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Israel-Iran-KriegWer, wie, was Völkerrecht?

Die Sache mit der Selbstverteidigung ist kompliziert. Was das Völkerrecht regelt – und wie es in diesem Fall auszulegen ist.

Kann das Völkerrecht einpaken? Zwei UN-Mitarbeitende falten die Flagge der Vereinten Nationen zusammen Foto: Bianca Otero/imago

Was ist das Völkerrecht?

Im Prinzip benenne das Völkerrecht die Gesamtheit der Regeln, die zwischen Staaten bestehen, erklärt Nico Krisch, Professor für Internationales Recht am Geneva Graduate Institute. Daraus folgten Verpflichtungen und Rechte, die Staaten gegenüber einan­der haben. Wichtigste Grundlage ist die UN-Charta, die aus der Nachkriegsordnung 1945 erging und zu der sich heute 193 Staaten bekennen. Auf sie wird sich oft bezogen: Festgehalten ist darin etwa das Verbot der Gewaltanwendung gegenüber anderen Staaten – und die Ausnahmen davon. Dann gibt es das Humanitäre Völkerrecht, ein Spezifikum des Völkerrechts. Es beschreibt die in Sonderfällen geltenden Regeln zwischen Staaten, vor allem in bewaffneten Konflikten. Also: Spielregeln für den Krieg. Hauptzweck sei es, so Krisch, die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung einzuschränken. Es soll auch regeln, welche Waffen eingesetzt werden dürfen oder wie man gegnerische Soldaten behandelt.

Was passiert, wenn Staaten gegen das Völkerrecht verstoßen?

Ein Problem des Völkerrechts, sagt Chris Henderson, Professor für Völkerrecht an der Universität Sussex, ist seine Durchsetzbarkeit: „Wenn wir an Rechtssysteme denken, gehen wir von hierarchischen Strukturen aus: Eine souveräne Entität macht Gesetze, diese werden dann durchgesetzt. Im Völkerrecht sind die, die Vereinbarungen aufstellen, und die sie brechen, dieselben.“ Im Gegensatz zu nationalem Recht hängt die Durchsetzbarkeit des Völkerrechts deshalb stark von der Kooperation der Staaten ab. So werden bei völkerrechtswidrigem Verhalten von Staaten oft eher politische Mittel ergriffen, etwa Sanktionen.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) kann etwa im Fall von Kriegsverbrechen ermitteln. Derzeit haben 125 Länder das Römische Statut ratifiziert, das die juristische Grundlage für den IStGH ist. Die USA, Russland, die Türkei, Iran oder Israel gehören nicht dazu. Die Durchsetzungsstärke des Strafgerichts hängt auch von der Kooperation der internationalen Gemeinschaft ab.

Wie sähe ein völkerrechtlich einwandfreier Krieg aus?

Die UN-Charta sehe zunächst eine Reihe von Stufen vor, internationale Streitigkeiten friedlich beizulegen, sagt Andreas Schüller vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Der Rückgriff auf Streitkräfte sei die Ultima Ratio: „Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen darf nach Artikel 42 der Charta beschließen, Streitkräfte zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens einzusetzen.“ Eine solche Einigung ist de facto derzeit kaum möglich: Im Sicherheitsrat sitzen die fünf ständigen Mitglieder Frankreich, Russland, USA, China und das Vereinigte Königreich. Je nach Thema legen meist entweder die USA oder Russland und China ihr Veto ein.

Nahost-Debatten

Der Israel-Palästina-Konflikt wird vor allem in linken Kreisen kontrovers diskutiert. Auch in der taz existieren dazu teils grundverschiedene Positionen. In diesem Schwerpunkt finden Sie alle Kommentare und Debattenbeiträge zum Thema „Nahost“.

Die Ausnahme: Wenn ein Staat einem bewaffneten Angriff ausgesetzt sei, müsse er nicht auf einen Beschluss des Sicherheitsrats warten, sondern dürfe sich selbst verteidigen, bis der Sicherheitsrat über Maßnahmen entschieden hat. Schüller betont: „Die Selbstverteidigung muss notwendig und verhältnismäßig sein, nur Maßnahmen zur Abwehr des Angriffs umfassen, aber nicht darüber hinaus­gehen“.

War der Angriff Israels auf Iran völkerrechtswidrig?

Die Meinungen gehen deutlich auseinander und berufen sich jeweils auf den Konfliktverlauf. Ja, sagt Schüller vom ECCHR. Weder habe ein UN-Mandat vorgelegen, noch ein vorangegangener bewaffneter Angriff Irans auf Israel. Es sei zwar erlaubt, einen unmittelbar bevorstehenden Angriff im Rahmen des Rechts auf Selbstverteidigung präventiv abzuwehren. Doch Israel habe bislang keine Beweise vorgebracht, dass ein solcher tatsächlich bevorstand. Selbst dann dürfe Militärgewalt nur angewendet werden, um einen solchen Angriff abzuwehren.

Manche Völkerrechtler, sagt Henderson, sähen das anders. Sie begründen dies so: Einerseits, dass der Angriff Israels auf Iran Teil des anhaltenden Konflikts zwischen den beiden Staaten sei. Das andere Argument: Iran habe eine unmittelbare Bedrohung für Israel dargestellt. „Die Frage ist dann: Was bedeutet ‚unmittelbar‘?“. Meist werde dabei an einen zeitlichen Zusammenhang gedacht. „Völkerrechtler, die diese Meinungen vertreten, argumentieren, dass Kriege heute nicht mehr so geführt werden“, sagt Henderson. „Es gibt nicht immer Armeen, die an Grenzen zusammengezogen werden. Also fragen sie: Was ist die Absicht des Gegners?“

Henderson meint, eine solche klare Absicht seitens Irans liege nicht vor. Selbst daran, ob Iran definitiv eine Atomwaffe entwickle, gebe es Zweifel. Wenngleich der Stand der Urananreicherung auf 60 Prozent – wie von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) dokumentiert – dies nahelegen. Schüller vom ECCHR hält die Argumentation vorheriger Angriffe nicht für schlüssig. Der Raketenbeschuss von Iran auf Israel im April 2024 liege zu lange zurück, um von einem fortlaufenden Konflikt auszugehen.

Weil Israels Angriff nach Mehrheitsmeinung völkerrechtswidrig war, können sich auch die USA nicht auf dieses Argument – und eine kollektive Selbstverteidigung – berufen. Die USA stiegen am 21. Juni mit Luftangriffen auf Atomanlagen in den Krieg ein. Kurz darauf verkündete US-Präsident Trump eine Waffenruhe.

Ein häufiges Argument ist, dass Iran andere Staaten über sein Netzwerk an Proxy-Milizen – also stellvertretende Angreifer – attackiert. Oder dass in Teheran eine Uhr die Jahre Israels bis zu seiner Vernichtung herabzählt. Was sagt das Völkerrecht dazu?

Der Umgang mit nicht staatlichen Akteuren sei tatsächlich schwierig im zwischen Nationalstaaten existierenden Völkerrecht, sagt Krisch. „Die klassische Ansicht ist: Staaten müssen gegen nicht staatliche Organisationen auf ihrem Territorium, die anderen feindlich gesinnt sind, vorgehen.“ Erfolge das nicht und griffen diese Gruppen ein anderes Land an, gebe es heute eine Tendenz unter Völkerrechtlern anzunehmen, dass sich der angegriffene Staat wehren darf – auch auf dem Ter­ritorium eines Drittlands. Für Schüller ist dieser Fall nicht abschließend geklärt.

Krisch betont zudem: Die Möglichkeit gegen einen Staat vorzugehen, der eine nicht staatliche Gruppe, also Terroreinheiten unterstützt, bestehe kaum. Es sei denn, die Gruppe würde nachweislich direkt von ihm kontrolliert. Eine Miliz zu unterstützen, sie gar mit Waffen zu beliefern, bedeute aber nicht, die Schwelle des Selbstverteidigungsrechts zu überschreiten. Ein Beispiel: Greifen die Huthis aus dem Jemen in Israel an, darf Israel nicht deshalb Iran angreifen, obwohl Waffenlieferungen der Islamischen Republik an die jemenitische Miliz hinreichend belegt sind.

Zum iranischen Uhrturm sagt Henderson: „Man muss das betrachten bezüglich Intention und Fähigkeit.“ Derartige „monströse Aussagen“ würden immer wieder von Staatsoberhäuptern getroffen. Doch können sie auch umgesetzt werden? Laut der IAEA sei Iran eben nicht so nah dran gewesen an einer funktionierenden Atombombe, dass dieser Fall gegeben sei. Klar ist aber auch, dass Iran die Vernichtung Israels als Staatsziel benennt.

Sind Iran, Israel und die USA in diesem Krieg im Einklang mit dem Humanitären Völkerrecht vorgegangen?

