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Debatte weißer FeminismusJa, wir sind ungeduldig

Michaela Dudley
Kommentar von Michaela Dudley

Weiße Feministinnen agieren häufig im Sinne des Patriarchats. Denn weiße Mittelmäßigkeit kann vorteilhaft sein.

Protest am internationalen Frauentag Foto: AdoraPress/S. Glodde

E s gibt Äußerungen, die sich als ­„K(r)ampfansagen“ etikettieren lassen. Etwa die folgende Behauptung: „Wenn Redaktionen im Namen des Antirassismus eine Schwarze Frau zum vermeintlichen Sprachrohr von rassistischen Erfahrungen in Deutschland machen, führt das dazu, dass wieder nur ein Standard reproduziert wird.“ So Sophie Passmann im Interview neulich mit der Schweizer Zeitschrift Annabelle. Auf den ersten Blick erweckt die Aussage den Eindruck, ein ungeschickter Versuch zu sein, den Tokenismus anzuprangern. Doch gleich daraufhin fügt Passmann unmissverständlich hinzu: „Wer spricht am lautesten, am funkiesten in ein Interview-Mikrofon hinein? Ohne dabei irgendetwas gegen Rassismus getan zu haben.“ Deshalb habe sie sich bereits vor zwei Jahren aus dem „Politik-Scheiß“ komplett zurückgezogen.

Doch eben mit der nach Ressentiment klingenden Rhetorik ist es der Influencerin gelungen, wieder in die Schlagzeilen und diesmal auch in die Kritik zu geraten. In der BIPoC-Community nennen wir es White Girl Tears, weibliche Tränen als Ausdruck weißer Fragilität. Fakt ist, Passmanns Passagen strotzen nicht gerade vor Solidarität mit jenen Opfern sozialer und sexueller Marginalisierung, die zugleich durch systemischen Rassismus unterdrückt werden. Dementsprechend machten etliche Afrodeutsche, darunter die Bestseller-Autorin Jasmina Kuhnke, ihrer Indignation Luft. Laura Hertreiter, Ressortleiterin bei der Süddeutschen, leistete Passmann Schützenhilfe. Es folgte ein heftiger Shitstorm, in dessen Verlauf Kuhnke und Verbündete mit üblen Hasskommentaren überschüttet wurden, ausdrücklich auch von erklärten Feministinnen. Hertreiter und andere rieten, Schwarze Frauen sollen sich eher darauf konzentrieren, sich bei weißen Fe­mi­nis­t*in­nen verständlicher zu machen.

Nun eine Eilmeldung: Die Misogynoir, nämlich der Hass auf Schwarze Frauen, ist kein Hirngespinst, sondern Realität. Dieser Hass artikuliert sich zum einen als die Exotisierung und Erotisierung unserer Körper. Parallel werden uns höhere geistige Fähigkeiten abgesprochen, auch wenn Weiße sich ständig an der Schatzkiste unserer intellektuellen und kreativen Leistungen vergreifen. Erheben wir unsere Stimme, ohne dabei Blues, Gospel oder Pop zu schmettern, werden die Tone-Polizist*innen losgeschickt, um uns zu dressieren und von den Vorzügen devoter Dankbarkeit zu überzeugen.

Ja, wir sind ungeduldig. Angry Black Women halt. Woher kommt das nur? Und warum richten wir unsere Wut ausgerechnet auf andere Feminist*innen?

Dem weiß dominierten Feminismus wohnt ein Rassismus inne, der historisch tief verwurzelt ist. Umso bedauerlicher ist es, dass viele „moderne“ Feministinnen dieses Problem leugnen und, mit geschichtsrevisionistischer Arroganz, die Errungenschaften Schwarzer Frauenrechtlerinnen ignorieren. Hier sind nur drei der vielen afroamerikanischen Vorreiter*innen, die mir am Herzen liegen: Die als Versklavte geborene Widerstandskämpferin Sojourner Truth (1797–1883) verkörperte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts intersektionale Ansätze gegen die Mehrfachdiskriminierung, lange bevor die White Suffragettes ihren Black Friday (1910) erlebten. Die Mathematikerin Katherine Johnson (1918–2020) berechnete Flugbahnen für die Nasa im Vorfelde der Mondlandung und ebnete dabei den Weg auch für weiße Frauen bei der Raumfahrtbehörde. Marsha P. Johnson (1945–1992) warf 1969 als trans* Frau den ersten Stein von Stonewall und gab der schwulen, lesbischen Bewegung somit wichtige Impulse. Trotz alledem werden wir eher als Bitches und Bittstellerinnen angesehen. Bei feministischen Stammtischen kommt es immer noch vor, dass Weiße uns in die Haare fassen wollen. Von wegen Safe Spaces. Tragen wir ein Kopftuch, ob aus modischen oder religiösen Gründen, können wir mit Putzfrauenwitzen rechnen.

Weiße Feministinnen agieren häufig im Sinne des Patriarchats. So begegnen sie vielen Fortschritten in puncto Diversity mit demagogisch artikulierter Ablehnung. Welche marginalisierte Feministin, ob als Muslima, trans* Frau oder beides, möchte auf die Gnade einer Alice Schwarzer angewiesen sein? Die im Feminismus herrschende Misogynoir existiert nicht in einem Vakuum, sondern in einer brodelnden Biosphäre, in der besorgte Bür­ge­r*in­nen gegen die wirklich Benachteiligten unerbittlich kämpfen.

Es ist nicht das Ziel vieler weißer Feminist*innen, Gerechtigkeit für alle Frauen zu erlangen. Nein, sie sind von Angst vor Privilegienverlust getrieben. Denn sie haben sich mittlerweile darauf eingestellt, dass die weiße Mittelmäßigkeit, als gesellschaftliche Norm von heteronormativen Männern eingeführt, an und für sich vorteilhaft sein kann. Wir BIPoC-Frauen, die trotz struktureller Unterdrückung unermüdlich nach oben streben, jagen den Ewiggestrigen allerdings einen Schreck ein. Denn Privilegierte wittern, dass wir erfolgreicher mit Widrigkeiten umgehen können. Schon unsere Beherrschung der Mikroaggressionen, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, härtet ab und sensibilisiert zugleich. Stehvermögen mit Soft Skills. Viele Unternehmen haben das erkannt und belohnen uns, wenngleich schleppend und nicht ohne Schönheitsfehler, mit beruflichen Positionen, die für uns eine Generation zuvor gar nicht infrage kamen.

Privilegierte Feministinnen und ihre Fürsprecherinnen haben grundsätzlich das Recht, die Welt von ihrer Warte aus zu beschreiben, ohne Weitsicht oder Nächstenliebe zeigen zu müssen. Sie müssen uns auch nicht den roten Teppich ausrollen – aber wir sind keine Fußmatten. So sollten sie sich nicht wundern, dass es noch lange nicht leise wird. Gerade dadurch wird die Gesellschaft unaufhaltsam bunter und reflektierte Frauen jeglicher Couleur werden die Strukturen der Diskriminierung gezielt und gemeinsam bekämpfen.

