„Eine Frage der Chemie“ auf Apple TV+: Aggregatzustand von Bratenkruste

Den Erfolgsroman „Eine Frage der Chemie“ gibt es jetzt als TV-Serie. Warum sie dem Buch gerecht wird – zumindest weitgehend.

Brie Larson in ihrer Rolle als Elizabeth Zozz in "Eine Frage der chemie"

Brie Larson als Elizabeth Zott Foto: Apple TV

Elizabeth Zott hat schon als Buchfigur begeistert. Die Heldin von „Eine Frage der Chemie“, Debütroman der US-amerikanischen Autorin Bonnie Garmus und das zweitmeistverkaufte Buch Deutschlands 2022, schafft es auf den Bildschirm: In acht Folgen erscheint die Serie auf Apple TV.

Sie erzählt von einer Chemikerin in den 1960er Jahren, die im Wissenschaftsbetrieb durch Frauenfeindlichkeit keinen Fuß fassen kann und gezwungen ist, ihr Geld mit einer nachmittäglichen Kochsendung im Fernsehen zu verdienen.

Da Elizabeth (Brie Larson) innerlich Chemikerin bleibt, erklärt sie nicht nur, wie die knusprigste Bratenkruste gelingt, sondern auch den Wechsel der Aggregatzustände und sie bewirkt damit eine nationale Bildungs- und Anerkennungskampagne für die übersehene Hausfrau. „Gehaltvolles Essen“ verspricht sie ihren Zuschauerinnen.

Gehalt hat auch die Umsetzung des Romans fürs Fernsehen. Kaum eine Figur ist angemessener erzählt als eine Chemikerin, der Schwafelei zuwider und jedes unnötige Wort zu viel ist. Daher ist die ausführliche Erzählung der Geschichte in acht Teilen überraschend. Showrunner Lee Eisenberg nutzt das üppige Zeitkontingent klug und baut die Thematik des Civil Rights Movement um die Kerngeschichte herum, obwohl sie im Roman bis auf wenige Sätze nicht thematisiert wird.

Die bietet der fast unantastbaren Zott mehr Ambivalenz als im Buch: „I wore pants on national TV and I finally feel like I’m making a difference“, erzählt sie ihrer Nachbarin, die gerade dafür kämpft, dass die Schwarze Community ihrer Nachbarschaft nicht aus ihren Häusern vertrieben wird.

Kaum böse Frauen

Nichtig erscheint hier Elizabeths Mikroaufbegehren als weiße Frau mit Uniabschluss – die Serienfigur Elizabeth ist hier ebenso ignorant wie intelligent und erweitert die Buchfigur um Fehltritte.

An anderer Stelle verflacht die Verfilmung: Gab es im Roman auch weibliche Boshaftigkeiten, werden in der Apple-Produktion am Ende alle Frauen Verbündete. Verschwunden etwa die Kolleginnen, die Elizabeth aus Neid demütigen. Frauen können in dieser Serie naiv sein, nicht aber gemein. So rutscht viel Glattes und Schönes an Stellen, an denen das Böse angemessener gewesen wäre.

Die Chance, die große Verfehlung des Romans zu beheben, wurde nicht ergriffen. Etwa, dass ausgerechnet Elizabeth, deren Unabhängigkeit ihr unbestechlichster Wert ist, am Ende durch eine millionenschwere Angehörige ihres Lebensgefährten zurück in die Wissenschaft findet.

Auch allzu Plakatives aus der Buchvorlage hätte berichtigt werden können. Die Naturwissenschaftlerin, die so weltfremd ist, dass sie Kaffee im Bunsenbrenner zubereitet? Na ja. Nicht verkneifen konnte man sich, die Heldin vor Zuschauerinnen über den Menstruationszyklus referieren zu lassen.

„Eine Frage der Chemie“, jetzt auf Apple TV

Dies verzerrt die pragmatische Chemikerin, die Frauenrechte für ein selbstverständliches Naturgesetz hält und stets einfordert. Die originellen Dialoge und hinreißenden Kochszenen sind hingegen ein Mehrwert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.