Laut Schüller von ECCHR müssten dazu die einzelnen Angriffe genauer untersucht werden. Nach dem Humanitären Völkerrecht sei es erlaubt, militärische Ziele anzugreifen. Bei Atomanlagen müsste festgestellt werden, dass diese dem Militär dienten.

Folgt man dieser Argumentation, dann haben sich die USA eher an das Humanitäre Völkerrecht gehalten als Israel. Denn Israel griff auch Wohnungen sowie führende Köpfe des Nu­klear­pro­gramms an. Schüller sagt: Bei Gebäuden komme es darauf an, wer darin lebe – und selbst dann müsse das Verhältnis des erwarteten militärischen Vorteils gegenüber möglichen Schäden an Zivilisten abgewogen werden. Letztere seien „nach weitverbreiteter Ansicht“, selbst wenn sie in der Waffenproduktion tätig seien, Zivilpersonen. Auch in Israel haben iranische Raketen Zivilisten getötet und zivile Gebäude sowie Infrastruktur beschädigt. Henderson sagt dazu: Wenn diese direkt getroffen würden, liege ein Verstoß gegen das Humanitäre Völkerrecht vor. Würde ein Militärziel angegriffen, gelte dasselbe wie in Iran: Eventuell könne das als Kollateralschaden bewertet werden.

Eines sei aber deutlich, sagt er: der Unterschied zwischen Israels Vorgehen in Iran und im Gazastreifen. Die Angriffe auf Menschen, die vor den Hilfeverteilungszentren in Gaza anstehen, seien „in keiner Weise“ zu rechtfertigen.

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33 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • @jörgheinrich



    @janschubert



    @samspade



    Als Nichtjurist/Nichtvölkerrechtler nehme ich mir das Recht heraus, Ihre hier versammelten Expertisen als für den Laienverstand nicht mehr zu beurteilende (vulgo) Spitzfindigkeiten zu qualifizieren.



    Wenn schon ein Gewohnheitsrecht so oder so auslegbar ist, ein Völker(gewohnheits?)recht ist es dann um so mehr.



    Ich frage mich deshalb: cui bonum?

    Anders gesagt: Ein dehnbarer Begriff ist schon an und für sich eine heikle Sache, ein überdehnbarer Begriff ist ein Unding.

    (Mit Verlaub: Mich mutet die ganze Debatte quasi KI-gesteuert an, sie ist jedenfalls so in der Sache nicht hilfreich. Danke für Ihr Verständnis.)

  • Btr. Artikel-Zitat:

    "Laut Schüller von ECCHR müssten dazu die einzelnen Angriffe genauer untersucht werden. Nach dem Humanitären Völkerrecht sei es erlaubt, militärische Ziele anzugreifen. Bei Atomanlagen müsste festgestellt werden, dass diese dem Militär dienten."

    Die Genfer-Konvention fordert ganz generell das keine Atom-Anlagen angegrifen werden dürfen, selbst wenn diese grundsätzlich militärische Ziele sind.

    Zitat Art. 56 Abs. 1 des 1. Zusatzprotokolls I zu den Genfer Konventionen:

    "1. Anlagen oder Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten, nämlich Staudämme, Deiche und Kernkraftwerke, dürfen auch dann nicht angegriffen werden, wenn sie militärische Ziele darstellen, sofern ein solcher Angriff gefährliche Kräfte freisetzen und dadurch schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung verursachen kann."

    Ausnahmen nennt die Genfer-Konvention nur dan wenn diese Zitat



    Art. 56 Abs. 2 des 1. Zusatzprotokolls I zu den Genfer Konventionen:

    "2....



    c.) bei anderen militärischen Zielen, die sich an Anlagen oder Einrichtungen oder in deren Nähe befinden, nur dann, wenn sie zur regelmässigen, bedeutenden und unmittelbaren Unterstützung von Kriegshandlungen benutzt werden ..."

  • Jedes kodifizierte Recht ist nur so gut, wie es von der Exekutive umgesetzt werden kann. Und daran hapert es im Völkerrecht, v.a. angesichts der dort herrschenden "(mindestens) Zwei-Klassen-Gesellschaft", gewaltig.

    Gerade Israel weiß, dass es sich im Zweifel nur auf sich selbst verlassen kann. Hatte man doch 1976 Israel nach der Befreiungsaktion in Entebbe vorgeworfen, die Souveränität Ugandas und damit das Völkerrecht verletzt zu haben, obwohl Uganda mit den - z.T. deutschen - Terroristen paktierte.

    Die permanente Androhung, einen anderen Staat von der Landkarte tilgen zu wollen, kann als Verstoß gegen das Gewaltverbot verstanden werden. Jedenfalls wird die Finanzierung der Terroristen von Hamas und Hisbollah durch den Iran von niemandem nachhaltig verhindert, obwohl der IGH bereits 1986 im Verfahren Nicaragua gegen USA wegen der Unterstützung der Contras durch die USA urteilte, dass dies eine Verletzung des Gewaltverbots darstellt.

    Schon vor über 20 Jahren wurde in der Sicherheitsstrategie der EU u.a. festgehalten, dass eine neue Form der Selbstverteidigung notwendig ist, da "...angesichts der neuen Bedrohungen die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen wird."

    • @Jan Schubert:

      Btr. Zitat:

      "der IGH bereits 1986 im Verfahren Nicaragua gegen USA wegen der Unterstützung der Contras durch die USA urteilte, dass dies eine Verletzung des Gewaltverbots darstellt."

      Das ist falsch !

      Richtig ist hinsichtlich dem entscheidenden Aspekt eher das Gegenteil.

      Der IGH hat in dem Urteil festgestellt das die USA mit der Unterstützung, Bewaffnung und Finazierung der "Contras" in Nicaragua "nur" eine Einmischung in innere Angelegenheiten Nicaraguas war -- aber keine Verletzung des Gewaltverbots (UN-Charta Artikel 2 Absatz 4).

      Zitat IGH -Urteilvon 1986 Nicaragua gegen USA, Abschitt "findings", Seite 136 (überstzt):

      "(3) Mit zwölf zu drei Stimmen entscheidet das Gericht, dass die Vereinigten Staaten von Amerika durch die Ausbildung, Bewaffnung, Ausrüstung, Finanzierung und Versorgung der Contra-Kräfte oder die anderweitige Förderung, Unterstützung und Förderung militärischer und paramilitärischer Aktivitäten in und gegen Nicaragua gegen die Republik Nicaragua verstoßen haben und damit gegen ihre völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtung verstoßen haben, sich NICHT IN INNERE ANGELEGENHEITEN EINES ANDEREN STAATES EINZUMISCHEN."

      • @Jörg Heinrich:

        Das Interventionsverbot ist eine völkergewohnheitsrechtliche Norm. Grundlage ist die Souveränität der Staaten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die sogenannte domaine réservé umfasst die Bereiche die von der Einflussnahme anderer Staaten in die inneren Angelegenheiten eines Staates ausgenommen sind.

        Die Definition dieser Prinzipien wurden von der UN Generalversammlung 1970 in der Friendly Relations Declaration einvernehmlich verabschiedet.

        Das Wesen des Verbotes beruht auf dem Element der Coercion. Es umschreibt eine Anwendung von Methoden des Zwangs, um ein bestimmtes Verhalten eines anderen Staates zu bewirken.

        Die USA haben im Bürgerkrieg in Nicaragua die Contras bewaffnet und ausgebildet mit dem Ziel eines Umsturzes der Regierung und damit in den Schutzbereich der domaine réservé eingegriffen und gegen das Gewaltverbot verstoßen, indem sie aktiv in einen Bürgerkrieg auf dem Gebiet eines anderen Staates eingegriffen und bewaffnete Aktivitäten unterstützt haben.

        In diesem Punkt stimmt die Aussage des Foristen @jan schubert

        • @Sam Spade:

          Btr. Zitat:

          " [Die USA haben .. ] gegen das Gewaltverbot verstoßen, indem sie aktiv in einen Bürgerkrieg auf dem Gebiet eines anderen Staates eingegriffen und bewaffnete Aktivitäten unterstützt haben."

          Nein eben gerade nicht.

          Zitat Standart-Lehrbuch für das allgemein Völkerrecht [1]:

          "Die Finanzierung von Aufständischen fällt nicht unter das Gewaltverbot [Quelle] 30.



          ...



          [Fußnote mit Quellen]



          30 ICJ [deutsch IGH] Nicaragua-Fall "

          Entsprechender Auszung aus dem IGH-Urteil Seite 54:

          "115. Der Gerichtshof ist der Auffassung (...), dass die Beteiligung der Vereinigten Staaten an der Finanzierung, Organisation, Ausbildung, Versorgung und Ausrüstung der Contras, der Auswahl ihrer militärischen oder paramilitärischen Ziele und der Planung ihrer gesamten Operation, selbst wenn sie überwiegend oder entscheidend wäre, auf der Grundlage der dem Gerichtshof vorliegenden Beweismittel allein nicht ausreicht, um den Vereinigten Staaten die von den Contras im Zuge ihrer militärischen oder paramilitärischen Operationen in Nicaragua begangenen Handlungen zuzuschreiben. "

          [1] Knut Ipsen, "Völkerrecht", Verlag C.H.Beck, 5te Auflage

          • @Jörg Heinrich:

            Aus dem Urteil, Ziff. 228, bei mir ab Seite 118:

            "Was die Behauptung betrifft, dass die Aktivitäten der Vereinigten Staaten in Bezug auf die Contras eine Verletzung des völkergewohnheitsrechtlichen Grundsatzes der Nichtanwendung von Gewalt darstellen, stellt der Gerichtshof fest, dass vorbehaltlich der Frage, ob das Vorgehen der Vereinigten Staaten als Ausübung des Rechts auf Selbstverteidigung gerechtfertigt sein könnte, die Vereinigten Staaten durch ihre Unterstützung der Contras in Nicaragua eine prima facie Verletzung dieses Grundsatzes begangen haben, indem sie die Organisation von irregulären Kräften oder bewaffneten Banden organisiert oder gefördert haben."

            • @Jan Schubert:

              Richtig ist,

              Zitat Nicaragua-USA Urteil Absatz /Ziffer 228, Zitat:







              228. Nicaragua BEHAUPTET zudem, die Vereinigten Staaten hätten Artikel 2 Absatz 4 der Charta verletzt und entgegen ihren völkergewohnheitsrechtlichen Verpflichtungen Gewalt gegen Nicaragua angewendet, indem sie … militärische und paramilitärische Aktionen in und gegen Nicaragua rekrutiert, ausgebildet, bewaffnet, ausgerüstet, finanziert, ... [haben].



              ....



              Insbesondere ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die bloße Bereitstellung von Geldern für die Contras zwar zweifellos eine EINMISCHUNG IN DIE INNEREN ANGELEGENHEITEN Nicaraguas darstellt, wie im Folgenden erläutert wird, aber an sich NOCH KEINEN GEWALT-EINSATZ DARSTELLT.

              Lehrmeinung zum dem Thema aus dem Studium dazu:

              Ob die Unterstätzung von "Rebellen" einen Verstoß gegen UN-Charta Artikel 2 Absatz 4 im Sinne der Agression darstellt oder nicht davon ab ob:

              1.) Die Gewalt das Maß einer Agression erreicht, entsprechend der Definition einer Agression im Sinne UN-Res 3314 von 1974.

              2.) Wer faktisch die "Befehlsgewalt" über die "Rebellen" hat.

              ==> Das Urteil von 1986 sieht keine Belege für die Befehlsgewalt der USA über die Contras.

  • Prinzipiell scheint mir das Problem zu sein, dass "Proxys"¹ durch das Raster "Staaten untereinander" fallen, in großen Teilen wenigstens der Linken der UN-Teilungsplan für Palästina postkolonial nicht als nicht legitim akzeptiert wird (gleichzeitig aber von den selben Akteuren z.B. das Existenzrecht Pakistans nicht de.m.wikipedia.org/wiki/Mountbattenplan bestritten wird).



    .



    ¹Wenn so das Massaker des 7. Oktober z.B. bei der postkolonialen Vordenkerin Judith Butler - die schon 2006 erklärt hat, es sei "äußerst wichtig, die Hamas und dieHisbollahals soziale Bewegungen zu verstehen, die fortschrittlich sind, die zur Linken gehören, die Teil einer globalen Linken sind." - zu einem Akt des "Widerstands" wird www.zdfheute.de/po...as-israel-100.html , völkerrechtlich aber gar nicht oder kaum fassbar ist, laufen Diskussionen auf dieser Grundlage Gefahr, den Bezug zur Realität zu verlieren.

    • @ke1ner:

      Worauf ich hinaus will: das Leid in Gaza ist unermesslich, es ist auch nicht zu akzeptieren, mit welcher Härte Israel gegen die Zivilbevölkerung vorgeht bzw. welche Opfer die IDF in Kauf nehmen.



      .



      Auf Instagram, z.B. bei Sawsan Chebli, ehemalige SPD-Staatssekretärin in Berlin, lassen sich Fotos, Videos des Grauens in Gaza finden, die verzweifeln lassen.



      .



      Das Raster Völkerrecht, in dem die Hamas gar nicht vorkommt (da kein Staat), verhindert den Blick darauf, dass in Gaza mit den Geiseln das Pogrom des 7. Oktober andauert.



      .



      Und dass es die Hamas von Beginn des Krieges in der Hand hatte, ihn zu beenden: indem sie sich ergibt.



      .



      Trotz ihrer militärisch aussichtslosen Situation, trotz der unzähligen Toten, des Leidens geschieht das nicht: hier müsste es von Seiten einer globalen Linken ein Maximum an öffentlichem Druck geben, statt Überlegungen zum Völkerrecht, die die Hamas und ihren angeblichem "Widerstand" auslassen bzw. sie rechtfertigen.



      .



      So wird das weitgehende Fehlen von Appellen an die Hamas zum Echo ihrer Strategie: den "Märtyrern", die ihre Anführer schaffen wollen, entsprechen die zivilen Opfer, für die diese Terroristen zu wenig mitverantwortlich gemacht werden.

  • 》DieAngriffe auf Menschen, die vor den Hilfeverteilungszentren in Gaza anstehen, seien „in keiner Weise“ zu rechtfertigen《



    .



    Macht auch keiner, auch nicht Israel:



    .



    》Israels Militär soll wegen Kriegsverbrechen untersucht werden



    .



    Nach vielen tödlichen Schüssen bei Essensverteilzentren im Gazastreifen hat die Generalstaatsanwaltschaft in Israel einem Zeitungsbericht zufolge offenbareine Untersuchung von möglichen Kriegsverbrechen und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht durch das israelische Militär angeordnet. Wie die Zeitung „Haaretz“ berichtete, besteht der Verdacht, dass israelische Streitkräfteabsichtlich auf palästinensische Zivilisten in der Nähe von Verteilungsstellen für Hilfsgüter geschossen haben sollen. Haaretz, eine linksgerichtete israelische Zeitung, zitierte zuvor anonym israelische Soldaten mit der Aussage, ihnen sei befohlen worden, auf die Menschenmengen zu schießen, um sie zurückzudrängen《 (Newsblog Tagesspiegel)

    • @ke1ner:

      Bis jetzt hat Israel angegeben, dass seine Soldaten Warnschüsse abgegeben hätten, weil sie sich bedroht fühlten.

      • @Francesco:

        Nein. Nicht "Israel". Militär und Politiker vielleicht. Das ist etwas anderes. Die Generalstaatsanwaltschaft in Israel sieht das offenbar anders.

  • Solange nicht alle wichtigen Staaten dem IStG-Statut beitreten und solange die UNO keine eigenen ständigen Exekutivkräfte (Polizei/Armee) hat, hat das Völkerrecht die gleiche Wirkung wie eine Sonntagspredigt: Man hält sich daran, wenn es einen persönlich gerade überzeugt und einem in den eigenen Kram passt.

    • @hedele:

      Es gibt auch noch andere Bereiche als das Kriegsvölkerrecht, wie etwa das Völkergewohnheitsrecht. Das funktioniert unterm Strich ganz gut.

      Es wird nie gelingen Kriege immer schon im Ansatz zu unterbinden oder gar einzugrenzen, daran würde auch eine Weltpolizei nichts ändern.

      Es würde bei derartigen Konflikten aber helfen den Fokus einmal weg von der staatlichen Verantwortung und der Schuldfrage und auf die Situation der Leidtragenden zu richten. 90% der Opfer in kriegerischen Auseinandersetzungen sind Zivilisten.

      Die benötigen neben Schutz auch Entschädigungen um ihr Dasein bestreiten zu können. Dieser Aspekt wird hier in den Diskussionen ausgespart. Es scheint wichtiger zu sein festzustellen, ob Staat A oder Staat B Vertragsrecht verletzt hat oder Person X zur Verantwortung gezogen wird oder nicht. Das sind Diskussionen die zwar notwendig sind, aber nicht den gesamten Diskurs dominieren sollten. Denn an den realen Verhältnissen vor Ort ändert es wenig und trägt schon gar nicht zu einer Verbesserung der Situation für die Leidtragenden des Konflikts bei.

      Fortsetzung folgt...

      • @Sam Spade:

        Was ich hier in der gesamten Diskussion nicht vernehme, ist wie konkrete Hilfe für die Opfer erfolgen kann und auf welchem Wege.

        Wo ist der Völkerrechtsexperte der darauf hinweist, das Kriegsverbrechen und Verstöße gegen das Menschenrecht schon jetzt geahndet werden können und zu Entschädigungsansprüchen berechtigen?