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Michaela Dudley
Journalistin/Kabarettistin
Michaela Dudley (Jg. 1961), eine Berliner Queerfeministin mit afroamerikanischen Wurzeln, bezeichnet sich als „Frau ohne Menstruationshintergrund, aber mit Herzblut, in der Regel“. So lautet ihr Signatur-Lied, und so kennt man sie als wortgewandte taz-Kolumnistin. Sie ist Kabarettistin, Filmschauspielerin, Keynote-Rednerin, Journalistin und Juristin (Juris Dr., US). Ihr 2022 veröffentlichtes Buch RACE RELATIONS: ESSAYS ÜBER RASSISMUS (2. Aufl. 2024), das als lyrischer Leitfaden zum Antirassismus reüssiert, erklärt: „Die Entmenschlichung fängt mit dem Word an, die Emanzipierung aber auch“. Ebenfalls 2022 erschien ihr Essay „Weimar 2.0: Reflexionen zwischen Regenbogen und Rosa Winkel“ in dem vom NS-Dokumentationszentrum München und Hirmer-Verlag herausgegebenen Buch TO BE SEEN: QUEER LIVES 1900 – 1950. Die LGBTQ-Aktivistin war auch Kolumnistin bei der „Siegessäule“ und Gastredakteurin beim „Tagesspiegel/Queerspiegel“. Auf der Frankfurter Buchmesse 2023 als eine von 75 erlesenen Story-Teller:innen auf dem Paulsplatz mit einem symbolischen Klappstuhl ausgezeichnet. Neben Deutsch und Englisch spricht sie Italienisch, Latein und Hebräisch. Zudem Sie arbeitet sie mit dem Goethe-Institut zusammen. Gelobt wird sie überdies für ihren Auftritt im Spielfilm GESCHLECHTERKAMPF: DAS ENDE DES PATRIARCHATS (2023). In der neo-dokumentarischen Berliner Satire spielt sie sich selbst, und zwar in einer von ihr geschriebenen Szene. Auf dem 37. Braunschweiger Filmfest diente sie als Jurymitglied der Sektion „Echt“ für queere Filme. Von 2018 bis 2022 war sie eine offizielle Übersetzerin der Internationalen Filmfestspiele Berlin (Berlinale) für das Pressebüro und die Sektion Generation. 2019 agierte sie als Gastmoderatorin bei der Live-Übertragung von Berlin Pride (CSD) im RBB-Fernsehen. Regelmäßig erscheint sie in der „Kulturzeit“ (3Sat/ZDF). Im Aufklärungsvideo HAB’ ICH WAS GEGEN (2023) der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (44 Millionen Klicks) und in einem Beitrag für „ttt – titel, thesen, temperamente“ über das Selbstbestimmungsgesetz (110.00 Klicks in 24 Stunden) tritt sie auf. Als Impulsgeberin in puncto Diversity hielt sie Keynote-Reden bei der Deutschen Bahn, der Führungsakademie der Bundesagentur für Arbeit, dem DGB und im geschichtsträchtigen Schöneberger Rathaus. Oktober 2023 in der Arena Berlin moderierte sie für Funke-Medien eine brandaktuelle Diskussion über Antisemitismus und Rechtsextremismus. Ihr Solo-Kabarettprogramm EINE EINGEFLEISCHT VEGANE DOMINA ZIEHT VOM LEDER ist eine „sado-maßlose“ Sozialsatire mit eigenen musikalischen Kompositionen. Ihre diversen Auftrittsorte umfassen die Volksbühne, das SchwuZ, und die BKA (Berliner Kabarett-Anstalt.)
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31 Kommentare

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  • Vorschlag: Alice Schwarzer wird ja doch bald in Rente gehen … (wird wirklich Zeit), also bald kein Abarbeiten mehr möglich.



    Aber - Wie wärs denn wenn die Alley Feministinnen, die auch regelmässig weißen Feminismus kritisieren einfach ihre Kolumnen und Aufträge an oC abgeben?



    D.h. nicht nur schreiben und twittern, sondern wirklich handeln? Und um der Glaubwürdigkeit willen, dass sie es wirklich ernst meinen und nicht nur Wasser predigen …

  • Die schlimmen Weißen Frauen aber auch

    de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fe_Frau

  • Divide et impera!

    • @WeisNich:

      Hehe ich hatte das immer so verstanden, dass sich das auf den Gegner bezieht, und nicht auf die eigenen potentiellen Verbündeten.

      Oder halten Sie die Autorin für einen Maulwurf des Patriarchats? Das wäre ja gewieft...

      • @Fabian Wetzel:

        "potentielle Verbündete" behandelt man in Texten nicht wie den Feind.

        Ja, das Besserwissen und Überheben ist sehr patriarchal.

  • Die Linie zwischen Tokenism und tatsächlicher Anerkennung der Fähigkeiten einer BIPoC-Frau (leider oft auch eines Mannes) ist schmal, und man sollte mE auch Tokenism ausnützen, denn ist man erst mal in einer höheren Position, kann man sie auch benützen, um mehr Gutes zu tun.

    Dennoch finde ich, dass man jene Frauen - egal welcher Farbe - die Kopftuchträgerinnen sind, ruhig etwas Wind ins Gesicht blasen darf, denn sie transportieren schlicht eine Unterdrückungsmassnahme und Übersexualisierung der MÄNNER weiter, und glauben, es sei okay oder gar Religionsgewünscht.

    Ansonsten - wie gesagt - voll d'accord mit dem Artikel. Ich bin allerdings eher ein Fan von Colorblindness (und transblindness, sozusagen, mir ist ziemlich wurscht, was jemand war, was *ist*, ist das was für mich wesentlich ist, und natürlich der Charakter der Person.) - aber eben privat für mich, und nicht dort, wo affirmative Action nach wie vor leider notwendig ist, also im Beruf, weil sonst kein Durchkommen ist.

    • @Fitzli Putzli:

      Kopftuchträgerinnen mal ruhig etwas Wind ins Gesicht blasen führt gegebenenfalls zu einem konfrontationspädagogischen PingPong, wie er allgemein in verschiedenen Debatten vorzufinden ist.



      Hilfreich ist er deswegen per se nicht.



      Das Ganze wird doch immer mehr zu einer Fortführung der Beschämungskultur, die in dieser Gesellschaft weit verbreitet ist.

  • "Welche marginalisierte Feministin, ob als Muslima, trans* Frau oder beides, möchte auf die Gnade einer Alice Schwarzer angewiesen sein?"

    Mal blöd gegen gefragt: Welche "marginalisierte Feministin, ob als Muslima, trans* Frau oder beide" sieht Frau Schwarzer in solch eine aristokratischen Position, dass sie "Gnade walten" lassen kann? Richtig! Keine!

    Da bastelt man sich doch ein argumentatives Absprungbrett zusammen um in den eigen Vorurteilspool zu springen.

  • Eines eigenen Kommentars zu dem Artikel enthalte ich mich. Aber ich wäre sehr neugierig, wie die Gesellschaft in, sagen wir, zwanzig oder dreißig Jahren auf Texte wie diesen zurückblicken wird. Ob sie beispielsweise darin, was die Autorin über Leute verschiedener Hautfarben zu sagen hat (jaja, ich weiß, es geht um Strukturen, auch das wird man dann mitreflektieren), den Ausdruck einer fortschrittlichen Haltung sehen wird. Ich hoffe, ich erlebe das noch mit.

  • "Frauen werden systematisch vom Patriachat unterdrückt. Daher sind Frauen grundsätzlich unterprivilegiert und werden sexualisiert. Allerdings sind farbige Frauen noch unterprivilegierter, weil sie zusätzlich Rassismus bedingte Diskriminierung erfahren."

    In der wunderbaren Fernsehserie "Good Girls Revolt", die im Jahr 1969/70 spielt, gibt es eine Schlüsselszene, in der sich eine zweifach unterprivilegierte Afroamerikanerin weigert, gemeinsam mit einer privilegierten einfach unterprivilegierten weißen Frau für ihre Rechte in der entstehenden Frauenbewegung zu kämpfen. Entschieden zurechtgewiesen wird sie von der Mentorin der einfach unterprivilegierten weiten Frau - einer afroamerikanischen Anwältin. Und im Anschluss daran zeigen schwarze und weiße Frauen gemeinsam den Männern, wo der Hammer hängt ... in der fantastischen letzten Folge der Serie. Angesichts all der frauenfeindlichen Regime auf der Welt und eines derart ausgeprägten Backlashs wie in den USA gegenüber fundamentalen Frauenrechten, begreife ich nicht, was dieser - mit Verlaub - Scheiß soll.

  • Gähn …. Heilige Göttin, dann ist das halt so: dann haben wir auf der einen Seite weißen (bösen) Feminismus und auf der anderen Seite oC (guten) Feminismus plus alleys wie Teresa Bücker.



    Der sichtbare Feminismus in Deutschland bewegt sich mittlerweile eh nur noch zwischen twitter, Kolumnen und Bücher veröffentlichen und promoten (siehe den Beitrag hier) und um sich selbst kreisend. Wirkliche Diskurse? Weit gefehlt, das ist in anderen Ländern deutlich anders. Siehe Spanien, Türkei … etc..

    • @Bär Lauch:

      Woran liegt das?

  • Als lebenslange Feministin verstehe ich die Vorwürfe nicht. Ich empfinde diesen Beitrag als Versuch, den Feminismus zu spalten, in den guten, erhabenen, der von FrauenoC ist, und den böse, weil von Weißen. Wieso kann man nicht die Leistungen der Frauen just colorblind würdigen? Was will die Autorin erreichen?

    • @resto:

      Sie sprechen wohl aus der Idee heraus, dass der Feminismus sowas wie der bessere Humanismus sei?

      Ist er nicht. Denn es geht vor allem um die eigenen Privilegien. Farbenblindheit gibt es so gesehen nicht.

      • @Required:

        Ich würde Feminismus als eine Facette des Humanismus sehen, die Erkenntnisse über gesellschaftliche Verhältnisse entlang von sex und gender gewinnt und daraus Forderungen ableitet die zu größerer Freiheit aller führen sollen.



        Mit der Anerkennung, dass es jenseits vom herkömmlichen binären Geschlechterbild viele Ausprägungen von Geschlecht gibt ist Feminismus mittlerweile ins begriffliche Hintertreffen geraten, da er stark an dem binären Bild orientiert war und ist und dies auch nicht einfach ablegen kann.



