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Hilfe für deutsche GeheimdienstePost-Mitarbeiter filzen Briefe

Grundsätzlich gilt das Postgeheimnis. Dennoch sichten 1.500 Mitarbeiter der Deutschen Post Briefe und Pakete für die Sicherheitsbehörden.

Was ist da wohl drin? Das Postgeheimnis wird im Verdachtsfall eingeschränkt Foto: dpa

Osnabrück epd | Knapp 1.500 Mitarbeiter der Deutschen Post helfen nach einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung den Sicherheitsbehörden bei Ermittlungen gegen mutmaßliche Terroristen und Schwerbrecher. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die dem Blatt vorliegt. Die Postler suchen Briefe und Pakete heraus, die an Verdächtige adressiert sind, händigen sie den Sicherheitsbehörden aus oder koordinieren die Maßnahmen vor Ort.

In Deutschland gilt grundsätzlich das Postgeheimnis. Es wird aber eingeschränkt, wenn jemand verdächtig wird, etwa einen Terroranschlag, ein schweres Verbrechen wie Mord oder Totschlag zu planen und begangen zu haben.

Im Jahr 2015 erhielten Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst die Erlaubnis, knapp 200 Verdächtige auf diese Weise zu überwachen, wie aus einem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages hervorgeht.

Insgesamt 336 Hauptverdächtige waren im ersten Halbjahr 2015 im Visier, 1.500 Telefon- und Internetanschlüsse wurden überwacht. Die meisten wurden als Islamisten verdächtigt, viele waren als Extremisten etwa des rechten oder linken Spektrums aufgefallen.

Die Linke zeigte sich besorgt. Die Zahlen ließen ein erschreckend hohes Ausmaß der Überwachung befürchten, sagte deren innenpolitische Sprecherin Ulla Jelpke.

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33 Kommentare

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  • Etwas Abhilfe läßt sich schaffen, wenn man Texte in verschlüsselte QR-Codes umwandelt und diese per Post versendet.

     

    Damit übergehorsame Datenschnüffler nicht arbeitslos werden, kann man hin und wieder auch noch Textzeichen mittels eines Zufallsgenerators erstellen, diese als QR-Code ausdrucken und dann per Post versenden.

     

    Ebenso neugierfördernd wäre auch eine Textdatei, die relativ einfach verschlüsselt ist und nach dem Entschlüsseln still und ergreifend den Götz zitiert.

  • Da ist etwas faul. Die Adressen werden automatisiert gelesen. Wenn es nur 200 Verdächtige geben würde, die vielleicht jeden Tag einen Brief erhalten, so bräuchte man dafür nie 1500 Mitarbeiter. Ein Mitarbeiter kann vielleicht 5 Briefe pro Stunde öffnen, einscanne und wieder schließen. Das wären damit etwa 200 Briefe pro Woche und Mitarbeiter. Das reicht für etwa 200 zu überwachende Personen. Da das aber 1500 Mitarbeiter machen, können mit diesem Personal 300.000 Leute überwacht werden. Selbst wenn die Überwachung aufwendiger und weniger effizient sein sollte, bleibt hier ein deutliches Missverhältnis. Wie bereits unzählige Male in der Vergangenheit werden wir also was die Überwachungsaktivitäten unserer Geheimdienste angeht, werden wir wohl angelogen. Allein von diesen Zahlen ausgehend dürfte etwa 0,5% der schreibfähigen Bevölkerung überwacht werden. Also nicht 200 Personen sondern jede 200te Person.

  • Die Überwachung des Briefverkehrs hat eine längere Tradition als erst seit 2015. Zu Zeiten der DDR wurde 100% der Post in und aus der DDR von den westdeutschen Behörden geöffnet. Da die ostdeutschen Behörden ebenfalls 100% überwacht hatten, wurden also alle Briefe und Pakete 2 Mal geöffnet. Da wird auch klar, warum die Brieflaufzeiten so lange waren.

    Die Überwachung war damals natürlich illegal. Man berief sich darauf, dass die deutschen Postbeamten dies im Auftrag der Besatzungsmacht täten und daher nicht an deutsches Recht gebunden wären - und das zu Zeiten des Radikalenerlasses, bei dem Beamt_innen, die nicht jederzeit zur FDGO standen entlassen wurden. Die Zahl 200 klingt sehr niedrig. Wenn sie zuträfe, würde der Briefverkehr ja kaum überwacht. Vermutlich aber gibt es wieder ein windiges absurd-juristisches Argument, mit dem zusätzlich überwacht wird. Wenn das dann ans Licht kommt, wird einfach gesetzlich nachgebessert.

