Eklat im Thüringer Landtag: Peinlicher Auftritt
In der turbulenten Sitzung im Thüringer Landtag gab AfD-Alterspräsident Treutler eine armselige Vorstellung. Das Gute: Demokratische Parteien arbeiteten zusammen.
D ie konstituierende Sitzung des Landtags in Thüringen hat gezeigt, wie die AfD mit Machtpositionen umgeht. Sie versucht, Grenzen zu verschieben, ihre Widersacher:innen zum Schweigen zu bringen und ihren eigenen Einfluss mit allen Mitteln weiter auszubauen. Trotzdem war das Spektakel diese Woche – das mag jetzt überraschen – noch eine milde Variante. Denn mit dem 73-jährigen Jürgen Treutler vertrat die Partei keine starke, durchsetzungsfähige Persönlichkeit. Glück für Thüringens Demokratie.
Ein geschickter Alterspräsident hätte schon in der ersten Sitzung einen noch größeren Schaden angerichtet und die vermeintliche Opferrolle der AfD überzeugender gespielt. Treutler saß hingegen in weiten Teilen komplett unsicher auf dem Platz der Sitzungsleitung. Er hielt sich an seiner Rede fest, wiederholte stoisch seine einstudierten Sätze. Mit aufgesetzter Autorität versuchte er sich Gehör zu verschaffen.
Als er etwa einen ruhigen Moment nutzte, um jetzt mal Ruhe einzufordern, lachten die meisten Abgeordneten verwirrt auf. Weniger zum Lachen fanden sie dann, als er den Fraktionsvorsitzenden die Mikrophone abstellen wollte. Wobei er es dann nicht durchsetzte, die Mikrophone blieben an. Wie weit seine Rechte gehen, das reizte der AfD-Politiker nicht aus. In schneller Folge erteilte er dem CDU-Geschäftsführer Andreas Bühl zwei Ordnungsrufe.
Beim dritten hätte er Bühl des Saales verweisen müssen. Obwohl der CDUler unverändert den Alterspräsidenten unterbrach und ihn kritisierte, ihm sogar „Machtergreifung“ vorwarf, scheute sich Treutler offensichtlich vor dem dritten Ordnungsruf. Auch wenn es von den anderen Fraktionen hieß, Treutler habe nicht die Legitimation dafür, wäre das sicherlich ein weiterer Streitpunkt gewesen, den ein Gericht hätte klären müssen.
Im Kollektiv für die Demokratie
In seiner Unsicherheit blickte Treutler häufig Hilfe suchend zu seiner Fraktion. Und immer öfter eilte dann der AfD-Geschäftsführer Torben Braga nach vorn, um für den Alterspräsidenten die Verhandlungen zu übernehmen oder ihm selbst ein paar Worte mitzugeben. Die Fassade des unparteiischen Alterspräsidenten, der sich nur an die vorgegebenen Rechtsnormen hält, bröckelte zusehends. Treutler wiederholte, für alle offensichtlich, was seine Fraktion zu sagen hatte.
Die AfD geht offen mit ihren Zielen um. Je schlechter es der Gesellschaft geht, desto größer die Krise, desto besser für die Partei. Es war absehbar, auf welches Chaos der Thüringer Landtag zusteuert. Vor allem die CDU hat in der letzten Legislatur nicht dabei geholfen, es zu verhindern.
Allerdings: Bei der konstituierenden Sitzung schien es, als arbeiteten CDU, SPD, BSW und Linke zusammen, um die Demokratie gegen den plumpen Angriff der AfD zu verteidigen. Das ist ermutigend und lässt darauf hoffen, dass sie nun frühzeitig die richtigen Mittel ergreifen. Wer weiß, ob Thüringens Demokratie nochmal das Glück hat, dass die AfD nur mit ungeschickten Politiker:innen nach der Macht greift.
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