Elternschaft lesbischer Paare: Familie ist, wer Familie sein will

Ein Gericht in Celle fordert eine Regelung der Mutterschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren. Für eine moderne Gesellschaft wäre sie überfällig.

Zwei Mütter und ein Kind sind mit bunter Kreide auf eine Straße gezeichnet

Regenbogenfamilie: Dürfen zwei Mütter Mütter sein? Foto: Jessica Tooley/imago

Wer Familie ist und sein darf, ist eine große Frage. Für Heteropaare, die gerade ein Kind bekommen haben, ist es schwer vorstellbar, dass eine fremde Person anlasslos zu ihnen nach Hause kommt, nach ihrer Sexualität fragt und ihrer erzieherischen Eignung, ihr Leben begutachtet und dann darüber verfügt, ob der Mann vor dem Gesetz auch Vater sein darf.

Für lesbische Paare, die im Rahmen der Ehe für alle verheiratet sind und ein Kind miteinander haben, ist das die Norm. Eine Mutter, die nicht geboren hat, obwohl der Mann vor dem Gesetz auch Vater sein darf, wird als potenzielle Gefahr für das Kind betrachtet, ihre Kompetenz als Mutter absurderweise qua Geschlecht infrage gestellt und in einem zuweilen langwierigen Prozess überprüft.

Im Raum steht dabei die Möglichkeit, dass ihr diese Kompetenz nicht zuerkannt wird – und dahinter steht nicht etwa das Kindeswohl, sondern stehen rückwärtsgewandte Strukturen patriarchaler Kontrolle und Vorstellungen devianter Sexualität.

Das Oberlandesgericht Celle hält dies nun für verfassungswidrig. Im Bürgerlichen Gesetzbuch, so das Gericht, fehle eine Regelung für gleichgeschlechtliche Paare zu Mutter- und Vaterschaft. Das Verfahren ist ausgesetzt, der Fall ans Bundesverfassungsgericht weitergeleitet. Nötig ist all das übrigens nur deshalb, weil sich die Union einer zeitgemäßen Reform des Abstammungsrechts bislang verweigert.

Gleichstellung ist das Gebot

Zwar wird die eigentliche Entscheidung zu der Frage, ob zwei Mütter Mütter sein dürfen, nun also noch dauern. Doch eine andere als die, Regenbogenfamilien nach der Ehe für alle nun auch im Abstammungsrecht endlich vollständig rechtlich gleichzustellen, wäre absurd.

Weder Heterosexualität noch genetische Beteiligung sind, was Elternschaft ausmacht – sondern es ist die soziale Übernahme von Verantwortung, der Aufbau von Beziehung, das Schaffen von Geborgenheit. Wer Familie ist, ist eine große Frage. Die einfache Antwort darauf: Die, die es sein wollen.

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war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erscheint mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.

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