Habecks Plan für die CO₂-Speicherung: Legitimation für Nonsens-Emissionen
Die Bundesregierung hat ihren Plan für die CCS-Technik vorgestellt. Auch Emissionen von Gaskraftwerken sollen gespeichert werden dürfen. Das ist Quatsch.
L eider mit Hintertüren: Die Bundesregierung packt endlich die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid an. Das gefährliche Treibhausgas soll also teilweise gesammelt und zum Beispiel unterirdisch gelagert werden, statt in der Atmosphäre die Temperatur hochzutreiben.
Das ist überfällig, schließlich hat sich die Erde durch die erhöhte Konzentration schon extrem aufgeheizt. Die vergangenen zwölf Monate lagen weltweit sogar schon über der gefürchteten 1,5-Grad-Marke. Noch ist das nicht unbedingt von Dauer, aber das ist wahrscheinlich nur noch eine Frage der (nicht mehr fernen) Zeit. Jetzt schon sind zahlreiche tödliche Hitzewellen, Starkregenfälle und andere extreme Wetterereignisse nachweislich darauf zurückzuführen.
Das wissen wir – aber leider nicht, wie wir manche der verursachenden Emissionen loswerden. Zum Beispiel bei der Herstellung von Zement: Die ist nicht nur klimaschädlich, weil sie viel Energie erfordert. Durch den chemischen Prozess selbst entsteht CO2, selbst wenn das gesamte Zementwerk mit Ökostrom läuft.
Nun kann und sollte man deshalb probieren, schlicht weniger Zement zu nutzen: Wo möglich, auf andere Baustoffe wie Holz setzen, alte Baustoffe recyceln und vor allem lieber Altbauten sanieren, statt ständig neu zu bauen. Eine gewisse Menge an neuem Zement werden wir aber doch noch brauchen. Für solche eingegrenzten Fälle, in denen wir uns wirklich nicht anders zu helfen wissen, brauchen wir dringend Carbon Capture and Storage, also CCS, wie die Abscheidung und Speicherung von CO2 gemeinhin abgekürzt wird.
Nur leider will die Bundesregierung CCS auch in anderen Fällen erlauben: nämlich bei Gaskraftwerken. Die Gaslobby wirbt auch schon lange für CCS. Umweltverbände und bisher auch die Grünen haben das aus guten Gründen abgelehnt.
CCS ist teuer und vergleichsweise wenig erprobt. Es wird schwierig genug, die Technologie ausreichend zu etablieren – neben ökonomischen Gründen spielt dabei auch eine Rolle, dass viele Bürger*innen die geplante CO2-Lagerung unter der Nordsee ablehnen. Kapazitäten für Nonsens-Emissionen zu verschwenden, weil die fossile Industrie die Energiewende verweigert, ist deshalb keine gute Idee.
Die gute Nachricht: Es besteht eine Chance, dass sich Kraftwerksbetreiber gar nicht so sehr für CCS interessieren. Auch sie kennen schließlich die Kosten. Und staatliche Förderung soll es für solche Fälle nicht geben. Trotzdem ermöglicht es die Regelung der Gasindustrie mindestens, sich mit einer angeblich klimafreundlichen Zukunft zu schmücken – und so die klimaschädliche Gegenwart in die Länge zu ziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles