Rummel um die Rigaer: Alles für den Kapitalismus

Der massive Polizeieinsatz zur Durchsetzung einer Brandschutzbegehung spricht Bände über die staatlichen Prioritäten im Kapitalismus.

Polizeieinsatz in der Rigaer Straße am 17. Juni 2021 Foto: dpa

So viel Schall und Rauch um fast nichts. Am Ende des gigantischen Polizeieinsatzes mit etwa 1.000 Beamt:innen, die eine Brandschutzbegehung der teilbesetzten Rigaer Straße 94 durchsetzen sollten, zogen Polizei und Gutachter überraschend schnell wieder ab. Für den Brandschutz hatten sich alle Wohnungen problemlos geöffnet – trotz des teils gewalttätigen Widerstands gegen die Polizei im Vorfeld.

Kein Wunder: Schon am Mittwoch hatten die Be­woh­ne­r:in­nen erklärt, man werde die Türen öffnen – wenn Polizei und Ver­tre­te­r:in­nen des unbekannten Eigentümers draußen blieben. Dass dies funktionieren kann, hatte Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) bewiesen, als er eine ähnliche Prüfung sowie zwei Kontrollen derselben ohne jedes Blaulicht vollziehen ließ. Spannend werden die Ergebnisse der jetzigen Kontrolle sein. Gravierende Mängel, die eine sofortige Räumung rechtfertigen würden, wurden aber offenbar nicht festgestellt.

Was am Ende bleibt, ist eine gesellschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung, für die sich je­de:r gute Ka­pi­ta­lis­t:in schämen dürfte. Auf der Kostenseite: ein Bezirk im zweitägigen Ausnahmezustand, ein teurer steuerfinanzierter Polizeieinsatz, der mit 79 leichteren und zwei schwereren Verletzungen einherging, sowie die erhebliche Einschränkung der demokratischen Grundrechte in der Demoverbotszone.

Genutzt hat alles dagegen letztlich nur den Profitinteressen einer dubiosen Briefkastenfirma

Genutzt hat alles dagegen letztlich nur den Profitinteressen einer dubiosen Briefkastenfirma. Die hatte sich zwar sicherlich auch mehr von dem Einsatz erträumt, etwa die Feststellung aller Personalien oder gleich eine Räumung im Affekt. Die Lafone Investments Limited darf dennoch hoffen, dass im Nachklang noch Argumente herausspringen, um die Chao­t:in­nen mitsamt ihren unerklärlichen Wünschen nach einem selbstbestimmten Leben doch noch loszuwerden. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat bereits Schützenhilfe angekündigt.

Das alles spricht Bände über die staatlichen Prioritäten im Kapitalismus – nicht zuletzt für die Polizeibeamt:innen, die wieder einmal ihren Kopf für anonyme Kapitalinteressen herhalten mussten. Zeitgleich findet der Ausverkauf der Stadt ungehemmt statt; mit allen mittlerweile hinlänglich bekannten sozialen Folgen.

Sollte eine rot-rot-grüne Regierung unter diesen Bedingungen nicht Besseres zu tun haben?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schreibt seit 2020 für die taz über soziale Bewegungen, Arbeitskämpfe, Kapitalismus und mehr.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.