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Einvernehmlicher Sex neu definiert„Ja heißt Ja“ jetzt auch in Norwegen

Das Parlament in Oslo stimmt mit großer Mehrheit für einen Gesetzentwurf, der Menschen besser schützen soll. Auch viele Jugendliche haben sich dafür eingesetzt.

Mehr Frauenrechte in Norwegen Foto: Elisa Schu/dpa

Härnösand taz | Nur ja heißt ja: Auch in Norwegen gilt Sex künftig nur dann als einvernehmlich, wenn die Beteiligten explizit zugestimmt haben. Das Parlament in Oslo stimmte am Freitagnachmittag mit großer Mehrheit für eine entsprechende Änderung des Strafrechts.

Einen „enormen Sieg“ nennt das die Gruppe Samtykkeallians (Zustimmungs-Allianz). Sie hatte sich seit Jahren dafür eingesetzt, dass die Verantwortung für einen sexuellen Übergriff auch gesetzlich beim Täter anstatt beim Opfer liegt. Es sollte also nicht mehr der Nachweis einer betroffenen Person nötig sein, sich explizit gewehrt zu haben, damit juristisch überhaupt von einer Vergewaltigung gesprochen wird.

Mit der Einführung des Zustimmungsprinzips folgt Norwegen unter anderem seinen Nachbarn Schweden und Dänemark, wo es bereits gilt. Insgesamt ist es in 13 Ländern gesetzlich verankert, und Frankreichs Nationalversammlung stimmte erst im April für einen entsprechenden Entwurf. Deutschland zählt noch nicht zu dieser Gruppe, obwohl es die Istanbul-Konvention ratifiziert hat, die dazu verpflichtet.

Die norwegische Regierung hatte bereits 2021 ihre Bereitschaft zur Gesetzesänderung bekundet. Diesen Frühling schließlich kündigte die sozialdemokratische Arbeiderparti, die derzeit allein eine Minderheitsregierung bildet, den fertigen Entwurf an. Aus dem solle klar hervorgehen, dass sexueller Umgang auf Freiwilligkeit beruhe, betonte die norwegische Justizministerin Astri Aas-Hansen Anfang April.

„Ich will besonders unterstreichen, dass du nicht von Einverständnis ausgehen kannst, wenn dein Gegenüber passiv ist oder wird“, sagte sie dem norwegischen Rundfunk NRK. Man müsse sich dann versichern, dass die Person dies tatsächlich immer noch wolle.

Diese Änderung bedeute viel für Betroffene, machte Sol Stenslie von der Samtykkeallians nach der Parlamentsabstimmung deutlich. „Denn dann haben wir ein Gesetz, das ihnen Schutz gibt. Und das ist enorm wichtig“, sagte sie laut NRK. Nun könnten alle Formen von Vergewaltigung als solche anerkannt und bestraft werden.

Im geänderten Gesetz heißt: „Wer sexuellen Umgang mit einer Person hat, die weder in Worten noch Taten ihre Zustimmung ausgedrückt hat, kann mit einer Haftstrafe von bis zu sechs Jahren bestraft werden“. Das alte „Nein heißt Nein“-Prinzip bleibt als schwerwiegendere Form bestehen: Wer trotz ausdrücklicher Ablehnung sexuelle Handlungen fortsetzt, kann demnach mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden.

Für die Veränderung waren in Norwegen in den vergangenen Jahren zahlreiche Jugendliche auf die Straße gegangen und hatten sich in sozialen Medien engagiert. Um das Problembewusstsein in der Gesellschaft zu erhöhen, berichteten Betroffene etwa, wie verbreitet im Fall einer Vergewaltigung der Zustand des „Einfrierens“ ist, der eine aktive Abwehr unmöglich macht.

Die Sprecherin für das Zustimmungs-Gesetz im Parlament, Ragnhild Male Hartviksen, berichtete am Freitag von „15-, 16-, 17-Jährigen“, die sich bei ihr meldeten und ihr gesagt hätten, wie stolz sie seien. „Viele Jugendliche haben sich dieses Gesetz wirklich gewünscht“, sagte Hartviksen. „Dies ist ein sehr guter Tag für sie.“

Kritik gibt es allerdings daran, dass künftig nur besonders schwere Vergewaltigungen, die mit bis zu 21 Jahren Haft bestraft werden können, von der Verjährungsfrist ausgenommen werden. Alle anderen Fälle sollen nach zehn Jahren verjähren.

Das wird mit der nun ausgeweiteten Definition dessen begründet, was strafbar ist. Über diesen Aspekt sei sie „sehr enttäuscht“, so Sol Senslie von der Samtykkeallians. „Wir wissen schließlich, dass es viele Jahre dauern kann, bis man es tatsächlich schafft, Anzeige zu erstatten.“

Bevor das Gesetz nun tatsächlich in Kraft treten kann, muss es ein zweites Mal durchs Parlament in Oslo – dies wird für kommende Woche erwartet.

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28 Kommentare

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  • Erinnert mich an die Rede von Bernd Höcke: "Wir müssen unsere Männlichkeit wieder finden."



    Was ist Männlich?



    Meiner Meinung nach bedeutet männlich zu sein, Schwächere zu schützen. Da sollte es einer Regelung wie "Ja heisst Ja" gar nicht bedürfen. Aber die Männlichkeit ist uns wohl abhanden gekommen! Ohne dabei dem Faschisten beizupflichten, der meint sicher etwas anderes.

  • De facto ändert das natürlich nicht besonders viel, weil jetzt eben nachgewiesen werden muss, dass ein mutmaßliches Opfer tatsächlich keine Zustimmung erteilt bzw. seine Meinung geändert hat. Auch dieses Gesetz führt ja nicht den Zwang zur Schriftform ein und hebelt auch nicht das Prinzip in dubio pro reo aus.

  • Wenn ich programmieren könnte, würde ich eine App auf den Markt bringen, in der unkompliziert eine Zustimmungserklärung hinterlegt werden kann, die mit Fingerabdruck oder Gesichtscan bestätigt wird.



    Bleibt trotzdem immer noch das juristische Problem:



    Was gilt und wie ist das beweisbar, wenn es während des Aktes eine Meinungsänderung gibt?

  • Das Consent Law wird zwar von vielen Strafverteidigern als juristisch zu vage angesehen, in Schweden hat es sich allerdings bewährt, besonders vor dem Hintergrund der Einführung der fahrlässigen Vergewaltigung als Straftat. Die Verurteilungsrate in diesem Bereich liegt mittlerweile bei 80%. Bei 90% der Fälle handelte es sich zudem um die Altersgruppe der Teenager.

    Ein Grund warum gerade in Norwegen viele Jugendliche sich für die Einführung der Ja heißt Ja Regelung einsetzten ist, dass die soziale Stigmatisierung bei Sexualdelikten in der Bevölkerung immer noch sehr ausgeprägt ist.

    Und auch die norwegische Justiz hat bisher ihren Anteil dazu beigetragen, indem nicht nur in der Rechtsordnung sondern auch durch Geschlechterstereotypen Opfer sexueller Gewalt schlecht gestellt waren. Das galt ganz besonders für Teenagerinnen.

    Das die Gleichstellung der Geschlechter, auf die in Norwegen soviel Wert gelegt wird, in diesen Bereichen ausgehebelt wird zeigen die Statistiken der letzten zehn Jahre überdeutlich. Beginnt bei der Hohen Anzahl der Vergewaltigungen, dem geringen Anzeigenaufkommen und endet damit das 80% der Anzeigen zu keiner Verurteilung führten.

  • „Ja heißt Ja“ Nein, es heißt Ja solange es einvernehmlich ist. Nur weil Person vor 10 Minuten ihr notarielles Einverständnis gegeben hat, kann sie es dennoch jederzeit widerrufen.

  • „Wer sexuellen Umgang mit einer Person hat, die weder in Worten noch Taten ihre Zustimmung ausgedrückt hat, kann mit einer Haftstrafe von bis zu sechs Jahren bestraft werden“.

    Da bin ich gespannt, wie sich in der Gerichtspraxis die explizite Zustimmung mit höchst diversen Sexualpraktiken vereinbaren lässt. Muss z.B. der Masochist vorher schriftlich zu Protokoll geben, dass sein erwartungsfrohes Nein! eigentlich ein lautes Ja! meint?

    In Liberia hatten die Prostituierten aus verschärften Gesetzen ein neues Geschäftsmodell gemacht: Sie haben ihre Freier erpresst. Das mag einem im Kampf gegen Armuts- und Zwangsprostitution moralisch noch recht sein, im „normalen“ Umgang miteinander droht aber eine Aufweichung bewährter Rechtsprinzipien: „keine Strafe ohne Schuld“ und „im Zweifel für den Angeklagten“. Ohne „drittem Zeugnis“ dürfte es Gerichten weiterhin schwer fallen, einen Schuldspruch zu fällen.

    • @DemokratischeZelleEins:

      Ihr besagter "Masochist" wird, wenn er sexuell zufrieden ist, wahrscheinlich keine Anzeige erstatten. Problem gelöst!

      Das wesentliche Element der "ja heißt ja" Gesetzgebung ist, dass im Falle einer Gerichtsverhandlung die Beweislast umgekehrt wird: Der wegen Vergewaltigung Angeklagte muss beweisen, dass die Zustimmung gegeben wurde, anstatt dass das Opfer beweisen muss, sich gewehrt zu haben, bzw. ihren*seinen Unwillen zum Ausdruck gebracht zu haben.



      Das macht ein Gerichtsverfahren erträglicher für die Opfer. Und eine Verurteilung möglich, wenn das Opfer in eine Angststarre verfallen war.

      Auch bringt das eine andere Wertehaltung zum Ausdruck:



      Früher war das Gesetz in Deutschland "ein Mann darf mit einer Frau Sex haben, solange diese sich nicht mit Händen und Füßen aktiv dagegen wehrt", die aktuelle Gesetzeslage bringt zum Ausdruck "ein Mann darf mit einer Frau Sex haben, solange diese nicht sagt, dass sie nicht will".



      "Nur ja heißt ja" erfordert gegenseitige Achtsamkeit: wie geht es meinem Gegenüber gerade? Ist da Konsens oder ist mein Gegenüber (im Extremfall) gerade erstarrt/dissoziiert?

      Warum besteht soviel Abwehr gegen die Idee einer einvernehmlichen, achtsamen Sexualität?

      • @J. H.:

        Es geht in meinem Kommentar nicht um oder gegen die Idee einer einvernehmlichen, achtsamen Sexualität. Es geht um bewährte Rechtsprinzipien, die zu Unrecht Beschuldigte vor willkürlichen Anzeigen und Strafen schützen. Nehmen Sie ein harmloseres Vergehen, wie z.B. Missachtung einer roten Ampel. A beschuldigt B bei Rot über die Kreuzung gefahren zu sein. Es gibt keine weiteren Zeugen oder Beweise. B gibt zu, über die Kreuzung gefahren zu sein, sagt aber dass die Ampel Grün zeigte. Soll ein Gericht B nun schuldig sprechen, nur weil A behauptet, die Ampel hätte Rot gezeigt? Nichts andere bedeutet die Umkehr der Beweislast: Wer beschuldigt wird, muss beweisen, kein Unrecht begangen zu haben. Und schon morgen ermittelt gegen uns alle die Polizei, weil uns jemand irgendeine „Schuld“ vorwirft und wir müssen dann beweisen, dass wir nichts getan haben, sonst droht Strafe. Ein Schuldvorwurf macht noch keineN SchuldigeN. Hier sei nur an den Kachelmann-Prozess erinnert.

      • @J. H.:

        "Warum besteht soviel Abwehr gegen die Idee einer einvernehmlichen, achtsamer Sexualität?"

        Weil die Ja heißt Ja Regelung ein weiter Baustein ist die Machthierarchien zu Ungunsten der Männer zu verschieben.

        Vor dem Hintergrund, dass es vor hundert Jahren in Deutschland noch das Züchtigungsgesetz gab, welches dem Mann die totale Kontrolle über die Frau einräumte, wurde seitdem das Selbstbild der Männer von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zurechtgestuzt.

