrie verdaut hat und am liebsten das Kriegsbeil mit den Flamen sowie die Visumpflicht einführen würde. Baskenland den Basken , Kastilien den Katalanen und die Wallonie den Wallonen. ich glaube Sie brauchen Europa mehr als Sie sich denken können.

  • Ich bin völlig offen für Argumente, die mir die Sinnhaftigkeit der EU für uns Bürger erklärt.



    Die EU hat doch gerade in dieser Krise nicht den geringsten Anteil daran, ein Problem zu lösen.



    Auch ohne EU hätten wir schwerkranke Patienten aus Frankreich, Italien oder Spanien etc. hier in DE behandeln können.



    Wenn die EU letztendlich nur die reichen Staaten reicher macht und die armen Staaten ärmer, dann reproduzieren wir ohnehin nur die kapitalistischen Strukturen.

    40.000 Erntehelfer sollen nun nach DE eingeflogen werden. Trotz Coronakrise.



    Aber billig müssen sie sein, denn zu den herrschenden Tarifen kommen in erster Linie Menschen aus ärmeren EU Mitgliedsstaaten infrage. Und wir können billig Spargel verspeisen oder Erdbeeren vertilgen. Also gibt es doch zumindest für uns einen Grund, ein Loblied auf die EU zu singen. Bis wir es geschafft haben, den Nationalismus in der EU noch stärker zu befeuern.

    • @Rolf B.:

      Vielleicht gucken Sie sich - nur um zwischendurch mal Kontakt mit der realen Welt aufzunehmen - die Entwicklung des BIP pro Kopf in den Ländern der EU an. Alternativ kann man auch mal mit Leuten in Portugal, Lettland oder auch Tchechien über die Wohlstandssituation vor Beitritt zur EU reden.

      [...]

      Dieser Kommentar wurde gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette. Die Moderation

  • Es braucht keinen Propagandafeldzug gegen die EU.



    Das macht die EU alleine schon ganz gut

  • Klare Signale von Frau von der Leyen an Orban und Konsorten? Darauf wird man wohl vergeblich hoffen.

  • Auf jeden Fall kann die Krise und der nachfolgende Euro-Crash auf Corona geschoben werden. Obwohl namhafte Ökonomen den Crash schon lange vorhergesehen haben.

  • Der Auslöser für die Krise ist nicht ein Virus. Es ist der Preiskrieg beim Öl.

    • @Numitor:

      Ach wirklich? Was genau ist denn so schlimm daran, wenn die Sprit- oder Heizöl-preise sinken?

  • Das Hauptproblem in der EU stellt momentan Deutschland dar. Am 28.2 richtete Italien einen Hilferuf an die EU, die Reaktion Deutschlands war es am 4. März ein Exportstopp für Masken und weitere medizinische Schutzausrüstung innerhalb der EU zu verhängen. Ein erster Schlag ins Gesicht. Am 15. März verkündete Seehofer die Schließung der Grenzen, auch dies ohne Absprache mit der EU. Deutschland stellt sich gegen Corona-Bonds weil es nicht bereit ist für Kredite 0,2% Zinsen zu zahlen. Dafür nimmt es auch die weitere Verelendung des Südens in Kauf. Und selbstverständlich besteht ein Zusammenhang zwischen den von Deutschland mit vorangetriebenen Sparauflagen nach der Eurokrise und dem Zusammenbruch des italienischen Gesundheitssystems. China, Russland und Kuba können ihre Hilfe nur deshalb propagandistisch ausschlachten, weil Deutschland ihnen eine Steilvorlage nach der anderen bietet. Und ich gönne es diesen Ländern.

    • @Sandor Krasna:

      Der Vorteil kubanischer Ärzte ist, dass diese in Kuba auch ohne Gesundheitssystem auskommen und deshalb prädestiniert sind für die Arbeit in Krisensituationen wenn medizinisches Gerät und Mittel fehlen.

      • @Rudolf Fissner:

        Da hat wohl jemand das sozialistische Kuba mit dem kapitalistischen Haiti verwechselt...

        • @Sandor Krasna:

          Wikigedöns: "Jedoch gibt es Probleme: Zwar hat Kuba theoretisch eine der höchsten Ärztedichten der Welt, aber viele medizinische Einrichtungen sind baufällig und die medizinischen Geräte oft veraltet und in schlechtem Zustand. Auch fehlen häufig wichtige Medikamente, und die hygienischen Verhältnisse lassen zu wünschen übrig.[192] Es kommt in den Polikliniken zu langen Wartezeiten, weil etwa 40.000 Ärzte im Ausland arbeiten und dem Staat damit pro Jahr 6 Milliarden Euro bringen.[193] Die Zahl der Familienärzte sank zwischen 2009 und 2014 um 62 %, von über 32.000 auf unter 13.000.[194] Die Ärzte sind nicht höher bezahlt als andere Arbeiter und Angestellte und erhalten nur einen Bruchteil dessen, was sie das Ausland kosten, als Lohn ausbezahlt.[195] Ein verlässlicher Rettungsdienst existiert nicht.[196] Außerdem mangelt es an Medikamenten wie Antibiotika und an medizintechnischer Ausrüstung in Chirurgie und Zahnmedizin.[195][197] Vorhandene medizinische Infrastruktur ist nur bedingt nutzbar. In der Ausbildung der Ärzte an moderner High-Tech-Medizin gibt es große Defizite.[180]" de.wikipedia.org/w...a#Gesundheitswesen

          • @Rudolf Fissner:

            "Das kubanische Gesundheitssystem zeichnet sich durch eine gute Vorsorge, eine hohe Ärztedichte (theoretisch 160 Einwohner je Arzt, ein Drittel davon ist jedoch im Ausland tätig[180][181]) und eine hohe Integration (Polikliniken) aus. Jede Siedlung verfügt über einen sogenannten „Familienarzt“. Familienärzte residieren in Gebäuden, die im gesamten Land einem identischen Bauplan folgen. In diesen befinden sich sowohl die Praxis als auch die Wohnung des Arztes, was eine Verfügbarkeit von 24 Stunden gewährleisten soll."

            "Die Säuglingssterblichkeit ist eine der niedrigsten (2010, 4,5 Säuglinge pro 1000 Geburten) und die Lebenserwartung eine der höchsten auf dem gesamten amerikanischen Kontinent.[183] "

            Da steht "Gesundheitssystem"

            • @Sandor Krasna:

              Es sind die Ärzte die unter miesesten Bedingungen gute Arbeit leisten. Aber das schrieb ich bereits. Sie erzählen mir also nichts neues.

          • @Rudolf Fissner:

            Kannst du einfach die Quelle nennen aus der hervorgeht, dass Kuba über kein Gesundheitssystem verfügt? Konnte dazu keine Aussage in dem Artikel finden. Dass die Sanktionen negative Auswirkungen auf Kuba haben, ist mir auch ohne Wikipedia klar.

            • @Sandor Krasna:

              Was war an dem Zitat aus der Wikipedia nicht verständlich?

      • @Rudolf Fissner:

        Ohne Gesundheitssystem?

        Das wird der Grund für die guten Daten sein?

  • Von der Leyen ist mit den Stimmen von Ungarn und Polen ins Amt gewählt worden. Ist sie deshalb so vorsichtig bei Maßnahmen gegen die beiden Länder?

    Das macht es jedenfalls nicht leichter.

    Tja es bedarf halt Werten und Haltung sich nicht von rechten Faschisten Wählen zu lassen... Aber kennen wir ja auch aus Thüringen. Da hat der schwaze Block ja auch schändlich versagt. Macht kann man halt nur mit mehr Macht ersetzen

  • Brüssel braucht mehr Kompetenzen ??? Soll etwa eine Demagoge wie Orban eine Entscheidungsgewalt bekommen?

    Besser wäre es, wenn die EU endlich eine Klausel zum Ausschluss zuerst von finanzieller Zuwendung und sogar zum Ausschluss aus der EU finden würde. Wenn Kacinski, Babish, Orban und Co mit dem Argument kommen, dass das juristisch gar nicht möglich ist, dann lassen die anderen Mitgliedstaaten eben ihre Mitgliedschaft schlafen und gründen sofort eine neue Union, in der man die meisten Fehler von Brüssel ausschließen kann.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    "Jene, die jetzt sagen, die EU tauge nichts, sind genau die, die sonst verhindern wollen, dass die EU mehr tun darf."



    Dieses Spiel läuft doch bei uns schon immer so. Es ist Zeit, daß sich die Bürger, die in der übergroßen Mehrzahl für Europa sind, dies auch mit Nachdruck zeigen.



    Wir wollen ein Europa ohne Kaczinsky's, Orban's und auch ohne Johnson's.



    Die Bürger dieser Länder dürfen gerne beweisen, daß sie Europa wollen und dazugehören wollen. Müssen halt entsprechend wählen. Oder eben nicht.



    Dann gibts aber auch keine Kohle mehr. Und das genau müssen wir unseren Vertretern noch näher bringen.

    • @82286 (Profil gelöscht):

      Kommt vielleicht früher, als Sie glauben. Nach meinen Dafürhalten haben viele der Staaten sowieso nur mitgemacht, weil sie sich finanzielle Vorteile versprochen haben. Und nun, da auch das nicht funktioniert, gibt es auch keinen weiteren Grund mehr, in dieser EU zu bleiben.

  • Es ist doch alles ausgehöhlt; überall. Nennt mir mal ein Organ oder Institution, das für etwas gutes einsteht, und seine "Mission" umsetzt? Also, so real. Mit Fortschritten. Nicht nur Laberei und Simulationen von Erfolgen. Etwas Belastbares. Wozu man nicht kreativ draufgucken und interpretieren muss, um den Erfolg zu sehen.

    Sowas sehe ich garnicht mehr. Und die EU ist es auch nicht (mehr?!).

    Also von mir aus kann das gern weg...

  • Frage: "Ein Prüfstein für europäische Solidarität sind die Corona-Bonds [...]"

    Antwort: "Erstmal: Wir haben aus der Finanzkrise gelernt [...]"

    Frau Barley, Sie weichen aus und drucksen herum -- gerade wo es wichtig wird. Nein, Sie haben offensichtlich nichts aus der Finanzkrise gelernt.

    Als begeisterter Pro-Europäer (mag bei mir biografisch beeinflusst sein) habe ich nur Bauchschmerzen gehabt beim Zuschauen, wie die Griechen und deren Regierung (die erste übrigens damals, die versucht hat, die Strukturprobleme anzugehen!) gedemütigt wurden.

    Solche Typen wie Dijsselboem gehören im hohen bogen aus den Institutionen gechasst, wenn sie sich solche Sprüche [1] erlauben. Sonst verlieren die Institutionen ihre Glaubwürdigkeit.

    Frau Barley, ich bin Pro-Europäer. Ich bin auch Linker, und von manchen meiner Mit-Linken muss ich mir so einiges anhören. Bei jeden dieser Runden (wie die jetzige) verliere ich ein wenig an Kraft. Ich muss mir nur Herrn Rutte anschauen, da komme ich gefährlich ins Schwanken.

    Träten Sie etwas offensiver für Europäische Solidarität auf, könnte mir das helfen.

    [1] www.ft.com/content...-942d-ecce511a351e

    • @tomás zerolo:

      Geht mir genauso.

      Ich will mehr Solidarität der reicheren Länder für Italien und Spanien in dieser Krise (und vielleicht später noch mit anderen Ländern), und wenn sowas nicht geht, dann ist klar, dass die EU immer mehr zur Farce wird und sich nach und nach selbst erledigen wird.

      • @cazzimma:

        Dann sind wir schon zwei :-D

  • "Staaten, die ESM-Kredite in Anspruch nehmen ... müssen (später) höhere Zinsen zahlen"



    Die zehnjährige spanische Staatsanleihe hat aktuell einen Zinssatz von ca. 0. 7 %. Vor einem Jahr waren es ungefähr 1.1 %. Für die zehnjährige italienische Staatsanleihe sind es aktuell 1.5 %, vor einem Jahr 2.5 %.



    Spanien war 2012/13 unter dem ESM, Italien nicht.



    Ob ein Land hohe Zinsen zahlen muss, liegt nicht daran, ob es mal Geld vom ESM bekam, sondern wie es anschließend weiterging.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ich mag Frau Barley nicht zustimmen.

    Einen Aspekt hat der Kollege @Hampelstielz bereits genannt, weitere drängen sich auf.

    Schon vor Covid 19 ist der EU wenig gelungen, worüber sich aufgeklärte Menschen mit einem Minimum an Toleranz erfreuen konnten.

    Gibt es Argumente dafür, dass dies - ausgerechnet - in Krisenzeiten besser werden könnte?

    Ich bin vermutlich nicht der Einzige, der sagt: die EU in dieser Form war eine Totgeburt, die durch permanente Erweiterungen den kleinen Rest an Substanz verloren hat.

    Noch ist es zu früh, einen Ausblick zu geben. Die Nebel von Covid 19 müssen sich erst einmal auflösen. Danach ist solides Brainstorming angesagt, dem Konsequenzen folgen müssen.

    Step by step. Und erst einmal das "Gute im Schlechten" genießen. Auch wenn ich derzeit menschliche Nähe sehr vermisse: Als Freund von Entschleunigungen weiß ich manch Anderes sehr zu schätzen.

  • Ich weiß nicht, ob es richtig wäre einer Organisation, in der sich die Faschisten mittlerweile stapeln mehr Kompetenzen inirgendetwas zusprechen sollte. Zu Ungarn meinte die Kommission ja, dass man verhältnismäßig reagieren soll. Ein Faschist setzt sich per Erlass auf unbestimmte Zeit als Diktator ein und alles, was die EU-Kommission daran interessiert, sind die Stimmen, welche er den Rechtskonservativen bringt.



    Im Zuge der Pandemie kann man von EU-Seite auch nichts sinnvolles erwarten.