Harte Strafen für Cannabis-Verstöße: Keine liberale Großstadt
Wie in Bayern: Hamburgs SPD will drastische Bußgelder gegen das Kiffen einführen. Es kommt nun auf die mitregierenden Grünen an, das zu verhindern.
D er staatliche Verfolgungseifer gegen das Kiffen ist in Hamburg mit der Legalisierung nicht durch. Viel eher droht nun der schnelle Rollback: Die zuständige Innenbehörde unter Senator Andy Grote (SPD) will dem Senat zum Abnicken einen Bußgeldkatalog vorgelegen, der es in sich hat. Orientiert am Pendant der rechtskonservativen bayerischen Landesregierung aus CSU und Freiern Wählern sollen Kiffer:innen bei Verstößen gegen Auflagen drastische Strafen aufgedrückt bekommen.
Noch ist das nicht entschieden, zum Glück herrscht die SPD ja nicht allein. Wenn sich aber die in Hamburg mitregierenden Grünen dem Vorhaben nicht entgegenstellen, müssen sie sich mal wieder zu Recht vorwerfen lassen, für ihre angeblichen Überzeugungen nicht ernsthaft einzustehen.
Den öffentlichen Jubel-Mitteilungen zufolge war die Freude bei Hamburgs Grünen, als die bundesweite Cannabis-Legalisierung vergangenen Monat schlussendlich den Bundesrat passiert hatte, jedenfalls groß. „Es ist gut und richtig, dass sich Erwachsene nun nicht mehr strafbar machen, wenn sie einen Joint rauchen“, freute sich etwa Hamburgs zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank.
Auch die Bürgerschaftsfraktion fand große Worte der Freude: „Mit dem neuen Gesetz setzen wir nun in Hamburg schon in wenigen Tagen auf eine ganz andere Herangehensweise als bisher.“ Doch ist die Hamburgische Herangehensweise nun tatsächlich eine ganz andere?
1.000 Euro Bußgeld
Kiffen in Gegenwart von Minderjährigen könnte nach dem Willen des Innensenators satte 1.000 Euro Strafe kosten, die Unterschreitung von Mindestabständen zu Schulen und Kitas 500 Euro. Wer etwas mehr als die zulässige Cannabis-Menge bei sich hat, soll bis zu 1.000 Euro berappen müssen. Zum Vergleich: Wer im Auto vor einem Kindergarten entlang rast, kann mit milderen Bußgeldern rechnen. Es ist die reinste Gängelung in aus Bayern abgekupferter Manier!
Doch Hamburgs SPD bleibt sich damit immerhin treu, machte ihre tief sitzende Ablehnung ja seit Monaten schon deutlich. Deshalb ist der von ihrem Innensenator vorbereitete Bußgeldkatalog wenig verwunderlich. Dass derlei Strafen mittels hoher Bußgelder auch noch zutiefst unsozial sind, scheint der Hamburger SPD egal zu sein: Wer genug verdient, kann so ein Knöllchen schließlich lockerer bezahlen als arme Menschen.
Viel wichtiger ist ihr die politische Botschaft: Wir zeigen, da wo wir es nur können, richtig Härte. Dass diese Haltung in der sonst auch von Sozialdemokrat:innen gern beschworenen liberalen Großstadt Hamburg genau der Forderung der zuletzt wieder konservativ gewordenen Hamburger CDU entspricht, sagt viel über die aktuelle Positionierung der SPD aus.
Es sagt aber auch viel über die Grünen aus, sollten sie den Bußgeldkatalog ihres Koalitionspartners einfach abnicken. Sie müssen nun beweisen, dass sie nicht nur hübsche Versprechen formulieren, sondern auch für deren Umsetzung einstehen. Oder wollen die Grünen wirklich gemeinsam mit der SPD auf das Niveau eines lächerlichen Populisten wie Markus Söder hinabsinken?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu