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Die TheseWer Parks vermüllt, knechtet andere

Waltraud Schwab
Kommentar von Waltraud Schwab

Das Leben in der Coronazeit spielt sich draußen ab. Und dort ist es dreckig geworden. Die Menschen haben kein Verhältnis mehr zu ihrer Außenwelt.

Ende eines Picknicks im Park Foto: Peter Steffen/dpa

E s muss Gründe geben, warum Leute sich in Parks legen, mitunter mitten hinein in ein Meer von Müll: Flaschen, Büchsen, Plastikbecher. Pappteller, auf denen der Ketchup klebt, Grillreste in Alu, Krähen stochern darin herum. Plastikdosen mit Kartoffelsalat, angebissenes Brot, Zigarettenschachteln, Hundekottüten. Schon die Aufzählung ist eine Zumutung.

Straßen und Parks, vor allem in deutschen Städten, sind vermüllt. Auch Picknickplätze im Wald. Menschen verbringen ihre Zeit dort, bringen Essen und Getränke mit, spielen, rauchen, reden – und wenn sie gehen, lassen viele ihren Müll zurück. Auch Sperrmüll wird wild abgeladen. Auf Plätzen, am Straßenrand. Sofas, Kühlschränke. Kanister mit irgendwas. Niemand sieht’s. Wenn doch, scheint es zwecklos, zu intervenieren. Der Selbstgerechtigkeitspegel derer, die Müll abladen, ist hoch. Jetzt in der Pandemie sei es mehr geworden, klagen viele Kommunen.

Kürzlich postete der Pianist Igor Levit auf Twitter eine Filmsequenz: Auf und entlang einer halbhohen Mauer, die eine Skateanlage umgibt, liegt Müll, abgestellt, als wäre es urbane Deko. Im Hintergrund Spatzengezwitscher und Glockengeläut. Die Sequenz, vermutlich aus Berlin, („Paris“? fragt auch jemand), ist nur einer von vielen Posts in sozialen Medien, die Abfall in der (Stadt-)Natur zeigen.

Unter den fast 400 Kommentaren zu Levits Post sind etliche, die das Video, wie Knightly_Chris, als „Outdoor-Shaming 2.0“ deklarieren und so zu verstehen geben: Nicht der zurückgelassene Müll ist das Problem, sondern Levit, weil er es postete. Viele Kommentierende entschuldigen die Vermüllung, weil im Filmausschnitt kein Mülleimer zu sehen ist.

800 Millionen Euro jährlich für die Müllbeseitigung

Und wären doch welche da, die aber voll sind, sei es okay, den Müll daneben zu stellen, schreiben manche. Einige schimpfen auf die Kommunen, die nicht adäquat sauber machen. Dass diese bereits 800 Millionen Euro für die Beseitigung jährlich zahlen, steht nicht da.

Wenige stellen die Frage, warum der anfallende Müll nicht wieder mitgenommen wird. Einer verweist auf ganz große Widersprüche: Atommüll in die Landschaft kippen sei okay, sich dann aber über abgestellte Flaschen aufregen. Diese Überlegung ist opportun – und eine Rechtfertigung fürs Vermüllen, die nicht weiterbringt. Als wäre die Vermüllung die Rache der Machtlosen.

In vielen Kommentaren jedenfalls klingt es so: Es gibt ein Recht auf Vermüllung des öffentlichen Raums, wenn auch unterschiedlich begründet. Die Frage, warum, – warum verdrecken Menschen ihre Stadt, ihre Parks, ihre Natur? – wird nicht gestellt. Und auch die Forschung dazu scheint mager.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Laut Studien der Humboldt-Universität sind es vor allem junge Erwachsene bis 30 Jahre, die Müll in die Gegend werfen. „Littering“ heißt das im Fachjargon. Bei Menschen über 50 sei die Tendenz, dies zu tun, aber auch wieder steigend.

Manche Vertreter der kommunalen Verwaltungen sagen, mehr Müll lande im öffentlichen Raum, weil der Verpackungswahn zugenommen habe. Das erklärt aber nicht, warum die Leute in der Lage sind, ihr Zeug in die Parks zu tragen, nur die Reste eben nicht zurück. Allein der Gedanke, es sei normal, den Abfall mitzunehmen, wirkt schon wie eine Anmaßung. Als würde erwartet, dass die Gemeinschaft, der der Müll vor die Füße gekippt wird, dazu da ist, ihn wegzuräumen.

Immerhin die Theorie des „broken window“, des Mitmacheffekts im Negativen, wurde wissenschaftlich untersucht. Wo ein Fenster zerbrochen ist, ziehe dies weitere Verwüstung nach sich. Als wäre das zerbrochene Fenster eine Einladung, sich unsozial zu verhalten. Dieser Effekt komme auch zum Tragen, wenn Menschen ihren Unrat neben schon herumliegenden Müll legen. Wo eine Tüte Abfall steht, kann auch eine zweite stehen. So wird das Tun gerechtfertigt. Und immerhin, das ist schon mal eine Antwort auf die Frage, warum die Stadt so vermüllt ist.

Aber wieso wird, was allen gemeinschaftlich gehört, derart gering geschätzt? Wieso ist es den Leuten egal, wie die, die nach ihnen kommen, den Ort vorfinden? Auf der Suche nach Erklärungen schreibt Andrea Seibel einen bemerkenswerten Satz dazu in der Welt: „Der Müll, das Wegwerfen, ist ein Sinnbild des instrumentellen Verständnisses vieler zum Leben, unter Inkaufnahme der Hässlichkeit.“

Die gesellschaftliche Entwicklung hin zum Individualismus, mit gepredigter Selbstoptimierung und Selbstverantwortung fördert jene Form des Egoismus, des „instrumentellen Verhältnisses zum Leben“, die es möglich macht, das andere und die anderen auszublenden, sie nicht als Gegenüber, bestenfalls als Funktionsträger wahrzunehmen. Wer den anderen Müll vor die Füße wirft, wirft ihnen im übertragen Sinne den Fehdehandschuh zu. Der Stärkere siegt. Hierarchische Muster spiegeln sich in dieser Haltung: Die Gemeinschaft ist der Knecht. Ein Gefühl, Teil der Gesellschaft zu sein, für die Verantwortung übernommen werden muss, fehlt.

Nur, noch einmal: Wie konnte es soweit kommen? Die Ökonomisierung aller Lebensbereiche mag damit zusammenhängen. Jeder ist sich selbst der Nächste. Und everybody is a star. Man könnte jetzt sagen: Verfehlte Integrationspolitik, die ganze Gruppen in eine Parallelwelt katapultiert, könnte ebenfalls eine Antwort sein. Das mag auch für die Parallelwelten gelten, in der sich ganze Hartz-IV-Generationen eingerichtet haben. Denn wer sich mit dem Ort, wo er lebt, nicht identifizieren kann, braucht auch dessen Schönheit nicht.

Aber diese Argumentation könnte eine Denkfalle sein, denn es sind doch vor allem junge Erwachsene – egal welcher Herkunft und Schicht – die als Hauptgruppe der Vermüller ausgemacht wurden.

Ob diese den herumliegenden Dreck überhaupt wahrnehmen, ist ohnehin unklar. Möglicherweise sehen sie den Müll nicht, weil sie sich die Umgebung, in der sie sich aufhalten, auf dem Smartphone anschauen. Da kann Störendes entfernt werden. Sei es durch Software oder den Ausschnitt, der gewählt wird. Ein Klick und die Umgebung ist rein. Wem das zur Gewohnheit wird, der kann vermutlich auch mental retuschieren.

Die Offline-Außenwelt ist weniger interessant

Laut einer aktuellen Studie nutzen 97 Prozent aller Jugendlichen das Internet. Ihre durchschnittliche tägliche Verweildauer: 258 Minuten. Manche Jugendliche sind länger online statt offline. Die starke Überlappung der digitalen und nichtdigitalen Erlebnisweisen verschiebe dabei die Wahrnehmung von Raum und Zeit, Nähe und Distanz, Innen und Außen, meint die Sozialpsychologin und Direktorin des Sigmund-Freud-Instituts Vera King. Oftmals werde die Online-Innenwelt als emotional bedeutsamer und näher wahrgenommen; die Offline-Außenwelt als weniger interessant. Vernetzt sein stelle nun Verbundenheit her. Das verändere auch die Verbundenheit in der Präsenz, sagt King.

Vielleicht ist das die heißeste Spur, die zeigt, wie die Gesellschaft sich ändert und wie sich in der Folge auch unser Bezug zur ihr wandelt. Es muss ein neues Verständnis dafür geschaffen werden, dass es eine Außenwelt gibt, die mitgestaltet werden muss. Damit Außenwelt nicht gleichgesetzt ist mit Abwesenheit. Denn nur im Abwesenden ist es egal, ob der Park eine Mülldeponie ist.

Und ja, es gibt auch eine Gegenbewegung gegen die Vermüllung. Da sind Leute, die den Dreck nicht mehr sehen können. Junge Leute sind darunter. Digital natives auch. Die Facebook-Gruppe „Die Aufheber“ dokumentiert das, was diese Leute tun: eben den Müll aufsammeln. Eigentlich könnten sie mit ihrer Zeit auch etwas Schöneres anfangen. In der Hierarchie der Vermüllung der Umwelt sind sie die Loser. Aber solche, die einen Schritt weiter sind.

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Waltraud Schwab
taz-Redakteurin
Seit 2002 bei der taz, erst im Lokalteil, jetzt in der Wochentaz. 2005 mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet für die Reportage „Schön ist das nicht“, 2011 wurde die Reportage „Die Extraklasse“  mehrfach prämiert. 2021 erschien ihr Roman "Brombeerkind" im Ulrike Helmer Verlag. Es ist ein Hoffnungsroman. Mehr unter: www.waltraud-schwab.de . Auch auf Twitter. Und auf Instagram unter: wa_wab.un_art
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46 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 9G
    97760 (Profil gelöscht)

    Ich rechne gerade ein Pfandsystem für herumliegenden Müll durch. Abgabe bei Sammelstellen. Finanziert würde es durch gleichbleibende Müllgebühren von Mietern und Hausbesitzern, deren Beiträge gleich bleiben obwohl Ihnen der Müll dann aus den Mülltonnen "geklaut" wurde.

  • Was Corona gezeigt hat, dass die öffentliche Kontrolle über das Verhalten der anderen eine immer wichtigere Rolle spielt. Weder die Entscheidung über unser eigenes Leben sollen wir selbst treffen und der Vorwurf anderen zu schaden, führt zu einer kollektiven Strafe.

    Wir können gespannt darauf blicken und warten wohin das führt. Es gibt zwei Optionen.

  • Bin heute morgen mal wieder durch den Tiergarten gefahren. Mir fiel die Umgebung eines fast leeren Müllcontainers auf, die ziemlich vermüllt war.

    Also einigen Mitmenschen fällt es unglaublich schwer, ihren Dreck mal drei bis vier Meter zum Container zu schleppen.

  • Das mit dem Müll in der realen Umwelt passt ja dann auch zu dem "Gedankenmüll" in diversen Foren und wenig sozialen Netzwerken.

    Ansonsten sind Parks meistens dann vermüllt, weil es zu wenig Mülleimer gibt. Nur wenige Menschen möchten ihren Müll wieder mitnehmen, um ihn woanders zu entsorgen. Leider.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Der Grund für die Vermüllung ist ganz einfach und offensichlich - DUMMHEIT!

  • Die Reaktionen anderer Menschen wenn man im Park oder im Wald Müll "pflückt" sprechen auch Bände: "Du kannst die Welt nicht retten!", "Sie nehmen den Müllmännern die Arbeit weg" oder ein vorwurfsvolles "Sie sammeln den Müll anderer Leute?"

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ein schönes Beispiel zu Anspruch und Wirklichkeit.



    Auch eine Frage der Erziehung, vor allem der Erziehung!

  • Seltsam! In Japan gibt es diese Müllflut nicht. Dort gibt es auch nicht einmal Abfallbehälter in öffentlichen Flächen. Die Leute nehmen selbstverständlich ihren Abfall mit Nachhause und entsorgen ihn mit dem Hausmüll. Abfall ist absolute Privatsache und jedermann hält sich daran. Peinlich, es nicht zu tun! So etwas erlauben sich nur unsaubere 'Gaijins' - Ausländer. Alles, was die Gemeinschaft betrifft, seien es Straßen, Gehwege, Parks, Züge, Straßenbahnen - wirklich alles, besonders öffentliche WC's (!) blitzsauber.

    Da könnten wir uns mehr als eine Scheibe abschneiden. Wer gegen dieses Verhalten verstößt, wird verächtlich übersehen. Das hat wohl etwas mit öffentlicher Sitte und Moral zu tun. Da schneiden wir alles andere als rekordverdächtig ab. Peinlich, wenn man da an die vielen Touristen aus so einem sauberen Land denkt...

    • @noevil:

      Upps! Das zweite Mal war ein Versehen. Was ich noch sagen wollte:



      Diejenigen, die sich damit rechtfertigen, dass sie ja Steuern zahlen, gehören dann sicherlich zu den Ersten, die sich lauthals über löcherige Straßen, verwahrloste Schulgebäude und neuestens bei genau diesen Schulgebäuden über fehlende Hygienekonzepte und vernachlässigte Infrastrukturen in Coronazeiten beschweren. Wir haben nicht den Staat als Dienstleister für unsere arrogant argumentierten Schlampereien als Dienstmädchen, sondern wir verdrecken unsere eigenen öffentlichen Flächen, einschl. WC's, so sehr, dass uns selbst davon übel wird. Warum? Weil es meist keiner sieht oder sehen will!

      Das können wir sofort mit ein bisschen Vorbild sein mit Tütchen, ändern! Dann hat der Staat Gelder frei für das, was sonst noch fehlt. Oder wir haben ein Argument mehr für berechtigte Klagen!

      Trittin sei Dank haben wir mit Dosenpfand schon mal wenigstens keine Getränkedosen mehr in den Autobahnausfahrten herumliegen! Hatter jut jemacht... Immerhin - schon mal ein Anfang!

  • Seltsam! In Japan gibt es diese Müllflut nicht. Dort gibt es auch nicht einmal Abfallbehälter in öffentlichen Flächen. Die Leute nehmen selbstverständlich ihren Abfall mit Nachhause und entsorgen ihn mit dem Hausmüll. Abfall ist absolute Privatsache und jedermann hält sich daran. Peinlich, es nicht zu tun! So etwas erlauben sich nur unsaubere 'Gaijins' - Ausländer. Alles, was die Gemeinschaft betrifft, seien es Straßen, Gehwege, Parks, Züge, Straßenbahnen - wirklich alles, besonders öffentliche WC's (!) blitzsauber.

    Da könnten wir uns mehr als eine Scheibe abschneiden. Wer gegen dieses Verhalten verstößt, wird verächtlich übersehen. Das hat wohl etwas mit öffentlicher Sitte und Moral zu tun. Da schneiden wir alles andere als rekordverdächtig ab. Peinlich, wenn man da an die vielen Touristen aus so einem sauberen Land denkt...

  • Ist der Mülleimer eigentlich schon erfunden, liebe Grünflächenämter?

  • Abgesehen davon, dass diese Klage so alt ist wie der Stadtpark selbst, ist es doch erstaunlich, wie unterschiedlich das in verschiedenen Städten aussieht.



    Berlin ist einfach das "shit hole" Deutschland, was den öffentlichen Raum betrifft. Es dürfte keine andere Stadt geben, in der die Vermüllung so solche Ausnahme angenommen hat.



    Auch das ist nicht neu, denn die bekannten "Straßen-Matratzen" kenne ich schon aus den 80er Jahren. Anscheinend empfindet die Berliner Bevölkerung das als Lokalkolorit und örtliche Folklore.

    • @max kistler:

      Mit den Matratzen kommt in manchen Bezirken verstärkt vor, in anderen weniger. Einkommensschwache Bezirke verdrecken stärker, da leistet sich der Haushalt dann halt nicht die kostenpflichtige Entsorgung der Matratze! Wien bspw. hat auch ein Vermüllungsproblem. Doch dort ist die Stadtverwaltung mehr auf zack! Kostet natürlich auch etwas ... Okay, die Österreicher haben auch 1/3 mehr Rente und Sozialbau bzw. Gemeindewohnungen. Irgendwie bekommen die Deutschen das nicht mehr hin. Best Pratcice ist schon lange nicht mehr in Deutschland vorzufinden!

  • Das mag jetzt vielleicht unangebracht sein, aber solche Leute sollte man einfach mal in ihren eigenen Dreck werfen.

    Ich finde es schade, dass man sich bei solchen Themen nie traut, den Kapitalismus als Problem zu erkennen und zu benennen, denn der hängt ganz eindeutig mit unserer individualistischen Gesellschaft zusammen. Aber der Kapitalismus ist allen heilig.

    Im Übrigen sollten die Kommunen eben noch mehr Geld für die Beseitigung ausgeben und das im Zweifel die Allgemeinheit spüren lassen durch eine entsprechende Steuer. Es kann nicht angehen, dass bei solchen Berufen gespart wird, weder qualitativ noch quantitativ.

