Gesellschaftlicher Zusammenhalt: Deutsche leben in separaten Blasen
Das Institut FGZ untersucht Polarisierung. Nicht nur die Wähler*innen von Grünen und AfD ziehen sich in weitgehend homogene Netzwerke zurück.
In einer repräsentativen Längsschnittstudie mit mehr als 12.000 Befragten untersuchte das Institut, ob es in Deutschland eine „Entkoppelung“ sozialer Gruppen gibt und ob der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet ist.
Die stärkste Tendenz zu einem homogenen Bekanntennetzwerk, bei dem die große Mehrheit unter sich bleibt, zeigten die politischen Netzwerke, berichtet das Institut am Mittwoch. Am stärksten „polarisiert“ sind unter anderem Grünen- und AfD-Wähler*innen.
50 Prozent der befragten AfD-Wähler*innen berichten, dass sich ihre Bekannten- oder sozialen Kreise überwiegend aus AfD-Unterstützer*innen zusammensetzen. Bei den Grünen-Wählerinnen und -Wählern ist diese Tendenz sogar noch höher – 62 Prozent der befragten Grünen-Wähler*innen geben an, sich bevorzugt unter anderen Grünen-Wähler*innen zu bewegen.
„Entkopplung“ sozialer Netzwerke
Des Weiteren finden sich bei Ostdeutschen, Reichen und Personen muslimischen Glaubens sowie bei Personen mit niedrigem Bildungsniveau und ländlicher Umgebung solche Tendenzen der sogenannten Netzwerksaggregation, während bei Westdeutschen und Personen mit Migrationshintergrund weniger Segregation stattfindet, stellt die Studie fest.
Die Studie beschäftigt sich auch mit der Frage, welche Auswirkungen solche „Blasen“ auf die Einstellungen zur Demokratie und die Emotionen gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen haben. Ein deutlicher Unterschied in der Einstellung zur Demokratie besteht nach Bildungsniveau und Einkommen, stellt das Institut fest.
Menschen mit höherem Einkommen und höherer Bildung zeigen tendenziell ein höheres politisches Vertrauen und eine höhere Demokratiezufriedenheit als Personen mit niedrigerem Einkommen oder geringerer Bildung. Der kulturelle Hintergrund spielt dabei nur eine geringe Rolle.
Die sogenannten Blasen verursachen zudem übersteigerte emotionale Identifikation mit der eigenen Gruppe, so das Institut. Beispielsweise geben die Wählerinnen und Wähler der AfD und der Grünen an, dass sie für die jeweils andere Gruppe negative, für die eigene eher positive Gefühle hegen.
Hier zeige sich eine „Entkopplung“ sozialer Netzwerke mit entsprechenden Verstärkungseffekten für die jeweiligen Weltbilder. Das Institut sieht darin ein Problem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Verständigung zwischen verschiedenen sozialen Gruppen werde schwieriger.
„Unser Bericht zeigt, dass es die sprichwörtlichen ‚Filterblasen‘ auch in der analogen Welt gibt: Menschen, deren soziale Bekanntenkreise eher homogen zusammengesetzt sind, denken, fühlen und handeln auch anders als Personen, die sich in eher gemischten Netzwerken bewegen“, sagt Olaf Groh-Samberg, einer der Hauptautoren der Studie.
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