Debatte um Übergewinnsteuer: Moralisch und finanziell angebracht

Eine Übergewinnsteuer muss kommen, weil sie in Kriegszeiten nur gerecht ist. SPD und Grüne müssen sich jetzt gegen die FDP durchsetzen.

Christian Lindner redet gestikulierend im Bundestag

Verwitterte neoliberale Denke: Christian Lindner Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Mineralölkonzerne machen seit dem Ukrainekrieg Extraprofite. Der Benzinpreis ist extrem hoch, der Rohölpreis ist es nicht. In Kriegszeiten machen manche Branchen hohe Gewinne, der Job des Staates ist es, diesem moralisch und ökonomisch unhaltbaren Zustand entgegenzuwirken.

Das haben die USA und Großbritannien schon vor mehr als 100 Jahren im Ersten Weltkrieg getan. In Frankreich musste 1939 erst ausschließlich die Rüstungsindustrie, dann mussten alle Unternehmen eine Sondersteuer zahlen. In Italien müssen seit ein paar Monaten Energiekonzerne eine moderate Steuer auf Extragewinne zahlen.

Es ist auch keine Raketenwissenschaft, diese Steuer verfassungsgemäß einzuführen und einigermaßen unbürokratisch zu gestalten. Wenn es eine auffällige Gewinndifferenz zwischen Vor- und Nachkriegszeit gibt und die mit dem Krieg verbunden ist, greift die Übergewinnsteuer.

Das Problem ist nicht, dass diese Steuer so aufwändig ist – eher, dass sich die Gewinne der globalen Mineralölkonzerne in Deutschland nur zum kleineren Teil abschöpfen lassen. Aber: Besser eine Übergewinnsteuer, die wenigstens etwas bringt, als ein überforderter Staat, der tatenlos duldet, dass Geringverdiener unter der Inflation leiden und Konzernprofite explodieren.

Bloß keine Steuererhöhungen

Es spricht finanziell und moralisch gesehen viel dafür, diese Steuer so schnell wie möglich einzuführen. Sie bringt dem Staat Geld und dem Gemeinwesen einen bitter nötigen Interessenausgleich. Der Nutzen dieser Steuer ist leicht zu erkennen. Doch dazu ist Finanzminister Christian Lindner nicht in der Lage.

Die FDP ist, wenn es darauf ankommt, noch immer in den verwitterten neoliberalen Doktrinen der frühen Nullerjahre gefangen. Bloß keine Steuererhöhungen, bloß nicht mehr Staat, Hände weg von Umverteilung. Dass die FDP den Spritpreis mit Staatsgeld subventioniert, aber nicht willens ist, die Sonderprofite der Konzerne zu besteuern, ist ein Armutszeugnis für die Partei.

SPD und Grüne haben bislang den Kurs verfolgt, der FDP, die ja das Lager gewechselt hat, viel zu geben – das aktuelle Infektionsschutzgesetz und die Absage an das Tempolimit sind nur zwei Beispiele. Bei der Übergewinnsteuer muss damit Schluss sein. Kommt diese Steuer nicht, ist es nicht nur das Versagen der FDP. Es ist ein politischer und moralischer Offenbarungseid der Ampel, von Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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