    • @t-mos:

      Das mit dem Kapitalismus erscheint mir etwas weit hergeholt. Japan hat dasselbe Wirtschaftssystem und ist meist blitzsauber, zumindest da wo bei uns die Öffentlichkeit diese Verschmutzung - ganz anonym - anrichtet. Dort finden Sie so etwas nicht. Sicher, auch da gibt es das ein oder andere zu bemängeln. Aber die öffentlichen Flächen und Einrichtungen sind blitzsauber und gut gepflegt. Ich vermute bei uns eher einen Mangel an Verantwortung und Solidarität, der uns komplexhaft dazu verführt, auf Putzpersonal herab sehen zu wollen und uns zu fein zu sein, uns selbst um unsere Hinterlassenschaften zu kümmern. Wir sind nichts Besseres! Und unsere Gewohnheit, seit Jahren für alles Andere verantwortlich zu machen, bis hin zu unserem Wohlstandsmüll, uns für nichts aber auch gar nichts selbst verantwortlich zu fühlen, führt zu diesen absurden Schlampereien. Und so etwas ist nicht nur Erziehung, sondern hauptsächlich Selbstdisziplin. Und sei es nur in solchen Kleinigkeiten. Wir sehen ja, wohin sie bislang geführt haben und - wir könnten sehen, wohin sie wenn angewandt, hinführen könnten. Erfreulich saubere öffentliche Flächen und Strukturen..

    • @t-mos:

      Wenn Kapitalismus das Problem ist, warum sehen Parks in zig Ländern, darunter die USA, nicht so aus?

  • Sehr guter Bericht! Als ich Anfang der 60er Jahre in die Grundschule ging, sagte unser Lehrer: "wenn man aus dem Bus aussteigt, wirft man seinen Fahrschein nicht weg, sondern steckt ihn in die Tasche und wirft ihn in den nächsten Papierkorb". Das leuchtete mir ein, und so mache ich es auch noch heute mit jeglichem Abfall. Auch meine Freunde und Bekannte machen das so.Ist doch auch nicht schwer, warum das heute nicht mehr geht, verstehe ich nicht.

  • Speziell in Berlin kommt noch hinzu, dass Müll ins dreck romantisch verklärt werden, als „Authentizität“ oder einer angeblich berlintypischen „Roughness“ und daher Coolness.

    Das gilt auch für Graffiti. Dieser visuelle Müll kostet auch jährlich Millionen (und zwar nicht nur die öffentlichen Kassen) und wird in Berlin überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Besucher aus London oder Amsterdam - mit Sicherheit keine uncoolen Städte - schauen ungläubig auf vollgesprayte Fassaden und sogar Skulpturen im öffentlichen Raum und sind fassungslos, wenn ihnen erklärt wird, dass viele Berliner das für irgendwie geil halten und überdies Kameraüberwachung zur Verhinderung illegal ist.

    • @Suryo:

      Diese Verklärung kommt lokal übrigens auch und gerade von einer Partei, die ansonsten für Umweltschutz bekannt ist und ist in dem Bezirk am größten, in dem diese Partei regiert und ein Bundestagsdirektmandat hat.

  • 9G
    97760 (Profil gelöscht)

    Erst am die Bestrafung von Leuten abstellen, die den Müll in den Parks ehrenamtlich in blaue Säcke packen, für den dann "illegal " irgendwo neben eine M0lltonne stellen. Da schwebt ja auch noch dad Damoklesschwert über rinem, dass der wertvolle Mülöl sogar einen städtischen Eigentümer haben könnte. Sperrmüll darf man ja auch nicht klauen.

  • Naja, an sich sollte es ja nicht schwer sein, die Verpackungen wieder mitzunehmen, nachdem mensch den Inhalt verzehrt/verwendet hat. Schließlich hat mensch die Verpackungen auch dahin genommen und diese sind leer entsprechend leichter. Das schaffen manche leider nicht mal durchweg in der "Natur", wo dann allerdings keine Müllabfuhr kommt und den Müll einsammelt, der Müll also liegen bleibt :-/

  • 7G
    70704 (Profil gelöscht)

    Seit drei Jahren bin ich Pflanzpatin für ein paar Blumenkübel im öffentlichen Raum an einem Mini-Skaterpark neben einem (eingezäunten) Sportplatz mit Vereinsheim und (allgemein zugänglichen) Parkplatz. Neben dem Skaterpark gibt es ein Blockhaus als städtischer Jugendtreff, der normalerweise 2x in der Woche für je 3 Stunden geöffnet, allerdings seit langem geschlossen ist. Unter einen Vordach steht eine Bank und wenige Meter weiter direkt in der Sichtlinie zwei Mülleimer.



    Was mir meine ehrenamtliche Arbeit verleidet, ist, dass Menschen ihren Müll überall um die Bank herum, auf dem Gras und in den Blumenkübeln verstreuen. Auch heute wieder fand ich Splitter einer Wodka Absolut-Flasche zwischen dem Rindenmulch und den Blumen in einem Kübelvor. Sie war wohl am Rand des Blumenkübels zerschmettert worden. Die Hälfte der Splitter war im Kübel, der Rest auf dem Rand oder auf dem Rasen. Es finden sich auch jede Menge Kippen in den Kübeln, mehr als dass sie zufällig darin gelandet sein könnten. Oft werden auch Verpackungen aus dem 600 m entfernten Burger King hinterlassen. Die Mülleimer waren noch nie überfüllt...



    Manchmal möchte ich alles hinschmeißen! Ich sammle nur den Müll auf, der in den Blumenkübeln liegt. Für den vielen anderen Müll am Boden kommt regelmäßig ein 450 €-Mitarbeiter (Student) der städtischen Jugendarbeit, um ihn aufzusammeln und die Skateranlage plus Umgebung kinder- und jugendsicher zu halten.



    Ich weiß nicht, wer das alles macht. Früher war es nur nach dem Wochenende schlimm. Jetzt oft auch in der Woche. Leider wird viel Jugendlichen in die Schuhe geschoben. Ich vermute aber, dass es Erwachsene sind, die sich dort treffen, Frust schieben und Party machen wollen.



    Wahrscheinlich machen sie sich Null Gedanken, wer das immer wegräumt und dass wir eigentlich wirklich nicht dafür da sind. Und das in einem Ortsteil mit gut 5.000 Einwohnern einer eher ländlich gelegenen Stadt mit 50.000 Einwohnern in Niedersachsen. Es gibt nicht einmal einen Autobahnanschluss.

  • Liggers & nachdem sich hier schon die üblichen Hau-draufs in die Kurve legen.



    Mach ich alter Ordnungshüter mal auf Lokalkolorit & die beim ersten Sonnenstrahl italienischste Stadt nördlich der Alpen aufmerksam:



    Augenblicklich kannste im adenauerschgeretteten Grüngürtel u.ä. nicht mehr treten. Das schonn. Aber.



    Da steht ein Schild “Grillen etc verboten“ Der Oberbürgermeister also Frau Reker &! DÄH! 50 m "Nur hier heiße Asche einfüllen!“ neben dem normalen Teil. Selbst das mit Bombardierungsstrümmer aufgefüllte “1. Mai Feld“ - einst Aufmarschgebiet der Nazis am Aachener Weiher sieht nach Sonnenbevölkerung doch eher passable aus.



    Fahr da mehr oder weniger täglich anlang! Für Hau-draufs hiesiger Sorte bleibt weitgehend nur die Krähenschrotflinte - weil sich diese clevereren Rabenvögel gerne & mit vereinten Kräften Krallen & Schnäbeln über die gern auch überquellenden Mülleimer hermachen - in Streubreite.

    kurz - Während in vielen - insbesondere ostelbischen Dörferansammlungen “noch in den Wald geschissen wurde!“ (Jürgen Becker;) - war die wundersame kölsche Lösung vor gut 2000 Jahren - the state of Art linksrheinisch. Newahr.



    Na - Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



    Ja. Da mähtste nix.



    Normal - 🥳 -

    • @Lowandorder:

      Frau Reker? Also Köln? Aber die italienischste Stadt nördlich der Alpen ist doch München! Köln ist die französischste Stadt Deutschlands, so hab ich das mal gelernt...Hamburg die britischste, Frankfurt a.M. die amerikanischste und Berlin die russischste...

      • @Saile:

        so isses.



        Darauf einen Aperol Spritz aus München

        • @max kistler:

          Ach du heiligs Blechle -

          Sach mal als Immi so:



          1988 - als ich in Kölle aufschlug!



          Hätte ich das auch anders gesehen. But.



          Anfang Mitte der 90er explodierte das förmlich: & seit langem geht kein Cappu&CoLaden ohne außenStuhlgang.



          So Platz in den Gassen ist: reichlich.



          & ihr zwei beide werrn verzeihn - Aber:



          Wenn ich regelmäßig in Munic wg Tochter Enkel & um mit meiner Oberprimaliebe im Oskar Maria zu plaudern: Von Italienischem Flair - nich die Bohne. But.



          Bin ja nordlichternder Laie. Newahr!



          Da sind doch kompetentere am Start - wa. Dooch Doch!



