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Gesetz schränkt Tabakreklame einBald nur noch in Filmen ab 18

Als letztes EU-Land verbietet Deutschland Außenwerbung für Tabakprodukte. Im Kino wird Zigarettenreklame nur bei Filmen ab 18 Jahren zu sehen sein.

Die Bundesregierung verbietet schrittweise Zigarettenwerbung Foto: Jürgen Ritter/imago

Berlin taz | Rauchen ist in Deutschland ab 18 Jahren erlaubt. Zigaretten kaufen dürfen Minderjährige laut Jugendschutzgesetz auch nicht. Tabakwerbung anschauen geht aber noch – beispielsweise im Kino. Das soll sich ab kommendem Jahr ändern. Der Bundesrat billigte am Freitag ein Gesetz, das die Tabakwerbung in Deutschland stark einschränken wird.

Die Ausspielung von Zigarettenreklame ist künftig nur noch bei Kinofilmen ab 18 Jahren zulässig. Auch die Außenwerbung für Tabakprodukte auf Plakatwänden oder Haltestellen wird schrittweise verboten, nur noch Tabakfachgeschäfte dürfen im Schaufenster für ihre Produkte werben. Ab 2022 dürfen dann keine herkömmlichen Tabakprodukte gezeigt werden, für sogenannte Tabakerhitzer wird das Verbot ab 2023 greifen, für E-Zigaretten ab 2024.

Gratisproben auf Veranstaltungen oder bei Gewinnspielen werden ab kommendem Jahr ebenfalls Geschichte sein, diese dürfen dann nur noch in Fachgeschäften verteilt werden. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, forderte weitere Schritt zum Schutz von Kindern: „Dringend notwendig ist ein Rauchverbot in Autos, wenn Kinder und Jugendliche mit an Bord sind.“ In Fahrzeugen entspreche die Feinstaubbelastung durch Tabakrauch etwa der einer durchschnittlich verrauchten Bar. „Wenn Vernunft und Verantwortungsgefühl fehlen, sind sanktionsbewehrte Verbote unumgänglich“, sagte Reinhardt.

Das Bundeskabinett hatte das Werbeverbot bereits 2016 beschlossen. Im Bundestag steckte die Vorlage dann aber jahrelang fest – vor allem wegen des Widerstands in der Unionsfraktion. Dort herrschten generelle Bedenken gegen einen derartigen Eingriff.

Anzahl der Raucher*innen sinkt

Schätzungen zufolge hat die Tabakindustrie für Kino- und Außenwerbung zuletzt 100 Millionen Euro im Jahr ausgegeben. Ein Teil dieser Einnahmen floss auch an die Kommunen – etwa für Plakatwerbung an Bushaltestellen. Diese Einnahmen gehen nun verloren.

Die Anzahl der Raucher*innen in Deutschland nimmt stetig ab. Trotzdem steigt wegen der Erhöhung von Steuern und Preisen der Umsatz. 22,5 Milliarden Euro wurden 2019 in Deutschland für Zigaretten ausgegeben.

Schätzungsweise sterben jährlich 140.000 Menschen in Deutschland vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums. Etwa 28 Prozent der Bevölkerung in Deutschland raucht, so die Stiftung Gesundheitswissen. Hessen ist das Bundesland mit den meisten Nichtraucher*innen.

Deutschland zieht als letztes nach

2016 führte die EU verbindliche Warnhinweise mit Texten und Bildern auf Verpackungen ein. Allen anderen EU-Ländern haben Plakatwerbung für Tabak längst verboten, als vorletztes Land zog Bulgarien 2016 nach. In Radio, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften ist Tabakwerbung in Deutschland bereits verboten.

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23 Kommentare

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  • Ob das Verbot viel bringen wird ist fraglich.

  • Man kann alles übertreiben. Wer auf Verbote steht oder Verbote zu erlassen, der findet schon Begründungen. Wir könnten vorschreiben, daß auf Autos Fotos von zerfetzten Unfallopfern zu sehen sein müßten, wir könnten vorschreiben, das auf Politikerversammlungsorten Bilder von Leichenbergen zu sehen sein müßten oder das auf jeder Flasche Bier oder Schnaps Bilder von Suffdementen zu sehen sein sollen. Aber, wollen wir das? Oder anders gefragt: Ist das wirklich notwendig? Wir wissen alle, daß Autofahren gefährlich sein kann, wir wissen, daß Politiker Kriege und Katastrophen verursachen können und das Rauchen der Gesundheit nicht zuträglich ist. Wozu also der Bohei? Irgendwie ist das doch auch nur ein Tanz um ein goldenes Kalb.

    • @Thomas Schöffel:

      Ihre Vergleiche hinken extremst.



      Autos brinegn zu 99,99% Menschen sicher von A nach B, die wenigsten Politikerversammlungen sind für Leichenberge verantworlich und Biere können tatsächlich gut schmecken.



      Rauchen ist völlig sinnlos, überflüssig und der "Geschmack" ist eine suchtgesteuerte Einbildung.



      Da dürfen, meiner Meinung nach, Rauchverbote oder Tabak-Verteuerungen durchaus krasser sein.

      • @Stefan L.:

        Hinweis: Das Adjektiv "extrem" gehört zu den sog. absoluten Adjektiven, die weder Steigerunsgform noch Superlativ haben, was ja auch Sinn ergibt, den extrem bezeichnet nun mal eine nicht mehr steigerbare Form.



        Zum Thema:



        Sie stellen sich absichtlich dumm. Während ich bekannte Risikiken vergleiche, behaupten Sie einfach, das würde "hinken". Tut es aber nicht. Ich könnte auch sagen, daß bei 99% aller Zigaretten nichts Schlimmes beim Rauchen passiert. Ich könnte ebensogut behaupten, daß Alkohol einen schlechten Geschmack hat und Biertrinker sich was einbilden. Das alles ist beliebig.

  • Kinofilme ab 18?

    Gibt es das überhaupt?

    Oder gibt es dann Tabakwerbung nur noch in der ebenfalls aussterbenden Gattung Pornokino?

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Naja... "From Dusk till dawn", "reservoir dogs", "Kill Bill" aus der Tarantino-Ecke, aber auch erstaunlicherweise "Brazil" von Terry Gilliam... Alles keine Pornos.

      • @164 (Profil gelöscht):

        Sieh mal einer an.

        Ich dachte immer, fürs Kino gäbe es entschärfte Versionen.

        Aber für die genannten Beispiele sollte es zwingend Tabak- und Alkoholwerbung geben.

        • @Jim Hawkins:

          Nicht nur das kollektive Pippi machen hat gestählt.



          Weg vom Schnuller hin zur milden beruhigenden Zigarre!



          Kino, 18, watten dette?



          Karo, Casino härten ab!



          Flegeleien (DDR-Werbefilm, 1980)



          www.youtube.com/watch?v=SOCoKoMNxgg

          • @Ringelnatz1:

            Herrlich. Wundersames Land DDR.

            Die letzten Zuckungen habe ich noch mitbekommen. Habe selbstredend Caro geraucht und Bären-Pilsener getrunken.

            Das Hähnchen war vom Gold-Broiler und der Minigolf-Schläger und die Stoppuhr sowjetischer Bauart vom Kaufhaus des Sports.

            Essen ging man (so lange es die noch gab), ins Café Moskau, ins Budapest und ins Warschau.

            Da klopft gerade etwas in meinem Kopf. Hatten wir diesen Schnack schon einmal?

            Ich werde alt.

            • @Jim Hawkins:

              Nee.



              Allet i.O.



              Kaufhaus d. Sportes



              Frankfurter Allee Ecke Petersburger



              Die Länderreise haben wir auch immer gemacht.Die waren gut eingerichtet und Ladys aus West-Börlin waren auch anzutreffen.

              Mal wollte ich gern Taucher sein -



              da kriegte ich ein Raucherbein...



              Brunos Geist



              www.youtube.com/watch?v=BeFXCNE9F1s

              Allet seltsam!

              • @Ringelnatz1:

                Was es nicht alles gibt.

                Und unsereiner kennt nur Manne Krug.

  • Hö?



    Was ist denn da passiert ?



    Da waren die Tabaklobbiisten wohl mal eben austreten.

    Wo die doch viele Jahre lang verläßlich für Gesundheit gesorgt haben - Für Gesundheit der Parteikassen ...wohlgemerkt

  • "Dringend notwendig ist ein Rauchverbot in Autos, wenn Kinder und Jugendliche mit an Bord sind"



    Da freut sich aber der 17jährige rauchende Beifahrer.



    "Schätzungsweise sterben jährlich 140.000 Menschen in Deutschland vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums". SCHÄTZUNGSWEISE! Andere sprechen von 100.000. Stürzt sich ein Mensch (Raucher) vom Hochhaus in den Tod, zählt das auch als vorzeitiger Tod durch Tabakkonsum?



    In 2019 gab es in Deutschland 3.046 Verkehrstote im Straßenverkehr. Zeit, über Werbung für Autos und LKWs nachzudenken? 9.373 starben 2017 durch einen Sturz im Haushalt. Zeit, über Werbung für Putzeimer nachzudenken? 74.000 Todesfälle jährlich gibt es in Deutschland durch Alkoholkonsum nach (wiederum) Schätzungen. By the way: jede 13. im Straßenverkehr getötete Person starb im Jahr 2018 durch einen Unfall unter Alkoholeinfluss.

