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Diskussion um muslimischen FeiertagWarum nicht Freitag statt Sonntag?

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Innenminister de Maizière schlägt einen muslimischen Feiertag vor – aber vor allem theoretisch. Dabei gäbe es einen ganz praktischen Vorschlag.

Ein Feiertag mehr wäre doch was Feines, oder? (Denken auch diese Briten hier) Foto: dpa

K ein Muslim hatte ihn darum gebeten. Dennoch hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière kürzlich aus heiterem Himmel die Idee eines muslimischen Feiertags ins Spiel gebracht. Die Phantomdebatte brachte das Internet zum Glühen, das Ergebnis stand aber von vorneherein fest. Nein, es wird in Deutschland auf absehbare Zeit keinen muslimischen Feiertag im Kalender geben. Und ja, unsere Feiertage sind christlich geprägt, und das wird auch so bleiben. Der letzte Satz stammt ebenfalls von de Maizère, der damit die von ihm sebst angestoßene Debatte schleunigst wieder zu beenden versucht.

Bei einer Veranstaltung in Wolfenbüttel hatte de Maizière kürzlich gesagt, in jenen Regionen Deutschlands, in denen viele Muslime leben, könne über die Einführung eines muslimischen Feiertags nachgedacht werden. Feiertage wie Allerheiligen gebe es schließlich auch nur dort, wo viele Katholiken leben, so der CDU-Politiker. An welche deutschen Regionen der Bundesinnenminister gedacht hat bleibt sein Geheimnis. Sachsen oder Bayern werden es aber wohl eher nicht gewesen sein.

Scharfen Widerspruch erntete de Maizière dafür aus der eigenen Partei, vor allem die Schwesterpartei sah prompt mal wieder das christliche Abendland bedroht. Das christliche Erbe Deutschlands sei „nicht verhandelbar“, tönte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der Bild-Zeitung.

Der publizistische Rechtsausleger Hugo Müller-Vogg behauptete auf Twitter sogar, ein muslimischer Feiertag „wäre ein Affront gegenüber unseren jüdischen Mitbürgern“, warum auch immer. Und auch das CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach versuchte, auf seine Weise das Judentum gegen Muslime ins Stellung zu bringen, indem er sagte: „Wir haben eine christlich-jüdische religiöse Prägung, keine islamische.“

Feiertage sind Ländersache

Einen jüdischer Festtag in den offiziellen deutschen Feierttagskalender aufzunehmen wäre natürlich auch eine schöne Geste, auf die leider noch kein prominenter Politiker gekommen ist – auch nicht der Innenminister. Der hat aber sowieso nicht über die Anerkennung von religiösen Feiertagen zu befinden. Das ist eine Sache der Bundesländer.

In mehreren Bundesländern können sich muslimische Schüler bereits jetzt zum Opferfest oder Ramadanfest vom Unterricht befreien lassen, so wie jüdische Schüler an jüdischen Feiertagen auch. Mancherworts gilt das auch für andere Minderheiten wie die Aleviten. Damit trägt man den multireligiösen Realitäten hierzulande bereits Rechnung. Mehr ist nicht unbedingt notwendig, denn jüdische oder muslimische Feiertage lassen sich auch gar nicht so einfach im Feiertagskalender verankern, weil sie sich nicht nach dem christlich-gregorianischen Kalender richten, sondern von Jahr zu Jahr auf ein anderes Datum fallen.

Doch eine rationale Debatte über solche Fragen ist in Deutschland gar nicht möglich. De Maizière hätte wissen müssen, dass er mit seiner Vorschlag nur die antimuslimische Paranoia anheizt, seine Äußerung war wohl bestenfalls unbedacht. Die Diskussion um einen muslimischen Feiertag geht auch an den aktuellen Notwendigkeiten angesichts einer erstarkenden Rechten eher vorbei.

Warum nicht Freitag statt Sonntag?

Die Debatte zeigt aber auch, wie stark das christliche Erbe hierzulande immer noch fortwirkt, aller Säkularisierung zum Trotz. Denn zumindest dem Feiertagskalender nach ist Deutschland immer noch ein zutiefst christliches Land. Weihnachten, Ostern und Pfingsten sind als Feiertage völlig unumstritten. Auch in Sachsen, wo die Mehrheit der Bevölkerung keiner Kirche angehört, ist der Buß- und Bettag ein gesetzlicher Feiertag. Und selbst beinharte Atheisten haben nichts dagegen einzuwenden, sich am Ostermontag frei zu nehmen.

Wirklich revolutionär wäre wohl eher der Vorschlag, statt dem Sonntag den Freitag zum wöchentlichen Ruhetag zu erklären. Das würde religiösen Muslimen und Juden entgegenkommen und müsste Konfessionslose und Atheisten nicht stören. Aber so unchristlich ist Deutschland noch lange nicht. Deswegen wird der Sonntag wohl ein Feiertag bleiben.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik und Popkultur – inbesondere über die deutsche Innen- und Außenpolitik, die Migrations- und Kulturpolitik sowie über Nahost-Debatten und andere Kulturkämpfe, Muslime und andere Minderheiten sowie über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 folgte das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”
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15 Kommentare

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  • Nur weltanschauungsneutrale Feiertage sind gerecht!

     

    Schon die jetzigen vielen staatlichen christlichen Feiertage verstoßen massiv gegen die von den Menschenrechten geforderte Gleichbehandlung. Muslimische Feiertage würden also die schon jetzt krasse Ungleichbehandlung religiöser und nichtreligiöser Menschen sogar noch mehr vergrößern!

    Nur weltanschauungsneutrale Feiertage können daher den äußerst notwendigen Zusammenhalt der Gesellschaft fördern, wie z.B. Feiertage des Friedens, der Liebe, Gerechtigkeit, Weltanschauungen, Kulturen, Natur, Umwelt, Erde im Weltall.

    Zusätzlich sollte jeder noch ca. 5 Tage für das Feiern seiner eigenen individuellen religiösen oder nichtreligiösen Weltanschauung bekommen.

    Das wäre eine für alle gerechte und friedensstiftende Regelung!

  • Verstehe die Forderung nach "islamischem Feiertag" nicht. Seit Ewigkeiten feiern wir am 25. Dezember die Geburt des zweitwichtigsten Propheten des Islams. Das sollte doch wohl genügen...

  • Was ist denn das für ein peinlicher und rassistischer Kommentar?

    Der Autor bringt den Vorschlag, in Deutschland jetzt die christliche Feiertagskultur gegen die islamische Feiertagskultur austauschen zu wollen, denn genau das ist es nämlich, wenn man Sonntag mit Freitag tauscht. Wow. Islam gut, Christentum schlecht. Wow, das ist purer Rassismus und alles andere als Säkularisierung. Wenn man den Islam respektiert, muss man auch das Christentum, das Judentum, den Hinduismus usw. respektieren. Wegen mir können wir auch gern alle möglichen religiösen Feiertage haben, dann haben wir frei, auch schön. Aber wenn man Säkularisierung befürwortet, kann man nicht eine Religion gegen eine andere Religion austauschen und sagen, ich bin jetzt modern und säkularisiert und denken, ich repräsentiere jetzt das Land, obwohl nur ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung dieser Religion angehört. Außerdem sind Ostern und Weihnachten keine urchristlichen Feiertage, sondern wurden annektiert, also bitte da mal Wissenlücken auffüllen. Auf der Welt gibt es so viele muslimisch geprägten Länder. Was ist denn jetzt das Problem, wenn andere Länder von einer anderen Religion geprägt sind? Oder darf nur der Islam Länder prägen? Was ist das für ein ekeliger Rassismus.

  • Es gab und gibt in Deutschland keine muslimischen Feiertage, ebensowenig wie es jüdische, buddhistische, hinduistische, christlich-orthodoxe und sonstige religiöse Feiertage gibt. Der Ruf nach zusätzlichen – in der Regel muslimischen - Feiertagen, ob er jetzt als Aufforderung, Denkanstoß, Diskussionsbeitrag, Anregung, Kommentar oder was auch immer daherkommt, ist durchsichtige Wichtigtuerei.

     

    Es dürfte jedem klar sein, dass Feiertage nicht beliebig vermehrt werden können, weshalb es in dieser Frage auch keine wie auch immer definierte "Gerechtigkeit" geben kann, es sei denn durch die generelle Abschaffung aller christlichen Feiertage bzw. ersatzweise – wie das gelegentlich gefordert wird - durch deren Umbenennung (z.B. Winterfest und Lichterfest für Weihnachten und Sankt-Martins-Tag).

     

    (Aus Paritätsgründen dürfte man im Fall zusätzlich festgelegter religiöser Feiertage keinesfalls die des Pastafarianismus https://de.wikipedia.org/wiki/Fliegendes_Spaghettimonster#Feiertage_und_Feste

    vergessen)

  • Einfach alle festen religiösen Feiertage abschaffen. Stattdessen bekommen alle - egal ob religiös oder nicht - 10 Feiertage zur freien Verfügung. Wem das für seine Religionsausübung nicht reicht, der muss dann eben extra Urlaub nehmen.

    • @JoWall:

      Keine so Schlechte Idee!

       

      Freitag Islam

      Samstag Jüdisch

      Sonntag Christlich

      Donnerstag... Kommunistisch .. doch das könnte klappen :D

  • Die christlich-jüdischen Fundamentalisten sollten sich mal mit dem Islam beschäftigen, dann stellen sie fest, dass auch der von der jüdischen Lehre abgeleitet wurde, etliche "Figuren" gibt es in allen drei Lehren, insbesondere im neueren Christentum und Islam. So gross sind die Unterschiede gar nicht, wie immer herbeigeredet wird.

     

    Weiterhin sind Feiertage nicht unbedingt radikal-religiös, sondern manchmal recht pragmatisch: z.B. im Zusammenhang mit dem Rammadan.

  • Warum nicht den Al Quds Tag in Deutschland zum staatlichen Feiertag machen ?

    Der wird sowohl von Schiiten wie auch Sunniten gefeiert, und einige deutsche Antiimperialis_innen feiern da auch gerne mit !

  • Der Freitag wäre für die Juden auch nicht so gut, da passt eher der Samstag. Auch die christlichen Feiertage sind nicht alle fix. Einen muslimischen Feiertag einzuführen wäre daher technisch durchaus möglich. Es geht doch um etwas ganz anderes:

    Wollen wir ein religiöser Staat sein oder ein Staat mit christlichen Wurzeln und überkommenen christlichen Privilegien, die nur vergessen wurden abzuschaffen? Ich glaube letzteres gibt das Selbstverständnis vieler Menschen wieder. Wenn die Kirche nach weitere Privilegien schreit, würde sie ganz schnell kontro bekommen. Vielmehr sind die meisten dafür auch die noch bestehenden Privilegien schrittweise abzubauen.

    Wenn nun die Muslime neu Privilegien fordern, so gibt es natürlich eine Gegenwehr. Wir wollen schließlich nicht weiter in den religiösen Staat hineinschlittern sondern uns eher davon befreien. Wenn morgen also ein krichlicher Feiertag abgeschafft würde um auch Sylvester zum Feiertag zu machen, würde das auf Zustimmung stoßen. Sollte aber der 1. Januar zum Arbeitstag erklärt werden, um einen kirchlichen oder muslimischen Feiertag neu einzuführen, so stösst dies auf Widerstand.

    • @Velofisch:

      Auch sehr Richtig dein kommentar!

    • @Velofisch:

      Wie bitte? -"überkommenen christlichen Privilegien, die nur vergessen wurden abzuschaffen? " Ich tippe darauf , dass Sie ein akademisch ausgebildeter Langzeitarbeitsloser sind. Die arbeitende Masse empfindet die bezahlten Feiertage wohl nicht als christliches Privileg. Wohlgemerkt profitieren auch die Nichtzahler der Kirchensteuer von den Feiertagen. Bitte korrigieren Sie ihre nicht nachvollziehbare Argumentation.

      • @lulu schlawiner:

        Wer arbeitet empfindet wohl eher das Frei als wichtig, nicht das christlich. Und das hat VELOFISCH gar nicht abschaffen wollen.

         

        Kirchensteuer hat übrigens nichts mit dem Frei zu tun. Sie hat vielmehr damit zu tun, Leuten dann noch ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie das Frei auf ihre Art feiern wollen (Stichwort Tanzverbot — Tanzen ist an "geschützten Tagen" in manchen Bundesländern sogar eine Ordnungswidrigkeit → https://de.wikipedia.org/wiki/Tanzverbot#Deutschland ).

      • @lulu schlawiner:

        Doch auch nichts spricht dagegen, die Feiertage nach dem zu benennen, was da wirklich gefeiert wird. Tag des Ausruhens wäre schon ehrlicher. So sieht´ś aus, als ob die Kirchen mal spendabel waren.

    • @Velofisch:

      dem stimme ich voll und ganz zu.

  • "Wirklich revolutionär wäre wohl eher der Vorschlag, statt dem Sonntag den Freitag zum wöchentlichen Ruhetag zu erklären. Das würde religiösen Muslimen und Juden entgegenkommen und müsste Konfessionslose und Atheisten nicht stören. Aber so unchristlich ist Deutschland noch lange nicht."

     

    Ist Sabbat nicht Samstag (oder genauer Fr. Abend bis Sa. Abend)?

    Und warum sollte man eigene religiöse Tradition vergessen, um einer anderen entgegenzukommen? Säkulasierung wäre eher bei den muslimischen Mitbürgern auf eine Distanzierung von der Religion zu pochen.