          Willi & der @Dom im Wappen Träger - im mindesten!



          Damit ich mich dann wieder verschärft dem ossbuco zuwenden kann.;))

          Na Mahlzeit

          • @Lowandorder:

            Fingersalat - Sorry:

            Ossobuco im Römertopf - Naturalmente

  • Ich habe mich mit diesem Problem schon vor Jahren beschäftigt & eine völlig andere Analyse anzubieten. Grundlage hierfür ist, dass, was hier als allgemeines Phänomen beschrieben wird, tatsächlich von Ort zu Ort ganz unterschiedlich erscheint, was Art & Ausmaß angeht. Sehr konkret & aus erster Hand kann ich das für Frankfurt am Main vs Berlin beschreiben. Der Grund ist mE die unterschiedliche Struktur der Quartiere. In Berlin gehören Parks & öffentliche Räume idR immer zu einem "Kiez", wo auch ganz normale Menschen leben, & den sie iS echter Souveränität als "ihren" betrachten. Dementsprechend & in dem Maße, in dem die Bewohner sich als Souverän dieser Räume betrachten, empfinden sie auch Verantwortung * Sorge für diese ihre Parks & Plätze. In Frankfurt liegen die entspr. Anlagen außerhalb der Stadt oder in der "City", die die Menschen zu Recht als Eigentum der Banken & des anonymen Kapitals empfinden, oft weit getrennt von ihren Wohnquartieren. Und so verhalten sie sich eben auch, wenn sie dort Freizeit verbringen. Deshalb schimpfen die Berliner auch ständig, ebenfalls zu Recht, über die Touristen, die hier als Verschmutzer auftreten. Das ist natürlich keine ausnahmslos Regel, aber aus meiner ganz persönlichen Erfahrung sehr durchgängig bestätigt. Wenn Menschen öffentliche Räume nicht als ihr Eigen empfinden, was sie nach demokratischen Ideal ja sein sollten, dann empfinden sie auch keine Verantwortung & Fürsorge für sie. Qed

    • 7G
      70704 (Profil gelöscht)
      @JulianM:

      "Wenn Menschen öffentliche Räume nicht als ihr Eigen empfinden, was sie nach demokratischen Ideal ja sein sollten, dann empfinden sie auch keine Verantwortung & Fürsorge für sie."

      Hört sich logisch an, aber wie kann man das ändern? Eben habe ich geschrieben, wie es mir in meinem Ort geht. Der Ort hatte nach dem 2. Weltkrieg nur 500-600 Einwohner. Inzwischen sind es über 5.000, also fast nur Zugezogene. Liegt es daran?

      • @70704 (Profil gelöscht):

        Ja, alles Migranten.



        Jedenfalls wenn man Leute, die in den 50er und 60er Jahren in den Ort gezogen sind, heute noch als „zugezogene“ und damit als nicht zugehörig bezeichnet. 60-70 Jahre später. Inkl. deren Kinder.

        Abgesehen davon, in den anderen Beitrag wird berichtet, dass sie nichts über die verursacher wissen. Vielleicht sind es ja die ureinwohner?

        • 7G
          70704 (Profil gelöscht)
          @fly:

          Bin selber 2010 in diesen Ort zugezogen und merke, dass ich mich nicht so richtig zugehörig fühle, weil es kaum Orte der Begegnung gibt. Deshalb engagiere ich mich ehrenamtlich in einem Bereich, der mir (im Großen und Ganzen) Spaß macht. Es gibt auch immer wieder Menschen, die das wertschätzen und sich bedanken.

      • @70704 (Profil gelöscht):

        Ich glaube nicht, dass es an der 'Zugezogenheit' der Leute liegt. Meine Beobachtung ist, dass es solche und solche Menschen unter allen Gruppen gibt. Es gibt die Verantwortlichen und die anderen, die aus diversen Gründen vermüllen: Einfache Ignoranz und Gleichgültigkeit, Trotzhaltung oder aggressive Freude daran, zu stören. Und das gab es alles auch schon in einem Dorf in meiner Jugend in den 60ern. Umsicht und Verantwortlichkeit wurde von der Clique manchmal als Feigheit oder Schwäche lächerlich gemacht.

        • @resto:

          Ja, die Vermüller hatten schon immer ungefähr dasselbe Alter. Glücklicherweise ändern sich die meisten zum Positiven.

        • 7G
          70704 (Profil gelöscht)
          @resto:

          Sie haben wohl recht, dass es in allen Grppen solche und solche Menschen gibt...