  • Was ist daran jetzt neu? Die Bundespost liest und schredert Briefe seit 1945.

    http://www.deutschlandfunk.de/bis-zu-8000-private-briefe-aus-der-ddr-pro-monat.1310.de.html?dram:article_id=226916

  • Wenn knapp 1500 Mitarbeiter der Deutschen Post damit beschäftigt sind, Briefe und Pakete von knapp 200 Verdächtigen zu überwachen - dann müssen wir uns um die Zukunft des Briefes keine Sorgen machen. Und die Ankündigung neulich, dass das Porto angehoben werden muss und Zustelltage eingeschränkt werden sollen, weil immer weniger Briefe verschickt werden - das war dann wohl ein Irrtum!

  • Liebe taz, gratuliere zur originellen Wortschöpfung, dem " Schwerbrecher"...

  • Ich bitte darum mir bei etwaigen Tippfehlern Rückmeldung zu erstatten.

    Ich gelobe auch Besserung meiner Krickelkrackel.

    • @nzuli sana:

      Okay! Ich bitte darum (Komma)...

       

      Hey, die Korrekturen machen bei allen Usern zusammen wohl eine Fadenverlängerung um ca. 1/3 aus.

       

      Nich sohn Kobb machen! Dehr Inhald zehlt.

      • @lions:

        Wunderbar, liebe Anamolie,

        ich liebe Ihre Kommentare - ganz große Klasse!!!

        You make my day!

        • @Bellafabrizia:

          Küsschen zurück!

      • @lions:

        Zuviel inhaldieren ist auch gesundhautsschädlich!

        • @Rainer B.:

          Die Leitung ist wieder frei!

        • @Rainer B.:

          ...jedenfalls zu starken Tabak.

  • Alles vergessen, was zuletzt 2013 hochkam? Das Post und Fernmeldegeheimnis gilt nicht, seit mindestens 60 Jahren, mit Wissen aller deutschen Regierungen. Suchbegriffe G10 und Foschepoth. Oder https://www.youtube.com/watch?v=E79NARBuMS8 oder http://www.sueddeutsche.de/politik/historiker-foschepoth-ueber-us-ueberwachung-die-nsa-darf-in-deutschland-alles-machen-1.1717216-2

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @uvw:

      Danke für diesen Artikel.

  • Der Postbote in meinem Heimatdorf sah sich damals noch der Tradition der Reichspost verbunden und hat solche Kontrollen offenbar öfters -

    auch ganz ohne Auftrag - selbständig ausgeführt. Als gründlicher, effizienter und gewissenhafter Beamter hat er selbstverständlich weiterführende Verständnisfragen zum Inhalt der Briefe immer gleich bei der Übergabe an der Haustür gestellt. Das eigene Lesen von Telegrammen erübrigte sich für den Empfänger dadurch meist vollständig.

    • @Rainer B.:

      War bei uns auch so, da haben manche Verwandte sogar schon gleich auch Grüße an die Postbotin mit auf die Karte geschrieben ;-)

    • @Rainer B.:

      Ming Mouder*04 faßte solches -

      sicher durch dörfliche Idylle fundiert -

      "Sie kimmt - sie kimmt!" des eiligen -

      Postboten mit wedelnder Karte - ;))

      Nicht ohne boshafte Kenne zusammen!

      Es ist eben mehr - als ein Auge auf der

      Adresse & eins auf der Klingel!

      kurz - G 10 et al. haben das "analoge Tor" schon mal vorfürsorglich "aufgestoßen"! Das Kabelanbohren nur die logische Konsequenz!

      Aber - wie ein paar Blätter weiter Gebiedermeiert - "schauerlich - sicher Aber. Mich berührt das ja alles gar nicht!" Na klar.

      "Hände auf die Decke & keine Gardinen!"

      Jawoll - meine Herrn!

      So hätten Sie es gern!

      Nein! -

      Na ok - Wir mischen uns -

      Da 'n bißchen ein.

  • Wo ist denn jetzt der Unterschied zur Praxis der Staatssicherheit in der Ostzone - ehemals?

    • @Egon Olsen:

      ich glaube nicht, dass in der DDR nur Terroristen und Schwerverbrecher kein Post- und Fernmeldegeheimnis kannten. Wobei Fernmeldegeheimnis kaum eine Rolle spielte, ein eigenes Telefon war ja nicht gerade die Regel.

    • @Egon Olsen:

      Der Untersachied ist, dass Sie genau dies posten dürfen, ohne dass Ihnen der Geheimdienst auf die Pelle rückt

      • @EF:

        Warum sind Sie sich darin so sicher? Die heißen doch Geheimdienste, weil man dabei an der Pelle gar nichts spürt.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @lions:

          Und weil man die Macht nicht einschätzen kann, sich beobachtet fühlt und misstrauisch anderen gegenüber wird, wenn sie seltsame Fragen stellen und ganz besonders radikale Ansichten zeigen. Kennt wohl der*die eine oder andere auch, das Gefühl.

  • 3G
    39562 (Profil gelöscht)

    Ich bin froh, dass die Post ein Auge auf Briefe und Pakete hat. Und wenn die Linke das kritisiert, dann dämpft das meine gerade aufkeimende Bereitschaft, dieser Partei zu R2G zu verhelfen, leider wieder.

