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EU-Abgeordnete vor HerausforderungKantine im EU-Parlament serviert Veggie-Burger

Am Mittwoch entschied das EU-Parlament, dass Fleischersatz nicht mehr Wurst heißen soll. Am Tag darauf setzte ihnen die Kantine Veggie-Burger vor.

Grantiert nicht mit einem Fleisch-Burger zu verwechseln Foto: Depositphotos/imago

Straßburg dpa/taz | Nur einen Tag nach dem breit diskutierten Verbotsvotum im Europaparlament für Bezeichnungen wie „Veggie-Burger“ hat ausgerechnet die Parlamentskantine in Straßburg einen solchen „Burger“ verkauft.

Ein „Veganer Burger mit Brezelbrötchen, kandiertem Gemüse und Süßkartoffel-Pommes“ stand dabei laut der Anzeige eines Menü-Bildschirms zur Auswahl. Noch bevor die Kantine nach der Mittagszeit schloss, war der Burger ausverkauft.

Das Europaparlament hatte sich am Mittwoch in Straßburg dafür ausgesprochen, dass vegetarische Fleischersatz-Produkte in der EU künftig nicht mehr Burger, Schnitzel oder Wurst heißen sollen, um Verwirrung bei Ver­brau­che­r*in­nen zu vermeiden. „Wenn hier etwas verwechselt wird, dann die Debatte“, sagt der Grüne Europa-Abgeordete Michael Bloss der taz. „Verbraucherschutz wird nur vorgeschoben, um Schikane zu betreiben.“ In der Kantine habe kein Parlamentarier den Veggie-Burger mit dem Burger aus Fleisch verwechselt, „und geschmeckt hat er obendrein“.

Die Entscheidung des EU-Parlaments bedeutet das Aus für den beliebten „Veggie-Burger“ – allerdings kein Verbot für das Produkt. Ein fleischloser, vegetarischer Hamburger muss nach dem Willen der Abgeordneten aber künftig anders heißen. Für den Antrag, den die konservative Französin Céline Imart eingebracht hatte, stimmten 355 Parlamentarier, 247 waren dagegen.

Streit wird munter weitergehen

Bisher dürfen Begriffe wie Wurst, Schnitzel oder Burger auch für pflanzliche Alternativen verwendet werden. Nach dem Willen des Parlaments soll dies künftig nicht mehr gelten. Nach dem beschlossenen Antrag stehen „Steak“, „Schnitzel“, „Hamburger“ und „Wurst“ künftig auf dem Index, wenn sie nicht mit Fleisch produziert werden.

Aus Parlamentskreisen hieß es zur Kantine, dass die Speisekarten im Voraus von den Auftragnehmern unter vollständiger Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften festgelegt werden.

Das Parlament muss in Verhandlungen mit den EU-Staaten noch eine endgültige Einigung zu den neuen Regeln für Bezeichnungen der pflanzlichen Lebensmittel finden. Deshalb geht der Streit nach der Parlamentsabstimmung – die letztlich nur die Position der Abgeordneten für die kommenden Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten festlegt – munter weiter.

Die EU dürfe den neuen Markt für Fleisch-Ersatzprodukte nicht ausbremsen, warnt der WWF Deutschland. Es gehe um klimafreundlichere Ernährung.

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9 Kommentare

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  • Selbst die Industrie wollte es so nicht.



    Mich besorgt, dass sich diese rechte Kulturideologie auch dagegen durchsetzen kann. Und das Fruchtfleisch wird natürlich umbenannt werden müssen.

  • Es zeigt, wie praxisfern ein Verbot wäre. Wenn ich in der Kantine oder am Imbiss 'Burger' verkaufe, dann biete ich die wahlweise mit Fleisch- oder Kichererbsen-Patty an. Genauso wie mit und ohne Käse und mit und ohne Zwiebeln..., weil halt der eine Teil der Kundschaft es so mag und der andere so. Dann nenne ich das eine Ding mit Fleisch Burger und das andere mit Kichererbsen irgendwie anders?