        In Deutschland fiel dann 1997 mit der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe eine der Grundsäulen des Besitzanspruchs, welches Männer gegenüber Frauen meinten zu haben.

        Und da sexualisierte Gewalt in Beziehungs- und Machtstrukturen eingebettet ist und nicht nur das Selbstbild der Männer vom sexuell aktiven Mann und der sexuell passiven Frau ausgeht droht mit dieser Regelung nun ein weiter Rückschlag dessen was viele Männer in der Gesellschaft immer noch für selbstverständlich halten, dass Frauen für die Bedürfnisse der Männer zur Verfügung stehen müssen.

        Die Abwehrhaltung von Männern zu diesem Thema, zeigen vorheriges auf, sie sind meist nicht inhaltlich bezogen sondern argumentieren mit rechtlichen Einwänden wie Beweislastumkehr.

      • @J. H.:

        "...Gesetzgebung ist, dass im Falle einer Gerichtsverhandlung die Beweislast umgekehrt wird: Der wegen Vergewaltigung Angeklagte muss beweisen, dass die Zustimmung gegeben wurde,"

        Vielen Dank für die Klarstellung, auch hier im Forum wird immer wieder abgestritten, dass es sich um eine Beweislastumkehr handelt und dass damit die Rechtsstaatsprinzien Unschuldsvermutung und "niemand muss seine Unschuld beweisen" abgeschafft werden.



        Wo diese Prinzipien abgeschafft werden, ist auch der Rechtsstaat abgeschafft.

  • Es ist ein rechtsstaatliches Prinzip, dass die Staatsanwaltschaft die Schuld der Straftäter (einschliesslich Vergewaltiger) zweifelsfrei nachweisen muss. In einem Rechtsstaat muss niemand seine Unschuld beweisen. Bis zur Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Die hier beschriebene Beweislastumkehr steht außerhalb jeden rechtsstaatlichen Prinzips. Allerdings ist es möglich, dass der Gesetzentwurf anders ausgestaltet ist als hier beschrieben und die Aussage des Beschuldigten, dass eine Zustimmung vorlag ohne Beweisforderung akzeptiert wird. Das wäre etwas anderes, aber würde an der derzeitigen Situation wenig ändern.

    • @OldFrank:

      Der Rechtsbegriff der Vergewaltigung in Deutschland basiert auf Gewalt, Gewaltandrohung oder Nötigung.

      Diese Kriterien treffen auf einen Großteil der Vergewaltigungen jedoch gar nicht zu. Führt im Ergebnis dazu, dass fälschlicherweise angenommen wird, dass ein Opfer seine Einwilligung gegeben hat, wenn es sich körperlich nicht gewehrt hat.

      Diese Mentalität herrscht auch in der deutschen Justiz vor und so verwundert es nicht, dass die Verurteilungsquote bei Vergewaltigungen konstant niedrig bei jährlich 8,5% liegt. Für die Opfer ist das blanker Hohn.

      Die bisherige einseitige Rechtspraxis die sich auf Widerstand und Gewalt konzentriert wird abgelöst durch die Praxis der gegenseitigen Zustimmung.

      Das Opfer wird dadurch nicht mehr in die entwürdigende Lage versetzt neben dem Tathergang sich selbst und ihre Verhaltens- bzw Handlungsweise hinsichtlich eines Widerstandes oder körperlicher Gegenwehr erklären zu müssen, während der Beschuldigte die Tat abstreitet und ansonsten von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht.

      Jetzt werden beide Parteien zu dem Vorgang ausführlich Stellung beziehen müssen und das Gericht urteilt dann aufgrund der Glaubwürdigkeit der Aussagen.

      • @Sam Spade:

        "Jetzt werden beide Parteien zu dem Vorgang ausführlich Stellung beziehen müssen..."

        Und damit befinden wir uns bereits jenseits der rechtsstaatlichen Prinzipien.



        Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung, da gibt es nichts zu erklären seitens des Angeklagten. Der Angeklagte hat auch völlig legitim ein Zeugnisverweigerungsrecht und muss sich nicht selbst belasten. Das sind legitime Rechte eines Angeklagten in einem Rechtsstaat. Wenn jetzt das Prinzip Einzug halten soll - wer was sagt dem wird geglaubt, wer nichts sagt ist schuld- sind die vorgenannten Rechte ausgehöhlt und de facto abgeschafft.

        • @OldFrank:

          An den Rechten des Angeklagten ändert sich gar nichts.

          Es gibt bisher in der Rechtssprechung genügend Fälle in denen Aussage gegen Aussage stand und dennoch ein Urteil erging z.B. bei Beleidigung oder Nötigung.

          Und ihre gern zitierte Unschuldsvermutung schließt auch nicht aus, dass sich ein Gericht im Laufe des Prozesses ein Urteil bildet, welches die Unschuld des Angeklagten in Zweifel zieht.

          Die Unschuldsvermutung ist nicht in Stein gemeißelt und bezieht sich lediglich auf ein objektives und unvoreingenommenes Ermittlungs- bzw Gerichtsverfahren.

          • @Sam Spade:

            Das ist heute auch alles so, natürlich kann im Prozess trotz Unschuldsvermutung die Schuld festgestellt werden. Aber das ist alle jetzt schon so, die Rechtsänderung macht nur Sinn wenn die Unschuldsvermutung durch eine Schuldvermutung ersetzt wird, die der Angeklagte aktiv aus der Welt schaffen muss, ergo Beweislastumkehr, ergo Rechtsstaat ade.

      • @Sam Spade:

        "Verurteilungsquote bei Vergewaltigungen konstant niedrig bei jährlich 8,5% liegt".



        Das ist unlogisch.



        Wenn es sich bei den anderen 91,5% um (erwiesene) Vergwaltigungen handeln würde, dann würde ja eine Verurteilung erfolgen. Andernfalls würde sich das Gericht der Rechtsbeugung strafbar machen, wenn es eine erwiesene Straftat nicht verurteilt.



        Es ist doch vielmehr so, dass in 91,5% der Fälle sich entweder keine Vergewaltigung nachweisn ließ (und dann muss sich ein Beschuldigter ja darauf verlassen können, dass er nicht verurteilt wird, wenn ihm keine Schuld nachweisen lässt). Oder es wurde keine Anzeige gestellt, was wohl in der Tat das grössere Problem ist.

      • @Sam Spade:

        Das stimmt so aber nicht: 177 StGB stellt nur auf den entgegenstehenden Willen ab. Das Problem ist und bleibt die Objektivierbarkeit - stand der Wille zum Zeitpunkt der Tat dem tatsächlich entgegen und konnte der Täter das bemerken? Da gibt eine Gewaltsame Auseinandersetzung mehr her als ein stilles übersichergehenlassen

    • @OldFrank:

      Bis zu 3. Satz volle Zustimmung. Ab da irrte der Verfasser: Die Präzisierung des Rechtsbegriffs "einvernehmlicher Sex" bedeutet mitnichten eine Beweislastumkehr. Auch dann muss die Staatsanwaltschaft den hinreichenden Tatverdacht nachweisen (Zeugen, Spuren etc.) Auch in NOR wird zukünftig jemand auf Zuruf/Behauptung hin verurteilt werden. Allerdings werden sich die Männer zukünftig reiflich überlegen müssen ob und mit wem sie gerade Sex haben wollen/dürfen. Ist ja wohl nicht zuviel verlangt?!

  • So richtig verstehe ich den Sinn des Gesetzes nicht, denn der Übergriffige wird vor Gericht immer sagen, dass sie aktiv mit "ja" zugestimmt hätte.

  • Es gibt einen Bereich in dem es üblich und (schon aus Tarifgründen) notwendig ist, klare und unmissverständliche Vereinbarungen zu treffen, was passieren soll und was nicht - Prostitution. Kann man jetzt davon ausgehen, dass Norwegen sich vom "nordischen Modell" verabschiedet, sofern eine "Ja heißt Ja" Vereinbarung zwischen beiden Beteiligten vorliegt?

