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„Fratelli d'Italia“ werden stärkste KraftKlarer Rechtsruck in Italien

Das Rechtsbündnis siegt bei der Parlamentswahl in Italien. Giorgia Meloni und ihre „Fratelli d'Italia“ können eine ultrarechte Regierung bilden.

Dürfte die nächste Regierung Italiens bilden: Georgia Meloni von den „Fratelli d'Italia“ Foto: reuters/Guglielmo Mangiapane

Rom ap/afp | Bei der Parlamentswahl hat sich nach vorläufigen Ergebnissen das Lager der radikalen Rechten durchgesetzt. Stärkste Kraft wurden die Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) um Giorgia Meloni, die nun Chefin der ersten ultrarechten Regierung in Italien seit dem Zweiten Weltkrieg werden könnte. Während ihre Verbündeten in Europa jubelten, blicken viele mit Sorge nach Rom.

Dort bemühte sich Meloni in ihrer Siegesrede in der Parteizentrale ihrer Fratelli um einen gemäßigten Ton. Sollte sie mit der Bildung der nächsten Regierung beauftragt werden, werde sie danach streben, das Land zu einen, erklärte Meloni. „Wenn wir dazu aufgerufen werden, diese Nation zu regieren, dann werden wir es für alle tun, wir werden es für alle Italiener tun und wir werden es mit dem Ziel tun, die Menschen (dieses Landes) zusammenzubringen.“ Dies sei die Zeit, verantwortungsbewusst zu sein, ergänzte Meloni. Für Italien und die Europäische Union sei die Lage aktuell „besonders komplex“.

Zugleich machte Meloni deutlich, dass sie den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung bei sich sieht. „Italien hat uns gewählt“, betonte die 45-Jährige. Man werde das Land nicht verraten. Das Mandat zur Regierungsbildung müsste nun Staatspräsident Sergio Mattarella erteilen.

Mehr als 20 Prozentpunkte Stimmenzuwachs

Für die Wahl am Sonntag ging Melonis Partei eine Allianz mit der rechtspopulistischen Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini und der konservativen Forza Italia des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ein. Hochrechnungen zufolge kamen die Fratelli d'Italia auf rund 25,7 Prozent der Stimmen – nach 4,4 Prozent bei der letzten Wahl vor vier Jahren. Salvinis Lega erhielt diesmal 8,6 Prozent der Stimmen – also fast weniger als die Hälfte des Stimmenanteils von 2018. Forza Italia lag bei rund acht Prozent. Der ärgste Rivale der Fratelli, der sozialdemokratische Partito Democratico des ehemaligen Ministerpräsidenten Enrico Letta, kam am Sonntag auf rund 19,3 Prozent der Stimmen.

Melonis Partei hat Wurzeln in der neofaschistischen Bewegung. Einer der Mitgründer wurde gesehen, wie er auf einem Begräbnis den faschistischen Gruß zeigte – was er bestritt. Im Wahlkampf hat Meloni versichert, sie sei „keine Gefahr für die Demokratie“. Sie hat die Brüsseler EU-Bürokratie kritisiert und den rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán verteidigt, nachdem die EU-Kommission empfohlen hatte, Ungarn wegen demokratischer Defizite und Korruptionsvorwürfen mehrere Milliarden Euro zu sperren.

Mitte-Links-Bündnis bei 26 Prozent

Streitpunkt in einer rechten Regierung könnte die Politik im Ukrainekrieg werden. Meloni unterstützt Waffenlieferungen an die Ukraine, damit sich das Land gegen russische Truppen verteidigen kann. Ihr voraussichtlicher Regierungspartner Berlusconi hat sich immer wieder bewundernd über den russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert. Salvini lief mit Pro-Putin-T-Shirts herum und lehnte die Sanktionen gegen Russland ab. In der Schlussphase des Wahlkampfs kritisierte er dann jedoch russische Grausamkeiten in der Ukraine.

Die Demokratische Partei (PD) von Ex-Regierungschef Enrico Letta kommt den Hochrechnungen zufolge auf unter 20 Prozent, das Mitte-Links-Bündnis aus PD und anderen Parteien landet den jüngsten Umfragen zufolge bei etwa 26 Prozent. Die stellvertretende PD-Chefin Debora Serracchiani gestand den Sieg „der Rechten unter Führung Giorgia Melonis“ ein und sprach von einem „traurigen Abend für das Land“.

Die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) erreichte etwa 15 Prozent der Stimmen und verlor damit stark gegenüber ihrem besten Wahlergebnis von mehr als 30 Prozent im Jahr 2018.

Politikmüde Italiener

Rund 51 Millionen Italienerinnen und Italiener waren am Sonntag aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die Wahlbeteiligung fiel auf ein neues Rekordtief: 64 Prozent der Wählerinnen und Wähler machten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. 2018 waren es 73 Prozent, was damals als Rekordtief galt. Trotz existenzieller Krisen wie der vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine angeheizten Inflation durch drastisch gestiegene Energiepreise sahen Meinungsforschungsinstitute eine Politikmüdigkeit: Seit der letzten Wahl hat es in Rom drei Regierungen gegeben. Die Wahl ist um sechs Monate vorgezogen worden, nachdem die Regierung des populären Ministerpräsidenten Mario Draghi im Juli auseinandergebrochen war.

Für Meloni wird es nun trotz des klaren Wahlsiegs eine erhebliche Herausforderung, eine stabile Regierung zu bilden. In Italien haben Regierungen in der Regel eine kurze Lebensdauer. Wie Meloni es schaffen wolle, aus ihrem Wahlsieg ein „dauerhaftes“ Regierungsbündnis zu schmieden, sei nun „die große Unbekannte“, sagte Politologe Lorenzo De Sio von der Universität Luiss in Rom der Nachrichtenagentur AFP.

Polen und Ungarn senden Glückwünsche

Nach Europa sendet der rechte Wahlsieg in Italien in jedem Fall Schockwellen: Erst vor zwei Wochen waren bei der Parlamentswahl in Schweden die rechtsradikalen Schwedendemokraten zur zweitstärksten politischen Kraft aufgestiegen und hatten erstmals Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung erhoben.

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Ungarns Regierungschef Viktor Orbán übermittelten umgehend ihre „Glückwünsche“ an Meloni. „Wir brauchen mehr denn je Freunde, die eine Vision und ein gemeinsames Vorgehen Europas teilen“, ergänzte Orbáns politischer Direktor, der Abgeordnete Balázs Orbán.

Giorgia Meloni hat lange ausgeharrt. Nach dem Wahlerfolg ihrer international misstrauisch beäugten Partei will die EU-Skeptikerin regieren, Teil der Geschichte Italiens werden. Sie ist auf dem besten Weg dorthin. Für Europa geht es in eine unbekannte Richtung.

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25 Kommentare

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  • Noch eine kleine Beobachtung bei der Ubergangsanmoderation zu den Tagesthemen bei Anne Will auf die Anfrage von A. W. an Aline Abboud, da sprach diese von der Fratelli d'Italia als eine Partei mit faschistischen Hintergrund. Aber in den Tagesthemen tauchte das Adjektiv faschistisch nicht mehr auf.

  • Ja, was beklagen wir noch, was schon lange Zeit klar schien, was in den Medien, ja auch in der Tat, durch und durch analysiert wurde. Es ist ein Skandalon für die Demokratie, 75 Jahre nach der, wohlbemerkt, militärischen Niederlage des Faschismus und NS, und wir sehen heute, dass der Schoß fruchtbar geblieben ist. Nicht der Faschismus ist das Problem, der natürlich auch, aber es war und ist die Naivität und Blindheit der Politiker und auch der Medien, die Parteien wie die Schwedenpartei, die Fratelli d'Italia für Parteien halten, die das Parlament erobern wollen, nein sie wollen die Wähler, die Menschen erobern. Dies hat schon die Geschichte uns gelehrt. Auf die Vernunft zu hoffen reicht wohl nicht ganz, die der letzte noch lebende Mahner, Jürgen Habermas, immer wieder Mal in Anschlag bringt. Und Italien? Was sagt uns das, linksliberalen aufwachen und doch eine faschistische, oder eine im Geiste faschiste Koalition als künftige Regierung. Das Kind liegt im Brunnen. Wie kriegt man das Kind wieder daraus? Die Wahl zeigt nur eines: Resignation der Menschen, deren Nöte nicht ernst genug genommen wurde. Dies zur Mahnung auch an uns in Deutschland.