    • @39562 (Profil gelöscht):

      Dann sind sie ein Feind des Grundgesetzes? Der Art. 10 das Postgeheimnis ist sogard durch die Ewigkeitsklausel geschützt. Diese sagt auch aus, dass wenn das Postgeheimnis verletzt wird (und damit auch die Grundrechte aller) die überwachten Personen nach der Untersuchung über die Einschränkung ihrer Grundrechte informiert werden müssen, was leider nicht immer passiert.

       

      Diese Verfassungsfeindlichkeit ist einer der Gründe, warum die CDU meiner Ansicht nach nicht gewählt werden kann. Und eher Verfassungstreue Parteien, die auf die Einhaltung des GG pochen, wie die Linke wählbar sind.

      • 3G
        39562 (Profil gelöscht)
        @Sascha:

        Tja, so einfach wird man denn mal eben zum Feind gemacht?!

        So nicht: Vernünftige Politik muss möglichst viele Aspekte ihres Handelns im Auge haben. Und ich habe - zugegeben - mehr Sorge, dass psychisch entgleiste Menschen dumme Sachen machen, als dass ggf. das Paket eines Menschen näher angeschaut wird.

        Die Welt ist komplizierter geworden. Politik muss darauf reagieren.

        Wer allein mit der reinen Lehre argumentiert, wird den Herausforderungen nicht gerecht.

        Aber ich erwarte nicht, dass das jeder versteht.

        • @39562 (Profil gelöscht):

          Grundgesetz / Verfassung regelt no go areas für diese Fälle, wo immer der Zweck die Mittel heilen soll. Rufen Sie bitte nicht dazu auf, wichtige Prinzipien aufzugeben. Schon gar nicht, ohne vorher ernsthaft nach einer anderen Lösung gesucht zu haben.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @39562 (Profil gelöscht):

          Ihr chauvinistischer Unterton ist eklig ("Aber ich erwarte nicht, dass das jeder versteht.").

          Die Stasi hat auch nur auf den Kapitalismus reagiert und sehr viele IM's mit ihr. Diese Selbstgerechtigkeit kenne ich von meinem Opa.

           

          Ich finde es bedenklich, wenn es sich einschleicht, als Postmitarbeiter*in für den Geheimdienst zu arbeiten. Das unterminiert das Vertrauen in die Demokratie und korrumpiert. Ein Geheimdienst sollte zumindest andere Methoden haben, um an solche Briefe zu kommen, als Postler*innen zu Aushilfsagenten zu machen. Sicher ist das auch nicht, wer garantiert deren Verschwiegenheit?

           

          Oft werden die überwachten Personen nicht einmal über ihre Überwachung informiert, wie z.B: bei der erfolglosen Überwachung von linken Personen in Connewitz zwecks Auffindung einer (politisch gewünschten) kriminellen (oder terroristischen) Vereinigung. Auch das musste die Linke erst auf parlamentarischem Wege verifizieren. Zum Glück fragt überhaupt jemand nach, was die Geheimdienste so treiben.

        • @39562 (Profil gelöscht):

          Wenn sie so einfach "froh" sind, dass eines unserer höchsten Rechtsgüter ausgehoben wird, welches im GG per Ewigkeitsklausen festgeschrieben ist, ja dann sind sie ein Feind des GG.

           

          Dieses Rechtsgut darf nicht einfach so aufgehoben werden. Kritik an der Aufhebung eines Grundrechts ist definitiv geboten und kein Grund eine Partei nicht zu wählen.

          • @Sascha:

            Also, wenn Sie schon mit dem Grundgesetz, hier Art.10, kommen, dann sollten Sie auch den ganzen Artikel erläutern. Nach Abs.2 kann dieses Grundrecht nun mal unter gewissen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Falls Sie der Ansicht sind, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, steht Ihnen der Weg vor das Bundesverfassungsgericht frei. Und - nur ganz nebenbei - die sog. Ewigkeitsklausel (art. 79, III GG) bezieht sich die Artikel 1 und 20 GG, nicht auf Art. 10.

          • @Sascha:

            Es ist nicht aufgehoben, sondern für eine kleine - klar definierte - Minderheit mit guten Gründen eingeschränkt.

        • @39562 (Profil gelöscht):

          kritisieren bedeutet nicht verbieten...soviel dazu

           

          wir (und diesmal wirklich wir, als Gesellschaft) haben uns das Grundgesetz hart erkämpft, und müssen es immer wieder verteidigen wie man sieht.

           

          Es ist komplex, sehr sogar.Doch jemanden mehr Macht zu verleihen als diese/r handhaben kann, noch dazu unreflektiert und transparenzlos...tja

           

          Sry aber ihre Argumentation wischt alles zusammen vom Tisch in die nächste Schublade.