Horst Seehofer versus Katarina Barley: Viele Ehen, null Staatsbürgerschaft

Männer mit mehreren Ehefrauen sollen keinen Anspruch auf Einbürgerung haben. Das will der Innenminister und übt Druck auf die Justizministerin aus.

Justizministerin Barley und Innenminister Seehofer im Gespräch. Es sieht aus, als ob sie uneins sind

Mal wieder im Zwist: Justizministerin Barley (links) und Innenminister Seehofer (klar: rechts) Foto: dpa

BERLIN taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will noch im Herbst einen Gesetzentwurf vorlegen, der Einbürgerungen bei Zweit- und Mehrehen verhindert. Ein erster Entwurf war von Justizministerin Katarina Barley (SPD) gestoppt worden. Die CDU/CSU will das Thema nun im Europawahlkampf nutzen, bei dem Barley als Spitzenkandidatin der SPD fungiert.

Die Diskussion war durch einen Fall aus Baden-Württemberg ausgelöst worden. Ein syrischer Kurde kam 1999 als 18-Jähriger nach Deutschland, studierte hier und arbeitet seit 2008 als Bauingenieur. 2008 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und beantragte 2010 die privilegierte Einbürgerung als Ehegatte. Erst später kam heraus, dass der Mann in Syrien ebenfalls 2008 eine Zweitfrau heiratete, die 2012 ein gemeinsames Kind gebar. Inzwischen leben Zweitfrau und Kind auch in Deutschland.

Da der Mann bei der Einbürgerung die Zweitehe verschwiegen hatte, versuchten die deutschen Behörden, die Einbürgerung rückgängig zu machen. Hierbei prüften die Gerichte auch, ob er einen eigenständigen Anspruch auf Einbürgerung hat.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied im Mai 2018, dass das Bestehen einer Zweitehe zwar die privilegierte Einbürgerung als Ehegatte verhindere, nicht aber den eigenständigen Einbürgerungsanspruch nach achtjährigem rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland. Nur bei der privilegierten Einbürgerung verlangt das Staatsangehörigkeits-Gesetz (§ 9 StAG) bisher, dass sich Neubürger „in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen“. Hierzu gehört auch der Verzicht auf eine Mehrfach-Ehe. Bei der Anspruchs-Einbürgerung (§ 10 StAG) fehlt bisher eine solche Anforderung. Der Gesetzgeber könne sie aber einführen, so das Bundesverwaltungsgericht.

Die Diskussion läuft schon lange

Die Innenministerkonferenz forderte den Bund im Juni 2018 auf, den Einbürgerungsanspruch auszuschließen, wenn ein Mann mehrere Ehefrauen hat. Bundesinnenminister Horst Seehofer griff den Vorschlag im November 2018 (gemeinsam mit anderen Punkten) auf. In einem Referentenentwurf, der der taz vorliegt, war eine Ergänzung von Paragraph 10 des StAG vorgesehen. Auch dort soll künftig die „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ und damit der Verzicht auf Mehrfachehen verlangt werden.

Im Justizministerium ließ man den BMI-Entwurf erstmal einige Monate liegen, weil die meisten Inhalte nicht im Koalitionsvertrag vereinbart waren. Im März 2019 einigten sich Seehofer und Barley dann, zunächst nur die Ausbürgerung von IS-Kämpfern mit doppelter Staatsangehörigkeit umzusetzen, da dies auch im Koalitionsvertrag vorgesehen war. Die anderen BMI-Vorschläge wurden zunächst zurückgestellt, darunter auch der Ausschluss des Einbürgerungsanspruchs bei Mehrehe.

„Ein Frauenrechte missachtendes Ehemodell“

Diesen Vorgang aus dem März nahmen nun Unions- und FDP-Politiker zum Anlass, Barley anzugreifen. Matthias Middelberg, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU nannte die Haltung Barleys „völlig unverständlich und nicht hinnehmbar“. Darüber hatte die Welt am Sonntag berichtet. FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sagte am Montag in einem „Bild“-Talk: „Die Mehrehe ist ein unserer Rechtsordnung fremdes und die Frauenrechte missachtendes Ehemodell.“ Deshalb wäre es gut, „dass wir das klarstellen, weil das ein zunehmendes Problem wird“.

Das Bundesjustizministerium blieb zunächst bei der dürren Aussage, man habe die Vorschläge Seehofers noch nicht geprüft.

Das Eingehen einer Doppel- oder Mehrfachehe ist in Deutschland strafbar – allerdings nur, wenn die zusätzliche Heirat in Deutschland erfolgte. Bei einer im Ausland rechtmäßig geschlossenen Zweit-Ehe drohen in Deutschland keine strafrechtlichen Folgen. Die Zweitehe wird in Deutschland sogar als Ehe anerkannt, wenn weder die deutschen Behörden noch die Erstfrau eine Aufhebung der Zweitehe verlangen. Kinder der Zweitfrau gelten als ehelich.

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