        Im übrigen ging es beim Feminismus eigentlich nie sonderlich viel um die eigenen Privilegien der Frauen (Schwäche zeigen dürfen, weinen dürfen, unsicher sein dürfen, gebären können etc.), sondern eher um die Privilegien der Männer. Dass Sie bei "Feminismus" von den "eigenen Privilegien" schreiben ist daher vermutlich ein Freudscher Versprecher, da Sie ja vermutlich ein Mann sind und hier wohl kaum "weinen dürfen, wenn einem danach ist" gemeint haben.

    • @resto:

      Wer Menschen oder deren Leistungen aufgrund Hautfarbe qualitativ unterschiedlich bewertet, ist ein Rassist. Ganz einfach.

      • @Encantado:

        Demnach ist Michaela Dudley Rassist*in. Danke für die Klarstellung.

        • @Brobdignag:

          Ich habe niemanden Rassisten genannt.



          Rassisten entlarven sich selbst.

      • @Encantado:

        Da stimmen Sie mit mir überein.

  • Wenn der Umgang mit Mikroaggressionen abhärtet, wird ja wohl auch der Vorwurf von White Fragility und ähnlichen Konstrukten abhärten. Also sind wir am Ende alle abgehärtet, haben nur noch Vertrauen in die eigene Gruppe und versuchen, uns über alle anderen Gruppen zu erheben.



    Wer dann "verloren" hat, weil er keinen prestigeträchtigen Job hat, nicht so viel verdient wie andere, keine Preise bekommen hat, nicht in den international anerkannten Publikationen veröffentlich hat, darf sich gleich doppelt schämen: Vor der "eigenen" Gruppe und vor anderen Gruppen, die es schwerer hatten.

    White girl tears - wenn weiße Frauen zu viel fordern.

    Man schaut sich ja immer schön das Vorgehen von anderen ab - also erfinden dann diese weißen Frauen Begriffe dafür, dass Gruppen von PoC zu viel fordern.

    Beide natürlich mit der gebührenden Häme in ihren Begriffen und Aussagen.

    Am Ende stehen wir uns alle misstrauisch und feindlich gegenüber und jeder setzt sich nur noch für die "eigene" Gruppe ein.

    Ist das das erklärte Ziel? Dann sollten wir einfach zielstrebiger und zügiger darauf hinarbeiten.

    Ach so - es wäre auch ein Ziel, dass mal alle Menschen umsichtig und rücksichtsvoll miteinander umgehen und jeden als gleichwertig ansehen und sprechen lassen?

    Dann müssen wir eine andere Strategie suchen.

    Wann wurde es noch mal gesellschaftsfähig, unter gebildeten Erwachsenen hämische Begriffe für andere Erwachsene einzuführen und zu benutzen? Wann hat sich dieses Verhalten vom Kindergarten über Teenie-Mobber in den Elefenbeinturm eingeschlichen?

    • @BlauerMond:

      Wann wurde es noch mal gesellschaftsfähig, unter gebildeten Erwachsenen hämische Begriffe für andere Erwachsene einzuführen und zu benutzen? Wann hat sich dieses Verhalten vom Kindergarten über Teenie-Mobber in den Elefenbeinturm eingeschlichen?

      Super Zitat. Glückwunsch.

    • @BlauerMond:

      Gibt es dann eigentlich auch eine Entsprechung zu "white girl tears"? Oder gilt allein das Bild, dass Angriffe zu einer defensiven Haltung und Verletzung führen, bei schwarzen Frauen rassistisch?

  • Ganzschön viel wahllose Behauptungen, wie scheiße und schlecht weiße Feminist*innen seien und wir geil "wir" auf der anderen Seite. Mehr ist dort aber auch nicht zu finden.

  • Frauen werden systematisch vom Patriachat unterdrückt. Daher sind Frauen grundsätzlich unterprivilegiert und werden sexualisiert. Allerdings sind farbige Frauen noch unterprivilegierter, weil sie zusätzlich Rassismus bedingte Diskriminierung erfahren. Die Sexualisierung in diesem Falle ist allerdings nicht dem Geschlecht, sondern dem Hass gegenüber der Hautfarbe geschuldet.