  • Würde dieses asoziale Verhalten kosequent geahndet, wie in vielen anderen Ländern, sähe es sicherlich in den meisten Fällen anders aus.

    • @petermann:

      250 Euro Bußgeld bei Verstoß gegen die Maskenpflicht geht und wurde tausendfach eingetrieben. Derselbe Betrag bei illegaler Müllentsorgung - warum nicht? Die Lernkurve ginge steil nach oben. Wer volle Behältnisse heranträgt, kann die leeren 'leicht' mitnehmen.

      • @Zugpferd:

        Warum so wenig? 1.000 Euro sind eine schöne, runde, leicht zu merkende, schmerzhafte Summe. Wenn jede/r jemanden kennt, der das schon mal bezahlen musste, herrscht bald Sauberkeit. Es gibt genug Länder, in denen das klappt. Das oben erwähnte Australien zum Beispiel. Da stehen auch überall diskrete Schilder im Park herum, auf denen die Bußgeldsumme unmissverständlich klargemacht wird (also nicht “Zuwiderhandlungen können nach Paragraph XY mit einem Bußgeld belegt werden” oder ähnlich deutscher Quatsch). Warum sollte das Bußgeld NICHT hoch sein? Wie im Artikel beschrieben, wird ja vermüllt, weil man sich die Tat im Geiste irgendwie zur Bagatelle zurecht rationalisiert. Eine so hohe Summe wie 1000 Euro durchbricht diesen psychologischen Vorgang.

    • @petermann:

      Ein australischer Freund von mir beim Anblick einer Wiese im Volkspark Friedrichshain nach einem ganz normalen Montagabend: „In Australien würde dieser Müll Schlagzeilen machen und eine Fahndungsaktion auslösen.“

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Mitschuld sind die Fastfood-Ketten wie Burger-King und McDonalds. In deren Umgebung sieht es aus wie Sau, trotz der wenigen Papierkörbe, die es noch gibt.



    Unfähig zusätzliche Abfallbehälter aufzustellen!!

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @17900 (Profil gelöscht):

      "Entfernung" im Sinne von "Beseitigung" war gemeint.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @17900 (Profil gelöscht):

      Der durchschnittliche Drive-In-Fastfoodtempel streut seinen Müll ca. 10 km. - in die Straßengräben. Autofenster auf, Tüte raus. Das wurde mal statistisch erfasst. Persönliche Minimal-Empirie bestätigt es.



      In Münster am Aasee wurde mal die Entfernung des Mülls eingestellt. Ich weiß leider nicht, was aus dem Versuch geworoden ist.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Man schleppt keinen Burger in den Park um ihn dann dort kalt zu verzehren.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Nein, es sind nicht die Fast-Food Ketten.



      Hier, wo ich wohne, gibt es z.B. 3 Märkte mit angeschlossenere Bäckerei und jeweils Mülleimer auf den Parklplätzen. Und es gibt einen Verbindungsweg zwischen 2 Strassen, ca. 50m lang am Rand eines Feldes, an dessen Ende ein Mülleimer steht, der regelmäßig geleert wird. (Die Stadt kann es sich erlauben..)



      Dennoch kann man täglich die Verpackungen von "Kleinsnacks" (Brötchen, Croissant etc.) oder Bierflaschen aufsammeln, die einfach hingeschmissen werden.... Oft direkt neben den Märkten oder ein paar Meter vor dem Mülleimer.



      Das ist einfach nur pure Ignoranz bzw. LMAA- Einstellung.

  • Bereits vor 20 Jahren habe ich die Kippen meiner Clique im Stadtpark aufgeräumt, wenn alle gegangen waren.



    Heimlich natürlich...wäre ja uncool gewesen sonst!

    Das Phänomen ist also kein neues, es wird halt nur mehr, weil immer weniger Orte von immer mehr Personen (insbesondere Stadtbewohner*innen) genutzt werden.

    Hinzu kommt die allgemeine abschätzige Umgangsweise mit Angestellten des öffentlichen Dienstes a la „Ich zahl mit meinen Steuern ja schließlich deren Gehalt. Da darf ich ja wohl... Da hab ich ja wohl ein Recht auf... Da steht es mir ja wohl zu, dass...“

    • @Frau B aus Z:

      " „Ich zahl mit meinen Steuern ja schließlich deren Gehalt. Da darf ich ja wohl..."

      Aus dem Grund lassen auch manche Assos ihre Hunde auf den Gehsteig kacken - ich zahle ja Hundesteuer.