Chinas Reaktionen auf Russlands Krieg: Peking hat ein Putin-Problem

China hält sich bislang mit direkter Kritik am russischen Staatschef zurück. Doch das Zweckbündnis zwischen den beiden Ländern könnte bald enden.

Präsident Putin und Chinas Präsident Xi vor den Flaggen beider Staaten.

Ziemlich beste Freunde? Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Xi Jinping, Peking 4. Februar Foto: Alexei Druzhinin/Sputnik/AP

PEKING taz | Selten war die tägliche Pressekonferenz im Pekinger Außenministerium derart überfüllt wie am Donnerstagnachmittag. Sämtliche Fragen der internationalen Presse zielten auf Chinas Haltung zum russischen Angriffskrieg. Doch die Antworten der Sprecherin Hua Chunying waren ein ums andere Mal ein Lehrstück in Sachen politischer Krisenkommunikation: Chinas Regierung musste sich zwar irgendwie äußern, doch vermied sie dabei jedwede Festlegungen.

Dementsprechend hagelte es leere Worthülsen: Die Angelegenheit habe einen „komplizierten historischen Hintergrund“, man warte noch auf „zusätzliche Informationen“, und dem „Frieden sollte eine Chance gegeben werden“.

Fakt ist: China hält sich mit direkter Kritik an Wladimir Putin zurück. Schließlich wurde der russische Präsident erst vor wenigen Wochen noch bei der Eröffnungszeremonie der Winterspiele in Peking wie ein „lao peng you“, ein alter Freund, begrüßt.

Xi Jinping und Putin eint ihre Opposition zu den USA und deren Hegemonie in der von Washington geprägten Weltordnung. Und beide brauchen sich gegenseitig auf dem internationalen Parkett. Doch die „grenzenlose Freundschaft“, die man sich versprochen hat, wird sich schon bald als enden wollend erweisen.

China möchte nicht in einen Sanktionsstrudel geraten

Denn Peking kann aus der hochkomplexen Dreieckskonstellation zwischen Moskau und dem Westen nur als Verlierer hervorgehen. Der politische Druck auf Xi steigt, dass er den Angriffskrieg Russlands verurteilt und seinem strategischen Partner in Moskau keinen ökonomischen Rettungsanker zuwirft, um die westlichen Sanktionen zu umgehen. Andernfalls würde sowohl Washington als auch Brüssel China mit Konsequenzen drohen.

Genau hier liegt für Peking die Gretchen-Frage. Denn das Bündnis zwischen Russland und China ist vor allem eine Zweckgemeinschaft. Die Volksrepublik wird sich erst dann von Putin distanzieren, wenn die politischen und wirtschaftlichen Kosten deutlich den strategischen Nutzen seiner Partnerschaft mit Russland übersteigen.

Zwar wird sich Xi nach außen hin dagegen verwahren, sich vom Ausland vorschreiben zu lassen, was zu tun ist. Doch für die Volksrepublik steht immens viel auf dem Spiel: Insbesondere die Beziehungen zu Europa werden in den kommenden Wochen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt.

Sollte die EU im Zuge des russischen Angriffskriegs noch stärker in die Arme Washingtons getrieben werden, wäre dies für Xi ein regelrechtes Schreckgespenst.

Für Peking sind die USA der Aggressor

China sieht vor allem die USA als Aggressor in diesem Konflikt. Im Außenministerium verurteilte man am Donnerstag auch sämtliche westliche Staaten, die der Ukraine in den letzten Jahren Waffen geliefert haben.

Doch ganz egal wie China seine Argumentation auch dreht und wendet, am Ende bleiben stets ganz offensichtliche Logiklöcher: Das diplomatische Grundprinzip der Chinesen beruht schließlich auf der Nichteinmischung souveräner Staaten. Wie kann man angesichts dessen einen Angriffskrieg gutheißen?

Doch gleichzeitig muss Xi Jinping gegenüber seinem strategischen Partner im Kreml die Füße stillhalten. Zwar ist Moskau wirtschaftlicher und politischer Juniorpartner in dieser asymmetrischen Beziehung, dennoch braucht Peking unbedingt einen engen Verbündeten unter den ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Denn mittelfristig wird Peking auf Loyalität von Russland zählen, wenn man seine eigenen territorialen Ansprüche in die Realität umsetzen will – nämlich in Form von Taiwan, der aus Chinas Sicht „abtrünnigen Provinz“. Taiwan verurteilte am Freitag den Angriff Russlands auf die Ukraine und kündigte an, sich westlichen Sanktionen anschließen zu wollen.

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