piwik no script img

Frauenwaggons im ÖPNVEin guter Ansatz

Kommentar von Johanna Weinz

Berlin und Hamburg diskutieren über Waggons speziell für Frauen und queere Personen. Die sind nötig, weil die Zahl der Übergriffe steigt.

Schutzbereiche für Frauen und queere Personen sind eine gute Idee Foto: Markus Matzel/imago

F rauenwaggons in der S-Bahn? Warum eigentlich nicht? In Berlin haben in den vergangenen Tagen mehr als 15.000 Menschen eine Petition für sogenannte FLINTA*-Waggons im öffentlichen Nahverkehr unterschrieben, also für Waggons, in denen keine Männer mitfahren dürfen. FLINTA steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans* und agender Personen. Auch in Hamburg haben 35.000 Menschen eine ähnliche Petition unterzeichnet.

Die Idee in Berlin stammt von der Grünen-Politikerin Antje Kapek. Hintergrund dafür hier ist, wie auch in Hamburg, die steigende Zahl von Sexualdelikten und sogar Vergewaltigungen in U- und S-Bahnen. Zu einer bestimmten Tageszeit sollen festgelegte Bereiche eines Zuges ausschließlich Frauen und queeren Personen zur Verfügung stehen. Gekennzeichnet sein sollen die Schutzbereiche etwa durch pink- oder lilafarbene Zonen. So unrealistisch, wie das für manche klingen mag, sind die Forderungen gar nicht. Denn Frauenwaggons gibt es bereits, sogar weltweit: in Tokio, Mexiko-Stadt, Neu-­Delhi, Kairo oder Rio de Janeiro.

Der Ansatz ist gut: Dass sich FLINTA in öffentlichen Räumen, vor allem nachts auf dem Nachhauseweg, nicht sicher fühlen, ist keine neue Realität. Dass das jetzt auf diese Weise anerkannt wird, ist ein Fortschritt. Räume, die einen „Safer Space“, einen sicheren Bereich, bieten, sind dringend notwendig. Doch wie konsequent werden FLINTA vor Übergriffen geschützt? Wer kontrolliert die Waggons? Dafür finden sich sicherlich Lösungen, zum Beispiel ein abgesperrter Gleisbereich. Gleichzeitig müssen die Ursachen für die Übergriffe angegangen werden. Denn öffentliche Räume sind nicht per se unsicher. Das Problem ist auch nicht die Frau mit einem „zu kurzen Rock“. Das Problem sind die Täter, meist Männer.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Vielleicht ist es mit den FLINTA-Waggons ein bisschen wie mit den Quoten: Sie sind ein notwendiger Kompromiss, um ein Problem mittelfristig zumindest einzudämmen. Das heißt nicht, dass die Ursachenbekämpfung nicht grundsätzlich erfolgen muss – so lange, bis es keine FLINTA-Waggons mehr braucht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Hat Geographie und Germanistik in Freiburg studiert. Begeistert sich besonders für Klimafragen, soziale Gerechtigkeit/Bewegungen und Literatur.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Eigentlich müsste es WGP heissen, weiblich gelesene Personen. FLINTA verwischt, dass männlich gelesene INTA eher nicht erwünscht sind. Jedenfalls dürften diese Personen zumindest emotionalen Stress in diesen Abteilen haben. Und F und L sind quasi identisch.

  • Gibt es eigentlich Beweise für die steigende Zahl von Übergriffen? Der verlinkte Artikel sagt jedenfalls nichts dazu. Da geht es um KO-Tropfen.

  • In Teheran auch. Soll dass die Lösung sein, statt mal generell gegenseitigen Respekt einzufordern.

  • Frauen oder FLINTA*-Waggons? Was ist mit männlichen PoCs? Transmännern? Wie beweist man nonbinär zu sein? Was wenn Person die Bezeichnung FLINTA* für sich ablehnt? Wer kontrolliert den abgesperrten Gleisbereich und nach welchen Regeln? Warum keine Männerabteile, wenn die doch das Problem sind?

  • Stattdessen Sicherheitspersonal mit körperlichem züchtigungsrecht....

  • Ich will nicht in einer Gesellschaft wie Saudi Arabien leben in denen Frauen und Männer getrennt sind nur weil ein paar Arschlöcher dich nicht benehmen können.



    Schade wenn es soweit kommen muss.

    • @Jesus:

      Waren Sie schon mal in Saudi Arabien? Nee, gell!?



      Aber Hauptsache mal einen raushauen, irgendwo zwischen kulturellen und religiösen Vorurteilen.

    • @Jesus:

      Ein Frauenabteil in Saudi-Arabien dient zur Unterdrückung der Frau im Patriarchat.



      Ein Frauenabteil in der 1. Welt dient zum Schutz vor Übergriffen.

      Differenzierung ist nötig.