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Grüner Agrarminister zu KlimaprotestenÖzdemir gegen Autobahnblockaden

Der Agrarminister kritisiert die Forderung, Supermärkte zum Spenden nicht verkaufter Lebensmittel zu verpflichten. Aktivisten widersprechen.

Mit dem Banner „Essen retten – Leben retten“ blockierten die AktivistInnen eine Stuttgarter Straße Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Berlin taz | Bundesagrarminister Cem Özdemir sieht die Forderung der Berliner Autobahnblockierer skeptisch, Supermärkte zum Spenden nicht verkaufter Lebensmittel gesetzlich zu verpflichten. „Zum einen ist es in Deutschland seit vielen Jahren üblich, dass Supermärkte unverkaufte und noch genießbare Lebensmittel auf freiwilliger Basis an die Tafeln oder andere soziale Einrichtungen abgeben“, teilte ein Sprecher des Grünen-Politikers der taz mit. Zum anderen fielen in Deutschland nur 4 Prozent der gesamten Lebensmittelabfälle im Handel an. In Frankreich, dessen Abgabepflicht für Supermärkte die Aktivisten als Vorbild sehen, seien es 2019 14 Prozent gewesen.

Ein Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwies darauf, dass seine Koalition Lebensmittelspenden erleichtern und die Verschwendung verringern wolle. Özdemirs Ministerium kündigte an, Haftungs- und steuerrechtliche Änderungen zu prüfen. Zudem werde es „ambitionierte Zielvereinbarungen“ mit der Wirtschaft verabschieden, um die Abfälle in jedem Sektor zu reduzieren. Özdemir setzt hier also ähnlich wie seine CDU-Vorgängerin Julia Klöckner auf freiwillige Selbstverpflichtungen.

Die Klimaschutz-Initiative „Letzte Generation“ blockiert seit einigen Wochen immer wieder Aus- und Abfahrten von Autobahnen, so auch am Donnerstag in Berlin. Die AktivistInnen fordern, dass große Supermärkte verpflichtet werden, nicht verkauftes, noch genießbares Essen zu spenden – und so gegen den Welthunger vorzugehen und den Treibhausgasausstoß zu reduzieren. In Deutschland wird der Umweltorganisation WWF zufolge fast ein Drittel des Nahrungsmittelverbrauchs weggeworfen. Die durch Lebensmittelverluste verursachten Treibhausgasemissionen betragen nach Angaben des Umweltbundesamts von 2017 circa 4 Prozent des gesamten deutschen Ausstoßes.

In der Bundesregierung werden die Methoden der AktivistInnen unterschiedlich bewertet. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte am Mittwoch laut Tagesspiegel: „Es ist absolut legitim, für seine Anliegen zu demonstrieren und dabei auch Formen des zivilen Ungehorsams zu nutzen.“ Justizminister Marco Buschmann (FDP) widersprach bei Twitter: „Ziviler Ungehorsam ist im deutschen Recht weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgrund.“ Daraufhin erklärte Lemke wiederum bei Twitter, sie stimme mit Buschmann überein.

Özdemir sagte der taz: „Ich glaube, dass Straßenblockaden unserem gemeinsamen Ziel schaden. Gesellschaftliche Mehrheiten gewinnt man ganz sicher nicht, wenn man Krankenwagen, Polizei oder Erzieherinnen auf dem Weg zur Arbeit blockiert.“ (mit dpa)

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19 Kommentare

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  • Weggeworfen werden davon nur gut die Hälfte - wie auch aus dem WWF Text hervorgeht.

  • Im Original bei WWF heißt es, dass ein Drittel verlorengehen - nicht dass ein Drittel weggeworfen werden!

    Verlorengehen kann dann auch sein - der Salat auf dem Feld wird nicht benötigt und somit auch nicht geerntet etc.

    • @tubalalao:

      Und was ist daran besser?



      Die Landwirtschaft in Deutschland ist weit davon entfernt, aufgrund von Mangelernten Lebensmittelengpässe zu riskieren. Wenn sogar in schlechten Jahren noch mehr gesät wird, als man je ernten möchte, wird es Zeit die Ackerflächen der Natur zurückzugeben.

  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Das wäre ja noch schöner, wenn ein Minister gegen geltendes Recht verstoßen würde.

  • Zu Herrn Buschmann ist nicht viel zu sagen. So scharfsinnig kann nur FDP.

    Ziviler Ungehorsam ist eben... ziviler Ungehorsam. Weder Rechtfertigung, noch Entschuldigung -- aber vielleicht eben manchmal notwendig.

    Und zu Herrn Özdemir... ach herrje.

  • Mit dem Fahrrad ins Ministerium. Grün genug.

    Protest? Nichts für Realos.

    Der Markt regelt das.

  • Die Leute haben in ihrem Anliegen absolut recht. Aber Özdemir hat auch recht, dass man nicht riskieren sollte, Krankenwagen zu blockieren. Klar, die können ihre Sirene einschalten, aber bis sich ein bestehender Stau aufgelöst hat, dauert es. Andere Formen des Protests sind unangemeldeten Straßenblockaden gegenüber zu bevorzugen.

  • Zur Antwort der Aktivist*innen der Essen-Retten-Kampagne auf Cem Özdemirs Aussage:



    letztegeneration.d...n-zu-cem-oezdemir/

    • @Uranus:

      Kein Wort darin, dass die Aktion irgendwie erfolgreich war. Krass fand ich auch dass man sich auf das Glück beruft, dass bei den letzten Aktionen zufällig keine Probleme mit Rettungsfahrzeugen auftraten.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Wie soll das enden mit dem Spenden? Fragen wir Horste Evers: www.youtube.com/watch?v=CcnuInw6OwU

  • Der soll sich lieber mal um die blühenden Landschaften kümmern, die er versprochen hat ...

  • Ja wie? - Wat issen nu wieder ditte - wa!

    “ Grüner Agrarminister zu Klimaprotesten



    : Özdemir gegen Autobahnblockaden



    Der Agrarminister kritisiert die Forderung,



    Supermärkte zum Spenden nicht verkaufter Lebensmittel zu verpflichten.



    Aktivisten widersprechen.“

    Nunja - Herr Oberleutnant reicht!



    Das mit den Supermärkten war ja zu erwarten! Gellewelle.



    Das fehlt dannja - na logo - bei …öh in den Schweineeimern!



    Geht dscha gaaanich! Na klar!



    Dann müßten die Fleischpreise noch mehr angehoben werden!



    Liggers & das! kann selbst ein Cen Özdemir nicht wollen!



    Aber! Demos Autobahnen - 👿!

    kurz - Wußte bis grad garnicht! Wollnichwoll.



    Daß die Mittel- & Seitenstreifen in die Zuständigkeitsbereich -



    Ei verbibbscht - Des Agrarministers fallen.



    Tja Herr Agrarminister! Kann‘s mal seh! Gellewelle •

    Na Mahlzeit

    • @Lowandorder:

      Ich versuchs mal wieder mit nem bisschen Feedback bei Ihnen. Ich weiß, Sie mögen dass :-)

      Sie schreiben, dass der Agrarminister bereits die Forderung kritisiert, nicht verkaufte Lebensmittel zu Spenden..

      Frage Nr.1. und dann kann es weitergehen: Woher haben Sie diese Information? Sie scheint mir, und das ist meine Kritik, doch mehr angedichtet zu sein.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Nicht nur die dicke Überschrift, die Sub-Headline hätten Sie doch auch noch lesen können.

        btw.: "Ich würde gern für morgen ein Brot von gestern bestellen..." (Horst Evers)

      • @Rudolf Fissner:

        Tja Jung - dat ward in dissen Leben wohl nun doch scheint’s nix mehr.

        “ Der Agrarminister kritisiert die Forderung,

        Supermärkte zum Spenden nicht verkaufter Lebensmittel zu verpflichten.