    Kann die Bundesregierung vielleicht einmal von ihrem paternalistischen Volkserziehungsversuch (dazu noch Symbolpolitik wegen Tabaksteuer, die sich der Staat nicht entgehen lassen will) lassen?

    • @Streberin:

      Zigaretten schaden immer den Rauchern, den Menschen um sie herum und der Umwelt (inkl. Tieren). Generell. Ohne Ausnahme. Und das nicht nur direkt beim Rauchen, sondern auch noch danach (z. B.: kalter Rauch; Giftstoffe, die erst hinterher ausgeatmet werden; Kippen auf dem Boden).



      Von Ihren Vergleichen kommt dem - wenn auch nur ansatzweise - nur der Alkohol nahe, der sich in Deutschland einer merkwürdigen Verehrung erfreut.

      Eine gefährliche Sucht, die keinem nützt - außer den Herstellern des Suchtmittels - darf der Staat gerne sanktionieren. Dass Zigaretten in spätestens 5 Jahren auch in Deutschland (legal) nicht unter 20 € zu bekommen sein werden, ist ein logischer Schritt.

      Es gibt ja nicht mal vernünftige Gegenargumente.

    • @Streberin:

      Aus meiner Sicht ein ziemlich kruder Kommentar.

      Nennen Sie docb mal einen praktischen Grubd für das Rauchen. Ich rauche selbst, aber mir fällt keiner ein.

  • Interessant dazu ist, dass Medien, die auf dem Index der BPJM landen, nicht beworben werden dürfen, Zigaretten, die ebenfalls erst ab 18 erhält, aber schon. Da scheint der Malboroman deutlich durchsetzungsfähiger gewesen zu sein, als Dieter Bohlen & Friends.

  • Als Raucher sage auch ich, dass die Werbung weg kann. Rauchen ist eine fiese Angewohnheit oder gar Sucht.



    Allerdings würde ich mir wünschen, dass bei anderen potentiell schädlichen Stoffen ebenso verfahren würde. Alkohol, Zuckerkram... Auch diese Dinge verursachen viele Krankheiten und Probleme. Und gerade Alkoholmissbrauch hat sehr oft auch physische Folgen für andere: Gewalt und Unfälle unter Alkoholeinfluß.

  • Rauchen ist so ein Stuss.



    Schade, dass wir nicht auf einer Insel wie Neuseeland leben. Da kostet das Päckchen Kippen irgendwas jenseits der 20,00 Euro.



    Würde hier nur bedingt funktionieren und leider den Schmuggel extrem anheizen.



    Aber die Rauchverbotszonen weiter ausweiten, macht immer Sinn.

    • @Stefan L.:

      Das Einzige, das wirklich Sinn macht, dass ist und bleibt die Prohibition, dazu eine Gesundheits- und eine Gesinnungspolizei. Wäre doch gelacht, wenn du nicht eine bessere Welt mitgestalten könntest.

      • @Hampelstielz:

        "Das Einzige, das wirklich Sinn macht, dass ist und bleibt die Prohibition..."



        Nö, niemand redet von einem Verbot.



        Das fördert nur Schmuggel und eine illegale Schattenwirtschaft. Man muss den Scheiss nur so unatraktiv machen, das die Leute freiwillig aufhören.



        Ich weiss auch nicht, wieso man überhaupt raucht? Man gibt viel Geld aus, um sich freiwillig süchtigmachenden, toxischen Dreck in den Körper zu schaffen, belästigt und schädigt dabei Unbeteiligte und stinkt danach entsetzlich. Nein, und schmecken tut der Mist auch nicht, Das Gehirn gaukelt das dem Süchtigen nur vor, weil Entzugserscheinungen im Verbindung mit dem Tabakgeschmack befriedigt werden.



        Ein guter Rotwein, Sherry oder Single Malt schmeckt ja wenigstens wirklich, das getrocknete Laub ist da eher zum Kotzen. Daher hoffen wir doch mal in nächster Zeit auf eine Päckchenpreis von 20 Euro aufwärts. :)

    • @Stefan L.:

      Ja, Verbote machen immer Sinn, besonders für die, die davon nicht betroffen sind.

      • @Berliner Berlin:

        "Ja, Verbote machen immer Sinn, besonders für die, die davon nicht betroffen sind."



        Es steht Ihnen ja frei, sich in die Gruppe der nicht Betroffenen zu gesellen.



        Sehen Sie allen Ernstes in Nichtraucherzonen einen Eingriff in die Freiheit?