    Da weiße Frauen ja im Vergleich die Privilegierten sind, ist es akzeptabel diese durch Jargon wie z.B. „White Girl Tears“ herabzuwürdigen. In diesem Falle handelt es sich um bottom-up Marginalisierung- um an dieser Stelle nicht von Rassismus zu sprechen – von den Unterprivilegierten zu den privilegierteren Unterprivilegierten, denn es handelt sich ja trotzdem um Frauen und die werden ja systematisch unterdrückt.

    Wo ordnet sich eine alleinerziehende weiße Mutter, aus schlechtem Elternhaus, mit geringem Bildungsstand, und auf Jobsuche in diese Hierarchie der Unterdrückten ein? Kann man das in seinen social Media Profilen irgendwo angeben?

    • @Michael Olbrich:

      Naja, es ist dann doch aber mindestens strategisch unklug.

      Wenn ich davon ausgehe, dass Gruppe B gesellschaftlich weitaus wirkungsmächtiger als Gruppe B2, deren Teil ich selbst bin, ist.

      Inwiefern ist es dann logisch, nicht den Schulterschluss zu suchen, sondern diese anzufeinden? Strategisch ist das doch völlig unlogisch?

  • "Es folgte ein heftiger Shitstorm, in dessen Verlauf Kuhnke und Verbündete mit üblen Hasskommentaren überschüttet wurden"

    Weil Passmann und Verteidiger nicht vorher ähnliches aus dem Lager Kuhnke et. al. erlebt haben. Aber das ist ja berechtigte Kritik und damit in Ordnung...



    Und wer eine andere Position hat, der macht sich weißer Fragilität (oder Tokenismus) schuldig und hat nicht einfach eine andere Position. Das ist Argumentation auf AfD-Niveau.

    Es hat schon seine Gründe warum z.B. John McWhorter bestimmte aktuelle Formen des Antirassismus bzw. hier des daraus abgeleiteten Feminismus als Religion bezeichnet. Gegner und Kritiker sind dann natürlich mit dem Teufel (dem Patriarchat etc.) im Bunde und müssen exorziert werden. Das ist wirklich nur noch regressiv und reaktionär...

  • Ein klarer Standpunkt und leider gut begründet.

    Ich versteht nur den Ausgangspunkt der Debatte nicht ganz.



    Die Aussage von Sophie Passmann ist doch entweder kompletter Bullshit oder falsch zitiert. das beunruhigt mich etwas.

    Wen sollen Redaktionen denn sonst zu Rassismus befragen? Grüne Männchen oder weiße alte Männer? Überhaupt sind die meisten interviewten Personen in der Regel irgendwo AktivistIinnen, auch wenn man es nicht direkt merkt.

    • @Sonntagssegler:

      Naja es geht darum vielleicht nicht immer dieselben Personen zu fragen und ihre Erlebnisse dann auf die gesamte Gesellschaft zu übertragen. Beim Thema Rassismus finde auch etwas merkwürdig, dass wir sehr viel nach Amerika schauen, obwohl deren Ausgangslage und Hintergründe ja andere sind.

      • @Eric Parpart:

        Das war auch ihre Aussage (unabhängig davon, ob dieser zugestimmt wird oder nicht):

        "Die Repräsentanz, auf die Jia Tolentino abzielt, meint, dass eine Einzelperson als Angehörige einer identitätspolitischen Gruppe etwas darstellt, für das sie ungefragt die ganze Identitätsgruppe in Mithaft nimmt, weil sie sagt: So sind wir. Das sind unsere Erfahrungen. Da ist meiner Meinung nach der Erkenntniswert gleich null. Der Erfolg von diesen Interview-Reihen und Büchern hat damit zu tun, dass Journalist:innen an irgendeinem Punkt entschieden haben, dass Erfahrungen gleichwertig sind mit Fakten."

        • @Malte Kuller:

          Im Kern hat Passmann einen Punkt.



          Identitätspolitik ist leider ein tolles Vehikel eine anekdotische Evidenz als allgemeinen Fakt zu vermarkten.

        • @Malte Kuller:

          ..womit sie natürlich zugleich das "Geschäftsmodell" (weniger in Geld gerechnet als in Fame) der Quadromilf und Co. in Frage stellt, die sich ja nun mal als Repräsentanten ihrer Gruppe darstelleb - ohne tatsächlich für allzu viele zu sprechen. Auf Twitter sicher für viele, aber für schwarze Frauen insgesamt eher nicht.

          Daher waren die ersten Reaktionen auch genauso: die will uns wohl unsere Position streitig machen.....natürlich sind wir es, die gefragt werden wollen bzw. müssen.