        Aktivisten widersprechen.“ is & das!



        Erkennt nu jeder Schrat - klar n Zitat!=>



        Brille Mann! Mal nicht Fielmann - 🤓 =>



        taz.de/Gruener-Agr...rotesten/!5831002/

        kurz - Back to sender. Nicht - dicht!



        Un ers wiedermas - ausse Nas‘ •‘

        unterm——- Feedback—-



        Gerne bietet der Handelsmann auch mal passend servíce an=>



        Was ist beim Feedback wichtig?



        & Däh=



        “Klar und genau formuliert: Das Feedback soll nachvollziehbar sein. Sachlich richtig. Grundregel: Die Beobachtung muss auch von anderen nachvollzogen werden können. ohne moralische Verurteilung: Dadurch mindern Sie den Drang beim Gegenüber, sich zu verteidigen und das Feedback abzulehnen.“ anders aber bloß => ging’s in die Hüse! Hüse? Hos!

        kurz2 - Vllt gelingt‘s ehna ein andermal ja richtig! - 🐓 🌾 -



        Always at your servíce - 😎 -

  • Oha, „freiwillige Selbstverpflichtung“, da sollten sofort sämtliche Alarmglocken anfangen zu schrillen. Hat ja bisher auch super geklappt, nicht wahr?

    Cem Özdemir muss offensichtlich noch viele Hausaufgaben erledigen, wenn er jetzt schon glaubt, solche Töne anschlagen zu müssen. Mag sein, dass der Handel in Deutschland besser dasteht als in Frankreich. Fakt ist dennoch, dass im ganzen industriellen „Produktionsprozess“ unserer Wegwerfgesellschaft viel zu viel „Ressourcen“ einfach verschleudert werden. Besonders unappetitlich tut sich hier die Massentierhaltung hervor. Zitat: „Jedes fünfte in Deutschland für die Fleischindustrie geborene Schwein erreicht nicht einmal den Schlachthof. Die Haltung macht sie so krank, dass Millionen Tiere notgetötet werden“.

    Quelle:



    www.spiegel.de/wir...fit-a-1290250.html

    Und dann gibt es ja noch dieses unsägliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Containern. Hier wird es allerhöchste Zeit, dass der Gesetzgeber tätig wird und das Containern entkriminalisiert!

    Bin gespannt, wann Cem in die Hufe kommt…

  • Es scheint als wäre da jemand recht hilflos bei dem Thema.



    "Gesellschaftliche Mehrheiten gewinnt man ganz sicher nicht, wenn man Krankenwagen, Polizei oder Erzieherinnen auf dem Weg zur Arbeit blockiert."



    Als wäre das Thema neu! Es stellt sich dabei die Frage, ob das überhaupt ein Thema für den Cem ist nur weil es um Nahrungsmittel geht, oder vielmehr richtiger Weise beim Justizministerium aufgehoben wäre, da Gesetzeslücken bestehen.



    Lieber Cem Füsse still halten und an den eigenen Hausaufgaben arbeiten. Danke

  • Er hätte sich ja einfach raushalten und es der Polizei überlassen können.



    Seine Bauern legen zur Durchsetzung ihrer monetären (!) Interessen bei Bedarf ja ungestraft ganz Städte tagelang lahm. Komisch: Da hört man nie Dinge wie "...Gesellschaftliche Mehrheiten gewinnt man ganz sicher nicht, wenn man Krankenwagen, Polizei oder Erzieherinnen auf dem Weg zur Arbeit blockiert. ..."

    Immerhing: So wird der Bruch zwischen den Grünen und der FFF-Bewegung ganz offensichtlich.

    • @neu_mann:

      Landwirte melden ihre Demos wochenlang vorher an, und dann weiß man vorher wo es zu Staus kommen kann und reagiert vorher darauf. Und bei einer angemelsdeten Deemo wird vorher die Route abgesprochen. Und Bauer blockieren fahrend eine Fahrbahn, die Aktivisten blockieren Autobahnen komplett.