        Wo sind die Vorschläge auf welchem Wege das erreicht wird?

        Vom Alien Tort Statute, welches jedem Menschen Zugang zur US Gerichtsbarkeit bietet und zwar unabhängig vom US Bezug und welches daraus ausgerichtet ist, die Haftung und die Ansprüche und zwar universelle Ansprüche, aus Völkerrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen nach geltendem federal common law einzuklagen und dadurch auch Präzidensfälle zu schaffen, auf denen andere Opfer dann ihre Ansprüche begründen können, davon habe ich hierzulande noch nie etwas gehört oder gelesen.

        Das war jetzt nur ein Beispiel, um Kriegsverbrechen kurzfristig zu ahnden und den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen.

        Ich finde, das sollte in der ganzen Diskussion wenigstens genauso viel Beachtung finden, wie die Schuldfrage der beteiligten Parteien.

        • @Sam Spade:

          Gerade erst gab es im Df zu "unabhängig vom US-Bezug [...] Ansprüche [...] einzuklagen" einen Report darüber, wie der illegale Waffenhandel von den USA nach Mexico eben nicht unterbunden wird, geschweige denn, dass mexikanische 'Ansprüche' anerkannt werden würden - bis hin zu den bekannten Machtspielen



          der Trump-Leute...

  • Ein wichtiger Artikel.

    In den Kommentarspalten hier geisterte zuviel gefühltes Völkerrecht rum.

  • Ein mit Atomwaffen ausgerüsteter Iran wäre für Israel ein Alptraum. Da könnte sich niemand mehr in Israel sicher fühlen.



    Es ist kein Geheimnis, dass das Mullah-Regime den jüdischen Staat zerstören will. Sie hätten es schon längstens getan, wenn sie es könnten. Langstreckenraketen und zu 60% angereichertes Uran, das nur für militärische Zwecke verwendbar ist, haben sie schon lange



    Da die USA und die Welt nicht imstande sind Iran aufzuhalten, hatte Israel keine andere Wahl als einzuschreiten.



    Wenn das mit dem Völkerrecht nicht vereinbar ist dann ist es revisionsbedürftig!

    • @Murat Olgun:

      Die USA führten gerade Verhandlungen mit dem Iran über das Atomprogramm. Es gab keinen Grund, nicht abzuwarten, ob diese Verhandlungen zum erhofften Ziel führen würden.

      • @Francesco:

        Die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran, insbesondere im Kontext des Atomabkommens (JCPOA), befanden sich zu dem Zeitpunkt, als Israel vor etwa zwei Wochen den Iran angriff, in einer angespannten, blockierten Phase. Es gab immer noch diplomatische Bemühungen, aber die Verhandlungen waren nach rund 60 Tagen eher in einer Sackgasse angekommen.

    • @Murat Olgun:

      Ich bin erstaunt, dass es immer noch so wagemutige Leserbriefe gibt. Der Zeitrahmen einer eventuellen iranischen Atombombe ist lang und breit, auch in der TAZ, diskutiert worden. Interessant in dem Zusammenhang auch die Analyse von H. Schmidt in 2009. Ebenso vernachlässigen Sie diplomatische Erfolge, wie unter Obama, die von Trump schon 2017/18 zunichte gemacht worden.

    • @Murat Olgun:

      Die "Welt" besteht ja nicht nur aus USA, EU und Israel - in den vielen, vielen anderen Ländern dürfe man die Bedrohungslage durch Iran anders einschätzen (und vielleicht eher westliche Waffen als Bedrohung empfinden). Revisionsbedürftig ist also nicht das Völkerrecht, sondern ein politisches Denken, das Sicherheit nur für uns fordert, sie dem Rest der Welt aber verweigert. Oder, überspitzt gesagt: Stellen Sie sich einmal vor, wie die überaus realen amerikanischen und israelischen Atomwaffen von Teheran aus betrachtet wirken. Nicht nur wir haben Alpträume...

      • @O.F.:

        Hätte der Iran nicht eine radikalislamische Regierung, die seit Jahrzehnten die Zerstörung Israels anstrebt, dann hätte er von Israel nichts zu befürchten. In den 60er und 70er Jahren hat Israel sogar Iran am Aufbau des Atomprogramms geholfen.

  • Was welcher Experte dazu sagt, hängt von seiner politischen Richtung ab.

    Tatsächlich ist es eine reine Wette wann Chamenei das "Go!" gibt.