  • Wahrscheinlich sollt nun folgendes geschehen:

    In europäische Parlament wird mit Bezug auf die letztliche Abstimmung beantragt:

    Fleischwurst ist aus Schwein. Ist sie aus Pute oder Huhn, darf sie nicht Fleischwurst genannt werden.



    Das gilt für alle Wurstsorten, die in irreführender, geradezu betrügerischer Absicht aus Pute oder Huhn verfertigt werden.

    Analogkäse ist natürlich kein Käse...usw.

    Hierzu muss eine nationale Behörde mit grossem Kontrollapparat eingerichtet werden. Man muss realistisch schätzen, das diese Behörde mindestens ein dreistelliges Millionenbudget benötigt, um ihre Kontrollarbeit ordentlich machen können.

    Frage ist auch: Kann Wein Wein heissen, Bier Bier - obwohl doch gar kein Alkohol enthalten ist?



    Und ist es gegenüber dem Sellerie eine Irreführung, oder gegenüber dem Schnitzel, ist die Rede von einem Sellerieschnitzel?

    • @Elise Hampel:

      Und was ist mit Rindswurst? Muss Bockwurst aus Bock sein (Schaf, Ziege, Holz)? Darf mein Drogist noch Reinigungs- und Scheuermilch verkaufen, obwohl ich das mit Kuh und Esel verwechseln könnte (was ein Desaster!)?



      Ich verlange ein Verbot der Bezeichnung "Fleischkäse", damit Vegetarier nicht versehentlich Fleisch essen.



      Wir Verbraucher sind so leicht irrezuführen, man muss uns schützen!



      Handschuh! Pudelmütze! Wir tragen Pull-under wie Pull-over, das ist falsch, Bedienungsanleitung her! "Fern"seher! Irreführend! Bürgersteig - wo sind die Gast-Touri-Migr@-Steige?



      Alles Irreführung! Schluss damit!

  • Spannend.

    Für mich ist ja ein Veggie-Burger ein Veggie-Burger und ein Hamburger immer mit Fleisch.

    Deshalb ist es für mich auch nicht absurd, dass die Kantine Veggie-Burger verkauft.

    Ein Burger kann vieles enthalten.

    Ein Hamburger und Cheeseburger sind da festgelegter.

    So unterschiedlich kann Sprachgefühl sein.

  • Bislang hab ich das Ganze ja für völligen Nonsens gehalten. Wenn mir aber jemand das da oben auf dem Bild zusammen mit Süßkartoffel-Pommes servieren würde, dann wären meine Mittel der Wahl wohl noch ne ganze Ecke rabiater.

  • Es fehlt nun nur noch eine Einberufung aller Staatschefs der EU zu einer Sondersitzung in dieser Sache. Presto!! Vielleicht sollten alle Medien nun Sonderausgaben oder -sendungen herausbringen, damit alle EU-Bürger*innen im Detail informiert bleiben. Vor diesem extrem wichtigen Thema verblasst der Ukraine Krieg völlig, die Flüchtlingsproblematik ist Pillepalle, der Zustand der Wirtschaft uninteressant, die Zollprobleme mit Donny Trump Kleinkram, der offenbar unaufhaltsame Vormarsch der Faschisten überall ist absolute Nebensache - Haupsache ist das vegetanische Würstchen.



    Bravo EU! Das ist doch nun mal etwas wirklich Konkretes!! Und die Verantwortichen der Kantine gehören in den Hochsicherheitstrakt des Brüsseler Knastes!

    • @Perkele:

      Sie haben recht: Es ist zu hoch gehängt, weil es im Grunde völlig egal ist; um nicht ganz platt zu sagen: Vollkommen wurst. Die Länder weden es so garnicht umsetzen.



      Das Thema wurde durch einschlägige Medien Applaus haschend hochgepusht. Nicht zuletzt von der TAZ.

  • Gibt es Überlebende unter den 355 Abgeordneten, die sich vom Veggie Burger bedroht sahen? 😊