Einreise von Afghan:innen: Internationale Aufmerksamkeit als vielleicht einziger Schutz
50 Afghan:innen dürfen nach Deutschland einreisen. Doch die Mehrheit der von den Taliban bedrohten Personen wartet noch immer auf ein Visum.

D ie Erleichterung über die etwa 50 gefährdeten Afghan*innen, die nun nach Deutschland einreisen können, darf nicht vergessen lassen, dass für die Mehrheit derjenigen, denen die Bundesregierung einmal Schutz versprochen hat, die nervenaufreibende Unsicherheit weitergeht. Zur Erinnerung: Nur die durften jetzt kommen, die erfolgreich auf die Erteilung von Visa geklagt haben. Über 2.000 Afghan*innen warten noch auf Visa – und die Bundesregierung setzt nach wie vor alles daran, ihre Einreise zu verhindern.
Vor allem dürfen die über 200 Afghan*innen nicht vergessen werden, die vor Wochen von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben wurden. Wie bei allen anderen handelt es sich um Menschen, die sich in Afghanistan für Freiheit, Rechte und Demokratie engagiert hatten und das Land verlassen mussten, um der Verfolgung durch die Taliban zu entkommen. Die Verzögerungstaktik der Bundesregierung hat ihre Abschiebung erst möglich gemacht. Sie hätten längst nach Deutschland in Sicherheit gebracht werden müssen.
Die Abgeschobenen sind in Kabul in einem Hotel untergebracht, das von der GIZ finanziert wird, aber unter der Kontrolle der Taliban steht. Ihre Namen sind den Taliban bekannt. Eine Afghanin, die dort mit ihren vier Kindern ausharren muss, berichtet, dass Taliban-Wachen vor dem Hotel stünden, und dass schon mehrfach Vertreter des gefürchteten „Tugendministeriums“ versucht hätten, in die Zimmer einzudringen. Die Abgeschobenen dürfen die Zimmer nicht verlassen. „Es gleicht einem Gefängnis“, schreibt sie, „wir leben in ständiger Angst.“

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Bei der Abschiebung durften sie nichts mitnehmen, keine Kleidung, keine Dokumente. Ihre Pässe sind noch in der deutschen Botschaft in Islamabad unter Verschluss. Das Auswärtige Amt sagt, es bemühe sich um ihre Rückkehr nach Pakistan. Wie das geschehen soll, ist schleierhaft. Die pakistanische Regierung hat oft betont, keine Abgeschobenen wieder ins Land zu lassen. Internationale Aufmerksamkeit ist vielleicht ihr einziger Schutz vor den Taliban.
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