Islamismus und Gesellschaft: Der religiöse Faschismus
Das Buch des französischen Intellektuellen Pascal Bruckner über den politischen Islam könnte aktueller kaum sein. Gerade ist es auf Deutsch erschienen.
Es ist eine Streitschrift. Hochaktuell. Eine Essaysammlung und in ihrer Analyse eine eindeutige Haltung zur Debatte nach den islamistisch motivierten Morden in Frankreich. „Der eingebildete Rassismus. Islamophobie und Schuld“, so der provokante Titel des Buches von Pascal Bruckner, der so manchen Antirassisten hierzulande aufschrecken mag.
Der französische Schriftsteller und Essayist Pascal Bruckner, ein Verfechter des Laizismus, der universellen Menschenrechte und der Aufklärung, setzt sich mit dem radikalen Islam auseinander. Seine Leitlinien in säkularer Tradition: republikanische Religionsneutralität, die Respektierung kultureller Eigenheiten und das Recht auf kollektive Selbstdarstellung.
Sein Anliegen: „Den Ausdruck Islamophobie madig zu machen, ihn zu delegitimieren, Zweifel und Unbehagen an ihm zu verbreiten, ihn quasi in Anführungszeichen zu setzen und dadurch zu schwächen ist das Vorhaben dieses Essays“, schreibt er.
Pascal Bruckner: „Der eingebildete Rassismus“. Aus dem Französischen von A. Carstiuc, Mark Feldon und Christoph Hesse. Edition Tiamat, Berlin 2020, 240 Seiten, 24 Euro
Nach dem Mord an Samuel Paty wird in Frankreich, auch in Deutschland, über Sympathie oder zumindest Schonhaltung in der Linken für die Bewegung des Islamismus diskutiert. Für Bruckner ist die Antwort eindeutig: „Was für einem eigenartigen Spektakel wohnen wir bei?“, schreibt er. „Man kann beobachten, wie frühere Priesterfresser vor dem Hintern der Islamisten in die Knie gehen.“ Die Linksradikalen im Westen und der politische Islam seien vom gleichen Geiste der Abrechnung mit dem bestehenden System beseelt, behauptet er.
Der Islam-Gauchismus
In einem Interview in der FAZ sagt er: „Islam-Gauchismus“ ist eine Art Schleimspur, auf welcher Antirassismus, Toleranz, Gerechtigkeitssinn, humanistisches Engagement durch naives oder gezieltes Wegschauen in ihr Gegenteil abgleiten.“ Im postkolonialen Diskurs sei der Westen mit seiner kolonialistischen Vergangenheit ohnehin der ewige Schuldner der islamischen Welt.
Diese „Ethnifizierung der Religion“ mache den Glauben zur Identität, die gleichzeig anerkannt und geschützt werden möchte. Der herrschende Antirassismusdiskurs – so seine Hiebe gegen die linksidentitäre Bewegung – entwickle sich zur Zivilreligion der (Post-)Moderne, die mit anklagender Rhetorik permant Feindseligkeit aller gegen alle schürt.
Jegliche Kritik werde so zur Beleidung, jedes kritische Wort zum Islam wird unter Rassismusverdacht gestellt: „Wir stigmatisieren, sobald wir ein Problem ansprechen … Überall etabliert sich die abscheuliche Gewohnheit, sich selbst über seine Herkunft, seine Identität, seinen Glauben zu definieren.“
Der Ausdruck „Islamophobie“ sei Teil eines globalen Wortschatzes geworden. Ein Sieg für die Islamisten, denn der Begriff vermenge die Verfolgung von Gläubigen, die ganz klar verdammenswert sei, und die Kritik an Religion, wie sie in aufgeklärten Gesellschaften praktiziert wird.
Religionskritik im Abseits
Religionskritik ist in aktuellen politischen Debatten ohnehin schon ins Abseits geraten. Die Debattenkultur, die durch Zweifel, Skeptizismus, Hadern und Fragen gekennzeichnet ist, geht verloren, wo das Dogma den Diskurs ersetzt, wo das Verketzern zu einem Mittel der politischen Auseinandersetzung geworden ist.
Bruckner sieht den politischen Islam auf dem Vormarsch: „37 Jahre nach der iranischen Revolution hisst er überall seine Fahnen, verbreitet seine Sitten und erobert die Herzen einer Mehrheit der Gläubigen.“ Dabei zerstörten die selbsternannten Gotteskrieger all das, was an der islamischen Zivilisation bewundernswert war. Eine politische Strömung, die nicht nur nach außen gegen Nichtmuslime oder liberale Muslime, sondern auch nach innen und vor allem gegenüber Frauen und Mädchen extrem repressiv ist.
Den Schleier als Fahne der Emanzipation der muslimischen Frau zu bezeichnen ist für Bruckner ein Irrweg auch des intersektionalen Feminismus. Mittlerweile sei daraus die Suche nach dem multiplen Opfer geworden, das man jetzt in der Kopftuch tragenden Muslimin entdeckt haben will, die „rassifizierten“ Stigmatisierungen ausgesetzt sei.
Wie also umgehen mit einem politischen Islam, der sich wild, tödlich, unberechenbar gebärdet? Vor allem: den liberalen Muslimen die Hand reichen, sie unterstützen, meint Bruckner. Und Aufklärung über die islamistischen Netzwerke, ihre Verflechtung mit „Wohltätigkeitsorganisationen“ und die Geldflüsse aus dem Ausland. All das bedürfe eines unbeirrbaren politischen Willens, der sich nicht von der juristischen Guerilla und den Attentaten einschüchtern lasse.
Damit dies kein frommer Wunsch bleibt, braucht es auch hierzulande eine kompromisslose Haltung gegenüber den Netzwerken des politischen Islams, vor allem auch eine selbstbewusste Verteidigung der eigenen Werte.
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