  • Den Brüdern Italiens steht eine Schwester vor. Mal sehen wie lange die Chouvi- Bande das auszuhalten bereit ist. Bunga-Bunga mischt ja auch wieder mit. Schätze mal, nach einem halben Jahr zerfliegt die Regierung; Ganz italienisch.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Nach dem Aufstieg Haiders und der Rechtsextremen in Österreich, woran sich bis zum rechtspopulistischen Kanzler Kurz nicht viel änderte, habe ich das Land von meiner Urlaubs- und Ausflugsliste gestrichen und war bis heute auch nicht mehr dort.



    Das wird nun, nach dem Wahlsieg der Rechtsextremisten in Italien, auch mit diesem Land so sein.



    Wir sind zwar inzwischen von rechten und populistischen Regierungen förmlich umzingelt - aber in Deutschland ist es auch schön.



    Und wir müssen unser Geld nicht der Tourismus-Industrie in rechts und rechtsextremistisch regierten Ländern in den Rachen werfen.



    Italien sollte konsequenterweise die EU verlassen - wie es England getan hat.



    Das wäre zwar faktisch das Ende der EU - zumal auch Spanien und Frankreich demokratisch zweifelhaft regiert werden - aber besser ein Ende der EU, als mit rechtsexstrem regeirten Ländern eine "Union" zu bilden.



    Besonders abstoßend ist dabei, dass sich auch deutsche Politiker, um der Macht auf EU-Ebene willen, an die Rechten in Italien angewanzt haben.

    • @655170 (Profil gelöscht):

      Dass für Sie auch schon Frankreich "demokratisch zweifelhaft" regiert wird, spricht Bände über das grundsätzliche Missverständnis zur Idee eines demokratischen Europas. Und genau dieses Missverständnis ist die Ursache des Melonisiegs. Bislang hat leider nur ein Staatsoberhaupt das grundsätzliche Problem erkannt. Das war ein sehr weitsichtiger Macron, und es war unsere unsägliche Kanzlerin, die die einmalige Chance nicht ansatzweise verstand und Macron am ausgestreckten Arm verhungern ließ, wie selbst die TAZ erkannte (taz.de/Macrons-Pla...-die-EU/!5578262/).

  • Was offenbart dieses Ergebnis über dieses Land? Wie tief ist der Faschismus in Italien verankert? Gilt jetzt bella faschista?

  • 6G
    656279 (Profil gelöscht)

    Zu Italien, dem eher ländlichen Raum in den Bergen des Piemont und wo ich mehrfach im Jahr bin, da wäre zu sagen, dass die Mehrheit der Menschen dort nach meinem Eindruck konservativ und eher bodenständig orientiert ist; aktuell und nicht selten Meloni & Co. gewählt haben.

    Wie hier in der Subüberschrift "Ultrarechts" würde ich das nicht nennen, negiert es gar den offensichtlichen Wählerwillen.

    • @656279 (Profil gelöscht):

      "Wie hier in der Subüberschrift "Ultrarechts" würde ich das nicht nennen, negiert es gar den offensichtlichen Wählerwillen."

      Meinen Sie den Willen der Wähler, die sagen: Ich will diese Partei wählen, aber ich will nicht als Rechter bezeichnet werden?

    • @656279 (Profil gelöscht):

      "Wie hier in der Subüberschrift "Ultrarechts" würde ich das nicht nennen, negiert es gar den offensichtlichen Wählerwillen."



      Es hat doch niemand das Ergebnis der Wahl angezweifelt. Der offensichtliche Wählerwille ist rechtsradikal und wer Faschisten wählt muss sich diese Wahlentscheidung auch zurechnen lassen, auch wenn man sich selbst natürlich lieber als "konservativ und eher bodenständig" begreift

    • @656279 (Profil gelöscht):

      Ahso. Wenn "Konservative" eine Fascho-Partei wählen, ist diese Partei dann auch konservativ. Wieder was gelernt heute.

      • 6G
        656279 (Profil gelöscht)
        @Kaboom:

        Solange es noch diese Art von Wahlen in der EU gibt, wird man sich wohl zunehmend häufig entscheiden müssen ...

