Falschmeldung der „Bild“-Zeitung: Habeck kostet uns keine Billion
Kosten die Pläne des grünen Vizekanzlers zum Austausch alter Heizungen 1.000 Milliarden Euro, wie die Boulevard-Zeitung behauptet? Ein Faktencheck.
Welche Umbaukosten auf Mieter*innen und Eigentümer*innen zukommen, fragt die Bild nun in ihrem Text – und verweist in der Antwort auf Manuel Frondel vom Essener Wirtschaftsinstitut RWI. Er habe nachgerechnet und komme „auf Kosten von einer Billion Euro (1.000 Milliarden)“.
Das RWI und Frondel distanzieren sich auf taz-Anfrage allerdings von der Zahl. Laut einer Institutssprecherin hat der Ökonom die 1.000 Milliarden zwar in einem längeren Hintergrundgespräch mit Jan Schäfer – Autor des Textes und Mitglied der Bild-Chefredaktion – genannt.
Er habe die Zahl aber mit Einschränkungen versehen: Es gehe nur um eine „grobe Überschlagsschätzung der Bruttokosten, wenn bis 2045 sämtliche Öl- und Gasheizungen in Deutschland ausgetauscht und durch Wärmepumpen ersetzt werden (müssen) und dabei im Altbau noch Kosten für zusätzliche Dämmung entstehen“.
Nicht berücksichtigt sei bei der Bruttozahl zum Beispiel, dass viele alte Heizungen bis 2045 ohnehin kaputt gehen und ersetzt werden müssen. Bei einer gewöhnlichen Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren gilt das voraussichtlich für einen Großteil der heute im Einsatz befindlichen Öl- und Gasheizungen.
Kosten auch ohne Gesetz
Dürften sie weiterhin durch rein fossil betriebene Heizkessel ersetzt werden, wäre das bei den aktuellen Preisen zwar günstiger als der Einbau einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe. Umsonst gäbe es eine neue Öl-Heizung aber natürlich auch nicht. Ein Teil der von Frondel geschätzten 1.000 Milliarden Euro fiele also auch ohne neues Gesetz an.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
„Die genannte Zahl war nicht zur Veröffentlichung gedacht (und wäre von uns auch nicht kommuniziert worden)“, schreibt die RWI-Sprecherin der taz. „Vor allem nicht, ohne die Einschränkungen zu benennen, auf die Herr Frondel im Gespräch hingewiesen hat.“
Unklar bleiben bis auf Weiteres allerdings die tatsächlichen Kosten der neuen Vorschriften. Habecks Wirtschaftsministerium macht dazu bislang keine Angaben. In seinem Gesetzesentwurf steht in der Rubrik „Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger“ nur: „wird nachgereicht“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit