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Blockade der Unions-FraktionSie gefährden das Verfassungs­gericht

Wenn nur noch farblose Kan­di­da­t:in­nen gewählt werden, wird das Bundesverfassungsgericht an Mumm verlieren. Als Korrektiv fällt es dann weitgehend aus.

Passend gemacht: die roten Roben der Rich­te­r:in­nen in Karlsruhe Foto: Ute Grabowsky/photothek/imago

Die Verfassungsrichterwahl, wie wir sie kennen, ist in Gefahr. Falls die Kampagne gegen Frauke Brosius-Gersdorf Erfolg hat, können kaum noch markante Persönlichkeiten ans Bundesverfassungsgericht gewählt werden. Das Karlsruher Gericht wäre dann farblos-homogen – und kraftlos.

Zur Erinnerung: Die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen werden im Bun­destag oder Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Die Beteiligung der Opposition an der Richterwahl sichert, dass das Bundesverfassungsgericht als überparteiliche Institution akzeptiert wird.

Die Zweidrittelmehrheit wird bisher dadurch erreicht, dass alle Fraktionen, die für das Quorum benötigt werden, Vorschlagsrechte entsprechend ihrer Stärke bekommen. Derzeit lautet die Formel 3:3:1:1. Das heißt, dass CDU/CSU und SPD je drei Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen pro Senat vorschlagen können. Auch die Grünen und die mittlerweile aus dem Bundestag ausgeschiedene FDP haben je ein Vorschlagsrecht.

Pragmatische Praxis

In der Praxis machte eine Fraktion einen Vorschlag, der zu ihrer politischen Ausrichtung passt. Diese Vorschläge wurden von den anderen Fraktionen zwar geprüft, aber in aller Regel akzeptiert. Ein Veto wurde nur äußerst selten ausgesprochen.

Eigentlich haben auch alle Fraktionen ein gemeinsames Interesse an einem restriktiv verstandenen Vetorecht. Schließlich will jede Fraktion, dass die eigenen Vorschläge von den anderen Fraktionen ebenfalls in aller Regel akzeptiert werden. Es ging bisher also nicht um die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Das Verfahren sicherte vielmehr ein pluralistisch zusammengesetztes Bundesverfassungsgericht, dem auch markante Persönlichkeiten angehören können.

Überhaupt nicht verwunderlich ist deshalb, dass die Verantwortlichen der Unions-Fraktion (Frak­tions­chef Jens Spahn, CDU-Justiziar Ansgar Heveling und CSU-Justiziar Thomas Silberhorn) den SPD-Vorschlag Frauke Brosius-Gersdorf akzeptiert haben. Das war kein politischer Fehler, sondern entsprach der gängigen Praxis. Die Äußerung markanter verfassungsrechtlicher Positionen war bisher kein Grund, eine vorgeschlagene Kandidatin als Verfassungsrichterin abzulehnen.

Nur noch Unions-kompatible Positionen?

Es ist dagegen ein Bruch mit der gängigen Praxis, wenn mehr als 60 Unions-Abgeordnete Brosius-Gersdorf nicht mitwählen wollen (und so das Erreichen der Zweidrittelmehrheit verhindern), weil sie mit den profilierten wissenschaftlichen Positionen der Professorin, insbesondere zum Schwangerschaftsabbruch, nicht einverstanden sind. Wollen die Unions-Abgeordneten nur noch Personen wählen, die mit der Union kompatible Positionen vertreten? Inzwischen werden auch Bedenken gegen die zweite von der SPD vorgeschlagenen Kandidatin, die Rechtsprofessorin Ann-Katrin Kaufhold, geäußert.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Wenn die Unions-Minderheit künftig alle Kan­di­da­t:in­nen blockiert, die auch nur in Teilen Positionen links von der CDU/CSU-­Linie vertreten, wäre dies das Ende eines pluralistisch besetzten Bundesverfassungsgerichts. Denn natürlich würden es die anderen Fraktionen der Union gleichtun und ihrerseits ebenfalls keine Personen mit markanten Unionsnahen Positionen mehr wählen.

Alsbald könnten dann überhaupt keine Rechts­pro­fes­so­r:in­nen mehr gewählt werden, weil sie alle schon in die eine oder andere Richtung prononcierte Positionen vertreten haben. Denn allgemein gilt: Wer nur die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lobt, macht selten rechtswissenschaftliche Karriere.

An eine Wahl von Ex-Po­li­ti­ker:in­nen, etwa die des aktuellen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth, der bis 2018 CDU/CSU-Fraktionsvize war, wäre gar nicht mehr zu denken. Und das, obwohl gerade die CDU als eine Partei gilt, die immer wieder profilierte Politiker nach Karlsruhe geschickt hat, die den Rollenwechsel zu unabhängigen Verfassungsrichtern hervorragend bewältigten, etwa Ernst Benda (zuvor Bundesinnenminister) oder Peter Müller (zuvor Ministerpräsident des Saarlands).

Das Korrektiv wird so geschwächt

Der kleinste gemeinsame Nenner wäre zukünftig die Wahl von Richter:innen, die bisher nur über Zivilrecht, Arbeitsrecht oder Steuerrecht entschieden und sich noch nie zum Verfassungsrecht geäußert hätten. Dass jedoch ein Bundesverfassungsgericht ohne Ver­fas­sungs­ex­pe­rt:in­nen selbstbewusst genug wäre, die Politik, wenn nötig, verfassungsrechtlich in die Schranken zu weisen, ist zu bezweifeln. Mit der aktuellen Blockade der CDU/CSU-Rebell:innen droht also eine Schwächung des Bundesverfassungsgerichts als Korrektiv und Schiedsrichter. Auch wenn das vermutlich nicht die Intention der Union ist, wäre es die Folge ihrer Kurzsichtigkeit.

Strengere Anforderungen gelten bisher zu Recht nur für Prä­si­den­t:in und Vizepräsident:in, die das Bundesverfassungsgericht nach außen präsentieren. Hier sind tatsächlich eher mittige, integrierende Positionen gefragt. Daher haben sich auch die meisten der bisherigen Vetos bei Verfassungsrichterwahlen auf designierte Vi­ze­prä­si­den­t:in­nen (Herta Däubler-Gemlin, Horst Dreier, Günter Krings) bezogen.

Auch Frauke Brosius-­Gersdorf sollte ursprünglich Vizepräsiden­tin (und später Präsidentin) des Bundesverfassungsgerichts werden. Darauf hat die SPD inzwischen zwar verzichtet, die ­Unions-Rebell:innen konnte das jedoch nicht mehr beeindrucken. Es zeigt sich, dass die Geg­ne­r:in­nen von Brosius-Gersdorf das bisherige Wahlsystem ganz generell nicht verstehen oder nicht akzeptieren.

Bereits die Grünen setzten den Ton

Jens Spahn ist also nicht vorzuwerfen, dass er den Widerstand gegen Brosius-Gersdorf nicht kommen sah, sondern, dass es ihm nicht gelungen ist, seinen Abgeordneten das bisherige Prinzip der Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen­wah­len zu verdeutlichen.

Aber auch die Grünen tragen eine Mitschuld an der aktuellen Misere. Sie haben Ende 2024 den CDU/CSU-Kandidaten Robert Seegmüller, einen sehr konservativen Bundesverwaltungsrichter, abgelehnt. Offiziell begründeten sie das nicht mit den politischen Positionen Seegmüllers, sondern mit dessen inkonsistenter Argumentation beim Vorstellungsgespräch.

Derartige Kleinlichkeit hatte bis dahin nicht für ein Veto gereicht. Vermutlich haben die Grünen damit den Ton gesetzt, der Unions-Abgeordnete nun glauben machte, sie könnten kurzerhand eine SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht ablehnen. Einfach deshalb, weil sie ihnen inhaltlich nicht passt.

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47 Kommentare

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  • taz: *Blockade der Unions-Fraktion - Sie gefährden das Verfassungsgericht.*

    Vielleicht ist das ja 'das Ziel' von den rechts-konservativen Unions-Abgeordneten. In einer Welt wo Donald Trump als US-Präsident möglich geworden ist und Deutschland die AfD im Bundestag sitzen hat, kann man sich momentan schon alles vorstellen.

  • Seit der Verschiebung der Wahl sind in der taz ja täglich ein bis drei Artikel oder Kommentare zum Thema Brosius-Gersdorf erschienen. Ich muss gestehen, der Kommentar von Christian Rath ist der erste, der mich wirklich überzeugt hat - nicht nur, aber auch wegen der konsistenten und völlig schaumfreien Argumentation.

  • "Ein Veto wurde nur äußerst selten ausgesprochen."

    Doch, erst vor enigen Monaten wurde Robert Seegmüller



    abgelehnt. Er ist Richter am Bundesverwaltungsgericht und Vorsitzender des Bunds Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen (BDVR).



    Die CDU/CSU schlug Robert Seegmüller vor.

    www.lto.de/recht/j...ene-wahl-bundestag

  • Warum wird immer behauptet, dass die Grünen Seegmüller verhindert hätten?

    CDU/CSU, SPD und FDP hatten damals sowohl im Wahlausschuss genügend Stimmen als auch eine (knappe) 2/3-Mehrheit im Plenum.

    Warum hätten die Grünen ihn wählen sollen, wenn sie mit ihm nicht einverstanden und ihre Stimmen für seine Wahl nicht mal erforderlich waren?



    Und das einen Tag, nachdem die Union in einer Abstimmung gemeinsame Sache mit der AFD gemacht hatte?

  • Es ist eine beispiellose Aktion der Bundesregierung, diese Frau in so einer Situation nicht zu wählen. Wie kann man in Zeiten in denen Krieg in Europa tobt, die USA von Trump regiert den Westen demontiert, im Bundestag quasi eine Sperrminorität durch AfD und Linke herrscht den Prozess stoppen und die gesamte Regierung und das Verfassungsgericht beschädigen. Verstehen die Menschen nicht, dass es keinerlei Verständnis in der Bevölkerung für so unpragmatische dogmatische Aktionen gibt, die Regierung soll und muss liefern so wie jede:r Bürger:in jeden Tag auch. Die Demokraten beweisen aktuell Par excellence warum immer mehr Menschen unzufrieden sich ins Private zurück ziehen und kein Interesse mehr haben sich ein zubringen. Wer Monate von Absprachen über Nacht Überbord wirft, hat einen ganz schlechten Standard für künftige Verhandlungen und allgemeine Integrität gesetzt. Da dürfen sich die Damen und Herren bei der SPD und Union mal schön selbst an die Nase fassen, das ist nur noch peinlich.

    • @Enziangams:

      Es ist eben nicht "die Regierung" (im Sinne eines monolithischen Entscheidungskollektivs) gewesen, sondern der Sack Flöhe, der sich "Parlament" nennt und dramatischerweise pluralistisch funktionieren kann und sogar - festhalten - SOLL. Wenn so eine Ansammlung von individuell entscheidungsvefugten Mandatsträgern wie eine BT-Fraktion aus dem Ruder läuft, ist das halt nicht immer kurzfristig zu korrigieren.

  • Zitat: "Jens Spahn ist also nicht vorzuwerfen, dass er den Widerstand gegen Brosius-Gersdorf nicht kommen sah, sondern, dass es ihm nicht gelungen ist, seinen Abgeordneten das bisherige Prinzip der Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen­wah­len zu verdeutlichen."

    Das paßt weder noch. Natürlich müßte ein Fraktionsvorsitzender wissen, was in seinem Laden vorgeht. Und ebenso selbstverständlich müßte er zuerst selbst verstanden haben, was er seiner Fraktion verdeutlichen soll. An beidem habe ich bei Spahn erhebliche Zweifel. Die einzige plausible Erklärung ist doch, daß Spahn sich der Bedeutung des Abstimmungsergebnisses nicht bewußt war, so daß er meinen konnte, sich darum nicht kümmern zu müssen (vorausgesetzt, daß er überhaupt mal irgendeine Art von Führung an den Tag legt und sich nicht lediglich an dem mit dem Amt verbundene Zubrot erfreut).

    • @dtx:

      Dieser Artikel zumindest legt nahe, dass es eben gar nicht absehbar war, dass Unionsabgeordnete sich gegen Brosius-Gersdorf auflehnen würden. Eventuell wussten die selbst es zum Zeitpunkt der Zusage der Fraktionsspitze noch nicht und fielen erst später auf die Kampagne gegen die Nominierung herein. Es spricht viel dafür, dass der Eklat das Ergebnis von Kurzschlusshandlungen war, nicht von lang gehegten (und entsprechend kommunizieren) Ressentiments gegen die Kandidatin.

  • "Als Korrektiv fällt es dann weitgehend aus ..."

    Daß dürfte einigen in der Politik, insbesondere AfD und Union mehr als recht sein. Schon jetzt zielen viele Maßnahmen auch der neue Bundesregierung klar auf Verfassungsbruch. Umso besser, wenn die Institutionen dann noch in der Krise ist.

  • Da die Netti⛓️🗄️Gärungsprozesse andauern!

    “Derartige Kleinlichkeit - Seegmüllers …inkonsistenter Argumentation - hatte bis dahin nicht für ein Veto gereicht.“



    Ach was! Herr Rath - But! Sie stimmen sicher zu:



    Niemand würde bei solchem Befund - einen Bewerber - gleich welcher Gerichtsbarkeit!



    Als Richter einstellen •



    Liggers. Normal nicht!

    • @Lowandorder:

      Danke für ihre Kritik an der Position von Rath zu Seegmüller.



      Grundsätzlich mangelt es an kritischer Berichterstattung zu Ämterhäufungen in der Justiz, feine informelle Verbindungen in die Politik, die bei hochbrisanten Themen fatal sind. Man erinnere sich an den Spendensumpf unter Kohl und die Justiz, bei der feine informelle Fäden von der ermittelnden Justiz in die Politik gesponnen wurden.



      Warum muss ein so gut verdienender Richter wie Seegmüller noch Kohle als Repititor machen? Oder gibt er nur seinen "guten Namen" als Multifunktionär?

      • @Lindenberg:

        Koa Ahnung nich.



        Aber Sie wissen schonn.



        Daß die Armut bei R2 beginnt! Woll



        Andererseits hat Robert Maidowski unlängst suf nem RiRa beheitert erklärt: Er wisse - daß in der Justiz die Arbeit von R1 & R2 erledigt werde (🤣👏) Er könne das beurteilen. Als ihn am BVerwG der Ruf aus Karlsruhe ereilt habe - habe er 6 Sachen im Dezernat gehabt!;)

        So geht das ©️ Kurt Vonnegut

  • & im Anschluß an meinen Beitrag a Netti⛓️i🗄️

    zitier ich mal Lovando 04.07.2025, 20:08 Uhr su



    “Na Mahlzeit



    Was ich unabhängig davon doch erheitternd zu Kenntnis nehme - ist die glücklicherweise erledigte Personalie Robert Seegmüller wg “ seiner „inkonsistenten“ Argumentation bei einem Vorstellungsgespräch.“



    Denn: “Die Grünen hatten das Veto jedoch nicht mit Seegmüllers migrationskritischen Positionen begründet, sondern mit seiner „inkonsistenten“ Argumentation bei einem Vorstellungsgespräch.“ Wasser auf meine Mühlen “Hearings in BT. & BR. • Zumal sich dieser feine Herr durch ein atemberaubendes Ansammeln von Funktionen Funktionärspöstchen einschließlich Repetitor - 🙀🥳 - mit Verlaub etwas nachdenklich stimmt - wie‘s denn so mit der realen richterlichen Tätigkeit aussieht? Nur mal so ne Frage! Woll



    taz.de/Wahl-neuer-...terinnen/!6098392/

    kurz - Herr Rath - solche Geschaftelhuber & egomanischen Strippenzieher der Sorte - “die Bedeutung meines Amtes erfüllt mich mit Bewunderung!“ - sind in Karlsruhe tuto kompletto fehl am Platze •

  • Liegt die Stärke des Verfassungsgerichts nicht gerade darin begründet, dass man sich nicht vorher ausrechnen kann, wie es entscheiden wird? Weil die Mitglieder zwar auch politische Überzeugungen haben, aber es in aller Regel schaffen, diese bei der Auslegung der Verfassung hintenan zu stellen?

    Es ist weniger entscheidend, ob Brosius-Gersdorf sich für oder gegen eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen positioniert, für oder gegen ein AfD-Verbot, Impfpflicht, verbindliche Frauenquoten usw. – entscheidend ist: sie positioniert sich zu sehr vielen strittigen Themen in einer Weise, dass sich alle ausrechnen können, wie sie bei den entsprechenden Verfahren argumentieren würde. Genau das ist unabhängig von den jeweiligen Positionen ein Schritt Richtung USA, wo die zu erwartenden Urteile bereits durch die Benennung absehbar sind.

    Darum ist es für das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Gerichts gerade wichtig, dass Mitglieder sich sparsam äußern, und wenn dann ausgewogen unterschiedliche Positionen erläuternd.

    Man stelle sich nur vor, was in passieren würde, wenn ein AfD-Verbot bestätigt würde durch ein Gericht, dessen Mitglieder genau dafür ausgewählt wurden …

    • @Bunte Vielfalt:

      Den im Nachhinein bockenden CxU-Abgeordneten scheint die Frau Prof. Dr. ned bekannt gewesen zu sein. Das ließe jetzt den Schluss zu, daß die sich ned gescheit auf Abstimmungen zu weitreichenden Personalentscheidungen vorbereiten.



      Es an der Kandidatin festzumachen, an ihren Veröffentlichungen im Rahmen ihrer auch beratenden Tätigkeiten und ihr auch noch die Fähigkeit abzusprechen, unabhängig im Richteramt entscheiden zu können ist ne Frechheit!

    • @Bunte Vielfalt:

      Guter und intelligenter Kommentar, sehe ich ähnlich.

  • Macht Euch ehrlich, Leute. Wenn die CDU oder die AfD einen ultrakonservativen Richter ins Rennen schicken würde, und die Grünen oder die SPD würden ihn verhindern, würde Euer Urteil ganz anders ausfallen. Dann würde das BVerfG nicht gefährdet, sondern es wäre gerettet worden.

    Es wäre aber exakt das gleiche.

    • @Debaser:

      Hahnebüchender Vergleich. Der hinkt schon gar nicht mehr, weil er gar nicht mehr laufen kann.

      Wer Frau Brosius-Gersdorf in die linke Ecke stellt, und das macht der Vergleich, hat sich mit der Sache entweder nur sehr sehr oberflächlich beschäftigt oder zumindest noch nichts begriffen.

      Ein solcher Vergleich ist genauso übel, wie die Vorgehensweise, Halbsätze aus dem Kontext gerissen, dramatisiert herum zu posaunen. Genau das hat man mit Frau Brosius-Gersdorf in übelster Weise gemacht. Dabei spielt es keine Rolle, ob diejenigen die ganzen Sätze nicht verstehen können oder wollen.

    • @Debaser:

      Sehr wahr. Gibt es jetzt ein Recht auf einen Richterposten? Gibt es ein Recht auf den Bundestagsvize? Beidesmal nein. Beidesmal geheime Wahl!

      Ich bin beeindruckt, wie diese Kampagne die Richterkandidatin pusht (was sie den Rechten immer vorwirft: eine Kampagne). Allerdings vorhersagbar ergebnislos.

    • @Debaser:

      Die AfD ist ja auch rechtsextrem und die Brandmauer zählt. Gegen konservative Richter habe ich persönlich nichts, um Ihrer Verallgemeinerung von „uns“ mal zu widersprechen.

  • "Aber auch die Grünen tragen eine Mitschuld an der aktuellen Misere. Sie haben Ende 2024 den CDU/CSU-Kandidaten Robert Seegmüller, einen sehr konservativen Bundesverwaltungsrichter, abgelehnt"

    Also vor einem halben Jahr war es ok, dass ein rechter Richter abgelehnt wird und niemand hat sich beschwert. Heute wird eine linke Richterin abgelehnt und die Zivilgesellschaft rastet aus und ahnt das Ende unserer Demokratie?

    Der Zweck heiligt wie immer nicht die Mittel und eigentlich kann man nun auch nicht mehr guten Gewissens die böse CDU verurteilen.

    • @Petzi Worpelt:

      Nein, nicht vergleichbar. Das lief damals ohne Drama im geordneten Prozess, ohne den Kandidaten zu beschädigen. Dies zu vergleichen, darin liegt ein grundsätzlicher Fehler.

      Frau Brosius-Gersdorf wurde diffamiert, indem man ihre Halbsätze aus dem Kontext gerissen völlig verdreht dramatisiert, weil man entweder den ganzen Satz nicht versteht oder nicht verstehen will.

    • @Petzi Worpelt:

      Was diesen Fall anders macht: Bisherige Ablehnungen kamen rechtzeitig, spätestens in der Kommission, und gingen viel geräuschloser über die kleine Bühne.

      Hier haben die Unionsvertreter:innen sich wohl gedacht: Hauptsache, sie ist für ein AfD-Verbot. Nun sind aber etliche Unionsabgeordnete durch die Kampagne rechter Portale auf die Zitate von ihr aufmerksam gemacht worden. Wäre ein CDU-Vorschlag so spät durch eine Kampagne der taz durchgefallen, wäre das Geschrei genau so groß.

  • Herr Küppersbusch hat es in seiner Kolumne sehr schön auf den Punkt gebracht:

    »Angenommen, das sei nicht durch Dilettantentum, Selbstüberschätzung und Profilierungssucht passiert, sondern ein Politiker hätte das angerührt, der die AfD „als ganz normale Partei behandeln“ will und seine Chance darin sieht, nach Merz mit einer schwarz-braunen Koalition Kanzler zu werden – dann könnte man den aktuell etwas sonderlich wirkenden Satz schreiben: Jens Spahn hat alles richtig gemacht.«

    • @Bernardo Januar:

      Ja, Teile der CxU haben sich hier schon vor den AfD-Karren spannen lassen.

      So leicht ist es für die AfD. Einfach Halbsätze aus dem Kontext gerissen und verdreht dramatisiert. Und schon sind einfache Geister auf der Palme - und auch solche, die bewusst die ganzen Sätze nicht hören oder nicht verstehen wollen.

  • Das Problem an der causa Brosius-Gelsdorf ist nicht ihre Ablehnung per se, sondern eine Kampagne die inhaltlich (Falschwiedergabe ihrer Position zur Schwangerschaft, unhaltbare Plagiatsvorwürfe) wie auch vom Vorgehen (schmähend, bew. Wahl verunsicherter Zeitpunkte) also nicht anders als Kampagne der mobilisierten Rechtsextremen unseres Landes verstanden werden kann.



    Die Ablehnung Seegmüllers durch die Grünen erfolgte in anderen Hinsicht. Gegen seine Person sprachen schwerwiegende Verfehlungen: er äußerte sich zur Frage der Zurückweisung von Flüchtlingen aktivistisch und gab eine rechtliche Äußerung von sich, die mit Gesetz nichts zu tun hatte. Das natürlich für seinen Kumpel Seehofer. Dass jemand seine Autorität als Jurist auf diese Weise für eine politische Kampagne nicht missbrauchen sollte, und ungeeignet ist für das Amt des Verfassungsrichters sollte klar sein.



    Nochmal zum Verbewusstmacjen, wie unterschiedlich mit diesen beiden Sachlagen umgeganhen wurde. Die Kritik an Seegmüller erfolgte nicht öffentlichkeitswirksam auf eine Weise, die das BVerfG delegitimieren könnte, die herbeigeredeten Vorwürfe an Gersdorf allerdings schon. Das hat einen Grund: Verbotsverfahren.

    • @Ibrahimo:

      Leider ist mein Text etwas missraten, aber nehmen Sie das als Gütesiegel, dass kein Large Language Model kommentiert. Und die Bearbeitenfunktion vergeblich gesucht wird.

  • Da SPD und Grüne immer noch als Team auftreten, kann man das aktuelle Veto in der Tat als Retourkutsche sehen.



    Es kam halt etwas spät, aber deswegen so eine Show abzuziehen wie es gerade die Grünen machen ist lächerlich.



    Wenn jemand nicht gewählt wird, geht davon nicht die Demokratie unter.

    Hoffentlich ist die Zeit der undemokratischen Hinterzimmerabsprachen damit vorbei und in Zukunft wird gleich offen über Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht diskutiert.



    Diskutieren sollte man bei der Gelegenheit auch über die Parteien. Warum eine kleine Partei mit 16,4 Prozent im Bundestag 37,5 Prozent der Verfassungsrichter stellen darf, ist niemandem mehr vermittelbar.

    • @Don Geraldo:

      16,4%, Tendenz abnehmend...

  • Die Ablehnung Seegmüllers durch die Grünen sei kleinlich, befindet die taz.



    Nun, außer der Zurückweisung von Aslysuchenden an deutschen Grenzen, was gegen Dublin II verstößt, unterstützte Seegmüller auch die Bestimmung sozialrechtlicher Leistungen beim Bürgergeld (im Zweifel nach unten), was aber durch das Bundesverfassungsgericht eingeschränkt wird, wie Seegmüller bedauerte.



    Die Ablehnung Segmüllers durch Grüne also als kleinlich zu bezeichnen, ist mehr als merkwürdig.

    Der stockkonservative Seegmüller wurde durch Merz für das Bundesverfassungsgericht nominiert. Könnte es nicht sein, dass Merz aus parteipolitischer Rache für die Ablehnung von Seegmüller durch die Grünen CDU-intern nichts dafür getan hat, um Brosius-Gersdorf durchzusetzen? Dann wäre nicht nur Spahn der böse Bube im Spiel, sondern Merz auch, der kalt lächelnd zuschaute, was sich in seiner CDU-Fraktion zusammenbraute.

    Schwer zu glauben, dass Merz als CDU-Vorsitzender darüber nicht Bescheid wusste.



    Auf der Bundespressekonferenz mit Merz war vor allem Brosius-Gersdorf das Thema. Die schöne erste Merz-Regierungsbilanz war dahin.

    • @Lindenberg:

      SEHR viel Spekulation hier und wenig Substanz.

      Natürlich ist es einem Grünen nicht zuzumuten, die eigenen politischen Ansichten so weit zu relativieren, dass auch legitime Gegenmeinungen neben ihnen Platz haben. Also ist die Diagnose verzeihlich, dass es ja etwas ganz Anderes sei, wenn ein Richter wegen Widerspruch gegen grünes Verfassungsverständnis abgelehnt wird, als wenn das wegen Verstoßes gegen konservatives Verfassungsverständnis erfolgt...

      Bedauerlich ist aber dieser scheinbar unwiderstehliche Drang, aus jedem Konflikt ein höchstpersönliches "J'accuse!" gegen gewisse handelnde Personen der Gegenseite zu drechseln. Denn das ist Hass, der da arbeitet.

      • @Normalo:

        Danke für diese sehr gute Einordnung.

    • @Lindenberg:

      Hm? Merz hat doch alles dafür getan, sich uneingeschränkt hinter sie gestellt und für sie geworben. Er hat einfach zum wiederholten Mal keine Ahnung, was seinen Abgeordneten wichtig ist. Die finden übrigens auch nicht, seine erste Bilanz sei schön.

    • @Lindenberg:

      Im Hinblick auf Brosius- Gersdorf ist sein Verhalten dann doch nicht unähnlich.

      Beide haben geäußert, eine andere verfassungsrechtliche Linie sei möglich.

    • @Lindenberg:

      …anschließe mich - Herr Christian Rath hat sich - auch in der Sache schlicht vergaloppiert •

  • "Als Korrektiv fällt es dann weitgehend aus."



    Ziel dann erreicht?



    Nicht selten gab es Schlagzeilen wegen handwerklicher Ungereimtheiten der BR oder in Gesetzen, auch fällige Aufträge wie die Änderung des Wahlrechtes führten zur Prokrastination in Berlin.



    "Regiert Karlsruhe mit? Das Bundesverfassungsgericht zwischen Recht und Politik"



    2011 Hans Vorländer bpb.de



    Zur weiteren Vorgeschichte:



    "Es war ein Kampf um die Deutungshoheit über die Verfassung.



    Das setzte sich in der "Verfassungskrise" der 1970er Jahre fort, als das BVerfG mehrere Reformprojekte der sozialliberalen Mehrheit des Deutschen Bundestages stoppte[2]. Die Wehrdienstnovelle, die Reform des Abtreibungsparagrafen des Strafgesetzbuches, die Hochschulmitbestimmung oder auch der Grundlagenvertrag - diese und andere Entscheidungen setzten das BVerfG den Vorwürfen des "Obergesetzgebers", der "Konterkapitäne von Karlsruhe", der "Usurpation von evidenten Aufgaben des Gesetzgebers" und der "Entmächtigung des Parlaments" aus[3]. Aus dem Bundeskanzleramt wurde eine Äußerung kolportiert, wonach sich die Regierung ihre Politik nicht "von den acht Arschlöchern in Karlsruhe kaputtmachen" lassen wolle."



    ... Sitzblockade, Kruzifix uvm...

  • Ich finde, dass "farblos" genau das ist was ein Richter sein sollte.

    Oder was würde die Taz dazu sagen wenn die Union einen "farbenfrohen" Richter nominiert der ein bekennender Abtreibungsgegner ist? Da würde der Artikel hier wohl genau in die entgegengesetzte Richtung gehen. Eher nach dem Motto: "Wie kann die SPD hier nur zustimmen." usw.

    Richter sollen keine Politik machen sondern einfach nur vom Parlament beschlossene Gesetze umsetzen.

    • @Generator:

      Es geht ums BVerfG. Das setzt Gesetze nicht schlechthin um, sondern überprüft sie auf ihre Kompatibilität mit dem Grundgesetz. Mit mitunter blamablen Ergebnissen für den Gesetzgeber. Der das, so gelegentlich der Eindruck, längst eingepreist hat.

  • "Die Beteiligung der Opposition an der Richterwahl sichert, dass das Bundesverfassungsgericht als überparteiliche Institution akzeptiert wird.



    Die Zweidrittelmehrheit wird bisher dadurch erreicht, dass alle Fraktionen, die für das Quorum benötigt werden, Vorschlagsrechte entsprechend ihrer Stärke bekommen. Derzeit lautet die Formel 3:3:1:1."



    Entsprechend ihrer Stärke?



    Wieso haben Union und SPD gleich viel, obwohl die Union fast doppelt so stark ist wie die SPD?



    Und warum haben die Grünen 1 Vorschlag wie die FDP, obwohl sie 4mal so viele Stimmen geholt haben?



    Wieso hat Die Linke keinen Vorschlag trotz knapp 10%?



    Auch die stärkste Oppositionspartei ist ohne Vorschlagsrecht, obwohl sie deutlich mehr Stimmen holte als die 3-Vorschläge-SPD.



    Hier müsste mal grundlegend ein neuer Modus für die Vorschlagsfindung und Wahl erarbeitet werden. So gut wir es alle finden mögen, dass die AfD hier nicht mitmischen darf, so fad ist aber auch der Beigeschmack, dass selbst aus der politischen Bedeutungslosigkeit die FDP noch eine wichtige Stellschraube ziehen darf...

    • @Saskia Brehn:

      Aha. Und mit dieser Proporz-Politisierung erreicht man genau was?

      Dass die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts gesichert wird?

      Entscheidend ist doch, dass die Richter mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Wer diese vorschlägt ist dabei absolut sekundär.

      Vielleicht sollte besser der Bundespräsident oder das Gericht selbst die Vorschläge machen. Man sieht ja, was durch die Parteien hier angerichtet wurde. Ein ständig wechselnder Parteienproporz macht das dann nicht besser.

      • @Bauer Gerry:

        "Vielleicht sollte besser der Bundespräsident oder das Gericht selbst die Vorschläge machen."



        Das wäre eine Idee.

    • @Saskia Brehn:

      Populistisch ausgedrückt könnte man sagen, dass das Bundesverfassungsgericht zur Beute der Altparteien geworden ist.

  • Das ist dann nicht nur das Ende des verfassungsgerichts, sondern ein weiterer Abbau des rechtsstaates

  • Was hat die Union nach der Ablehnung von Herrn Segmueller durch die Gruenen gemacht? Sie hat den Vorschlag des Bunderverfassungsgericht uebernommen, Herrn Spinner.

    Die SPD hat nun 2 Moeglichkeiten:



    1. Wie die Union einen anderen Vorschlag zu machen, zB einen der anderen vom Bundesverfassungsgericht vorgeschlagenen Kandidaten.



    2. Wie ein kleines Kind auf den Boden zu stampfen und "Ich will aber" zu schreien.

    Aktuell scheint die SPD Variente 2 zu bevorzugen.

  • Es liegt an der CDU. Die haben es versemmelt, ohne Grund und ohne Not, haben sich von einer primitiven, verleumderischen Kampagne hinters Licht führen lassen. Nun können sie es korrigieren.



    Aus dem SPON:



    "Der Linkenpolitiker Gregor Gysi äußerte im »Reutlinger General-Anzeiger« die Hoffnung, »dass die SPD hart bleibt und zu ihrer Kandidatin steht.« Gysi warnte: »Sonst macht man die Tür auf, dass künftig immer CDU und CSU über die Besetzung der von der SPD nominierten Verfassungsrichter entscheiden.«"

    • @Pico :

      "Versemmeln" muss man in einer Demokratie die fehlende Bereitschaft, eine Kandidatin zu wählen, nicht nennen.

      Es gäbe da weitere Interpretationen.

      Man kommt schlecht umhin, Herrn Rath zu folgen, dass die Grünen Ende 2024 einen parteiübergreifenden Konsens aufgekündigt haben.

      Offenbar hat Gysi übersehen, dass die Grünen die Tür bereits aufgemacht haben.

      Und nun laut Gysi "künftig immer" Grünen " über die Besetzung der von" CDU/ CSU "nominierten Verfassungsrichter entscheiden".

      • @rero:

        Nix. Die Grünen ham nix versemmelt! Versemmelt hat’s Herr Raht •



        Zitier mal Lovando



        Lowandorder



        gestern, 19:15 Uhr

        ““Derartige Kleinlichkeit - Seegmüllers …inkonsistenter Argumentation - hatte bis dahin nicht für ein Veto gereicht.“

        Ach was! Herr Rath - But! Sie stimmen sicher zu:

        Niemand würde bei solchem Befund - einen Bewerber - gleich welcher Gerichtsbarkeit!

        Als Richter einstellen •

        Liggers. Normal nicht!“

        Hatte mal zu “inkonsistente Argumentation“ 2x eingerückt -



        Verschimmelt im Netti⛓️🗄️ - hat natürlich mit Netti⛓️ nix zu donn - dient allein der Volksbildung & wie verpeilt Herr Rath argumentiert! Gell



        & so



        Vors BDVR ach was! diese Sorte Pöstchenjäger Geschaftelhuber & Strippenzieher - weils ohne nicht langt - sind mir in den 30jährchen reichlich & unangenehm untergekommen! But



        “inkonsistente Argumentation“ allein!



        Reicht völlig •