Ergebnisse Populismusbarometer: Wähler zunehmend populistischer
Jeder dritte Wahlberechtigte in Deutschland ist einer aktuellen Studie zufolge populistisch eingestellt. Die größten Verschiebungen finden in der Mitte statt.
Demnach ist knapp jeder dritte Wahlberechtigte (30,4 Prozent) in Deutschland populistisch eingestellt. Das sind vier Prozent mehr als im Vorjahr (29,2 Prozent). Gleichzeitig sei die Gruppe der eindeutig unpopulistischen Wähler auf 32,8 Prozent gesunken (2017: 36,9 Prozent). Dabei gelte: je höher der Bildungsgrad und das Einkommen, desto weniger verbreitet sind populistische Einstellungen.
Für die Online-Umfrage wurden im Mai und August dieses Jahres jeweils mehr als 3.400 Wahlberechtigte von Infratest Dimap zu ihren Einstellungen befragt. Laut Untersuchung könnten sozialpolitische Gerechtigkeitsthemen dem Trend zu mehr Populismus entgegenwirken. So sei Sozialpolitik als „Brückenthema und Mobilisierungschance“ zu begreifen, hieß es weiter.
Damit könnten etablierte Parteien auch populistisch eingestellte Menschen erreichen. Allein die Forderung nach „viel höheren Investitionen in den sozialen Wohnungsbau“ habe die Zustimmung bei Populisten und Nicht-Populisten um jeweils 15 Prozentpunkte erhöht.
„Die sozialen Fragen sind die wichtigsten Brückenthemen für eine Gesellschaft, die sich kulturell und sozial immer tiefer spaltet. Sollten sich die etablierten Parteien nicht um diese soziale Themen kümmern, werden die Populisten das übernehmen“, sagte Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel vom WZB als einer der Mitautoren der Studie.
Als Populismus bezeichnen die Autoren dabei eine bestimmte Idee von Demokratie, die durch die Unterscheidung zwischen einem „wahren Volk“ und „korrupten Eliten“, der Idee eines allgemeinen Volkswillens und der Idee gesellschaftlicher Homogenität definiert wird. Daraus ergäben sich drei Facetten des Populismus: „Anti-Establishment“, „Pro-Volkssouveränität“ und „Anti-Pluralismus“. „Je stärker Wähler Aussagen und Positionen vertreten, die den drei Populismus-Dimensionen entsprechen, umso populistischer sind sie“, heißt es in der Studie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau