Haftentlassungen von NSU-Unterstützern: Wohlleben kommt vielleicht frei
Der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben könnte schon im August freikommen. Gegen das Urteil im Fall Eminger geht die Bundesanwaltschaft in Revision.
Wohlleben war in den neunziger Jahren zu einem der führenden Köpfe der Thüringer Neonaziszene aufgestiegen, er war Sprecher der Landes-NPD und Vorsitzender des Kreisverbands Jena. Gemeinsam mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt war er in den Neonazi-Gruppen Thüringer Heimatschutz und Kameradschaft Jena aktiv. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er die Waffe organisiert hatte, mit dem der NSU zwischen 2000 und 2006 neun rassistische Morde verübte. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn in ihrem Plädoyer als „Chef-Unterstützer“ des Trios bezeichnet.
Im München hatte sich Wohlleben von Szene-Anwälten vertreten lassen, die versucht hatten, den Prozess mit immer wieder neuen Anträgen auszubremsen. Er selbst schwieg im Prozess. Aus dem Gefängnis heraus gab er Anweisungen für die Thüringer Neonaziszene und hielt den Kontakt zu Kameraden, insbesondere zum umtriebigen Kader Steffen R., der auch das Konzert in Mattstedt angemeldet haben soll. Die Szene dankte es ihm unter anderem mit der Kampagne „Freiheit für Wolle“, organisierte Solidaritätskonzerte und Spendensammlungen.
„Es ist naheliegend, dass Wohlleben die Veranstaltung in Mattstedt nutzen wird, um seinen Unterstützern zu danken und sich feiern zu lassen“, sagt die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König-Preuss, die die Szene seit Jahren kennt. Sie vermutet, dass Wohlleben nicht nach Jena zurückkehren wird, sondern in den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt zieht, wo seine Familie mittlerweile wohnt und viele seiner engen Unterstützer aktiv seien. Es sei zu erwarten, dass Wohlleben „sehr zeitnah“ seine politischen Aktivitäten in Thüringen fortsetzen werde.
Stärkung für die rechte Szene
„Für die rechtsextreme Szene bedeutet seine Rückkehr eine deutliche Stärkung“, sagt König-Preuss. Sie befürchtet, dass der NSU-Komplex nach Ende des Münchner Prozesses aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden werde, während die lokalen Netzwerke weiterhin existieren.
Genährt werden diese Befürchtungen auch davon, dass durch das Urteil in München sehr wahrscheinlich geworden ist, dass die momentan noch laufenden Ermittlungen gegen weitere mutmaßliche NSU-Unterstützer bald eingestellt werden. Denn das Gericht kam überraschend zu der Auffassung, dass der Mitangeklagte André Eminger, obgleich einer der engsten Vertrauten des Trios, nichts von den Morden gewusst habe. Damit wird es äußerst schwierig, den anderen mutmaßlichen Unterstützern, darunter Emingers Frau Susann, dieses Wissen nachzuweisen.
André Eminger, den seine Verteidiger in ihrem Plädoyer als „Nationalsozialist mit Haut und Haar“ bezeichnet hatten, war mit einer Strafe von zweieinhalb Jahren davon gekommen und noch am Urteilstag aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Bundesanwaltschaft kündigte am Montag an, gegen dieses Urteil Revision einzulegen.
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