Großeinsatz in der Rigaer Straße 94: Polizei bricht ein
Die Brandschutzbegehung des besetzten Hauses Rigaer94 verzögert sich am Donnerstag zunächst. Dann geht die Polizei gewaltsam ins Gebäude.
Ganze viereinhalb Stunden nach dem angesetzten Termin, um etwa halb eins, betrat dann auch der Brandschutzbeauftragte in Begleitung zweier Bezirksmitarbeiter:innen sowie von zwei Anwälten der Bewohner:innen das Gebäude. Nach Polizeiangaben könnte sich die Prüfung allerdings bis zu acht Stunden hinziehen. Damit ist nach Stand Donnerstag Mittag noch offen, ob sich die Begutachtung nicht noch bis Freitag zieht. Die Eingangstore des Hauses, welche den Bewohner:innen seit Jahren Schutz vor Staat, Eigentümer:innen und Nazis boten, wurden derweil vollständig entfernt.
Etwa 70 Beamte, manche mit Schilden, andere mit Kameras, hatten sich am frühen Donnerstagmorgen neben den Eingangstoren der Rigaer94 im Friedrichshainer Nordkiez positioniert. „Rigaer94, Köpi bleibt! One struggle, one fight“, skandierte die in der angrenzenden Liebigstraße positionierte Kundgebung. Derweil saßen noch zwei Menschen auf einem Balkon im ersten Stock des besetzten Hauses und rauchen entspannt eine Zigarette.
Kurzzeitig hatte es so ausgesehen, als könnte sich der ganze Polizeieinsatz in Luft auflösen. Noch am Mittwochabend hatte die Rigaer94 in einer Stellungnahme mitgeteilt, dass der Brandschutzbeauftragte seine Pflicht „ohne Gefahr für seine Gesundheit“ ausüben könne. Der Pressesprecher der Berliner Polizei, Thilo Cablitz, bestätigte am Donnerstagmorgen, dass die Polizei lediglich einen „Schutzauftrag“ ausführe. Nehme der Sachverständige das Angebot der Anwälte der Rigaer94 an, das Gebäude ohne Polizeibegleitung zu betreten, werde es ein „entspannter Einsatz“, so Cablitz.
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Der Brandschutzbeauftragte entschied sich dann aber doch für den Polizeischutz: Die 350 Beamten, die sich in unmittelbarer Nähe der Rigaer aufhalten, machten sich am Vormittag für den Einsatz bereit.
Räumpanzer und Wasserwerfer
Bereits am Mittwoch war die Lage in der Rigaer Straße eskaliert; Barrikaden hatten gebrannt. Etwa 50 Vermummte versuchten, der Polizei beim Errichten der als „rote Zone“ bezeichneten Demoverbotszone zuvorzukommen – indem sie ihrerseits eine „autonome“ Zone ausriefen. Beamt:innen wurden mit Steinen beworfen, auch Pyrotechnik wurde auf die Polizist:innen abgefeuert. Die Polizei sprach von 60 verletzten Beamt:innen. Räumpanzer und Wasserwerfer fuhren vor, um die Brände zu löschen.
Eine für den Abend angemeldete Kundgebung in der angrenzenden Liebigstraße war bis in die späten Abendstunden friedlich geblieben. Etwa 50 Menschen begleiteten die Aufräumarbeiten bei Bier und Musik. Ab 21 Uhr sammelten sich einige hundert Menschen am Schleidenplatz zu einem spontan angemeldeten Protestzug in Richtung der „Roten Zone“. Dieser aber wurde kurzerhand von der Polizei verboten.
Nach der Straßenräumung am Mittwoch stand auch der für den Folgetag angesetzten Brandschutzbegehung nichts mehr im Wege. Die Eigentümer, die sich hinter einem Netz aus Briefkastenfirmen verstecken, erhofften sich von dieser wohl eine Nutzungsuntersagung für die derzeitigen Bewohner:innen. Diese hingegen befürchten die Räumung – oder, dass im Zuge des polizeilichen Großeinsatzes Mängel entstehen könnten, welche eine Nutzungsuntersagung rechtfertigen.
Schon im März stand Berlin ein ähnliches Szenario bevor. Damals hatte aber noch Bezirksstadtrat Florian Schmidt (Grüne) interveniert und eine bezirkliche Brandschutzbegehung eingeleitet – ohne Polizei und Eigentümer, dafür mit Einverständnis der Bewohner:innen. Die Sachverständigen des Bezirks stellten keine unbehebbaren Mängel fest. Die Beseitigung der Mängel wurde in zwei Folgebesichtigungen durch den Bezirk überprüft. Dennoch zwang ein Urteil des Verwaltungsgerichts und eine Anweisung der Bezirksaufsicht Schmidt dazu, eine weitere Begehung eines Brandschutzexperten im Beisein von Vertreter:innen der Eigentümer anzuordnen.
Am Mittwochnachmittag hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) geurteilt, dass die Eigentümer:innen nicht ins Haus dürfen – der Bezirk und ein Gutachter in Polizeibegleitung allerdings sehr wohl. Insgesamt sollen etwa 1.000 Polizistinnen und Polizisten für den Großeinsatz ausgerückt sein.
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