Finanzpaket im Bundesrat: Nun steht Hubsi doch im Rampenlicht
Die Grünen sind im Boot, doch jetzt muss das Finanzpaket noch durch den Bundesrat. Und damit kommt es auch auf Hubert Aiwanger an.

Und man kann nicht gerade behaupten, dass es die CSU ihrem bayerischen Koalitionspartner bisher leicht gemacht hätte, ihr den Gefallen zu tun und dem Paket seinen Segen zu geben. Ministerpräsident Markus Söder verhält sich zurzeit eher wie die Axt im Walde – als hätte man vergessen, ihm mitzuteilen, dass der Wahlkampf bereits beendet ist. So schlug er zuletzt beim Politischen Aschermittwoch, aber auch bei Interviews weiterhin auf Grüne und Freie Wähler ein – also ausgerechnet die beiden Parteien, auf die Schwarz-Rot jetzt angewiesen ist. „Ich habe keine Lust mehr, ständig bundespolitisches Gequake zu hören von Leuten, die null Ahnung von der Sache haben“, moserte er beispielsweise über die Freien Wähler. Klingt nicht nach Diplomatie im fortgeschrittenen Stadium.
Wenig verwunderlich also, dass die Freien Wähler erstmal „nein“ gesagt haben. „So, wie derzeit dieses Papier vorliegt, können wir nicht zustimmen, weil wir damit mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes sehen“, meldete sich Aiwanger am vergangenen Mittwoch nach einer Sondersitzung seiner Fraktion im bayerischen Landtag zu Wort. Die Schuldenbremse müsse beibehalten werden, um den Reformdruck aufrechtzuerhalten – „dass wir wirklich an die Probleme rangehen, die Deutschland zu teuer machen, die Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit rauben“.
Zugeständnisse beim Länderfinanzausgleich?
Gleichzeitig ließen die Freien Wähler jedoch durchblicken, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Man setze nun auf Gespräche mit der CSU. In der Tat reagierte der Juniorpartner der bayerischen Koalition wohl auch deshalb so pikiert, weil die CSU noch nicht einmal das Gespräch mit ihm gesucht hatte. Am Montag nun soll der Koalitionsausschuss zu einer Sondersitzung zusammentreten.
Ob es reicht, den Freien Wählern dann ein bisschen den Bauch zu pinseln, womit sich Söder ohnehin erkennbar schwertut, oder handfeste Zugeständnisse nötig sind, um sie milde zu stimmen, wird sich erst dann zeigen. Und welche Zugeständnisse das sein könnten, ist unklar. Der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Bernhard Pohl, brachte eine Reform des Länderfinanzausgleichs ins Spiel. Die neue Bundesregierung, so der Vorschlag, sollte die Zahlungen der Geberländer auf 0,5 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts deckeln.
Bayern müsste demnach statt bisher knapp 10 Milliarden Euro nur noch 3,5 bis 4 Milliarden Euro zahlen. Söder hätte wohl kein Problem zu versprechen, sich in der Koalition für eine Reform des auch von ihm als zutiefst ungerecht empfundenen Länderfinanzausgleichs einzusetzen. Was die Koalitionspartner in Berlin dazu sagen würden, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Söders Nimbus als starker Mann in Gefahr
Theoretisch ginge es im Bundesrat auch ohne die Freien Wähler. Doch dafür müsste das schwarz-rote Bündnis außer den Bundesländern, in denen ausschließlich CDU, SPD und/oder Grüne regieren, Bundesländer mit FDP-, BSW- oder Linken-Regierungsbeteiligung auf seine Seite ziehen. Das wären Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt (FDP), Thüringen und Brandenburg (BSW) oder Mecklenburg-Vorpommern und Bremen (Linke). Oder eine wilde Kombination daraus.
Zudem wäre es ein herber Rückschlag für Markus Söder, der sich schon längst als der starke Mann in der neuen Regierung geriert. Er selbst lehnt einen Ministerjob in einem Kabinett Merz zwar vehement ab, da ihm die Mitgliedschaft in Gremien, in denen er nicht selbst den Ton angibt, grundsätzlich zuwider ist. Ihm schwebt aber vor, über den Koalitionsausschuss, der nach seiner Vorstellung künftig eine deutlich stärkere Rolle bekommen soll, mitzumischen – und das zumindest auf Augenhöhe mit Merz, Klingbeil und Co. Ganz nach dem alten Strauß’schen Motto: Ist mir doch egal, wer unter mir Kanzler ist.
Wenn nun aber ausgerechnet das Finanzpaket an Bayern scheitern sollte, wäre der Nimbus des starken Manns dahin. Und selbst wenn es trotz eines bayerischen Neins noch die Zweidrittelmehrheit bekommt: Allein die Vorstellung, dass die Handlungsfähigkeit der neuen Regierung gegen die Stimmen Bayerns und nur mit dem Segen von, sagen wir, Bremen zustande kommen würde – welche Schmach für Söder!
CSU gibt sich gelassen
Allzu wahrscheinlich ist das Szenario freilich nicht. Zu viel dürften die Freien Wähler in Bayern bei einem Nein riskieren. Die CSU gibt sich denn auch betont gelassen. „Der Freistaat Bayern wird diesem Paket zustimmen, da muss man sich gar keine Gedanken drüber machen“, sagt etwa CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Auch Söder scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Und in der Tat hat er einen argumentativen Trumpf – und noch einen machtpolitischen dazu.
Zum einen sind die Freien Wähler ihrer Herkunft und auch ihrem Selbstverständnis nach die Partei der Kommunen. Lehnten die Landespolitiker nun das Finanzpaket ab, das auch den finanziellen Spielraum für die Kommunen erweitern würde, dürfte dies nicht nur auf Zustimmung bei den vielen Landräten und Bürgermeistern stoßen, die die Freien Wähler stellen.
Zum anderen riskiert Aiwanger ein Ende der Koalition in Bayern. Rechnerisch könnte Söder auch mit jeder anderen Partei im Landtag eine Koalition bilden. Geht man davon aus, dass AfD und Grüne nicht in Frage kommen, bliebe aber immer noch die SPD. Deren Fraktionschef Holger Grießhammer zitierte im Spiegel vorsorglich schon mal den früheren SPD-Chef Franz Müntefering und verwies darauf, auch er sei durchaus der Meinung, dass Opposition Mist sei.
Anm. der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Bayern müsse nur Millionen für den Länderfinanzausgleich abgeben. Tatsächlich sind es Milliarden. Wir haben das korrigiert.
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