  • Das wird die 70igste Regierung in Italien in 77 Jahren. Auch diese wird nicht lange halten. Bunga-Bunga Berlusconi ist abgestürzt und wird sich wohl kaum geräuschlos einer Frau unterordnen. Die nächste Wahl kommt eher früher als später.

  • Wenn Meldung/Meinung nicht angelsächsisch streng getrennt werden (siehe letzter Satz hier), dann fragt leser nach deutschem Presse-Brauch : Wer ist die Autorin ?

  • Wir sehen die Antwort auf die Frage:"Wer kann besser lügen"?



    nachdem man die Lügen der Sozialdomokratie zielich leid ist, wie fast in ganz Europa, gibt man jetzt den Besten eine Chance.



    Wenn man gemein ist, sagt man:" die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber".



    Ein wenig Trost. Wahlbeteiligung bei 60 Prozent. Die "Mehrheit" sind jetzt fünfundzwanzig Prozent aller wahlberechtigten Italiener.



    Naturgesetz, mit abgewiesenen Flüchtlingen kann man weder teure Lebensmittel kaufen, noch die Miete zahlen, oder eine Lohnerhöhung bekommen.



    Ausser man glaubt dran.

  • In Italien bekommt jede Partei einmal ihre Chance zu regieren. Bringt sie nichts, wird sie wieder abgewählt. Dieses Vorgehen würde auch Deutschland gut tun. Aber dazu sind wir wohl zu unflexibel!

    • @Gerdi Franke:

      Hierzulande musste man eben schon zweimal die Erfahrung machen, dass sich manche Parteien, einmal an der Macht, eben nicht so einfach wieder abwählen lassen.

  • Superreiche und Oligarchen haben Italien für sich gewonnen.



    Es überrascht mich doch sehr, dass so viele Italiener:innen noch mehr Ungerechtigkeit, Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung, Rassismus und Leugnen der globalen Klimakrise wünschen.



    Einige reiben sich mit Dollarzeichen in den Augen schon die Hände.



    Ich nicht, ich bin traurig und wütend und ich werde mich jetzt erst recht weiterhin stur für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Frieden engagieren.

  • Hm, bin mir nicht sicher, ob die "Richtung", in die es für Europa geht, eine so unbekannte ist...

    Die Wahlbeteiligung bzw deren Rückgang ist wirklich alarmierend. Was ich nicht ganz begreife, zumindest weniger als hierzulande bzgl der AfD, ist das nomenklatorische Herumgeier. "Rechte", "Ultrarechte", aber nicht "rechtsextrem" wie in Schweden - und das F-Wort sprechen wir partout nicht aus.

    Das wird uns womöglich noch unsere Genicke kosten.

    Nebenbei:



    "Salvinis Lega erhielt diesmal 8,6 Prozent der Stimmen – also fast weniger als die Hälfte des Stimmenanteils von 2018." Das ist etwas dürftige Schreibe. Fast weniger bedeutet (in diesem Fall) mehr (als die Hälfte). Etwas tendenziös.

  • Da wird sich der Faschisten-Helfer und EU-Schädiger Manfred Weber von CSU-EVP aber freuen, hat er doch für Berlusconi geworben.

  • DER Partito - liest sich doch viel angenehmer als das presseweit weitverbreitete DIE. Jetzt müssenwer noch die SpaghettiS abschaffen ...., auch wenn's der spaghettO nicht ins Deutsche schaffen wird.

  • " das Lager der radikalen Rechte " - tja, das wären die Bürgerrechtler von den Radicali.



    Is aber leider das Lager der RechteN. Beugt euch der deutschen Deklination, oh ihr Widerspenstigen !

    • @lesnmachtdumm:

      Das nenn ich mal falsche Prioritäten. In Italien wird ein Bündnis aus Ultra-Rechts und Faschos gewählt, aber hier gilt die größte Sorge der korrekten Deklination.

      • @Ingo Bernable:

        Nicht so garstig. Wird das große ganze zu unangenehm, hält man sich am bekannten und vorallem kontrollierbaren fest. Ich würde eher sagen, LESN ist geschockt und hat damit das Herz am linken Fleck.

      • @Ingo Bernable:

        Naja, ist eben im Qualitätsjournalismus ein Qualitätsmerkmal.