  • Das Ergebnis, dass immer beide Seiten mit dem Sex einverstanden sein müssen (Freiwilligkeit), ist ja eine Selbstverständlichkeit, daher absolut in Ordnung. Nur frage ich mich, wie man das konkret und v.a. rechtssicher umsetzen will? Neben den Kondomen künftig auch einen Stapel Formulare? Und selbst die Unterschrift würde ja bei (im Extremfall unterstellter) Böswilligkeit eines der Partner nicht wirklich was bringen, weil es nur bis zur Unterschrift gilt ('Ich will besonders unterstreichen, dass du nicht von Einverständnis ausgehen kannst, wenn dein Gegenüber passiv ist oder wird'). Es kann ja auch (wieder: böswillig) bis zu mehreren Jahren danach behauptet werden, dass die Entscheidung, nun keinen Sex mehr zu wollen, erst nach Unterschrift erfolgte? Schwierig.

    • @EffeJoSiebenZwo:

      "Nur frage ich mich, wie man das konkret und v.a. rechtssicher umsetzen will?"

      Wie setzt es der Gesetzgeber denn bei einem Einbruch oder Diebstahl um? Es bleibt eine Straftat und zwar solange bis der Geschädigte seinen Willen bekundet, dass er mit dem Diebstahl oder Einbruch einverstanden war.

      Nennt sich dann Einverständniserklärung. Und nun die Frage an Sie? Warum sollte es bei sexuellen Übergriffen anders gehandhabt werden?

      • @Sam Spade:

        Ahja, dann können Sie für jedes Geschenk, dass Sie erhalten haben und für jeden Besuch den Sie absolviert haben, die Zustimmung des Schenkenden /Besuchten vorweisen?



        Ihr Beispiel zeigt die Absurdität des ganzen Herangehens.

      • @Sam Spade:

        Weil das Eindringen in z.B. eine fremde Wohnung in der Realität zu mehr als 99% tatsächlich ein strafbarer Einbruch ist, während, trotz aller Medienberichte, nur ein minimaler Bruchteil aller Sexualkontakte nicht einvernehmlich stattfindet. Hier jeglichen Sexualkontakt grundsätzlich zum strafbaren Ereignis zu machen geht an der Realität komplett vorbei

        • @Samvim:

          Leider wie auch bei ihrem vorherigen Kommentar mit dem Hinweis auf StGB 177, komplett am Thema vorbei.

          Nicht "grundsätzlich jeden Sexualkontakt" sondern sexuelle Übergriffe.

          Einmal erkundigen worin der Unterschied besteht.

          Gleiches in Bezug auf § 177 StGB. Bevor sie solche Äußerungen tätigen bitte einmal den Paragraphen abgleichen hinsichtlich folgender Parameter: Schockstarre, ambivalentes Verhalten, passives Verhalten wie z. B. Schweigen, eingeschränkte Willensbildung und dann bitte auch einmal einen Blick auf Art. 35 EU-Gewaltschutzrichtlinie werfen.

          • @Sam Spade:

            Ich glaube, ich habe es durchaus getroffen: Der Unterschied zwischen einem Sexualkontakt und einem Übergriff ist der entgegenstehende Wille eines Beteiligten. Da der oft nur schlecht bewiesen werden kann, besteht eine diskutierte Lösung (auch in der taz) darin, Sexualkontakte grundlegend als abgelehnt (also kriminell) zu werten und einen Ausnahmetatbestand des beiderseitigen Einvernehmens zu schaffen. Klingt komisch, ist aber so

            • @Samvim:

              Sie schreiben sich hier um Kopf und Kragen.

              Ein Sexualkontakt ohne Einverständnis des Betroffenen ist ein strafbarer Akt. Schon einmal etwas von Persönlichkeitsrecht gehört?

              Und was heißt in dem Zusammenhang "grundlegend als abgelehnt"? Das Gegenteil von Zustimmung ist nunmal Ablehnung.

              Sorry, aber das kann ich beim besten Willen nicht mehr ernst nehmen.

  • Bitte auch in Deutschland einführen dieses System einführen.