    Fakt ist:



    Der Iran hat seine Absicht Israel atomar auszulöschen mehrfach klar benannt.

    Das Institute for Science and International Security arbeitet mit der IAEA zusammen:



    "1. Iran could produce its first quantity of 25 kg of WGU in Fordow in as little as two to three days.

    2. Breaking out in both Fordow and the Natanz Fuel Enrichment Plant (FEP), the two facilities together could produce enough WGU for 11 nuclear weapons in the first month.

    Seit zwei Jahren verfügt Teheran über Hyperschall-Trägerraketen. Aufschrift: "In 400 Sekunden bis Tel Aviv".

    Mit dem Start-Knopf-Drücken Chameneis vergingen also 401 Sekunden. Und Israel ist ausgelöscht. Zehn Millionen plus fünf Millionen Palästinenser. From the river to the sea. Plus Teile von Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten. Nicht durch Abwehrsysteme zu stoppen.

    Es ist keine Frage des Völkerrechts sondern des Mitgefühls für Israel und seine Nachbarn.

    Sehr empfehlenswert:



    isis-online.org/is...ng-report-may-2025

    • @shantivanille:

      'Mit dem Start-Knopf-Drücken Chameneis vergingen also 401 Sekunden. Und Israel ist ausgelöscht. Zehn Millionen plus fünf Millionen Palästinenser. From the river to the sea. Plus Teile von Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten. Nicht durch Abwehrsysteme zu stoppen'

      Aber ist nicht genau das - neben der Gewissheit, durch den israelischen Gegenschlag ausgelöscht zu werden - das schlagende, rationale Gegenargument, dass die Bombe eben nicht eingesetzt würde? Ich bleibe dabei; es ging darum zu verhindern, dass Iran, im Besitz der Bombe, die geopolitische Landschaft im Nahen Osten zu Ungunsten Israels (und der USA) geändert hätte, nicht um die unmittelbare atomare Bedrohung.

      Übrigens: warum sollte das zitierte ISIS bessere Informationen haben als die US Geheimsienste?

      • @EffeJoSiebenZwo:

        Rationale Argumente zählen nicht für eine radikalislamische Regierung. Ein jüdischer Staat Israel ist mit dem Glauben der Mullahs nicht vereinbar. Man muss damit rechnen, dass sie losschlagen würden und glauben, dass alle Muslime die dadurch in den Tod gerissen werden, im Paradies belohnt werden.



        Auch wenn sie nicht losschlagen würden, könnte man mit dieser Bedrohung in Israel nicht mehr leben. Mit jeder Gelegenheit würde Iran drohen loszuschlagen.

  • Ich bin kein Verteidiger des israelischen Vorgehens im Iran, in Gaza und in vielen anderen geographischen und gesellschaftlichen Gebieten. Aber dass regelmäßig, wie auch in diesem Artikel, nicht einmal erwähnt wird, dass Iran Israel letztes Jahr mit zwei Großangriffen - einmal mit rund 300, einmal etwa 200 ballistischen Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern - überzogen hat, finde ich schon etwas befremdlich. Wer, wie, was? War da was?

    • @Clemsinger:

      @Abdurchdiemitte



      @hsqmyp



      Der größere der beiden Angriffe erfolgte im Oktober und wird hier nicht erwähnt, vielleicht also mit den Analphabetismus-Beleidungen bisschen zurückhalten. Im Übrigen finde ich die These, dass das Ausbleiben einer sofortigen Eskalation seitens der angegriffenen Partei völkerrechtlich deren Selbstverteidigungsrecht einstweilen verwirkt, auch eher schräg. Aber ich bin ja auch kein Völkerrechtler und überdies des Lesens kaum mächtig.

    • @Clemsinger:

      Ja, genau, war da was, ggf auch davor?

    • @Clemsinger:

      Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: „Der Raketenbeschuss von Iran auf Israel im April 2024 liege zu lange zurück, um von einem fortlaufenden Konflikt auszugehen.“



      In dieser Aussage des Völkerrechtlers Schüller wird sogar gleich die Begründung mitgeliefert, warum sich Israel mit den Luftangriffen auf den Iran nicht auf das Recht auf Selbstverteidigung berufen könne.



      Darüber lässt sich strittig diskutieren, aber es ist nicht so, dass die Autorin diesen Umstand unterschlagen hat.

    • @Clemsinger:

      Wird erwähnt:



      „… Der Raketenbeschuss von Iran auf Israel im April 2024“

      Lesen hilft.